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Genesis – Live – CD Rezension

Genesis Live war das erste Live-Album der Band. Es genießt seither enormen Respekt unter Fans. 2009 wurde das Album im Rahmen des LIVE-Boxsets neu aufgelegt, inklusive Surround Sound und Bonus-Tracks.

Genesis Live, der Klassiker von 1973, erfreute schon immer Kritiker und Fans. 36 Jahre später wurde das Album mit fünf Bonus Tracks neu veröffentlicht – und neu abgemischt, in Stereo und 5.1 Surround

„Good Evening.“ Endlich, mag so mancher Genesis-Fan der frühen Tage gedacht haben. Endlich kann man diese Band auf einem Live-Album genießen und etwas von der besonderen Stimmung eines Genesis-Konzerts einfangen. So muss es gewesen sein, als diese von Genesis und John Burns produzierte Live-LP 1973 in die Plattenläden kam. Und es sollte das lange Zeit einzige offizielle Live-Dokument der Peter-Gabriel-Phase sein. Fünf Songs schafften es schließlich auf das Album, das Konzerten der Foxtrot-Tour zugrunde lag. Die damaligen technischen Möglichkeiten waren gleichwohl bescheidener als heute, und dennoch schaffte das Live-Album, den ohnehin bekannten Songs neues Leben einzuhauchen. Direkter, rauer, eben LIVE. Genesis dokumentieren damit erstmals ihren fortan nie verloren gegangenen Anspruch als gut klingende Live-Band. Das Ergebnis führte sicher auch dazu, dass bei zukünftigen Tourneen immer mehr Musikliebhaber von den Genesis-Konzerten gepackt wurden.

bild1Wichtige Merkmale des Gesamteindrucks sind unter anderem die knackigen Drums von Phil Collins, die auf den Studioalben zuvor eher verwaschen, teilweise undefiniert zur Geltung kamen. Zum anderen die wuchtigen Gitarren, wie sie später gerade auf Seconds Out und Three Sides Live nicht mehr zu hören waren. Vor dem Hintergrund der 5.1 Neuabmischungen ist allerdings zu sagen, dass Genesis LIVE erst jetzt den Sound bekommen hat, den es verdient. 

Watcher Of The Skies

Der perfekt Opener eines Genesis Konzertes damals. Das Intro lässt einem die Nackenhaare zu Berge stehen. Selbst bei der Neuabmischung hört man noch den nostalgischen Hauch dieser Aufnahme. Nach dem Einsatz der Hi-Hats baut sich Watcher Of The Skies noch gewaltiger auf, als das die Studioversion ohnehin schon vermag. Im Center sticht der ungestüme Gesang von Peter Gabriel heraus.

Get’em Out By Friday

Die Drums von Phil Collins treiben den Song nach vorne. Die für Peter Gabriel typische Aggressivität weicht der ebenso kennzeichnenden Melancholie. Ein echter Gabriel-Song, der sich in dieser Live-Version erdiger und direkter präsentiert als auf der Studioversion. Mal brachial, mal dezent zeigen Genesis, wie eingespielt sie zu diesem Zeitpunkt waren.

bild2The Return Of The Giant Hogweed

Eines der frühen Klassiker bei Live-Konzerten. Die ganze Härte, die auf der LP-Produktion noch fehlt, lassen Genesis in dieser Live-Version spüren. Genesis agieren dabei mit einer Präzision, die nichts von der ungeschliffenen Energie dieser frühen Tage vermissen lässt. Die Keyboards pressen den Song nach vorne. Ein echter Wachrüttler nach Get ‚Em Out By Friday.

The Musical Box

Wenngleich Tony Banks quer durch alle Genesis-Phasen die Hauptrolle spielte, zelebrieren Genesis diesen Epos als Gitarrenstück. Peter Gabriel sprach in Interviews oft davon, mal etwas wie The Who machen zu wollen. Gerade der Gitarrenpart nach dem ruhigen Anfangsteil kracht so richtig und lässt die Studioversion, zumindest was die Energie angeht, hinter sich.

genesis liveThe Knife

Als Peter Gabriel den Song ansagt, sorgt dies für den meisten Jubel. Kein Wunder. The Knife war damals einfach der absolute Kult-Song. Auch hier bestechen Genesis mit Studio-Präzision gepaart mit der Energie eines Jumbos. Der Bass wummert, die Drums krachen. Phil Collins hält den Laden mit seinem teils ungestümen, aber gleicjhzeitig punktuierten Spiel zusammen. Steve Hackett liefert ein grandioses Solo, ehe sich The Knife in ein explosives Finale steigert. Der Höhepunkt der Platte. Auch, weil selbst beim neuen 5.1-Mix (leider) Supper’s Ready fehlt.

Genesis Live ist als erstes offizielles Live-Dokument der Gabriel-Ära auch heute noch trotz Neuabmischung ein Mythos. Trotz der Coverband The Musical Box und allen im Nachhinein veröffentlichten Ton- und Videomitschnitten ist diese Phase von Genesis eine Phase, die jeder spät(er) berufene Genesis-Fan gerne miterlebt hätte. Fernab des Invisible-Touch-Pops und Tournee-Gigantismus der späteren Phase (die sicherlich auch was für sich hatten). Selbst wenn man alle Genesis-Phasen mag – Genesis LIVE ist der Grundstein dafür, in diese kreativen Jahre der Band den Einstieg zu finden. 

2009: Genesis Live mit neuem Stereo und 5.1-Surround-Mix

Im Rahmen des Live-Boxsets wurde auch das erste Live-Album selbst aufgepeppt. Neben einem neuen Stereo-Mix wurde auch ein Surround-Mix angefertigt, dazu gibt es fünf Bonus-Tracks, die allerdings während der Lamb-Tour aufgenommen wurden (im Shrine Auditorium – aus dieser Quelle stammt auch der komplette Konzertmitschnitt aus dem ersten Archive Boxset). Folgende Bonustracks sind enthalten:

Back in N.Y.C.

Fly on a Windshield

Broadway Melody of 1974

Anyway

The Chamber of 32 Doors

Neben der Songauswahl (was haben Lamb-Songs auf dem 73er Livealbum zu suchen?) muss man sich auch die Frage stellen, warum diese merkwürdige Reihenfolge gewählt wurde. Damit sind aber die Kritikpunkte schnell aufgebraucht, denn der neue Mix klingt frischer und druckvoller als die Remaster CD von 1994. Weitere Nuancen kann man auf der DVD im Surround Sound entdecken, wenngleich dieser – einem Live-Album angemessen – dezent gemischt wurde. Es gibt hier keinen Zweifel: Die neue Version des Live-Albums ist rein soundtechnisch die definitive Version – nur der etwas merkwürdige Gesamtinhalt kratzt am Kultfaktor.

Autoren: Matthis Haug (Album) und Christian Gerhardts (2009 Remaster)