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Steve Hackett – Cruise To The Edge 2018 – Konzert- und Reisebericht

Auch 2018 war Steve Hackett wieder Teil der Cruise To The Edge – wie auch unser Mitglied Volker Warncke, der einiges zu berichten hat – auch abseits der Konzerte von Steve Hackett.

Wir haben ein kleines Jubiläum zu feiern – es war die 5. Cruise to the Edge, die vom 3.2. – 7.2.2018 stattfand! Bis auf die erste in 2013 habe ich nun alle mitgemacht – während Steve Hackett bis auf die Cruise von 2015 ebenfalls alle mitgemacht hat. Dieses Mal war es quasi der Auftakt für seine diesjährige Tournee namens Genesis Revisited, Solo Gems & GTR 2018 Tour de Force und das mit der Tour de Force passt auch sehr gut zu dieser Cruise. Sie war einen Tag länger als vor einem Jahr, und so bestand im Vorfeld die Hoffnung, dass sich die ganze Planung der Konzerte in den verschiedenen Veranstaltungsorten etwas entzerren würde. Ob jetzt wirklich die gleiche Anzahl an Konzerten und sonstigen Veranstaltungen wie im letzten Jahr stattfand, habe ich nicht nachgezählt, aber gefühlt war es immer noch so, dass man ständig den Eindruck hatte, man verpasst alles Mögliche. Das ist aber ein unauflösbares Dilemma, denn sobald man weniger Bands einlädt, beschweren sich die Leute, dass dann die Auswahl geringer sei.


Grundsätzlich war es auch dieses Mal wieder so, dass jeder Act zwei Auftritte hatte, und einige Bands zusätzlich noch eine Q&A-Session, darunter natürlich auch die Headliner Yes, Marillion, Hackett. Und diese 3 Headliner hatten dann auch wieder ihre 2 Hauptshows im großen Theater des Schiffs. Aufgrund der Größe des Theaters war immer nur jeweils eine Hälfte der Passagiere pro einzelner Show zugelassen, je nachdem, welche Farbe man zugeteilt bekommen hatte, Blau oder Rot. Da wäre es natürlich fair, wenn die beiden Shows jeweils die identischen Setlisten hätten. Bei Yes war das auch wie immer der Fall. Bei Marillion natürlich mal wieder nicht, und auch bei Steve nicht:

1. Show:

Please Don’t Touch
Everyday
Shadow Of The Hierophant instr
When The Heart Rules The Mind

Icarus Ascending
Firth Of Fifth
Supper’s Ready
The Musical Box
Dance On A Volcano


2. Show:

Please Don’t Touch
El Niño
Shadow Of The Hierophant
(instr.)
When the Heart Rules The Mind
One for the Vine
Firth Of Fifth
Supper’s Ready
The Musical Box
Fountain of Salmacis

Yes als Namensgeber der Cruise durften jeweils 2 h spielen, Marillion und Hackett jeweils 90 Minuten, wobei es da schon gelegentlich zu einigen Minuten Überziehung kam. Nicht ganz unschuldig daran bei den Hackett-Shows waren auch die letzten Minuten von Supper’s Ready: von „and it’s…“ bis zum Ende dauert es auf Seconds Out kaum mehr als 3 Minuten, bei Steve waren es geschlagene 5:30 min! Entsprechend groß waren dann auch die stehenden Ovationen. Bei When The Heart Rules The Mind mag zwar umstritten sein, ob Steve das ganz ohne ‚Unterstützung‘ live singt, aber die Hoffnung, dass ihn dabei Steve Howe, wie damals bei GTR, auf der Bühne unterstützen würde (schließlich hätte er ja nur mal eben von nebenan vorbeischauen müssen), hat sich hier nicht erfüllt. Der diesjährige Bassist von Steve, Jonas Reingold, hat sich auf jeden Fall gut eingefügt und Steve hatte vorher schon erzählt, dass Jonas perfekt vorbereitet zu den Proben kam. Er hat allerdings auf der Cruise noch nicht seinen ‚Stunt‘ mit dem Bass auf der Stirn gezeigt. Vielleicht hat er es sich nicht getraut, da das Schiff nicht immer so ganz ruhig dahinglitt…


Es gab noch zwei weitere Programmpunkte mit Steve. Eine Q&A-Session, bei der er von einem Moderator befragt wurde, aber auch viele Fragen vom Publikum beantwortete. Dabei stach eine Frage heraus, bei der es nicht einfach plump um die Genesis-Reunion ging, sondern sie zielte darauf ab, dass Steve ja inzwischen de facto der einzige sei, der noch so richtig in der Lage sei, so eine 5-er-Geschichte zu bewältigen. Steve ließ sich aber nicht dazu hinreißen, sich irgendwie negativ über die aktuellen Fähigkeiten der ehemaligen Bandmitglieder auszulassen. Im Laufe dieser Session holte Steve seine Frau Jo auf die Bühne, weil sie eben ein unverzichtbarer Bestandteil seiner Arbeit sei und sie hat dabei auch ein paar Fragen zu ihrem Beitrag zu den letzten paar Alben beantwortet. Daraus ging hervor, dass sie wirklich zusammen schreiben und beide für die Texte und Melodien verantwortlich sind.


Dann gab es noch eine weitere Veranstaltung, diesmal mit Steve und Roger Dean zusammen. Roger ist ja bei jeder Cruise to the Edge dabei und stellt seine Originalgemälde zum Verkauf aus (die Preise der größeren davon gehen dabei weit in fünfstellige Bereiche). Bei dieser Q&A mit Steve und Roger haben sie sich vor allem gegenseitig interviewt und dabei herausgearbeitet, wie sich ihre kreativen Prozesse voneinander unterscheiden – nämlich gar nicht so sehr, außer dass der eine eben visuell arbeitet und der andere mit Tönen. Roger Dean hat dann noch bei einer anderen Gelegenheit live ein neues Gemälde erstellt, natürlich wieder im Stil der Yes-Alben, und als es eigentlich schon fertig war, bat ihn jemand aus dem Publikum, dort noch einen Baum hinzuzufügen, weil es noch etwas leer aussehe. Roger sah es sofort ein und nach ein paar zusätzlichen Pinselstrichen ragten einige Äste von rechts ins Bild, und es sah so auch erst fertig aus.


Es wurde ja schon bei der letzten Cruise des damals gerade erst verstorbenen John Wetton gedacht, wenn auch nicht mit einer speziellen Veranstaltung. Diesmal gab es dafür ein großes Tribute mit Live-Interviews einiger seiner anwesenden Mitstreiter, darunter auch Hackett; dazu ein Film mit Grüßen diverser weiterer Mitmusiker und Aufnahmen aus dem Probenraum, der allerdings aufgrund wiederkehrender technischer Probleme nur teilweise abgespielt werden konnte, so dass wir z.B. das Grußwort von Hackett nicht zu hören bekamen. Abschließend gab es dann bei diesem Tribute noch eine akustische Aufführung von King Crimsons Book of Saturday, vorgetragen von Dave Kerzner, seinem Gitarristen Fernando Perdomo und Thijs van Leer von Focus an der Querflöte.

Apropos Dave Kerzner – auch bei dieser Cruise ist er wieder eine Extra-Erwähnung wert, auch wenn er und Simon Collins ja seit kurzem mal wieder getrennte Wege gehen. Dave war auch diesmal derjenige, der mit Abstand die meisten Gastmusiker bei seinen Konzerten hatte, wie z.B. Jon Davison und Tony Kaye von Yes, John Wesley, und auch Steve Hackett, der sein Gitarrensolo bei Daves Song Strandeddann auch live zum Besten gab. Bei dieser Show war er gleich beim ersten Song dran – sie fing planmäßig erst um halb elf Uhr abends an, weswegen er nicht bis zum Ende hatte warten wollen. Steve kommt also kurz vor Beginn auf die Bühne, um zu sehen, ob alles technisch korrekt ist und steht da schon einige Minuten, weil noch irgendetwas nicht stimmt. Da kommt ein Ruf aus dem Publikum, sinngemäß: „Beeilt euch, Steve Hackett will ins Bett!“ – er hört das, grinst und nickt – unbezahlbar!


Nicht verschweigen möchte ich auch wieder die Late Night Live-Sessions, wo die (Hobby)-Musiker unter den Passagieren sich vorher dazu verabredeten, jede Menge Prog-Klassiker zu spielen. Das lief jeweils von 23 Uhr bis 3 Uhr morgens. Gleich am ersten Abend gab’s dann z.B. schon Supper’s Ready. Sie haben es durchgehalten, auch wenn es manchmal etwas holprig lief. Das Gute an diesen Sessions ist aber auch, dass immer wieder einige der Profi-Musiker dazustoßen. Bei Supper’s Ready war es diesmal Nad Sylvan, aber nicht, dass er etwa gesungen hätte, nein, er schaute sich das Ganze eine Zeitlang nur an und kam nur für den einen Moment vor die Bühne, um „A Flower?“ zu sagen, und das war’s! Es wurden natürlich noch einige andere Genesis-Songs von anderen Passagieren gespielt, darunter auch Seven Stones, wozu sich Jon Davison von Yes als Gastsänger angesagt hatte. Und mit ihm klang der Song nicht nur wegen seiner Stimme ein bisschen wie Yes (wobei er aufgrund seiner Stimmlage eher nur in den tieferen Lagen etwas unsicher klang), sondern vor allem, weil das Ende etwas anders war, nämlich mit kürzerer Mellotronpassage und der Wiederholung von „Can you hear the old man tell his tale“.

Ach übrigens, wen es interessiert, das Schiff machte Station in Belize City und Costa Maya in Mexiko, so dass wir an 2 Tagen auf See waren und an 2 Tagen in diesen beiden Häfen. Viele Leute haben auch Exkursionen gemacht, zu Pyramiden und Naturparks und so. Für sowas hatte ich aber leider keine Zeit. Es gab zwar Vormittags an diesen Tagen nur wenige Veranstaltungen, aber am frühen Nachmittag ging es schon wieder los, und da bin ich es auf dem Schiff eher ruhig angegangen, um dann entspannt zu den ersten Nachmittags-Shows gehen zu können.

Am letzten Tag wurde dann offiziell verkündet, dass die nächste Cruise to the Edge auf dem selben Schiff vom 4.2.-9.2.2019 stattfinden wird. Im letzten Jahr haben sie Anfang März die ersten konkreten Infos zum Beginn der Buchungsmöglichkeiten für 2018 verkündet – es kann also jetzt nicht mehr lange dauern und wir stehen bereits alle in den Startlöchern! Und Steve Hackett wird fast sicher auch wieder dabei sein. I am sailing, I am sailing… (Oops!)

Autor und Fotos: Volker Warncke