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Genesis – The Way We Walk, Vol. 2: The Longs – Rezension

Im Januar 1993 schoben Genesis den zweiten Teil ihres Live-Albums quasi hinterher. The Longs bediente vor allem die Langzeit-Fans der Band.

Kaum versieht man sich, ist er auch schon da. Die Rede ist vom zweiten Teil des The Way We Walk Live-Albums namens „The Longs“, für den man entgegen dem im ersten Teil versprochenen „besonders reduzierten Preises“ um die 30,-DM berappen muss.

Hintergrund

Obwohl Tony das merkwürdige Aufgliedern des insgesamt vierten Genesis-live-Werkes mit den Worten beschreibt: „So hat man die Möglichkeit, je nach Stimmung zwischen einem der beiden Teile zu wählen“, ertappt sich so mancher Fan dabei, über diese Geschäftspolitik die Stirn zu runzeln. Warum in aller Welt bringt Genesis nicht ein Doppelalbum heraus, welches den Hörer mit Sicherheit eher dazu bringen würde, beide Alben hintereinander aufzulegen, um so das Gefühl eines Konzerterlebnisses zuhaben? Okay, immerhin kann man sich aus „Shorts“und „Longs“ ein lückenloses Genesis-Konzert von der We Can’t Dance -Tour zusammenstellen, aber wer macht sich schon diese Mühe. Man hat irgendwie den Eindruck, dass diese Veröffentlichung nichts anderes ist als ein weiterer makelloser und perfekt in Szene gesetzter Schritt in Richtung lupenreine Erfolgsbilanz.

Die Songs

Der Klang beider Alben ist atemberaubend, und so hat man fast den Eindruck, als würde eine weitere Studioproduktion vorliegen. Das „sterile“ Mixen des Livematerials hat zudem unweigerlich dazu geführt, dass von dem Publikum, bis auf den Applaus, so gut wie nichts zu hören ist. Ein Wunder, dass überhaupt einige Ansagenschnipsel die Verewigung auf den Silberlingen gefunden haben. So kündigt Phil, beim ersten Stück von The Longs „Mister Rutherford“ an und wenig später ertönen die Klänge von Dance On A Volcano, dem ersten Teil des „Old Medleys“, wie es liebevoll genannt wurde. Nachdem auch The Lamb Lies Down On Broadway, The Musical Box und Firth Of Fifth musikalisch und klangmäßig voll ü̈berzeugen konnten, folgt I Know What I Like mit den darin enthaltenen „Oldies“ That’s All, Illegal Alien, Follow You Follow Me sowie dem Finale von Stagnation.

Man könnte übrigens vermuten, dass die Textzeile: „Me, I’m just a lownmower – you can tell me by the way I walk“ aus I Know What I Like, die Idee für den Album-Titel geliefert hat. Genaueres ist leider nicht bekannt. Bei dem nächsten Lied, Driving The Last Spike, werden wieder die fantastischen musikalischen Fähigkeiten von Genesis deutlich. Es ist wirklich verblüffend, wie die live-Präsentation der Studioversion in nichts nachsteht. Danach folgen hintereinander absolute Perlen der letzten drei Alben. Zunächst ist da Domino, das einem die darin enthaltende düstere Atmosphäre nahezu spüren lässt – wirklich toll, wie man von diesem Stück mitgerissen wird.

Bei Fading Lights und Home By The Sea/Second Home By The Sea trennt sich dann wohl (endgültig) die Hörerschaft, denn die langen Instrumentalteile in beiden Stücken lassen wohl eher die Herzen der Fans höher schlagen, denen es egal ist, ob ein Lied auch ja ein Hit geworden ist. Den Abschluss bildet das Drum Duet, welches nicht nur durch einen packende Rhythmus überzeugt, sondern zudem die außergewöhnlichen Schlagzeugkünste von Phil Collins und Chester Thompson auf noch nie dagewesene Art verewigt. The Way We Walk in einem Atemzug mit vergangenen Live-Alben wie Three Sides Live (hier ist besonders die englische Pressung mit den zusätzlichen Livesongs zu empfehlen) oder gar Seconds Out zu nennen, wird wohl trotz alledem so manchem Fan sehr schwer fallen.

Autor: Bernd Zindler
zuerst veröffentlicht in it Nr.06 (März 1993)