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Interview mit Mike + The Mechanics – Hard Rock Cafe London 2011
Neustart: Anlässlich des neuen Albums und der anstehenden Tour mit zwei neuen Sängern und alten Bekannten traf sich Christian Gerhardts im Londoner Hard Rock Cafe mit den neuen Mechanics für ein Interview.
Manchmal wiederholt sich die Geschichte. Einst holten sich Genesis einen neuen Sänger, um an alte Zeiten anzuknüpfen. Nun wagt Mike Rutherford das gleiche mit seinem höchst erfolgreichen Soloprojekt. Mike + The Mechanics wurden einer Frischzellenkur unterzogen. Heraus kam ein neues Album, The Road, und die Lust, wieder auf Tour zu gehen. Warum mit den neuen Sängern Andew Roachford und Tim Howar vieles besser, aber nicht alles anders ist, verrieten die drei Christian Gerhardts im Interview in London.
Hard Rock Cafe, London, 23.03.2011 – Mike + The Mechanics präsentieren im Rahmen eines Presse-Events ihr neues Album. Neben einer Question & Answer Session, bei der die etwa 50 Journalisten Fragen stellen können, werden einige Songs live präsentiert. Nach dem Soundcheck und vor dem Event hatten wir die Gelegenheit für ein exklusives Interview, dafür wollen wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken!
it: Wann hast Du das neue Mechanics-Projekt gestartet, und warum?
Mike Rutherford (MR): Es war einfach so, dass mich ein paar Leute, Brian Rawlings, ein Produzent bei Metrophonic, ein Freund und unser früherer Publisher John Crawley fragten: „Was machen eigentlich die Mechanics?“ Ich sagte: „Wir haben wahrscheinlich so ziemlich aufgehört, weil ja auch Paul Carrack gegangen ist.“ Er macht ja jetzt Solosachen, wie ihr wisst, und fühlt sich gut damit und dann … Warum nicht zurückgehen zu dem ersten Konzept der Mechanics: ein paar gute Songs schreiben, ein paar Leute zusammentrommeln und ein paar gute Sänger, ein Projekt in Gang bringen und mal schauen, wo der Weg hinführt? Das hat vor ein paar Jahren damit angefangen, ein paar Sachen daheim zu schreiben. Tim kam dazu, Andrew auch, wir haben ein bissel rumgespielt, ein bisschen was geschrieben … Es fühlte sich entspannt an und so haben wir dann eigentlich mit The Road angefangen.
it: Wann seid ihr beide dann zum Projekt gekommen?
Tim Howar (TH): War ich das oder du…?
Andrew Roachford (AR): Es war noch warm, also … Ich habe einen Anruf bekommen: Ob ich vorbeikommen möchte und Mike kennenlernen, uns mal bei ihm zu unterhalten und so weiter. Ich sagte, klar, denn manches, was ich von den Mechanics kenne, ist klasse, und natürlich auch Genesis – gewaltige Stücke, mit denen ich aufgewachsen bin. Also sagte ich, es wäre mir eine Ehre. Wir haben uns getroffen und haben fast sofort mit dem Musikmachen angefangen, schon innerhalb der ersten Stunde oder so. Für mich ist es so … man kann ja bis zum Nimmerleinstag miteinander reden, aber eigentlich geht es darum: Ist man in Sachen Musik miteinander auf einer Wellenlänge? Bei uns war das so, und wir fanden, wow, das ist gut.
it: Wer von euch beiden war denn zuerst da?
TH: Ich glaube, wir kamen ziemlich gleichzeitig, wenn ich mich recht erinnere. Ich schrieb gerade was bei Metrophonic und Brian sagte, hey, ich kenne Mike ganz gut, und wir wollen dieses Projekt anschieben, aber es ist eher so ein offenes Ding. Zu der Zeit waren die Sänger noch nicht wirklich festgelegt, glaube ich, es gab noch einen Haufen Leute, die möglicherweise dabei sein würden. Es war einfach so: Geh hin, triff dich mit Mike, sing die Sachen durch, ob sie zu meiner Stimme passen. Ich glaube, Mike hat das schon sehr am Anfang gesagt: Er wollte keine Kopie von dem, was ich vorher schonmal gemacht habe, sondern ein bisschen was Neues, das aber den Liedern ein gewisses Leben einhauchen musste. Wir haben das dann gemacht, und es war wie bei Roachford, auch zu etwa derselben Zeit, als wir hingefahren sind, und uns mit Mike hingesetzt haben. Mike packte uns einen Stapel Lieder hin, oder Stückchen von Liedern, und dann fing das Schreiben an und wir holten noch andere Leute dazu, um die Stücke fertigzumachen, also … Wir sind da etwa zurselben Zeit eingetroffen, aus verschiedenen Richtungen, haben uns kennengelernt und fanden „Oh, cool, das ist wirklich…“ Diese Sachen aufzunehmen war richtig gut, ganz coole Vibes, zu sehen, wie die verschiedenen Elemente der Band sich zusammenfügten.
it: Wieviele Stücke habt ihr denn gemeinsam geschrieben?
TH: Das waren schon einige…
AR: Sechs? Ungefähr?
MR: Es ist toll, wenn die Leute beim Schreiben einsteigen, das ist schonmal der halbe Spaß, finde ich. Es lief auch sehr leicht.
AR: Es gab auch keinen Plan „Du machst diesen oder jenen Song“. Es lief sehr locker, sehr offen, fing an mit einem Stück, dann zweien, dann – was immer gerade klappte. Bei einem Stück namens „Do You Wanna Dance“ (I Don’t Do Love, d.R.) habe ich ein paar Stückchen gesungen und Tim andere, je nachdem, was gut klang. Das haben wir auch ziemlich stark in die Liveshow eingebunden. Mit zwei Stimmen zu arbeiten gibt allen Stücken einen guten Kontrast; das ist stark.
MR: Zwei Leadsänger auf der Bühne zu haben ist ja auch nicht sehr verbreitet. Es ist eine tolle Art zu arbeiten. Und dann fragten mich die Leute: „Machst Du Dir keine Sorgen, dass die sich zerstreiten?“ und ich sagte: „Genau das wird dabei eben gerade nicht passieren“. Ich glaube, die Leute mögen es, wenn einer die eine Hälfte singt und jemand anders die andere. Das ist ein sehr spannendes Konzept auf der Bühne.
it: Ich habe das Album vor einiger Zeit schon gehört, und es gibt dort offensichtlich einen dritten Sänger, Arno Carstens. Was ist aus ihm geworden?
MR: Das ganze Ding läuft ja nicht nach diesem großen Plan. Man spielt einfach ein bisschen herum und hat ein paar Ideen. Arno kam als erster her, weil unser Promoter John Giddings sein Manager ist. Wir haben ein bißchen herumgespielt, und er hat gesungen… und ich hab mir schon gedacht, dass …. auf der anderen Seite muss man ja heutzutage auf Tour gehen, und ich möchte das auch, und ein paar von den alten Sachen spielen. Arno ist eher ein Singer/Songwriter, er – er konnte die anderen Lieder nicht durchschauen, wenn du verstehst, was ich meine, und wir brauchen keine drei Sänger auf der Bühne. Also dachte ich mir, dann ist er eben bei Sachen wie dem Schreiben dabei.
it: Hattest Du an diese beiden hier gedacht, weil sie – wie ja auch die beiden Pauls – unterschiedliche Herangehensweisen an die Musik haben?
MR: Es ist immer gut, weil man immer dieses Soul- und R’n’B-Gefühl hatte. Nun singt Roachford für die Mechanics und singt die Songs im Stil der Mechanics; das ist weniger das, was er normalerweise singt, nicht wahr? Und dazu dann eine Rockstimme wie Tim, eine tolle Kombination. Aber in Stein gemeißelt war das nicht.
AR: Es war ganz und gar ein glücklicher Zufallstreffer.
TH: Es ist schon immer gut, eine Menge R’n’B zu haben, aber auch sehr schön, mal hinüberzuqueren und einander zu unterstützen; das finde ich persönlich sehr spannend. Diese Tradition einer Band ist immer noch da.
it: Wer wird denn Arno Carstens‘ Lieder live singen?
AR: Wir beide!
MR: Wer immer zuerst beim Mikrofon ankommt. – Mein Problem ist, dass es vier oder fünf Lieder auf dem Album gibt, die wir live spielen wollen und einen Haufen alter Lieder und wir gewissermaßen überbucht sind mit den Mechanics-Stücken und manchen von Andrews Songs. Da haben wir mehr als wir brauchen.
AR: Es gibt ja auch keine unverzichtbare Regel, dass man alle Lieder vom neuen Album spielen muss. Man will ja auch nicht unbedingt ein dreistündiges Konzert.
it: Also, ich würde mich darüber nicht beklagen…
AR: Richtig! Das heißt dann eben: Zugaben. Man möchte den Leuten einen Eindruck von dem Neuen vermitteln, und die Leute wollen natürlich die alten Sachen hören, und irgendwann ist der Tag halt vorbei. Also suchen wir uns einfach die Stücke aus, auf denen wir zuerst gesungen haben und fangen damit an.
TH: Es kann durchaus passieren, dass wir das nochmal ändern; wenn wir das Gefühl haben, dass wir noch die anderen Stücke hinzunehmen können, dann werden wir sie natürlich ins Set aufnehmen. Das gibt uns dann mehr Auswahl auf der Tour und wir spielen unsere eigenen Sachen nicht zu Tode. Es gibt da draußen eine Menge Fans, die gerne The Living Years hören möchten und All I Need Is A Miracle, und sie haben es auch verdient, das zu hören. Sie haben es verdient, die Stücke in einem großen Theater oder Auditorium zu hören. Darum geht’s. Dass sie dem, was Mike vorher geschaffen hat, Tribut zollen können … die neuen Sachen kennenlernen, und dann wird das Rätsel auf dem Album enthüllt und sie merken: „Ah, das ist der Song, den ich vorher schonmal gehört habe“, und dann gewinnen wir die alten Fans zurück und hoffentlich ein paar neue hinzu.
it: Auf das Liveset möchte ich nachher noch zu sprechen kommen. Andrew, Du selbst hast ja eine eigene Musikerkarriere, während Du, Tim, eher der Neue bist, dessen Name einem noch nicht vertraut ist. War das Teil des Konzepts? Einen vertrauten und einen neuen Namen zu haben?
MR: Es gibt kein Konzept! Wenn man diesen großen Masterplan macht – ich habe das immer vermieden, denn es kann ja nur schieflaufen, nicht wahr? Geh einfach, wohin dich der Weg führt. Es gibt da keine Regeln. Nur diese, dass es sich richtig anfühlt, wenn man es macht. Das ist also eine ziemlich organische Entwicklung.
AR: Mike ist für mich ein sehr intuitiver Mensch, und wenn er etwas macht, dann hat er ein Gefühl dabei, und er ist sehr … hoppla, ich rede gerade über ihn, als wäre er nicht da (lacht). Ich glaube wirklich, dass das die beste Form der Arbeit ist. Man kann nicht immer im Vorhinein wissen, was bei einer Sache herauskommen wird, also ist es besser, wenn man sich das anschaut und sagt „Das gefällt mir, lass uns damit weitermachen“ statt diesen festen Plan zu haben. Wenn man sich nämlich einen festen Plan macht, dann gräbt man sich damit seine eigene Grube, wenn es nicht so läuft, wie man sich das vorstellt. Flexibel zu sein ist da richtig gut.
it: Mike, du warst ja schon einmal in dieser Situation mit einer komplett neuen Band und einem bestehenden Konzept. Warum ist es diesmal anders? Letztesmal hattest du gesagt, du wolltest nicht mehr die ganze Zeit auf Tour sein und ….
MR: Ich habe das nicht gesagt! Das war der Sänger!
it: Ich meinte Genesis nach der Phase mit Ray Wilson.
MR: Ach so. Ich sage dir, warum. Phil war so lange als Sänger in der Band und wir haben so viel miteinander gemacht – er hat auch eine so starke Persönlichkeit; das was sehr schwer zu ersetzen. Das hätte bedeutet, dass man mit einem neuen Sänger Tour um Tour hätte machen müssen, und dafür fühlte ich mich ein bisschen zu alt. Die Mechanics waren aber als Bühnenband nie so bekannt. Die Leute kennen zwar die Stücke, aber sie kennen die Leute nicht so. So wird es dann mit dem Weitermachen einfacher.
it: Wo wir beim Songschreiben sind – im Fanclubforum ist jemandem aufgefallen, dass Du, seit es das Mechanics-Projekt gibt, kein einziges Lied allein geschrieben hast, sondern immer nur mit anderen.
MR: Das ist mein besonderes Vergnügen. Ich glaube nicht, dass ich es nicht könnte. Es war immer nur besser mit jemand anderem, und lustiger. Wenn ich allein arbeite, laufe ich leicht mal in eine Sackgasse. Es macht mehr Spaß, ich mag mich gerne mit anderen umgeben: Ich spiele was, jemand singt, jemand spielt was anderes, man interagiert und kommt damit ganz woanders heraus. Das gefällt mir.
it: Wie steht’s mit den anderen Musikern auf dem Album? Hast Du sie auch getroffen während der Aufnahmesessions?
AR: Bis wir angefangen haben, für die Shows zu proben, kannte ich weder Gary [Wallis] noch Anthony [Drennan]. Es war so, dass … Ich kam vorbei und machte ein paar Dinge, weil sie nicht an der ersten Schreibphase beteiligt waren. Also finden wir an, für sie Ideen aufzuschreiben; sie kamen dann vorbei und … ich habe sie erst später kennengelernt.
MR: Gary kam nur für zwei Tage vorbei. Er war gerade mitten auf einer Tom Jones-Tour. Er kam zwei Tage vorbei und hat alle Tracks eingespielt. Er war großartig – das gefiel mir total, er hat überhaupt nicht drüber nachgedacht. Er wollte sich die Sachen auch nicht vorher anhören. Er spielt einfach und scheint zu wissen, welcher Akkord folgen würde. Er hatte die Sachen noch nie vorher gehört. Toll. Das gefällt mir.
TH: Es war ein Schock zu sehen, wieviel erledigt war, aber Chris und Mike fühlen sich wohl mit Musikern und bringen auch die richtigen Leute für den Job mit; vieles davon wurde einfach mal aufgenommen, und dann kamen wir zurück und fügten kleine Impulse hinzu, entschieden, was Hintergrund ist und haben das so dann festgelegt. Aber das Schlagzeug bot uns so eine solide Basis …
MR: Es hat ein bisschen länger gedauert, weil man im Laufe des Prozesses die Leute findet. Wenn wir das jetzt machen würden, wo wir alle Leute zusammen haben, würde es nur ein Viertel der Zeit in Anspruch nehmen.
it: Habt ihr neben den elf Stücken auf dem Album noch weitere Songs eingespielt?
AR: Wir haben ein paar angefangen.
MR: Ja, ein paar, die liegen noch herum und sind nicht fertig.
it: Werden die noch veröffentlicht werden, vielleicht als B-Seite oder so? Beim Beggar-Album gab es ja eine Menge B-Seiten?
MR: B-Seiten von was?
it: Die könnte man doch über iTunes herausbringen…
AR: Als Bonus, ja.
MR: Warten wir mal ab, die anderen Stücke sind ja nicht ganz fertig.
it: Kommen wir zur Tour. Wir freuen uns total, dass ihr mindestens eineinhalb Monate auf Tour geht. Gibt es Pläne für Länder außerhalb von Europa, also jenseits von Großbritannien und Deutschland? Südeuropa oder Nordamerika?
MR: Mal langsam. Wir müssen erstmal da rausgehen. Das haben wir noch nicht gemacht. Die Mechanics sind lange nicht mehr auf Tour gewesen. Ich glaube, wir müssen erstmal losgehen und den Leuten zeigen, dass es wirklich gut ist, ein gutes Liveset, gute Livemusiker – und das ist dann ein Ausgangspunkt. Aber man muss sich eigentlich erstmal beweisen.
it: Habt ihr schon entschieden, welche älteren Stücke ihr spielen werdet. Das ist ja für die Fans eine sehr relevante Frage. Wir haben erfahren, dass ihr ein paar Stücke aus Andrews Karriere spielen werdet. Die Fans fragen auch nach Stücken wie The Ghost Of Sex And You, House Of Many Rooms, und Why Me? ist auch sehr beliebt. Habt ihr darüber schon gesprochen?
MR: Das sind drei Stücke, drei ziemlich schwierige Livestücke und ich habe sie nur im Hinterkopf. Die werden nicht einfach zu spielen sein. Wir müssen uns so viele Stücke anschauen; wir haben noch nicht einmal geprobt. Wir haben so viel gemacht. In ein paar Wochen fangen die Proben an, und wir müssen viel Musik sichten. Sowas wie Nobody Knowswerden wir probieren. Nobody Knows kann ein toller Zweiteiler sein. Dann gibt es noch eins vom letzten Album, das Paul Carrack-, das Rewired-Ding, ein ziemlich halbgares Album, keine Ahnung, wo wir da hingekommen sind. Darauf gibt es ein paar nette Songs … könnte schön sein, das muss man mal ausprobieren. Wir holen’s mal hervor, proben es, spielen, was wir brauchen können und schauen, wie das dann wirkt. Wenn die Songs einfach sind, werden wir sie spielen (lacht). Nein, ernsthaft, manche Songs spielen sich wie von selbst; heute abend zum Beispiel spielen wir zwei neue Stücke, The Road und Try To Save Me; als wir die zum ersten Mal gespielt haben, klangen sie gut. Und das ist toll.
it: Das habt ihr zuerst in Manchester gespielt, nicht wahr?
AR: Stimmt, das war in Manchester. Du hast dich wirklich sehr gut vorbereitet!
it: Tim, was ist mit vanTramp? Du hast ja deine eigene Band, wie geht es mit der weiter?
TH:Es wäre mal wieder an der Zeit – wir haben gerade angefangen, ein paar Sachen zu schreiben. Ich werde mich mit ein paar Freunden zusammentun und was machen. Sie schreiben auch gerade bei Metrophonic und es ist eine sympathische Gruppe. Aber natürlich beanspruchen die Mechanics eine Menge Energie, damit wir da in Gang kommen, und da stecke ich natürlich gerade meine Energie rein – damit das klappt. Wir werden auf Tour gehen und die bestmögliche Show abliefern – und was ich wirklich inspirierend finde an den Mechanics: Es geht um die Stücke. Roachford und ich treten auf gewisse Weise in die Anonymität zurück, und die Songs werden das wichtigste. Je mehr Stücke wir spielen, desto besser kommt die Maschine in Schwung. Das finde ich prima; das macht so viel Spaß!
it: Werdet ihr auch Solomaterial von dir bringen?
TH: Ich bin mir nicht sicher, ob das so sinnvoll ist. Meine Sachen sind sehr rockorientiert, Bon Jovi trifft die Black Crows… Ich bezweifle, ob das dann passt. Aber es gibt einige Paul Young-Stücke, bei denen man mal einen Schrei loslassen kann und die auch diese Rockenergie brauchen – aber ich weiß nicht, ob meine eigenen Sachen dazu passen würden.
it: Wie ist es mit Stücken von deinen ersten beiden Soloalben?
MR: Warum sollten wir die spielen wollen? Wir haben so schon mehr Stücke als wir unterbringen können. Wir haben schon zu viele, da werden wir diese Stücke vorziehen.
it: Und ein Genesis-Stück?
MR: Ob ich euch das verraten möchte? Ihr werdet überrascht sein!
TH: Kann sein – vielleicht? Vielleicht auch nicht – das bleibt ein Rätsel.
MR: Wir werden etwas machen, das wir noch nie vorher gemacht haben.
it: Ist dieses Projekt jetzt allgemein die neue Band oder erstmal eine Besetzung nur für ein Album?
MR: Das kommt ungefähr aufs selbe heraus. Wir schauen mal, wie es ankommt, und machen dann möglicherweise weiter, wenn es gut läuft. Ansonsten wäre es … vergeudete Arbeit – nein (lacht) – nein, aber was ich meine, ist: Wir alle haben auch noch andere Sachen in Arbeit. Andrew hat seine Solosachen und Tim auch. Es wäre also nicht ein Album nach dem anderen. Aber das mag ich. Und bei dieser Tour fühle ich eine gewaltige Energie, wenn die beiden hier singen – mehr als je zuvor, und ich glaube, es wird toll sein live, also werden wir versuchen weiterzumachen.
it: Wie kam es, dass neben vielen anderen auch Dein Sohn Harry auf dem Album dabei ist?
MR: Abgesehen davon, dass ich mit Tim und Andrew arbeite auf diesem Album, freue ich mich, dass mein Sohn Harry im Team ist. Es macht richtig Freude, mit ihm zu arbeiten, mit euch Jungs. Und es ist toll zu sehen, dass er es drauf hat.
TH: Ja, er ist ein großartiger Toningenieur und wird ein toller Produzent werden.
MR: Es war toll zu sehen, dass er wirklich ein Ohr dafür hat. Das kann man nicht lernen – das muss man einfach haben.
TH: Und Harry ist auch noch Schlagzeuger. Wenn er etwas nicht hört, was er hören will, geht er einfach hin und spielt was. Und das ist sein Beruf – und dann hat er auch noch eine Band. Und es ist in mancherlei Hinsicht gut, auch diese Ohren zu haben.
MR: Hast Du von [der Band] Livingston gehört? Er arbeitet mit ihnen.
it: Was passiert eigentlich mit den Farm-Studios? Habt ihr das Album dort aufgenommen?
MR: Ja! Es ist jetzt wieder voll in Betrieb; Bands kommen dort hin und nehmen ihre Alben auf. Die Leute gehen hin und nutzen das Studio. Man verdient damit kein Geld, aber es ist toll, dass es jetzt läuft.
AR: Es hat eine tolle Energie – wenn man dort ist, dann merkt man: Hier wurde eine Menge Musik geschrieben. Manche Studios sind sehr steril und fühlen sich an wie ein Büro – das Studio fühlt sich an wie bei einem Musiker. Es hat eine Geschichte.
it: Kanntet ihr eigentlich die Mechanics und ihre Geschichte vorher?
TH: Aber ja! Wir haben uns seinerzeit die Alben geholt, und ich mag diese Supergruppen wie die Travelling Wilburys und so weiter, diese Kollaborationen – und die Mechaniker hatten das. Die Mechanics hatten gigantische Hits in den USA – denen konnte man überhaupt nicht ausweichen. Aber es ist auch schön, zurückzuschauen und andere Sachen zu hören. Da gibt es so schöne Stücke.
it: Was sind deine Lieblinge?
AR: Vor kurzem erst habe ich Nobody Knows gehört. Ein tolles Stück. Und natürlich Living Years, [und Over My] Shoulder. Ich erinnere mich, dass ich meine erste Single herausbrachte und The Living Years erschien – und schoss gleich auf Platz eins. Ein unglaubliches Stück – und vom Text her…. puuuh.
TH: Ja, das ist wirklich ein brilliantes Stück…
Mike wird unruhig und unterbricht:
MR: Aber live… ich sage nicht, was wir dann spielen werden. Ich bin eher dagegen, dann hängt es von der Energie ab. Wir probieren das einfach aus. Wenn es sich gut anfühlt, machen wir es, aber niemand zwingt hier irgendwen.
it: Kannst Du Dir vorstellen, die Fans in einem Forum zu fragen, was sie hören wollen, und dann zu berücksichtigen, was sie vorschlagen?
MR: Davon bin kein besonderer Freund. Nicht weil ich unfreundlich wäre, aber … man macht das für sich selbst, weil man sich Mühe gibt. Diese Anstrengung, dieses sorgsame Bedenken – das ist das, was wir den Fans geben.
AR: Und man weiß auch selbst, was man am besten kann. Es ist wie eine Jukebox für die Fans. Aber als Künstler weiß man einfach, welche Stücke zu gegebener Zeit gut sind. Und wo man sein Bestes geben kann – das ist wichtig. Wenn die Fans die Show sehen, haben sie dann das Gefühl, dass sie dein Bestes bekommen.
it: Und warum war Rewired eine halbgare Sache?
MR: Naja, ich blicke darauf zurück und … wir haben das Album gemacht, ich habe da auch nicht groß drüber nachgedacht, aber später – ich hätte es nicht machen sollen. Mit Carrack und Young hat die Chemie erstklassig gestimmt; dann haben wir Paul Young verloren, und ich habe gewissermaßen einfach weitergemacht, mit ein paar netten Songs. Das hätte ich nicht tun sollen. Und der Sound auf dem Album gefällt mir gar nicht.
it: Manchen Fans wiederum gefällt gerade dieser Sound, weil er so anders ist…
MR: Manchmal entwickelt man etwas, das man interessant findet – aber nach einer Weile findet man das gar nicht mehr so reizvoll.
it: Gibt es Pläne für eine Live-DVD oder ein Live-Album von dieser Tour?
MR:Soweit sind wir eigentlich noch nicht. Wir nehmen immer was auf. Die meisten Shows nehmen wir auf.
TH: Ich bin sicher, wir werden Material haben…
it: Es spielen ein ganzer Haufen Leute auf dem Album – und die Frage nach dem Live-Keyboarder…
MR: Es sieht so aus: Da spielen ein Haufen Leute, es gibt einen Haufen Namen – manchmal haben sie nur eine kleine Rolle, und dann sieht es in der Lister der Musiker ziemlich kompliziert aus. Luke Juby spielt Keyboards – ein toller Typ, der es richtig draufhat, und auch ein guter Sänger.
TH: Aber vor allem kann er pfeifen!
(Gelächter)
AR: Ja, ich kann nicht gut pfeifen. Ich sage nur: Over My Shoulder in der Royal Albert Hall.
TH: Bei dem Teil ist er durchgefallen.
MR: Wir haben es zum ersten Mal gespielt, dann kam der Pfeifteil und wir dachten alle: Scheiße! Aber mit Luke funktioniert das jetzt. Früher hat immer ein Paul gesungen und der andere den Hintergrundgesang gemacht. Jetzt haben wir zwei Sänger und Luke, und das bedeutet: zwei Hintergrundsänger.
it: Inwieweit waren denn Jamie Moses und Anthony Drennan beteiligt?
MR: Jamie hatte einen kleinen Teil, von dem wir am Ende nicht viel verwendet haben. Anthony kam später und spielte eine ganze Menge; er ist ziemlich wild, was Melodien angeht.
it: Wie kam das zustande? Ihr kennt euch ja noch von der Calling All Stations-Tour.
MR: Ich hab ihn angerufen, Anthony kam vorbei, und es lief einfach super.
it: Wir kommen zum Ende – eine etwas andere Frage: das Auto auf dem Albumcover – ist das dasselbe Auto, das Peter Gabriel für das Cover seines ersten Albums verwendet hat?
MR: Ah, das ist dir also aufgefallen? (lacht) – Ich habe natürlich keine Ahnung. Ist es dasselbe Auto?
it: Dieselbe Farbe und vermutlich dieselbe Marke.
AR: Weißt du, ich glaube, wir sollten dich interviewen – du weißt viel mehr über das Album und die Band als wir.
it: Das ist eben mein Job.
AR: Und den machst du sehr gut! (auf deutsch:) Wo wohnst Du in Deutschland?
it: In Dresden.
AR: Ah, Ostdeutschland.
it: Und ich werde mir die Konzerte in Berlin und vielleicht in Leipzig anschauen.
MR: Toll – dann sehen wir uns dort!
it: Danke für dieses Interview, und dafür, dass ihr euch alle die Zeit genommen habt.
Alle: Es war uns ein Vergnügen – danke!
Interview, Transkription: Christian Gerhardts
Transkription, Übersetzung: Martin Klinkhardt
Technischer Support: Marcel Mansfeld
Fotos: Maurizio Vicedomini