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Phil Collins – Live And Loose In Paris – VHS-Video + DVD Rezension
Die Dokumentation der Trip Into The Light Tour 1997 lag zunächst als VHS-Video vor und wurde später auch auf DVD veröffentlicht. Ulrich Klemt nennt die Einzelheiten.
Um sein damals aktuelles Album Dance Into The Light zu promoten, ging Phil Collins 1997 nach nur zweijähriger Tourpause erneut auf Reisen. Auch wenn er inzwischen seinen Abschied von Genesis verkündet hatte, konnte von einer echten Pause fast keine Rede sein. Im Sommer 1996 gab es eine wenn auch eher kleine Big Band-Tour und ansonsten hatte Collins vermutlich die meiste Zeit im Studio gearbeitet.
Die Dance Into The Light-Tour startete Ende Februar in Florida und führte zunächst knapp zwei Monate durch Nordamerika um dann Anfang Oktober für weitere zwei Monate nach Europa zu kommen. Gespielt wurde ausnahmslos in Hallen. Die gegenüber vorherigen Touren völlig neue Rundbühne lies logistisch gar nichts anderes zu. Zudem war der Umfang mit knapp 80 Konzerten gegenüber den vorherigen Solotouren (127/Serious Tour, 159/Both Sides Tour) relativ klein.
Die Band hatte sich seit 1995 nur durch personelle Ergänzungen verändert. Mit Luis Conte wurde endlich ein Percussionist gefunden, der ins Konzept passte. Dies war mit einem anderen Percussionisten schon während der Proben 1994 getestet worden, damals allerdings ohne den gewünschten Erfolg. Zudem war mit Ronnie Caryl ein Jugendfreund von Phil Collins zur Band gestoßen.
Dance Into The Light hatte allein musikalisch gegenüber seinem Vorgänger eine komplette Kehrtwende bedeutet. Die Aufnahmen entstanden wieder mit Band – in diesem Falle sogar mit exakt seiner Tourband-Besetzung. Außerdem waren die düsteren Klänge von Both Sides einer deutlich positiveren Grundstimmung gewichen. Die oben erwähnte Rundbühne passte da ebenfalls ins Bild. Bereits 1990 hatte man in vielen Hallen auch die Sitze hinter der Bühne verkauft. Aber das Band-Setup war damals doch eher statisch wie eine Endbühne ausgerichtet gewesen. Das Motiv war nach Karussell und „West Side Story“-Dach ein „Musikdampfer“, charakterisiert durch eine Bühne aus Bootsplanken verziert mit Rettungsringen und Bullaugen.
Am 8. und 9. Dezember 1997 machte der „Luxusliner“ dann direkt am Ufer der Seine im Pariser Palais Omnisport im Stadtteil Bercy halt. Danach sollte nur noch eine Zusatzshow in Dortmund sowie vier Abschlusskonzerte im Londoner Earls Court folgen. Die meisten Konzerte hatte die Band also bereits hinter sich. Im Tourset hatte es daher schon einige Veränderungen gegeben. Mit Both Sides Of The Storyund später auch Can’t Turn Back The Yearswar nun auch das letzte Album im Set vertreten. Dies allerdings erst nachdem die Nordamerika- sowie die halbe Europa-Tour ohne einen einzigen Both Sides-Song gespielt worden war. Leider ist keines der beiden Lieder auf der DVD enthalten obwohl beide in Paris gespielt wurden. Da der geneigte Fan auch auf Finally… The First Farewell Tour einen Both Sides-Song vergeblich sucht, muss leider am – vermutlichen – Ende von Phil Collins‘ Livekarriere konstatiert werden, dass es bis heute keine offiziell erschienene Live-Version eines solchen Titels auf Video/DVD gibt. Schade.
Nach dem ungeschnittenen Seriously Live In Berlin gab es somit einen Rückfall in die Zeiten von No Ticket Required oder Live At Perkins Palace. Es wurden mit anderen Worten wieder munter Titel aus dem Set herauseditiert (Details siehe unten). Bedauerlich ist hierbei, dass z.B. ein Do You Remember, das Phil Collins damals solo am E-Piano spielte, bei der Songauswahl unter den Tisch fiel. Von den bis zu acht Dance Into The Light-Songs, die noch zu Beginn der Tour im Set waren, blieben am Ende der Tour nur fünf übrig. Umso unverständlicher ist es, dass hiervon letztendlich nur drei auf dem Video berücksichtigt wurden. Eher überraschend hatte sich damals ein Lied im Set etabliert, das inzwischen bereits 12 Jahre alt und zuvor noch nie live gespielt geworden war: Long Long Way To Go. Dies ist neben dem neuartigen Drum-Trio – Timbantiocha genannt – aber auch schon alles, was bisher nicht schon in einer oder mehreren Versionen auf Tourvideos zu finden war.
Regisseur David Mallet, der zuletzt 2007 bei When In Rome 2007 auch für Genesis gearbeitet hat, schafft es insgesamt dennoch sehr gut, die einzigartige Atmosphäre der Rundbühne einzufangen. Gleich zu Beginn zeigen die Kameras sehr schön, wie viele Zuschauer sich verwundert die Augen reiben als Phil Collins direkt an ihnen vorbei singend die Stufen Richtung Innenraum hinab und zur Bühne geht. Während der Show gibt es immer wieder schöne Totalen der Bühne und spätestens in der zweiten Showhälfte kommt die Partystimmung auch im Wohnzimmer an. Dies alles gelang im Gegensatz zu anderen Tourvideos übrigens ganz ohne Kameras auf der Bühne.
Wären da nicht Songs wie Lorenzo oder Long Long Way To Go oder Besonderheiten wie die Rundbühne, würde man sich mit Recht die Frage stellen, ob die Welt dieses Konzertvideo wirklich gebraucht hat. Zumindest aber wurde nach sieben Jahren Pause wieder eine Tour von Phil Collins im Bild festgehalten und veröffentlicht. Und denen, die noch immer hoffnungsvoll (offizielle) Live-Aufnahmen von Both Sides-Songs vermissen, kann man nur eine gute Ausdauer beim schier endlosen Warten auf eine DVD der gleichnamigen Tour wünschen.
Setlist Paris
08./09.12.1997 (Titel auf Live And Loose In Paris in Fettdruck):
Hand In Hand
Hang In Long Enough
Don’t Lose My Number
River So Wide
Take Me Down
Find A Way To My Heart
Another Day In Paradise
Can’t Turn Back The Years
Against All Odds
Lorenzo
Separate Lives
Both Sides Of The Story
Do You Remember?
Long Long Way To Go
One More Night
In The Air Tonight
Timbantiocha
Easy Lover
Dance Into The Light
Wear My Hat
You Can’t Hurry Love
Two Hearts
Something Happend On The Way To Heaven
Sussudio
Take Me Home
Band:
Phil Collins – drums, piano, percussions
Ronnie Caryl – rhythm guitar
Brad Cole – keyboards
Luis Conte – percussions
Nathan East – bass
Amy Keys – backing vocals
Ricky Lawson – drums
Arnold McCuller – backing vocals
Daryl Stuermer – guitar
Vine St. Horns:
Daniel Fornero – trumpet
Harry Kim – trumpet
Arturo Velasco – trombone
Andrew Woolfolk – saxophones
Autor: Ulrich Klemt