Roachford – Twice In A Lifetime (2020) – Album Info und Rezension

Die letzten zehn Jahre waren bei Andrew Roachford vor allem geprägt durch seine intensive Arbeit mit Mike + The Mechanics: Drei Alben und mehr als 300 Konzerte sprechen eine eindeutige Sprache. Andrew Roachford selbst hat seit 1988 zahlreiche Alben veröffentlicht – mal unter dem Bandnamen Roachford, mal unter seinem vollständigen Namen. Dabei dürfte Permanent Shade Of Blue sein bekanntestes Werk sein. Mit Cuddly Toy, Only To Be With You, This Generation, The Way I Feel oder Get Ready hatte er auch eine Reihe von Hits landen können.

Auch während der Zeit mit Mike + The Mechanics fand Andrew immer wieder Zeit für eigene Musik, herausgekommen waren die Alben Addictive, The Beautiful Moment und Encore. Während Encore ein Album voller Coverversionen war, hatte Andrew auf den anderen beiden Scheiben eher ruhigere, melancholische Töne in den Vordergrund gestellt.

Nun sollte mit Twice In A Lifetime sein mittlerweile zwölftes Album im April auf den Markt kommen – jedoch wurde die Veröffentlichung auf den 11. September verschoben. Grund dafür ist die Verschiebung der Tour, die wiederum eines von unzähligen „Opfern“ der Corona-Pandemie wurde. Doch weil die Promo auf den April-Termin ausgelegt war, gab es bereits früh vier Tracks zu streamen oder zu kaufen. So wurden über den Sommer immer wieder neue Details zum Album bekannt. Bereits im Interview mit Mike + The Mechanics Anfang 2019 hatten wir kurz mit Andrew über das neue Album diskutiert.

Uns liegt das Digipak des Album schon seit März vor – aber natürlich haben wir uns auch entschlossen, nicht Monate vor der Veröffentlichung schon eine Rezension zu publizieren.

Nun ist Roachford mit Twice In A Lifetime wieder bei einem Major Label gelandet – es erscheint bei BMG. Dafür bekam er Unterstützung von Brian Rawlings und seiner Produktionsfirma Metrophonic – diese waren unter anderem auch schon an Let Me Fly von Mike + The Mechanics beteiligt. Die größten Hits sind aber beispielsweise Believe von Cher oder When The Heartache Is Over von Tina Turner. Entsprechend dankt Roachford Rawlings auch in seinem Vorwort im Album-Booklet. Roachford will es also noch mal wissen. Und, das können wir hier schon verraten, Twice In A Lifetime ist ein richtiges Brett!

Das Album erscheint als digitales Album, auf Vinyl und CD und diese kommt in einem ansprechenden Digipak inklusive Booklet. Enthalten sind alle Texte und Credits.

Wer die ruhigen Töne der letzten beiden Alben auch auf dem neuen Werk erwartet hat, wird mit High On Love und Love Remedy gleich mal aus dem Sessel gerissen. Vor allem Love Remedy (das schon Ende letzten Jahres erschien) gibt die Richtung vor, die die 13 Tracks  ausmachen. Roachford klingt frisch und unverbraucht wie lange nicht mehr. High On Love war im Februar dann der dritte Track des Albums, der als Audio-Video auf YouTube vorgestellt wurde. Hier geht’s wieder in eine andere Richtung, vielleicht etwas Roachford-vertrauter. Ähnlich wie Love Remedy ist das Stück treibend und erinnert an allerbeste Roachford-Zeiten. In den 80ern wären beide Tracks sicher Riesen-Hits geworden (auch wenn sie dann wohl anders geklungen hätten), aber beide Stücke beweisen, dass Roachford, der mittlerweile auch schon 55 Jahre alt ist, in absoluter Top-Form ist.

Danach folgt mit Too Much To Lose der zweite Track, der Anfang 2020 „ausgekoppelt“ wurde. Dieser
Track wirkt etwas souliger und könnte auch aus der Feder von Paul Carrack stammen. Richtig cool ist dann Give It Up And Let Go: „Der Song ist eine Anspielung auf die Soul-Musik der siebziger Jahre, die ich immer so sehr geliebt habe – es ist mein gefühlvoller Sommersong“, sagt Andrew über seine neueste Veröffentlichung, die er zusammen mit Jimmy Hogarth – der auch Twice In A Lifetime produziert hat – und Francis White geschrieben hat.

Ruhigere Töne folgen dann mit What We Had, das wenige Tage vor dem eigentlichen Release-Date Anfang April veröffentlicht wurde: What We Had ist ein lupenreines Duett – mit Beverly Knight, die hierzulande relativ unbekannt ist, aber vor allem in Großbritannien einige Erfolge hatte und
die mit Shoulda Woulda Coulda und Come As You Are von 2004 auch Top 10 Hits vorweisen kann. In ähnlicher Stimmung geht es mit Won’t Think Twice weiter. Ein Kleinod ist dann So Long, das sehr sparsam instrumentiert ist, aber trotzdem sehr bassig ist und mit dem ersten Refrain an Fahrt aufnimmt, ohne penetrant funky zu werden.

Vielleicht das Highlight des Albums ist Are You Satisfied?, dessen Intro auch leicht einen Track von Paul Simon oder Peter Gabriel vermuten lassen könnte. Es funkt und groovt und fetzt! Für mich ein absolutes Juwel. Mit The Truth Hurts Too Much taucht Roachford dann tief in die soulige Ecke ab und bildet einen schönen Kontrast zu Are You Satisfied?.

Gonna Be The One geht dann wieder mehr nach vorn und würde auch auf Konzerten von Mike + The Mechanics für viel gute Laune sorgen. Ein wenig erinnert es an frühere Roachford-Klassiker wie This Generation oder auch Only To Be With You. Das folgende Stück Once In A Lifetime ist gewissermaßen der Titelsong des Album und interessanterweise vielleicht auch das unauffälligste Stück auf dem Album. Hier fehlt es am Hook, es fehlt ein Groove oder eben eine Melodie, die an das Niveau der anderen Tracks anknüpfen könnte. Auch wenn das Stück kein Totalausfall ist, so fällt es im Vergleich zum Rest des Albums deutlich ab.

Eine lupenreine Ballade darf es auch noch sein: Written In My Heart füllt diesen Platz – selbst wenn hier der Soul auch nicht ganz außen vor gelassen wird. Das Stück ist ein typischer Roachford der ruhigen Art, aber das Gesamtgefühl des Albums hebt das Stück nochmals auf ein anderes Niveau.

Zum Abschluss gibt es zu Beginn akustische Gitarren auf You’re The One, doch das Stück baut sich mehr und mehr auf, hinterlässt am Ende aber auch ein Gefühl, dass hier noch etwas kommen könnte… aber es sagt ja auch keiner, dass Twice In A Lifetime sein letztes Album ist.

Bemerkenswerte Beobachtung: Nur drei Tracks auf dem Album werden ausgeblendet, der Rest wird komplett ausgespielt.

13 Tracks sind schon eine Menge für ein Album und natürlich kann man darüber diskutieren, ob es auch zehn oder elf Tracks getan hätten. Das ändert aber nichts daran, dass Roachford ein sackstarkes Album vorgelegt hat. Es dürfte in der Tat sein bestes Album seit Permanent Shade Of Blue sein. Freunde von Mike + The Mechanics werden an dem Album viel Freude haben – aber das wird auch für Freunde anspruchsvoller Popmusik gelten.

Autor: Christian Gerhardts

Twice In A Lifetime kann bei JPC und Amazon als CD und auf Vinyl bestellt werden.

Komplette Tracklist:

01 High On Love [3:14]
(Andrew Roachford / Shelly Poole / Peter Hammerton / Beth Nielson Chapman)

02 Love Remedy [3:39]
(Roachford / Christopher Moorehead / Stephen Roachford)

03 Too Much To Lose [3:44]
(Roachford / James Hogarth)

04 Give It Up And Let Go [3:51]
(Roachford / Hogarth / Francis White)

05 What We Had [3:58]
(Roachford / Hogarth / Jan Green)

06 Won’t Think Twice [3:23]
(Roachford / Patrick Mascall / Paul Barry)

07 So Long [3:38]
(Roachford / Mascall / Mark Taylor)

08 Are You Satisfied? [3:42]
(Roachford / White / Hogarth)

09 The Truth Hurts Too Much [3:39]
(Roachford / Mascall / Barry)

10 Gonna Be The One [4:17]
(Roachford / Hogarth / Green)

11 Once In A Lifetime [4:51]
(Roachford / Hogarth)

12 Written In My Heart [3:22]
(Roachford / Taylor / Barry)

13 You’re The One [4:10]
(Roachford / Hogarth)

Gesamtspielzeit: 49:24

Musiker

Andrew Roachford: Vocals, Keyboard, Piano
Sam Dixon: Bass
Francis White: Bass, Drums, Keyboard
Jon Green: Bass, Guitar, Piano
Jimmy Hogarth: Guitar
Christopher Moorehead: Guitar, Keyboard
Troy Miller: Drums
Dan McDougall: Drums
Peter Hammerton: Synth, Vocals
Josh Williams: Synth
James Hunt: Saxophon
Nichol Thomson: Trombone
Dominic Glover: Trumpet
Joe Glossop: Hammond Orgel
Beverly Knight: Vocals

Poduzenten

Andrew Roachford / Jimmy Hogarth

Andrew Roachford wird in Deutschland einige Konzerte geben und sein Album live vorstellen. Alle Termine findet ihr auf der Tourdatenseite.