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Steve Hackett – Interview in Aschaffenburg, 03.11.2009
Ein kleiner Nebenraum im Backstage des Colos-Saal in Aschaffenburg war eine knappe Stunde vor Steves Auftritt der Schauplatz für ein kurzes aber sehr interessantes Interview, dass wir mit Steve führten …
Kurz bevor die Hackett-Band am 3. November 2009 in Aschaffenburg die Bühne betrat, hatten wir die Gelegenheit, einige Minuten mit Steve über sein aktuelles Album, seine kommenden musikalischen Projekte und seine privaten Sorgen zu sprechen.
it: Dein neues Album Out Of The Tunnel’s Mouth ist ja nun endlich erhältlich. Warum kam es mit über drei Wochen Verspätung heraus?
Steve: Der Grund war der, dass bei Gericht eine Klageschrift eingereicht wurde, damit die Veröffentlichung untersagt wird. Ich konnte das Album nicht veröffentlichen oder auf irgendwessen Album spielen, und obwohl ich das Album finanziert hatte, wurden meine Rechte daran angefochten.
Aber ich bin sehr froh sagen zu können, dass ich dank der Entscheidung des Gerichts wieder im Plattengeschäft sein kann, und meine erste Veröffentlichung bei Wolfwork Records ist Out Of The Tunnel’s Mouth. Auch wenn manche Fans glauben mögen, dass Camino Records mein Label sei, stimmt das in Wirklichkeit natürlich nicht. Ich habe gegenwärtig nicht die Rechte an den Alben, die ich bisher veröffentlicht habe. Weitere Gerichtstermine in der Zukunft werden es, hoffe ich, den Fans am Ende erleichtern, diese Platten zu kaufen. Das müssen wir erstmal abwarten. Ich habe gekämpft um mein Recht auf ein Berufsleben unabhängig von meiner Ex-Frau Kim Poor und meinem Ex-Manager Billy Budis. Nachdem ich jetzt diesen Rechtsstreit um die Veröffentlichung meines aktuellen Albums gewonnen habe, wird es einfacher, aber es gibt andere Sachen, die noch geklärt werden müssen. Jenseits dieser juristischen Themen habe ich Freude daran zu tun, was ich gern tue, nämlich live zu spielen und aufzunehmen. Wir haben dieses eine Album gemacht, und ich hoffe, dass noch weitere hinzukommen werden. Ich freue mich sehr über Out Of The Tunnel’s Mouth, und ich freue mich sehr darüber, dass wir es fertig bekommen haben. Es war ein schwerer Kampf, das hinzukriegen … es zuhause aufzunehmen statt im Studio – wegen der Schwierigkeiten mit meinen Ex-Partnern. Soweit es mich betrifft, ist Selbständigkeit bei der Arbeit alles. Die Musik ist für mich das allerwichtigste.
it: Kommen wir wieder auf Out Of The Tunnel’s Mouth zu sprechen … deine Stimme klingt darauf etwas natürlicher als auf den letzten Alben. War das so geplant, oder ist es eher zufällig dazu gekommen?
Steve: Ich denke, jedesmal, wenn man ein Album macht, entscheidet man sich dafür, mit welchen Effekten der Gesang versehen werden soll. Ich glaube, bei jedem Album, egal von wem, ist der Gesang irgendwie bearbeitet … üblicherweise mit einer Art Audio-Kompression oder einem Equalizer.
Jeder macht das. Beim Opener Fire On The Moon habe wir den Gesang absichtlich schwach angelegt, damit der Refrain stark klingt. Den Sound des Refrains machen etliche Gesangsspuren aus, obwohl er keinen Text hat. Beim Gesang verwende ich viel Hall – zu viel, meinen einige Leute -, und ich benutze viele Harmonien. Aber ich mag es, wie mein Gesang auf diesem Album klingt. Ich muß es mir anhören, als wäre es jemand anderes. Ich kann nicht meine eigene Stimme hören und das mit Abstand betrachten. Ich habe einen eingeschränkten Stimmumfang … ich stoße an Grenzen, aber ich habe eine grenzenlose Vorstellung davon, was man damit machen kann. Ich denke also, man muß den Charakter der Stimme auf Kosten der Technik entwickeln. Es sei denn man ist Pavarotti oder jemand der hochbegabt und mit einer unglaublichen Stimme gesegnet ist wie Richie Havens. Ich denke, meine Karriere hätte sich anders entwickelt, wenn ich so ein Sänger wäre. Wahrscheinlich hätte ich weniger auf die Gitarre und auf Arrangements gebaut. Aber für mich geht es um das Ganze.
it: Es gibt Gerüchte um eine Special Edition von Out Of The Tunnel’s Mouth – was ist da dran?
Steve: Ja, ursprünglich hatten wir etwas ausgehandelt, aber dann gab es Probleme. Jetzt müssen wir neu verhandeln. Ich hoffe, dass 2010 etwas in die Läden kommt.
it: Was soll denn auf der Special Edition enthalten sein?
Steve: Wahrscheinlich einige Livetracks und ein oder zwei zusätzliche Aufnahmen.
it: Also habt ihr mehr als acht Stücke für dieses Album aufgenommen?
Steve: Eigentlich nicht. Für das Album haben wir acht Stücke aufgenommen. Ich habe andere Sachen für ein Album aufgenommen, das aber nicht fertig wurde und derzeit aufgrund der Situation mit meinen ehemaligen Partnern eine juristische Klärung erwartet. Ich habe auch etwas mit Chris Squire gemacht, aber das ist für ein anderes Projekt. Ich habe aufgehört, im Studio zu arbeiten, weil ich die Störungen dort nicht haben wollte. Jetzt arbeite ich mit einem neuen Team, in dem alle kooperativ arbeiten und in dem es gegenseitigen Respekt gibt. Das macht einen großen Unterschied. Für mich ist das wichtig, man muss respektvoll miteinander umgehen. Ich baue gerade mein Leben wieder auf. Ich bin jetzt wieder viel produktiver und spiele gerne live … mein Zuhause ist unterwegs.
it: Was sind deine Pläne für die nächste Zukunft?
Steve: Ich versuche, etwas mit Chris fertig zu stellen, aber ich möchte auch in Amerika touren. Mein Plan sieht also vor, so viele Konzerte wie möglich zu geben, weiterhin aufzunehmen, ein paar Gerichtsverhandlungen zu gewinnen … und dann vielleicht Urlaub zu machen.
Interview, Fotos und Transkription: Helmut Janisch
Übersetzung: Helmut Janisch (Original) und Martin Klinkhardt (revidierte Passagen)