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Steve Hackett & Djabe – The Journey Continues – Rezension

Auch die Reise der Zusammenarbeit zwischen Djabe und Steve Hackett geht weiter. Nun erschien ein neues Live-Album: The Journey Continues.

Die Journey Continues Tour 2019 lief Anfang August durch drei Länder. Die Abschlussvorstellung wurde in Nyíregyháza, Ungarn, aufgezeichnet. Der Auftritt war ausgezeichnet und Steve schrieb in seinem Blog nach dem Konzert: „Es lief gut. Djabes außergewöhnliche Musikalität wurde gewürdigt und alle waren in bester Stimmung.“

Attila Égerházi sagt Folgendes über die Set-Liste dieser Tour: „Bei der Zusammenstellung der Set-Liste für die Konzerte 2019 bildeten unsere gemeinsamen Schöpfungen aus den Stücken von Life Is A Journey das Rückgrat der Show, ergänzt mit einem gesundem Anteil von Kompositionen von Djabe, Steve Hackett und Genesis. Wir haben immer danach gestrebt, unserem Publikum etwas Neues zu zeigen, deshalb haben wir auch jetzt wieder Kompositionen aufgenommen, die wir noch nie zusammen gespielt haben, wie zum Beispiel eines meiner persönlichen Lieblingsstücke Hairless Heart aus dem Genesis-Album The Lamb Lies Down On Broadway. Zum ersten Mal in Djabes Repertoire spielten wir New Words mit Steve, während Reflection Of Thiérache zuletzt 2008 auf der Setliste stand. Dies war die erste Komposition, an der Steve auf einem Djabe-Album mitgewirkt hat, damals im Jahr 2003. Tears For Peace ist ebenfalls fast neu, da wir es erst ein paar Mal nach seiner Veröffentlichung 2012 live gespielt haben. Castelsardo At Night wurde auf dieser Tour erstmals live vom Album Life Is A Journey gespielt.“

CoverInsgesamt sind es fünf Stücke aus dem ersten Sardinien-Album, fünf weitere aus dem Djabe-Repertoire, dazu kommen noch vier Genesis- und ein Solo-Track von Steve. Auf der DVD findet sich als zusätzliches Schmankerl das Instrumental White Bear, das Djabe 2019 bei einem Konzert in Washington DC aufgenommen hat.

Ich habe mich also gefragt: Was macht ein gutes Live-Album aus? Denn warum sollte man sich ein Album kaufen, dessen einzelne Stücke bereits als Studio-Aufnahmen in der eigenen Sammlung existieren. Antworten wir mit einer Gegenfrage: Warum sollte man ein Konzert besuchen, wenn man sich die Musik einer Band bequem im Sessel sitzend in bester Qualität auf der eigenen Anlage anhören kann?

Nun, live ist anders. Da ist natürlich diese Stimmung, die Lightshow und die Tracks klingen oft nicht wie die bekannte Studioversion. Sie werden oft aggressiver und mit mehr Drive gespielt als im sterilen Studio. Das sollte natürlich auf einem Album rüberkommen. Ausserdem hauchen Bands vielen Songs ein neues Leben ein, längere Soli, andere Gesangslinien und womöglich völlig neue Teile, die im Laufe der Auftritte dazu wachsen.

New Words

Das Konzert wird mit einer typischen Djabe-Komposition eröffnet. Es beginnt verhalten, sphärisch – ich fühle mich etwas an ihr Album The Magic Stag erinnert. Doch plötzlich ist übergangslos der sanfte Ambient Jazz da, für den diese Band bekannt ist. Sanfte Soli bauen Stimmung auf, Trompete gefolgt von einem Intermezzo von Attilas Gitarrenspiel, in das Steve mit einem schönem, stimmigen Solo einsteigt. Gegen Ende steigt das Tempo und es wird druckvoller.

Ein gelungener Einstieg, der das Publikum abholt und in die Welt von Djabe entführt.

Reflections Of Thierache

Ein Stück von 2003 aus dem Album Sheafs are Dancing – auf dem Steve auch erstmals als Gastmusiker auftrat. Es wird vor allem vom typischen Trompetenspiel von Áron Koós-Hutás und der Klavierbegleitung von János Nagy geprägt, die von Anfang bis Ende präsent sind. Ein starkes, druckvolles Finale beendet diesen Track.

Life Is A Journey

Das Titelstück des ersten Sardinien-Albums folgt als Nächstes. Nach dem etwas repetitiven Einstieg mit etwas Gesang, folgt ein starker Mittelteil mit vielen Überraschungen und Wendungen. Steves Part hier hört sich an, als würde er gefühlvoll improvisieren.

Es zeigt sich hier: Djabe ist eine Live-Band mit viel Können, Erfahrung und Gefühl. Streckenweise, vor allem am Anfang, sind sie nah dran an der Studioversion, aber dann wenn es drauf ankommt, wachsen die Musiker über sich heraus und da ist die Spielfreude, die man sich für einen Live-Auftritt wünscht.

Castelsardo At Night

Wie der Titel schon andeutet, sind wir wieder in Sardinien. Chilliges Basslinien von Tamás Barabás, in das Steve mit seinem bekannten Gitarrenspiel einsteigt. Er prägt hier eindeutig die ersten Minuten unterstützt von einem akzentuierten Keyboard-Layer. Im Gegensatz zum Studioalbum ist nun ein Keyboardplayer mit dabei, der die Komposition mit seinem Spiel eindeutig aufwertet und sogar noch ein tolles Solo abliefert.

Buzzy Island

Schon auf Life Is A Journey eines der instrumental eindrücklichsten Stücke – eines meiner Favoriten vom Studioalbum. Höheres Tempo mit druckvollem Drumming und starken Basslinien und fantastischen Soli. Im Vergleich zur Studio-Version wird Steve hier deutlich mehr Spielraum gewährt, was seine Fans natürlich freut, aber dafür müssen diese anderen begnadeten Musiker etwas kürzer treten, was auch wieder schade ist.

Buzzy Island beendet den wirklich gelungenen Einstieg in dieses Konzert. Im Mittelteil baut das Programm leider etwas ab.

Tears For Peace

Ein Djabe Stück von 2012 mit Gesang, was eher selten ist. Leider zu flach und wenig abwechslungsreich, was die tolle Stimmung vom vorgehenden Stück leider völlig aufhebt.

Last Train To Istanbul

Der Steve Hackett?Fan kennt dies natürlich von seinem Album Out Of The Tunnel?s Mouth. Keiner meiner Favoriten, auch nicht als Umsetzung mit Djabe. Passt in meinen Augen schlicht nicht in dieses Set.

Golden Sand

Der vierte Song vom Sardinien Album. Wieder zurück zum gefühlvollen Jazz von Djabe, der den Zuhörer zuerst so schön einlullt und am Schluss mit einem instrumentalen Höhepunkt heraufholt. Das ist wieder eher das, was nach meinem Geschmack ist.

Hairless Heart

Etwas schneller gespielt als das Original, natürlich ist auch der instrumentale Setup mit Trompete nicht das, was man kennt.

Firth Of Fifth

Stark gekürzte Version (3:58) natürlich mit einem völlig ungewohnten Einstieg. Als Fan von Steve würde man sagen, es beschränkt sich auf das Wesentliche, nämlich Steves Gitarrenpart, den er in gewohnter Manier abliefert.

Gallop

Ein älteres Djabe Stück (1998), das, wie es der Titel beschreibt, rhythmusgetrieben dahinreitet. Leider etwas eintönig, dafür aber kurz und knackig.

Lava Lamp

Es folgt eines der Paradestücke von Djabe mit einer Länge, die einem Prog-Track gerecht wird (über 17 Minuten). Typischer Jazz-Stil mit abwechselnden Soli einem wiederkehrendem Thema, zeitweise technisch-frickelig, aber es liegt in meinen Augen noch im Rahmen. Eines der Stücke, das einem mit jedem weiteren Hör-Durchgang besser wächst. Ich würde das wirklich gern live in einem typischen Jazz-Lokal erleben.

Los Endos

Der Einstieg erinnert mich an die Version die Steve auf seiner frühen Genesis Revisited Scheibe spielt. Áron Koós-Hutás übernimmt mit der Trompete über weite Strecken Tonys Keyboard-Part – was sich etwas seltsam anhört. Im Mittelteil packt die Band phasenweise noch etwas Fusion rein – nicht mein Ding. Erst gegen Ende vereinen sich die beiden Stile zu etwas Homogenen, was mich mit dem Stück wieder versöhnt.

In That Quiet Earth

Fängt auch völlig ungewohnt mit improvisionsmässigen Gitarrenspiel an, bevor es seinen Weg zum bekannten Stück findet – interessant. Gelungene Live-Umsetzung mit viel neuen Ideen und nah genug bei der Original-Version.

After Limoncello

Nummer fünf vom Sardinien-Album. Wurde schon ein Jahr vorher in St. Veit Österreich, aufgenommen und hier sitzt Gulli Briem statt Péter Kaszás an den Drums. Locker Ausklang, entspannte Musik zum Chillen.

Die CD-Version kommt mit einem 8-seitigen Digipak-Cover, 2 CDs, einer DVD und einem 24-seitige illustrierten Booklet mit Zitaten von Steve Hackett & Djabe.

Die NTSC/Region Free DVD in diesem Set enthält neben den 13 Standard Stücken auch die Bonus-Tracks In That Quiet Earth und After Limoncello, aufgenommen in St. Veit, Österreich im Jahr 2018 und White Bears, aufgenommen in Washington DC im Jahr 2019. Zusammen sind das deutlich über 100 Minuten Musik.

CD1

New Words

Reflections Of Thierache

Life Is A Journey

Castelsardo At Night

Buzzy Island

Tears For Peace

CD2

Last Train To Istanbul

Golden Sand

Hairless Heart

Firth Of Fifth

Gallop

Lava Lamp

Los Endos

In That Quiet Earth (live in St. Veit)

After Limoncello(live in St. Veit)

DVD (Video)

New Words

Reflections Of Thierache

Life Is A Journey

Castelsardo At Night

Buzzy Island

Tears For Peace

Last Train To Istanbul

Golden Sand

Hairless Heart

Firth Of Fifth

Gallop

Lava Lamp

Los Endos

In That Quiet Earth (live in St. Veit 2018)

After Limoncello (live in St. Veit 2018)

White Bears(live in D.C. 2019)

Bild: NTSC / Region Free

Audio: Stereo und 5.1 Surround

CD und DVD

Auf der Vinyl- und Tonband-Ausgabe fehlen leider das 17-minütige Lava Lamp und In That Quiet Earth, was ich sehr schade finde. Aber es hatte wohl schlicht keinen Platz mehr. Als Ersatz hat man dafür das Stück Cloud Dance draufgepackt – ein absolut guter Ersatz. Beide Ausgaben beinhalten etwas unter 100 Minuten Musik.

Fazit

Wenn Steve zusammen mit Djabe Musik macht, dann entsteht immer etwas Besonderes. Ich persönlich schätze es sehr, wenn Steve als Teil einer Band einfach seinen Teil dazu gibt mit seinem typischen Gitarrenspiel und die Stücke durch den kollektiven Input entstehen. Wenn man sich Video-Aufnahmen von gemeinsamen Auftritten anschaut, das sieht man die Spielfreude der Musiker auf der Bühne.

Zusammenfassend ist es ein Live-Album, das meine erwähnten Kriterien über weite Strecken erfüllt – leider mit ein paar Skip-Kandidaten. Das erste Drittel ist sehr stark. Der folgende Teil schwächelt: Tears for Peace und Last Train to Istanbulsind für mich persönlich Ausfälle. Sie hätten stattdessen lieber das fantastische Cloud Dance draufgepackt.

Die Genesis-Stücke sind soweit gut, aber nur In That Quiet Earth und der Schlussteil von Los Endos bringen wirklich etwas Neues, was man nicht schon oft genug gehört hat. Der Höhepunkt im ebenfalls starken letzten Teil ist sicher Lava Lamp.

Nach dem ausgiebigen Anhören des Albums will ich diese Band live hören – am liebsten zusammen mit Steve. Ob Trompete, Gitarre, Keyboards, Bass oder Drums – alle Instrumente werden von Profis gespielt, die ihr Handwerk verstehen. Nichts für Prog-Fans, die mit allem, was in Richtung Jazz geht nichts anfangen können. Aber wer schon an früheren Co-Produktionen der Band und Steve seine Freude hatte, wird auch hier viel Schönes finden.

Autor: Zoltan Kelemen

The Journey Continues gibt es in Deutschland bei JPC und Amazon, oder direkt in England bei CherryRed