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Phil Collins: US Open-Auftritt vor 22.500 Zuschauern
Seine Rückkehr auf die Bühne vor großer Kulisse ist perfekt. Wie angekündigt (wir berichteten) ist Phil Collins am 29. August 2016 im Rahmen der Opening Night Ceremony der New Yorker US Open im renovierten Arthur Ashe Stadium aufgetreten. Unterstützt wurde er dabei von seinen alten Weggefährten Daryl Stuermer (Gitarre), Nathan East (Bass), Brad Cole (Keyboards) und Luis Conte (Percussion). Schlagzeug spielte wie schon bei den bisherigen Auftritten 2016 in Miami Beach und Lausanne (hier unsere Konzertberichte) sein zweitjüngster Sohn Nicholas. Phil Collins selbst beschränkte sich auf den Gesang.
Während des ersten Liedes, In The Air Tonight, wurde erstmals offiziell das neue Dach des mit ca. 22.500 Zuschauern ausverkauften Arthur Ashe Stadiums geöffnet. Den Abschluss des nur aus zwei Songs bestehenden und gut zehn Minuten dauernden Kurzauftritts bildete Easy Lover. Dieses Stück wurde zusammen mit Nathan East und Musical-Darsteller Leslie Odom Jr. gesungen.
Nach diversen Krankheiten hat Phil Collins mit dieser Performance einen weiteren Schritt in Richtung der großen Konzertbühne gemacht. Nach wie vor ist unklar, ob weitere Auftritte folgen, z. B. im Rahmen der Promotion seines Best-Of-Samplers The Singles (wir berichteten).
Fest steht seit Kurzem, dass der Genesis-Drummer und -Sänger am 13. Oktober 2016 (Aufzeichnungstermin!) in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zu Gast sein wird. Hierbei wird sicherlich auch seine im Herbst erscheinende Autobiografie „Da kommt noch was – Not Dead Yet“ (wir berichteten) Thema sein. Die Aufzeichnung findet um 20.30 Uhr in Hamburg statt. Wann genau die Sendung im ZDF ausgestrahlt wird, ist noch nicht bekannt. Tickets hierfür sind bereits ausverkauft.
Zu den Reaktionen der Fans auf den US Open-Auftritt hier ein Kommentar:
Bereits 2004 kündigte Phil Collins seinen selbst auferlegten Ruhestand mit der Bekanntgabe der First Final Farewell Tour an. Er wollte sich in Zukunft der Familie widmen und mehr Zeit für seine beiden jüngsten Kinder haben. Doch es kam alles anders. Scheidung von Orianne, Genesis-Tour, Umzug nach Miami, verschiedene Operationen wegen Nerven- und Rückenleiden, Depression, Alkohol. Lange war es daher still geworden um den einstigen Hans Dampf. Wenn es Neuigkeiten gab, verhießen diese meist nichts gutes. Es ging eher um Phils körperlichen oder seelischen Zustand. Von Musik war nicht mehr die Rede. Zurecht musste man sich Sorgen machen.
Jetzt ist Phil Collins zurück – „against all odds“. Dieses etwas plumpe Wortspiel sei hier erlaubt. Zwei eher kleine Auftritte im vertrauten Umfeld seiner Little Dreams Foundation vor für seine Verhältnisse sehr überschaubarem Publikum. Und nun die Rückkehr auf die große Bühne: ein Stadion mit über 20.000 Zuschauern, Liveübertragung mit einem weltweiten Millionenpublikum.
Und wie reagiert das Fanlager? Sehr gespalten! Die Bandbreite der Reaktionen ist extrem groß: von euphorisch bis schockiert, von besorgt bis verhalten optimistisch, von enttäuscht bis überwältigt.
Und wo liegt nun die Wahrheit? Auch wenn es eine uralte und häufig überstrapzierte Weisheit ist: in der Mitte.
Phil Collins ist nicht über die Bühne getanzt wie früher. Er ist sichtbar gealtert und hat ein paar Pfund zugelegt. An Schlagzeugspielen ist aktuell (und vermutlich auch in Zukunft) nicht zu denken. Er braucht beim Gehen noch immer einen Stock. Und sicherlich hat Phil Collins schon besser gesungen als bei diesem Auftritt.
Aber bei allem darf man nicht vergessen, dass der Mann gesundheitlich einiges hinter und im Hinblick auf eine vollständige Rehabilitation wohl noch vor sich hat. Er ist vor 2016 sechs Jahre lang gar nicht mehr live aufgetreten. Da kann eine Stimme tatsächlich einrosten. Gesanglich ist also noch Luft nach oben. Ein Rückstand, der durch Training aber wieder aufzuholen ist.
Phil Collins hat nach allen Rückschlägen privat nun hoffentlich sein Glück gefunden und den musikalischen Schritt zurück in die breite Öffentlichkeit gewagt. Allein dafür gebührt ihm Respekt. Nach einer solchen Pause fast aus dem Stand einen Auftritt wie den in New York hinzulegen zeigt, dass er es noch drauf hat. Der Weg zu einer körperlichen Form, die längeren Konzerten geschweige denn Touren standhält, ist noch weit.Auch wenn er vermutlich live nie wieder hinter dem Schlagzeug sitzen wird, singen kann er noch.Seinen Humor hat er auf jeden Fall nicht verloren. Als das amerikanische Publikum seinen Scherz. Jetzt kann ich behaupten, ich habe bei den US Open gespielt.“) nicht so recht verstehen wollte, reagierte er cool wie in alten Zeiten.
Euphorie ist nach heutigem Stand genauso unangebracht wie übertriebene Besorgnis. Schon jetzt ist 2016 mit Album-Neuauflagen und drei Liveauftritten mehr passiert als die meisten von uns noch vor wenigen Jahren zu träumen gewagt haben. Ob dem deutschen Titel seiner Autobiografie „Da kommt noch was“ auch entsprechende Taten folgen, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen. Eine gewisse Erwartungshaltung hat Phil Collins dadurch selbst aufgebaut. Auch wenn man nicht zu viel erwarten sollte, ist nach dem US Open-Auftritt aber eines klar: der englische Originaltitel seiner Biografie trifft voll und ganz zu. Phil Collins ist „noch nicht tot“! Und darüber sollten wir uns alle freuen.
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