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Phil Collins – A Trip Into The Light Tour 1997 – Tourbericht Nordamerika
Bereits ein Jahr vor dem Start der Colins Tour 1997 gab es Tickets für europäische Konzerte. Phil Collins tourte aber im Frühjahr 1997 erst einmal durch Nordamerika.
Der zweite Tourneeabschnitt von Phils 1997er Welttour führte ihn im Herbst nach Europa, doch wir wollen hier einen Blick zurück auf den ersten Teil werfen, der durch die USA und Kanada führte. Vorweg muss gesagt werden, dass man selten so wenig über Konzerte von Phil zu hören und zu lesen bekam wie über diese. Vermutlich hat die Presse die Tour tatsächlich relativ unbeleuchtet gelassen. Der Großteil der Informationen dieses Artikels stammt daher von Fans, die im Internet über die Gigs schrieben und Tourdaten auflisteten.
PROBEN
Die Proben begannen Mitte/Ende Januar ’97 in Lausanne in der Schweiz. Dort wurde wohl der Programmablauf endgültig zusammengestellt, und die Band machte sich mit der Musik und dem recht ungewöhnlichen Bühnenaufbau vertraut. Vom 20. bis 27. Februar wurde dann nochmals in Tampa, USA, in der Lakeland Arena geprobt. Am 28. Februar begann dann der Trip Into The Light, so das Motto dieses Tourabschnitts, mit dem ersten Auftritt im Ice Palace in Tampa.
BAND
Phil hatte ja bereits anläßlich der letzten Tour (1994-95) einen Teil seiner Begleitmusiker ausgewechselt. Unter anderem waren Leland Sklar und Chester Thompson, beides alterfahrene Collins-Wegbegleiter, ersetzt worden. Die anno ’94 zusammengestellte Band, die sich bei der Both Sides-Tour bereits bestens bewährt hatte, sollte nun 1997 ein zweites Mal mit ihm „on the road” gehen.
Für die Gitarrenarbeit zeichnete, wie seit Jahr und Tag, Daryl Sturmer verantwortlich. Inzwischen zum dritten Mal als Phils Keyboarder mit dabei war Brad Cole. Der zweite Einsatz dieser Art war es für Nathan East am Baß, Ricky Lawson an den Drums sowie für die Vine Street Horns mit Daniel Fornero (Trompete), Andrew Woolfolk (Saxophon), Arturo Velasco (Posaune) und Harry Kim (Trompete). Letzterer, ein „Überbleibsel” der Phenix Horns (Phils „horn section” bis 1990), war allerdings als einziger der „Bläser” schon zum dritten Mal im Touraufgebot. Ebenfalls seit der Serious Tour mit im „Schiff” war Arnold McCuller als Sänger, nun zum zweiten Mal unterstützt von Amy Keys.
Damit wäre die Band an sich komplett gewesen. Doch zwei weitere Crewmitlieder kamen noch hinzu. Luis Conte, Percussionist von Weltruhm, spielte 1996 in Phils Big Band und wurde kurzerhand von ihm für die ’97er Tour engagiert. Flaming Youth-Veteran Ronnie Caryl hatte bereits auf dem aktuellen Album Dance Into The Light einige Gitarrenparts beigesteuert und sollte nun auch live Daryl unterstützen. Mit diesem 12köpfigen Aufgebot „stach” Phil Collins „in See”.
BÜHNE
Die Bühne sollte diesmal etwas völlig anderes sein. Phil wollte näher an sein Publikum rücken, die Zuschauer sollten mehr von der Bühne und den Musikern sehen können. So entstand die Idee der runden Bühne, um die herum sich das Publikum scharen konnte. Der Aufbau selbst bestand aus zwei ringförmigen, durch Stufen miteinander verbundenen Ebenen in verschiedenen Höhen. Zusätzlich befand sich in der Mitte auch noch ein großes versenkbares Podest. Ihren festen Platz hatten nur das Drumkit, die Percussions und die Keyboards. Alle anderen Musiker konnten sich frei auf der Bühne bewegen. Da das Konzept A Trip Into The Light mit einer Dampfschiffahrt assoziiert werden sollte, wurde die Bühne noch mit Rettungsringen und allerlei Seefahrt-Utensilien ausgestattet. Die Beleuchtung war an einer Konstruktion über der Bühne befestigt, die etwas an einen überdimensional großen Deckenventilator mit nach außen hin leicht herunterhängenden trapezförmigen Rotorblättern erinnerte.
SONGS
Hand In Hand
Hang In Long Enough
Don’t Lose My Number
River So Wide
Take Me Down
Find A Way To My Heart
Another Day In Paradise
Against All Odds
Just Another Story
Lorenzo
Separate Lives
The Times They Are A-Changin‘
—
Do You Remember oder
You Know What I Mean (nicht immer)
Long Long Way To Go oder
A Groovy Kind Of Love (nicht immer)
One More Night
—
In The Air Tonight
Drum-/Percussion-Improvisation
Loco In Acapulco (nach dem 24.03. nicht wieder gespielt)
Dance Into The Light
Easy Lover
Wear My Hat
You Can’t Hurry Love
Two Hearts
Something Happened On The Way To Heaven
Sussudio
—
The Same Moon oder
It’s In Your Eyes(nicht immer)
Take Me Home
SHOW
Etwas Neues hatte sich Phil nicht nur bei der Bühne, sondern auch beim Ablauf der Show einfallen lassen. Kannte man von den letzten Tourneen schon das Schema „Konzert, Teil 1 – längere Pause – Konzert, Teil 2”, sollte diesmal alles etwas anders kommen. Zum einen wurde das komplette ca. zweieinhalbstündige Programm ohne längere Pausen durchgespielt. Zum anderen war die Show in drei Blöcke unterteilt.
Block 1 wurde durch den klassischen Opener Hand In Hand eingeleitet, enthielt viele Stücke vom aktuellen Album und erfuhr während der gesamten Nordamerikatour wohl keine Veränderungen in der Songauswahl.
Dem folgte ein kurzer zweiter Block von zwei bis drei Stücken, der von Phil praktisch im Alleingang, bestritten wurde, wobei er in der Mitte der Bühne auf dem Podest an den Keyboards saß. Lediglich bei One More Night begleiteten ihn Daryl an der Gitarre und Nathan am Bass.
In The Air Tonight leitete den dritten Block der Show ein, gefolgt von einer Art legitimem Nachfolger des legendären Drum-Duetts von Phil mit Chester Thompson. Diese Neuauflage bestritt er zusammen mit Ricky Lawson an den Drums und Luis Conte an den Percussions. Offenbar bei vier Konzerten der Tour wurde dieses Drum-Trio zum Drum-Quartet, als Simon Collins, Phils Sohn aus erster Ehe, an einem weiteren Drumkit Platz nahm und mitspielte. Inwieweit er auch bei anderen Stücken drummte, ist nicht bekannt. Ebenfalls während dieses Blocks wurde eine der großen Überraschungen der Tour, Loco In Acapulco, vom 1988er Buster-Soundtrack, gespielt (zum ersten Mal in einem Collins-Live Set). Allerdings wurde das Stück ab der Hälfte der Tour aus dem Set genommen, wobei uns nicht bekannt ist, wieso. Sussudio als letzter Song des regulären Sets und Take Me Home als finaler Rausschmeißer, erzielten wie immer die gewünschte Wirkung beim Publikum.
Phil Collins, der mit seinem Halstuch aussah wie der Kapitän dieses runden „Schiffes”, das sich imaginär seinen Weg durch das Publikum bahnte, überzeugte als Sänger und stieg insgesamt sieben mal hinter die Drums: bei Hand In Hand, River So Wide, am Ende von Find A Way To My Heart, im Mittelteil von Lorenzo, bei In The Air Tonight, der Drum-Improvisation und am Schluss von Wear My Hat.
Darüber hinaus wirkte die gesamte Band sehr gut aufeinander abgestimmt. Besonders positiv fielen Daryl Stuermers Gitarren-Solos sowie Luis Contes Percussion-Arbeit auf.
Bei den Songs waren wohl Lorenzo, In The Air Tonightund die Drum-Improvisation die hervorstechendsten Momente der Konzerte. Daneben gab es selbstverständlich viel Altbewährtes, wie Hand In Hand, Easy Lover oder Something Happened On The Way To Heaven, aber z. B. auch ein umarrangiertes Against All Odds (ähnlich der Big-Band-Version), die Songs vom neuen Album und Raritäten wie Long Long Way To Go und Loco In Acapulco.
FAZIT
Unterm Strich bleibt also eine gute, wenn auch nicht gerade spektakuläre Show, die wohl alle Konzertbesucher annähernd hundertprozentig zufriedengestellt hat. Zumindest die breite Masse, die Phil Collins wie auch Elton John, Paul McCartney und all die anderen Superstars gut findet, hat das bekommen, was sie wollte. Der „Hardcore”-Fan, der sich vielleicht mal wieder Thru These Walls oder The Roof Is Leaking gewünscht hätte und dem Take Me Home als konstante Endhymne irgendwie anfängt auf die Nerven zu gehen, mag ein wenig enttäuscht sein.
Von Anfang Oktober bis kurz vor Weihnachten ’97 war Kapitän Phil auf Europa-Trip. In einem separaten Artikel könnt ihr Euch ein ausführliches Bild machen – denn immerhin fand knapp die Hälfte dieser Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt.
Autor: Helmut Janisch