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Steve Hackett & Djabe – Back To Sardinia – Rezension
Die ungarische Jazzband Djabe und Steve Hackett setzen ihre Zusammenarbeit fort. Nach Life Is A Journey (2017) gibt es nun ein weiteres Studioalbum der Band mit Steve: Back To Sardinia.
Wir übernehmen an dieser Stelle einfach mal einen Teil des Intro-Textes zur Rezension des Albums Life Is A Journey: The Sardinia Tapes:
Die Zusammenarbeit zwischen Steve und Djabe hat ihren Ursprung im Umstand, dass Attila 1999 den Vertrieb von Steves Alben in Ungarn übernahm. 2002 organisierte er sein erstes akustische Konzert in Budapest und produzierte mit ihm das Album Hungarian Horizons. Schon im nächsten Jahr gab es die erste Zusammenarbeit auf dem nächsten Djabe Album. Seither folgten zahlreiche gemeinsame Auftritte und Produktionen. Steve selber bezeichnet sie sogar als „die beste Band mit der er jemals gespielt hat“. 2016 kam es dann zu einer gemeinsamen Jam-Session auf der Insel Sardinien. In relativ kurzer Zeit hat die Band zusammen mit Steve eine beachtliche Menge Musik aufgenommen, das schließlich zu einem ausgewachsenen Studioalbum geformt wurde und so entstand das erste Djabe & Steve Hackett Studioalbum: Life Is A Journey: The Sardinia Tapes
Djabe haben seit 1996 schon die unfassbare Anzahl von rund 25 Alben veröffentlicht. Musikalisch sind Djabe woanders zu Hause als Steve. Wenngleich progressive Elemente mehr und mehr Einzug halten in die musikalische Welt von Djabe, so sind sie doch angetrieben von sehr jazzigen Sounds und Strukturen. Entsprechend sind Steves Beiträge alles andere als erwartbare Soli im Rahmen von Prog-Songs, sondern vielmehr eine stilvolle Veredelung eines ganz anderes musikalischen Kosmos. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass Zoltan Kelemen in seiner Rezension des letzten Albums feststellt, dass diese Musik das beste sei, das Steve seit seinem Frühwerk veröffentlicht hat. Diesen Weg gehen Djabe und Steve Hackett nun weiter. Erneut gab es Sessions auf Sardinien und so ist der Titel Back To Sardinia nur logisch.
Wieder trafen sich Djabe in der Nostra Signore di Tergu Kathedrale für ihre Sessions – dieses Mal aber erlaubte es Steves Terminkalender nicht, erneut dort dabei zu sein. Statt dessen wurden seine Parts einige Wochen später in Budapest eingespielt. Insofern ist der Ansatz dieses Albums anders: Steve hat seine Parts zu bereits existierenden Aufnahmen beigesteuert.
Auch dieses Mal bekommen wir einen CD/DVD-Digipak – und das Album gleich noch als 5.1 Surround Variante. Die CD enthält das Album, während auf der Bonus-DVD neben der Surround-Abmischung auch visuelle Extras zu finden sind.
Das Album enthält diese Tracks (mit Sternchen versehene Tracks sind ohne Steve Hackett):
Back To Sardinia
Lonely Cactus
Happy Tergu
Lake By The Sea
Stones And Mirto*
Girl In The Palau Woods
Walking Around
Flying Kites
Purple Dream
Dancing In A Jar*
Cinquecento Fragole
Bottles In The Water*
Floating Boat
Mit gut 78 Minuten Spielzeit gibt es ordentlich etwas zu hören, so dass man hier fast von einem Doppelalbum sprechen kann. Back To Sardiniaknüpft fast schon nahtlos an Life Is A Journeyvon 2017 an. Djabe sind keine flippige Jazz-Combo, sie pflegen eher den gediegenen Sound und musizieren in einem ruhigen Grundton. Auch auf Back To Sardinia wird jedem Musiker genug Platz gegeben, um sich in Szene zu setzen.
Es war natürlich interessant zu hören, inwieweit sich die getrennten Sessions (Hackett hat ja seine Parts erst später eingespielt) auf die Musik auswirken würden. Dieses Mal war Steve ja nicht direkt an der Entstehung beteiligt, sondern spielte zu Aufnahmen, die bereits zuvor „im Kasten“ waren. Das ist natürlich ein anderer Ansatz als eine Jam-Session. Allerdings gab es auch andersherum Parts von Steve, zu denen dann die Aufnahmen der 2019er Sessions „herumgebaut“ wurde. Einmal mehr war dafür Tamas Barabas zuständig.
Aber schon beim ersten Stück sind alle Zweifel und Fragen verflogen. Die Band tastet sich mit dem Titelsong Back To Sardinia sowie Lonely Cactuslangsam an das Album heran und Steves prägnantes Gitarrenspiel ist mehr als eine gelunge Ergänzung. Die ersten 25 Minuten des Albums sind Jazz auf hohem Niveau und eine ungemein spielfreudige Band. Dann kommt irgendwann Girl In The Palau Woods und man hat das Gefühl, als würden sich die Musiker gegenseitig einfach mal von der Leine lassen. Und das nächste Stück, Walking Around, könnte so etwas wie eine reduzierte Version des Stücks sein. Es sind mit die stärksten Momente des Albums.
Dancing In The Jar ist (für dieses Album betrachtet) schon fast Freestyle Jazz – sogar Western-artige Klänge kann man heraushören (auf diesem Stück spielt Steve übrigens nicht). Dagegen ist Cinquecento Fragole eine wahre Wundertüte. Es beginnt mit einem relativ harmlosen Thema und Rhythmus, ehe zur Mitte das Klavier übernimmt und improvisiert. Am Ende nimmt das Stück eine sehr hektische Fahrt auf. Mit Floating Boat kehrt man am Ende zur Grundstimmung des Albums zurück – und am Ende, nach dem Wellengeräusch, wurde noch ein kleines Gimmick eingebaut: Eine Diskussion von Steve mit der Band. Floating Boat entstand übrigens schon während der ersten Session 2016 und wurde für Back To Sardinia nun fertiggestellt.
Bonus-Material
When The Film Is Rollingist eine Art Amateurfilm über Sardinien während der Aufnahmen. Man sieht die Band auch während der Sessions, aber überwiegend Impressionen der Insel.
In The Quiet Earth zeigt eindrucksvoll, wie die Musik von Genesis gemeinsam mit Djabe funktionieren kann. Eine Trompete würde man nicht als sehr naheliegend für das Stück betrachten, aber es funktioniert sehr gut und gibt dem proggigen Stück eine große Portion jazzige Luft.
Bei Castelsardo At Night(vom Vorgängeralbum) sieht man die Band, wie sie perfekt harminierend und improvisierend mit Steve zusammenspielt. Gleiches gilt, aber ohne Steve, für Turtle Trek, hier gibt’s auch etwas Gesang (diese Aufnahme ist auch auf der CD/DVD Overflow von Djabe zu finden). Diese Ausschnitte machen Lust auf mehr – aber das gibt es durchaus: Life Is A Journey: The Budapest Live Tapes ist ein Mitschnitt der Konzerte, die Djabe und Steve nach Life Is A Journey: The Sardinia Tapes absolvierten – und wärmstens zu empfehlen!
Ein Hidden Feature gibt es auch noch – Steve spricht (offenbar am Telefon) über die Entstehung von Life Is A Journey – und gibt Einblick in die faszinierende Weise, wie das Album entstand.
Fazit:
Back To Sardiniaknüpft fast schon nahtlos an Life Is A Journey an – ohne auch einen Hauch an Qualität einzubüßen. Es ist, wie Steve im Hidden Feature treffend sagt, eine Art Ambient-Jazz, bei dem niemand in die Verlegenheit verfällt, sein Können prominent zu zeigen. Dann gibt es jedoch immer wieder Stellen, an denen die Band doch Vollgas gibt. Die Alben mit Djabe bleiben eine andere Musikform im Kosmos von Steve, der sich wahrlich schon in vielen Genres verwirklicht hat. Vielleicht ist es schlicht richtig, dass seine Zusammenarbeit mit Djabe zu seinen hochwertigsten Arbeiten zählt.
Autor: Christian Gerhardts
Back To Sardinia erscheint am 6. Dezember und ist bei Amazon, JPC und CherryRed als CD/DVD erhältlich.
Außerdem gibt es noch eine Reihe von Sonderformaten im Shop von Djabe.