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Ray Wilson – Chasing Rainbows – CD Rezension (2013)

Ray Wilson bleibt kreativ. Dieses Mal ohne den Bandzusatz Stiltskin, präsentiert er sich mit einem frischen und druckvollen Sound. Christian Gerhardts hat das ganze seziert.

Stiltskin. Ja oder nein? Zugegeben, es ist etwas verwirrend nachzuvollziehen, wer oder was und wann Stiltskin sind und was ist, wenn … aber eigentlich ist es ganz einfach. Es ist Ray Wilsons Band, heute noch viel mehr als zu Zeiten von Inside. Das letzte Album, Unfulfillment, wurde unter Ray Wilson & Stiltskin veröffentlicht, auch wenn das Songmaterial deutlich mehr Nähe zu den „normalen“ Wilson-Alben aufwies. Nun liegt ein neues Werk vor – nicht einmal zwei Jahre nach Unfulfillment beweist Chasing Rainbows vor allem eines: Ray steht voll im Saft und hat Ideen. Und er hat nach wie vor Luft nach oben, was seiner Kreativität hörbar gut tut.

Chasing Rainbows ist Ray Wilson, kein Stiltskin, aber fast alle sind dabei. Wie schon bei den Alben zuvor hat Peter Hoff am Album mitgewirkt und dieses Mal hat Ray alle Songs mit Peter geschrieben (mit Ausnahme von Whatever Happened, das Wilson alleine schrieb), das könnte auch die Antwort auf die Frage sein, warum das Album nicht von Ray Wilson & Stiltskin ist: Uwe Metzler war bei beiden Stiltskin-Alben ein integraler Bestandteil, an Chasing Rainbows aber ist er weder als Songwriter, noch als Musiker beteiligt.

"CoverEine weitere Neuerung: Das Album wurde zwar von Ray Wilson und Peter Hoff produziert, aufgenommen wurden die Songs aber von Henne Müller und Philipp Lorenz. Diese wiederum haben eine eigene aufstrebende Band, die derzeit vor ihrem mutmaßlichen Durchbruch steht: Abby. Wir hatten im August 2012 Gelegenheit, Ray im Studio mit Abby in Berlin zu besuchen (siehe Newsmeldung hier). Mehr über Abby gibt es auf ihrer offizieller Website und ihrer Facebook-Seite. Schließlich wurde das Album von Yogi Lang Anfang 2013 gemischt. Auch Yogi hat eine eigene Band, die im Prog-Bereich einen großen Namen hat: RPWL. Vor einigen Jahren hatte Ray mal den Song Roses gesungen, zu finden auf ihrem Album World Through My Eyes. Und erst vor kurzem, im Februar 2013, hatte er diesen Song gemeinsam mit RPWL live in Kattowitz bei einem gemeinsamen Auftritt dargeboten.

Im Vorfeld wurde nicht unbedingt viel spekuliert, vielmehr hat Ray selbst immer wieder Infos gestreut. Der gefällige Song She’s A Queen wurde in einer reduzierten Version schon einige Male live gespielt, außerdem erklärte er öfters, das Album werde etwas organischer werden und mehr wie Tom Petty klingen. Und ein Duett mit Ali Ferguson sei auch im Bereich des Möglichen. Da sich bei Ray traditionell die Ideen schnell weiterentwickeln, durfte man gespannt sein, was aus diesen Ankündigungen werden würde.

Interessant ist der Blick auf die Namensgebung des neuen Albums und seines Vorgängers. Unfulfillment war vor allem das Statement, niemals komplett zu sein, ein ewig Suchender, ewig Neugieriger. Chasing Rainbows reiht sich nun in diese Philosophie ein – Ray ist auf dem Cover nicht zu sehen, sondern nur eine urige Musiker-Ecke, eine verlassene Gitarre. Ray Wilson ist nicht da, er ist nach wie vor auf seiner Reise, fröhnt seiner Neugier und jagt Regenbögen.

"CoverDer Titel Chasing Rainbows ist aus einem der Songs abgeleitet – es ist ausgerechnet Follow The Lie. Dort heißt es „I’ve been on the road so long … keeping all the hopes alive, before it’s too late“. Es ist eigentlich ein Love-Song, zumindest lyrisch, aber es passt. Ray geht lieber Regenbogen jagen, als sich auszuruhen und mit der Gitarre im Sessel zu sitzen. Das mag manchmal etwas waghalsig sein und nicht immer logisch, aber es ist interessant.

Ray Wilson – die Entwicklung seines Sounds

Chasing Rainbows ist musikalisch weniger eine Jagd, sondern mehr eine Vision. Es ist interessant zu sehen, wie Ray seinen Sound kontinuierlich weiterentwickelt. Seine Stimme bleibt das zentrale Element seiner Musik (und muss es auch bleiben), aber der Sound bildet den Rahmen, eine Art Verpackung und diese sieht dieses Mal verdammt gut und interessant aus.

HINTERGRUND: Als Ray 2003 seine Solokarriere begann, wurde Change zu einem Kontrast im Vergleich zu Genesis‘ Calling All Stations oder Millionairhead von Cut_. Es war eine Art Unplugged-Album mit vielen Popsongs, einige davon hatten erstklassige Melodien. Die Produktion war bewusst reduziert. Das Nachfolgealbum The Next Best Thing geriet weniger überzeugend, vor allem weil Ray es nicht verstand, Songs wie Magic Train, Pumpkinhead oder auch Ever The Reason angemessen in Szene zu setzen. Zwei Jahre Jahre später räumte er im itInterview ein, dass dieses Album ihm die Grenzen seiner Produzentenfähigkeit aufgezeigt hatte. Also begab er sich in die Hände von Peter Hoff und Uwe Metzler, dazu kam noch Songwriter Scott Spence und er entschied sich, es wieder deutlich mehr krachen zu lassen. Also wurde SHE zum bis heute vielleicht wichtigsten Album für Ray. Es war erstklassig produziert, geht am deutlichsten geradeaus und rockt richtig gut. Dazu ist das Songwriting erstklassig und ganz nebenbei holte Ray den Bandnamen Stiltskin wieder aus dem Keller. Mit Propaganda Man legte er dann wieder ein Album vor, das eher wie Change klang, aber deutlich von Rays neu gewonnener Erfahrung durch die Produktion von SHE profitierte, auch wenn es mit dem Titelsong einen Song enthielt, der Ray erneut an seine Produzentengrenzen stoßen ließ. Heute weiß man, dass Propaganda Man ein Scheidungsalbum ist und so erscheint es rückblickend logisch, dass er seine Melancholie ohne das Stiltskin-Label ausdrücken wollte.

Chasing Rainbows CoverDanach traf er die Entscheidung, Stiltskin als seine Band zu definieren – bei SHE hatte es noch etliche Gastmusiker hier und da gegeben. Er verzichtete bei Unfulfillment also auf Nir Z. und stattdessen spielte seine Live-Band, die nun auch schon jahrelang zusammen gespielt hatte, das komplette Album ein. Peter Hoff und Uwe Metzler waren wieder beim Songwriting und der Produktion maßgeblich beteiligt, aber insgesamt wurde Unfulfillment ein etwas „leichteres“ Album als SHE. Dies könnte auch an dem konsequenten Einsatz von Streicherarrangements liegen, die auf jedem (!) Song zu hören sind. Ein wenig flirtete Ray auf dem Album auch mit dem Prog, insgesamt aber ist ein ein Poprock-Album geworden, dessen echte Stiltskin-Momente vergleichsweise selten waren. Neben den Streicherarrangments konnte das Album wieder mit einer edlen Produktion gefallen, einzig etwas fehlender Druck der Basslinien wurde hier und da kritisiert.

Ray hat sich insgesamt positiv entwickelt – er holt sich die Hilfe dort, wo er Schwächen hat und bringt neue Ideen, wie zum Beispiel Streicher-Arrangements, mit entsprechenden Profis in die Produktion ein.

Chasing Rainbows – Cover-Artwork und beteiligte Musiker

Allein das Cover ist schon eine Überraschung. Im Vorfeld kursierte ein anderes Motiv im Netz, es ist aber in einer anderen Form nur Teil des Gesamtdesigns. Das Cover selbst zeigt keinen Regenbogen, sondern (siehe Bild, die Grafiken lassen sich durch einen Klick alle vergrößern!) eine verlassene Ecke, eine Gitarre, einen Stuhl – das ganze düster gehalten, wenig Licht, kaum Farben. Das passt zum Albumtitel – wie bereits erwähnt, Ray geht lieber Regenbogen jagen, als sich hinzusetzen und zu genießen. Das drückt das Cover perfekt aus. Denkt man genauer darüber nach, wäre es auch gar nicht stimmig, einen Regenbogen auf dem Cover abzubilden. Der wäre dann ja schon gefunden bzw. gefangen. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der neue Schriftzug. Der wirkt etwas „demo“-artig, genau wie die Titel-Auflistung auf der Rückseite. Aber nun mal was ganz anderes … ja, das Cover! Warum kommt einem diese Musikerecke so bekannt vor? Der Grund ist genauso banal wie erfreulich. Das Foto wurde im Irish Pub The Wild Geese 2007 aufgenommen, beim denkwürdigen Fan-Meeting des Deutschen Genesis Fanclubs in Braunschweig, bei dem Ray eine Solo-unplugged-Show spielte.

Interessant ist bezüglich des Artworks aber noch eine andere Komponente: Während das Design wie gewohnt von Thomas Ewerhard kommt, sind alle Fotos von dem gleichen Fotografen – dabei handelt es sich um Christian Baltrusch, der zum einen selbst ein Fan von Ray Wilson, zum anderen auch seit Jahren treuer Leser und Mitglied des Deutschen Genesis Fanclub ist. Es erfreut umso mehr, dass seine Arbeiten Ray dazu bewogen haben, die Fotos für das Booklet eines ganzen Albums zu verwenden. Ein anderes Motiv von Christian Baltrusch war im letzten Jahr bereits zum neuen Wilson-Logo geworden und ziert seitdem diverse Merchandise-Artikel und Konzertplakate. Christians Arbeit könnt ihr auf seiner Website ansehen.

Marcin KajperMusikalisch geht Ray weitestgehend mit den gleichen Musikern die Regenbogen suchen, mit denen er vor zwei Jahren unfulfilled war. Ali Ferguson ist natürlich wieder an allen möglichen Gitarren (und auch gesangstechnisch) dabei. An den Tasten ist seit einiger Zeit Darek Darczewski live mit dabei und auch auf Chasing Rainbows vertreten. Ashley und Larwie MacMillan bilden wieder die schottische Rhythmus-Sektion, unterstützt durch Steve Wilson an den akustischen Gitarren und backing Vocals. Auch Streicher sind wieder an Bord – Barbara Szelagiewicz, Alicja Chrzaszcz (Geigen), Sebastian Schlecht (Bratsche) und Philipp Timm am Cello. Neu dabei und für den musikalischen Überraschungsmoment verantwortlich ist Saxophonist Marcin Kajper (siehe Bild). Marie-Claire Schlameus spielt außerdem Cello auf The Life Of Someone und Mara Simpson singt mit Ray bei Whatever Happened, wenngleich auch eher dezent im Hintergrund.

Chasing Rainbows– Die Songs

Die Neuerung des letzten Albums war ohne Zweifel die dominante Streicherarrangement-Verwendung. Bei Chasing Rainbows liegt der Fall nicht ganz so, aber es geht in die Richtung. So hört man die ersten Töne des Openers Take It Slow und hat es sofort mit einem erfrischend-melancholischen Ray zu tun. Manchmal fühlt es sich zwar wie eine „zur Ruhe gekommene“ Version von Fly High an, aber Take It Slow ist weit mehr als das. Es hat diesen mystischen Touch, die Sehnsucht, Verzweiflung, ein wenig Pink Floyd, ein wenig Prog … und einen sehr ausdrucksstarken Ray Wilson. Die Instrumente klingen sehr klar und perfekt aufeinander abgestimmt, insbesondere die Gitarren sind brillant. Und plötzlich kracht völlig unerwartet ein Saxophon in den Song, auch das ist ein genialer Moment, denn es passt sehr gut. Es ist ein Auftakt nach Maß, obwohl der Song nach dem ersten Hören zunächst einmal dieses „wait a minute“-Gefühl generiert und man irgendwann bei Song vier oder fünf noch mal zurückgeht zum Anfang, um diese Perle auch wirklich zu entdecken. Take It Slow ist ohne Zweifel einer der stärksten Songs, die Ray je auf ein Album brachte. Er legt die Latte für dieses Album damit verdammt hoch.

Ray WilsonDeutlich direkter und zackiger kommt Easier That Way rüber, hier fällt eine eher ausgefallene Produktion auf, die besonders durch einen drückenden, rhythmischen Beginn gekennzeichnet ist. Die Anfangssequenz erinnert etwas an Flüsternde Zeitvon Herbert Grönemeyer. Der Song ist gut, bleibt im Gehör und ist die erste Single des Albums – betrachtet man aber die gesamte Albumlänge, hätte sich ein anderer Song vermutlich eher angeboten, wobei es verschiedene Kandidaten gäbe und am Ende muss es eben einer sein.

Das oben angesprochene Follow The Lie geht wieder etwas zurück zum Feeling des Openers und nicht aus Zufall kommt auch hier wieder ein Saxophon zum Einsatz. Bei Follow The Liesind es vor allem die Strophen, die Spaß machen. Dies liegt vor allem an Rays eher sprachlich „gedrückten“ Gesang, bei dem die Qualität seiner Stimme voll zum Tragen kommt. Ray bleibt damit auf hohem Niveau.

Der vierte Song ist dann ein kleines Kuriosum. Hardcore-Fans wissen vielleicht, dass die amerikanische Version des ersten Stiltskin-Albums The Mind’s Eye einen Song namens Shouting In My Sleep enthielt (in Europa war der Song auch als B-Seite einer Single veröffentlicht worden). Und auch dieser vierte Song auf Chasing Rainbows trägt diesen Titel, aber es hat musikalisch rein gar nichts mit dem etwas unbeholfenen Stück von 1994 zu tun. Shouting In My Sleep ist ein erstklassiger Popsong, der sofort im Ohr bleibt. Ray wird zum ersten Mal etwas „leichter“ auf dem neuen Album, doch der Song hat Hit-Qualitäten und kann musikalisch zwischen Propaganda Man und Unfulfillment einsortiert werden.

Wait For Better Days könnte man als Power-Ballade bezeichnen, es hat Elemente aus dem She-Album, aber auch ein wenig des Feelings von Unfulfillment. Wait For Better Days kann ein exzellentes Spannungsfeld zwischen Streichern, Klavier und Gitarren vorweisen, getragen wird der Song von einem gediegenen Drumsound und einer tollen Melodie. Der Song dreht im Refrain mächtig auf und Ray zeigt hier eine beachtliche Gesangsleistung – man darf gespannt sein, wie er das live rüberbringt, sollte er diesen Song spielen. Nach der zweiten Strophe gibt’s dann ein schönes Saxophon-Solo, im Hintergrund Streicher und Klavier, bevor es mit Drums und E-Gitarren weitergeht – perfekt. Wait For Better Days gehört zur Spitzengruppe der Regenbogen-Jagd.

3Die ersten fünf Songs funktionieren auch als musikalische Einheit ganz gut, sie sind vielleicht so etwas wie eine Zusammenfassung des Albums. Danach gibt es einen kleinen Schwenk, vielleicht auch Bruch. She Don’t Feel So Loved ist bei Weitem nicht so dicht instrumentiert wie Wait For Better Days und auch wenn es in einem ähnlichen Tempo gespielt wird, wird es deutlich ruppiger und hektischer, der Song selbst hat auch mehrere Brüche und im Refrain gibt es einen mehrstimmigen Gesang. Es ist bei einer gewissen Ähnlichkeit trotzdem auch eine Art Gegenentwurf zu Wait For Better Days. Dafür groovt der Bass ordentlich.

Interessant wird es dann mit Rhianne. Leicht gezwirbelte Gitarrenklänge, ein wenig wie ein schnell gespieltes Shine On You Crazy Diamond-Intro, dann kommt ein eher geweinter Gesang. Das hat einen Hauch von Pink Floyd und plötzlich singt nicht Ray, sondern Ali Ferguson. Rays selbst singt erst im letzten Drittel. Ein interessantes Experiment, das voll gelingt. Es wäre aber interessant, das Stück mal ohne Drums zu hören, in einer Art Late Nite Mix. In einer langsameren Version könnte es noch weitaus mehr Wirkung erzielen.

Danach geht das Album in eine luftige Phase über – She’s A Queen ist im Prinzip eine Hommage an Change-Zeiten. Es hat viel von diesem Unplugged-Gefühl, dazu kommen die nunmehr für Ray typischen Streicherarrangements. Der Song geht in Ordnung, kann insgesamt mit den bisher gehörten Songs aber nicht mithalten und stellt damit so etwas wie eine Atempause dar.

Weiter geht’s mit einem luftigen lalala-Song namens Whatever Happened. Erwähnenswert ist, dass Whatever Happened der einzige Song des Albums ist, den Ray nicht mit Peter Hoff geschrieben hat, sondern alleine. Ray sinniert in dem Song über Wendungen, die das Leben eben nicht genommen hat, weil man jemanden nur einmal und dann nicht mehr getroffen hat.

Ray WilsonI See It All setzt da an, wo She Don’t Feel So Loved aufgehört hat. Auf ein dominantes Klavier wird dieses mal zumindest im ersten Teil des Songs verzichtet, dafür rücken die Streicherarrangements mehr in den Vordergrund. Wieder gibt es ein Wechselspiel zwischen Streichern und Gitarren, am Ende dann darf auch das Klavier wieder eine Rolle spielen, die ein wenig an Tale From A Small Town erinnert. Zum Schluss gibt es in dem Song noch ein abwechslungsreiches Finale. Der Song ist solide, fällt auf Grund seiner relativ ähnlichen Machart aber etwas hinter den genannten Songs zurück.

The Life of Someone gefällt durch einen interessanten Songaufbau und eine ungewöhnliche Instrumentierung, die Drums klingen im Refrain etwas verschoben, die anfangs akustischen Elemente werden durch elektrische „gestört“. Ein wenig fehlt dem Song die Qualität einer richtig guten Melodie, er wirkt etwas zu kompliziert und ein wenig erzwungen.

Ray hatte lange ein „letzter Song“-Problem. Auf Change ließ The Last Horizon die Leute eher etwas fragend zurück, das Finale von The Next Best Thing diskutieren wir besser gar nicht erst und auch der schwächste Song auf She war ausgerechnet das Finale mit dem bezeichnenden Titel Better Luck Next Time. Etwas besser wurde es dann mit On The Other Side auf Propaganda Man, aber den ersten wirklichen Final-Kracher schaffte er erst auf Unfulfillment mit Ought To Be Resting. Auf Chasing Rainbows heißt das letzte Stück No Dreams Are Made of Thisund man kann schon vermuten, dass dies kein Spaßliedchen ist. Der Song geht am ehesten in die Richtung des Openers und bildet dadurch eine perfekte musikalische Klammer für das Album. No Dreams Are Made Of This geht wieder ein wenig Richtung Pink-Floyd-Feeling, gepaart mit dem tyischen Ray-Wilson-Rock. Am Ende wird geschrammelt, was das Zeug hält, Ray singt gegen Gitarren und Streicher an und sein Gesang wird immer mehr in den Hintergrund gedrückt, bevor der Song implodiert, dann aber noch mal kurz ein paar dezente akustische und elektrische Töne und Gesang von sich gibt und den Zuhörer in seine Gedanken entlässt.

Ray Wilson Nachlese

„Chasing Rainbows … no surprises“ singt Ray in Follow The Lie. Nun, vieles wirkt vertraut, vor allem dank seiner Stimme zieht sich ein roter Faden durch das ganze Album. Aber Ray kann überraschen, mindestens mit dem gelungenen Saxophon-Spiel von Marcin. Er hat nun nicht das amerikanische Tom Petty Album aufgenommen, das er einst ankündigte, aber vielleicht ist das auch ganz gut so. Ray und Peter Hoff haben die Songs relativ schnell geschrieben und Demos aufgenommen, bevor im August die Aufnahmesessions in Berlin begannen. Die Produktion klingt wie aus einem Guss, bleibt dabei aber interessant und abwechslungsreich. Es gibt ein paar Exoten auf dem Album, Easier That Way etwa wirkt vom Feeling her etwas anders, dazu die Akustik-Ecke um She’s A Queen und Whatever Happened. Die anderen Elemente des Albums bilden dagegen eine starke Einheit, wenngleich man I See It Allund She Don’t Feel So Loved eine gewisse gegenseitige Verzichtbarkeit nachsagen kann. Anders ausgedrückt: Einem der Songs hätte ein anderes Arrangement gut zu Gesicht gestanden. Rhianne ist zwar auch etwas anders – nicht zuletzt durch Alis Gesang, fügt sich aber prima in das gesamte Albumfeeling ein. Ungeachtet dessen hat das Album ohnehin genug Kraft, Qualität und Potenzial, für Ray neue Hörerschichten zu erschließen. Dieses Album hat jedenfalls das Potenzial, Ray als Solokünstler weiter auszudefinieren. Ray ist einmal mehr ein starkes Album gelungen und immer noch Regenbogen zu jagen, das ist das gleiche wie immer noch auf bessere Tage zu warten, auch wenn die Gegenwart schon gut ist. Das ist uns recht, so bleibt seine Musik interessant und entwicklungsfähig und kommerziell wünscht man Ray ohnehin noch bessere Tage.

Autor: Christian Gerhardts

Spezieller Dank an Christian Baltrusch und Sönke Bohm
Photos aus dem Booklet und des Covers: Christian Baltrusch
Grafiken: Helmut Janisch auf Grundlage des Album-Designs von Thomas Ewerhard

Alle Songs:

01 Take It Slow (4:49)
02 Easier That Way (4:15)
03 Follow The Lie (4:58)
04 Shouting In My Sleep (4:33)
05 Wait For Better Days (4:46)
06 She Don’t Feel So Loved (5:13)
07 Rhianne (4:38)
08 She’s A Queen (4:02)
09 Whatever Happened (2:38)
10 I See It All (3:58)
11 The Life Of Someone (4:36)
12 No Dreams Are Made Of This (5:00)

Chasing Rainbowswird am 19. April 2013 veröffentlicht
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