- Artikel
- Lesezeit ca. 16 Minuten
Brand X – Special: An Unorthodox History – Teil 1
Bei genauerer Betrachtung ist Phil Collins‘ „Hobby-Band“ der 70er viel mehr als nur eine Band, sondern eher eine Art Kollektiv mit ganz eigenem Netzwerk-Kosmos, der auch bereits schon vor Collins‘ Einstieg erkennbar war, aber sich auch danach weiter entwickelte. Steffen Gerlach hat in Teil 1 die Anfänge und Aktivitäten bis 1977 zusammengefasst.
Für viele ist Brand X einfach nur Phil Collins‘ „Hobby-Band“ in den 70ern. Doch bei genauerer Betrachtung ist jene Band viel mehr als nur eine Band, sondern eher eine Art Kollektiv mit ganz eigenem Netzwerk-Kosmos. Verschiedene Mitglieder tauchen auch immer wieder gemeinsam in den Album-Credits anderer Künstler auf. Wer wann mit wem musiziert ist genauso offen, wie die Musik, die sie beim gemeinsamen Jammen entstehen lassen. Steffen Gerlach hat für euch die teils undurchsichtigen Verhältnisse der Bandentwicklung sortiert.
[letztes Update: 01.11.2023]
Die Geschichte von Brand X beginnt irgendwann im Jahr 1974 in der Basing Street im Londoner Stadtteil Notting Hill. Hier ist das Zuhause des Labels Island Records und den Label-eigenen Island Studios (mittlerweile bekannt als Trevor Horns SARM Studios), in welchem bis dato schon etliche Klassiker wie Led Zeppelins IV oder Jethro Tulls Aqualungaufgenommen wurden. Auch Selling England By The Pound wurde ein Jahr zuvor dort von Genesis aufgenommen und The Lamb Lies Down On Broadway im September dort abgemischt. In der Basing Street finden regelmäßig Jam-Sessions im Studio statt.
Ermutigt von Roadie „Sheds“ klopfen auch vier Mitglieder der seit einigen Monaten aktiven Live-Jam-Band Karass an der Studio-Tür. Dazu zählen Saxophonist Jack Lancaster, der als Mitbegründer der Band Bloodwyn Pig der wohl prominenteste der Truppe ist, und sein Freund und Tastenmann Robin Lumley, der mit Lancaster zum einen schon Ende der 60er an an Musik zu Kurzfilmen der Rank Organization gearbeitet hatte und zum anderen sich die beiden seither regelmäßig in der Wohnküche eines befreundeten Paars – ex-King Crimson-Keyboarder Keith Tippett und seine Frau und Sängerin Julie – zum gemeinsamen Jammen trafen. Lancaster und Lumley sind sogar beide auf dem Titelsong des kürzlich von Dennis Mackay co-produzierten Albums First Starring Role von Lancasters Bandkollegen Bob Sargeant bei der Mick Abrahams Band vertreten. Die zwei weiteren Karass-Mitglieder sind der ursprünglich aus Wales stammende Bassist Percy Jones, der ebenfalls seit zwei Jahren bei den Tippetts zum Jammen auftaucht und zuvor bei The Liverpool Scene mitwirkte, und Gitarrist John Goodsall, der zuletzt bei Atomic Rooster die Gitarre für deren letztes Album Nice ’n‘ Greasy unter dem Pseudonym „Johnny Mandala“ eingespielt hatte. Bei den Island-Sessions tauchen unter anderem auch Drummer John Dillon, Gitarrist Pete Bonas und Sänger/Percussionist Phil Spinelli auf, die das ungezwungene Drauf-los-spielen ebenso geniessen wie der Rest. Allerdings ist den Leuten bei Island schon auch wichtig, dass sich etwas verwertbares entwickeln sollte, denn die Musiker werden sogar für die Sessions bezahlt. Die Besetzung Goodsall/Jones/Lumley/Bonas/Spinelli/Dillon scheint sich heraus zu kristallisieren, da bereits Songs entstanden, doch Drummer John Dillon verlässt im Herbst 1974 das sich festigende Kollektiv.
Man bietet den Drummer-Posten Bill Bruford an, der gerade etwas orientierungslos ist, da erst im September das Ende seiner Band King Crimson bekannt gegeben wurde. Doch Bruford will sich nicht sofort wieder festlegen und ist zudem kurzfristig für den ausgestiegenen Drummer bei Gong, Pierre Moerlen (der 23 Jahre später noch eine Rolle spielen sollte), für Live-Konzerte eingesprungen.
Hier kommt Island-A&R-Mann Danny Wilding ins Spiel, der der Truppe den Drummer von Genesis, Phil Collins, vorschlägt, den er schon bei seiner Hobby-Jam-Band Zox & The Radar Boys ein Jahr zuvor kennenlernte, und bei der er neben Peter Banks, Ronnie Caryl und Mike Piggott auch schon als Flötist mitwirkte. Man willigt ein, und um Weihnachten 1974, kurz nachdem Collins die Lamb-Nordamerika-Tour mit Genesis unterbrach, um seine Weihnachtsferien anzutreten, bekommt er von Wilding den Anruf mit der Frage, ob er nicht mal für eine Session vorbeikommen wolle. Da Collins nicht alle Facetten seines Drummings bei Genesis ausspielen kann und schon immer gerne mit anderen Musikern jammte, ist er dabei. Man mag sich auf Anhieb und ergänzt sich musikalisch wunderbar. Somit steht Anfang 1975 die noch namenlose Formation Goodsall/Jones/Lumley/Bonas/Spinelli/Collins, die ihre Songs für ein erstes Album für Island Records aufnehmen soll. Doch Collins muss ab 9. Januar die Tour mit Genesis fortsetzen, die mit Unterbrechungen noch bis 22. Mai dauern würde. Eine zweiwöchige Tourpause im Februar wird schließlich genutzt, um in den Island Studios ein erstes Album einzuspielen, welches musikalisch in Richtung Funk/Soul á la Average White Band geht. Danach muss Collins wieder seinen Verpflichtungen mit Genesis nachkommen, deren Zukunft ungewiss ist, da Frontmann Peter Gabriel seinen Ausstieg nach der Tour angekündigt hatte.
Diese Auszeit nutzen Lumley und Lancaster, um ihre Songwriter-Partnerschaft zu vertiefen. Ursprünglich als Jazz-Adaption für einen Animations-Film geplant, der aber aus finanziellen Gründen nicht zustande kam, versuchen die beiden Prokovievs Peter And The Wolf nun als reine Audio-Fassung in jazzrockigem Gewand umzusetzen und haben die Idee, dafür einen Rekord an musikalischen Gast-Musikern aufzustellen, die verschiedene Rollen des Stücks musikalisch interpretieren sollten. Neben bereits befreundeten Musikern, wie der Brand X-Rhythmusgruppe Goodsall/Jones/Collins, dem Ehepaar Tippett, Bob Sargeant oder Bill Bruford, kann man auch jede Menge neuer Gesichter für das Projekt begeistern, wie z.B. den Gitarristen und Sänger Gary Moore. Und noch bevor Peter & the Wolf konkretere Formen annimmt, starten Lumley und Lancaster mit Moore ein Ableger-Projekt namens The Soul Searchers. Mit dem Produzenten Dennis Mackay nimmt man im Frühjahr 1975 für eine Single-Veröffentlichung bei EMI die beiden Lumley/Lancaster-Kompositionen Scaramoucheund Head Start auf – mit Goodsall an der zweiten Gitarre, Jones am Bass und Bill Bruford am Schlagzeug.
Ende Mai ist Phil Collins zurück von der Tour mit Genesis, und es beginnt eine sehr umtriebige Zeit für die Truppe. Das im Februar eingespielte Material überzeugt zwar die Verantwortlichen bei Island, nicht aber Teile der Band. Möglicherweise ist es der Gesang von Phil Spinelli, der für schwarze Musik nicht schwarz genug rüberkommt. Ohnehin zeichnet sich unter den sechs Mitgliedern eine Spaltung ab: Bonas und Spinelli möchten songorientiert arbeiten, doch der Rest steht auf instrumentale Jam-Sessions, die viel Raum für Experimente lassen. Und so kommt es zum Bruch, und das eingespielte Album bleibt unveröffentlicht. Gitarrist Pete Bonas und Sänger/Percussionist Phil Spinelli verlassen das Kollektiv, tun sich mit dem ehemaligen Drummer John Dillon und weiteren Musikern zusammen und gründen die Band Locust, mit der sie 1976 ein eigenes Album namens Alpha Waves veröffentlichen sollten. Die übrig gebliebenen Mitglieder John Goodsall, Percy Jones, Robin Lumley und Phil Collins arbeiten zunächst gemeinsam mit Jack Lancaster als Backing Band für eine für Juni/Juli angesetzte Produktion des Singer/Songwriters Eddie Howell. Sein Album The Eddie Howell Gramophone Record (später als The Man From Manhattanwiederveröffentlicht) wird in den Londoner Trident Studios aufgenommen und von Lumley und Mackay produziert. Collins spielt zu jener Zeit auch das Debüt-Solo-Album Voyage Of The Acolyte seines Genesis-Bandkollegen Steve Hackett ein und schleust für den Track A Tower Struck Down Percy Jones als Bassisten ein. Die beiden helfen auch dem mittlerweile ex-Genesis-Frontmann Peter Gabriel aus, der einen eigenen Song für den britischen Komiker Charlie Drake namens You Never Know produziert. Ebenfalls dabei sind John Goodsall und die beiden ex-King Crimson-Mitglieder Keith Tippett und Robert Fripp. Es folgt für das Kollektiv die ausstehende Studio-Aufnahme für Jack Lancaster & Robin Lumleys Peter And The Wolf-Mammut-Projekt, für welches der Chef von RSO Records, Chris Youle, zu begeistern war. Produziert wird von den beiden selbst und Dennis Mackay. Teil des Allstar-Line Ups ist auch ex-Roxy Music-Mitglied Brian Eno, der sich für eigene Zwecke gleich im Anschluss die Rythmus-Gruppe Collins/Jones ausleiht. Das Ergebnis dieser Session in den Island Studios, die im Zeitraum Juli/August stattfanden, sollten später auf seinen Alben Another Green World (1975) mit drei Tracks und in Auszügen auf Music for Films (1978) ein Zuhause finden.
2. Es wird ernst…
Als Name für die Gruppe hatte sich bereits Brand X etabliert – einem Ausdruck, den Danny Wilding für den Belegungsplan der Island Studios benutzte, um die Aktivitäten des Kollektivs im Blick zu behalten. Nachdem allerdings der Deal mit Island Records geplatzt war, zeigt der Verlag Fuse Music Ltd. Interesse und man schließt einen Vertrag mit finanziellem Vorschuss. Basser Percy Jones kauft sich davon einen Fender Precicion Fretless Bass, mit dem er sich intensivst befasst und einen Stil entwickelt, der bald ein Markenzeichen für Brand X werden sollte. Auch wenn Phil Collins bereits mit der Entstehung eines nächsten Genesis-Album beschäftigt war, fand er im Spätsommer genug Zeit, sich mit den anderen drei auf die anstehenden Studio-Aufnahmen vorzubereiten. Man feilt an sieben Tracks, die schließlich im September/Oktober 1975 gemeinsam mit Produzent Dennis Mackay in den Trident Studios aufgenommen werden, ohne zu wissen, welches Label die Scheibe veröffentlichen würde…
Nuclear Burn
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley) (6:23)
Euthanasia Waltz
(Lumley/Collins/Goodsall/Jones) (5:42)
Born Ugly
(Jones/Collins/Goodsall/Lumley) (8:14)
Smacks Of Euphoric Hysteria
(Goodsall/Collins/Jones/Lumley) (4:30)
Unorthodox Behaviour
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley) (8:29)
Running On Three
(Jones/Collins/Goodsall/Lumley) (4:38)
Touch Wood
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley) (3:04)
Recording date: September/October 1975
Recording location: Trident Studios, London
Produced by: Brand X & Dennis Mackay
Performed by: John Goodsall, Percy Jones, Robin Lumley, Phil Collins feat. Jack Lancaster
First official release: 18th June 1976 – Brand X Unorthodox Behaviour (UK LP/Charisma CAS 1117)
Gleich im Anschluss ist Phil Collins mit Genesis im Studio, um ihr erstes Album ohne Frontmann Peter Gabriel aufzunehmen: A Trick Of The Tail. Trotz intensiver Suche findet man keinen geeigneten Nachfolger und so ergibt es sich, dass am Ende alle Songs von Collins eingesungen werden. Brand X bereiten sich in der Dance Academy in Shepherds Bush auf erste Auftritte vor, und im Dezember wagen sie sich schließlich erstmals für eine Handvoll Gigs auf die Bühne. Allerdings entschließt man sich für eine Erweiterung des Live-LineUps um einen Percussionisten. Zunächst springt Bill Bruford ein, der bei dieser Gelegenheit Collins vorschlägt, als Live-Drummer für Genesis einzuspringen, falls Phil auch für Konzerte als Sänger zum Einsatz käme.
Bereits zu Beginn des Jahres 1976 bedient statt Bruford nun Isotope-Tour-Drummer Jeff Seopardie die Percussions. Bereits zu diesem Zeitpunkt gibt es mit Tales Of Ancient Mysteries, Why Should I Lend You Mine?, Kugelblitz und einem weiteren Stück unbekannten Titels neues Material. Doch auch diese Konstellation hält nicht lange.
Nach einem einem einmaligen Percussion-Gastspiel von Camel-Drummer Andy Ward am 20. Februar rekrutiert man Drummer Preston Heyman für den vakanten Posten an den Percussions, den Collins schon seit den 60ern über deren gemeinsamen Musiker-Kumpel Ronnie Caryl kennt und und ihn zuletzt bei den 74er Sessions mit Peter Banks‘ Flash-Nachfolge-Projekt Empireunterstützte (und dessen Mitglied auch ein gewisser John Giblin am Bass war, was später noch relevant werden würde). Mit ihm bestreitet man die ersten Aufnahmen für die BBC. Die John Peel Sessions fanden am 26. Februar im Maida Vale 4 statt, und die Band spielte neben dem bereits für das Album aufgenommene Born Ugly die beiden neuen Nummern Kugelblitzund (Tales From) Ancient Mysteries. Genesis-Manager Tony Smith erkennt den wachsenden Hype um das instrumentale Vierer-Gespann und verschafft ihnen einen Platten-Deal bei Charisma Records in Europa und Passport Records in Amerika.
Ab Ende März bis Anfang Mai ist dann Phil Collins tatsächlich erstmals als Sänger mit Genesis und Live-Drummer Bill Bruford auf Tour in Nordamerika. Die Zeit nutzt das Songwriting-Gespann Lancaster/Lumley, um an ihrem nächsten gemeinsamen Projekt namens Marscape zu arbeiten. In der anschließenden, einmonatigen Pause hilft Collins gemeinsam mit Goodsall und weiteren Musikern des Genesis-Kosmos bei Peter Gabriels ersten Studio-Solo-Aufnahmen aus, die jedoch nie veröffentlicht werden sollten. Es folgen Ende Mai weitere Brand X-Gigs, die auf das endlich am 18. Juni erscheinende Album Unorthodox Behaviour aufmerksam machen sollen. Dann ist Collins auch schon wieder mit Genesis und Bruford bis Mitte Juli in Europa unterwegs.
Gleich im Anschluss am 15. Juli geht Brand X für eine weitere John Peel Session erneut in’s Maida Vale 4 der BBC und dokumentiert dort das bereits live-erprobte Why Should I Lend You Mine?und den neuen Track Malaga Virgen. Es folgen weitere Gigs im Juli und August mit einer Premiere des Tracks Tunisian Faces am 30. Juli im Londoner Marquee Club. Im gleichen Zeitraum wird das neue Lancaster/Lumley-Konzeptalbum Marscape mit Hilfe von Goodsall, Jones und Collins und weiteren Gastmusikern, wie beispielsweise Morris Pert an den Percussions, den Lumley schon von anderen Produktionen kannte, mit Produzent Dennis Mackay in den Trident Studios aufgenommen und Robin Lumley produziert das Album Vimana der italienisch-britischen Formation und Fuse Music-Verlags-Kollegen Nova, bei dem auch Phil Collins und Percy Jones als Gäste mitwirken.
John Goodsall hatte sich mit Musikern der aus San Fransisco stammenden Band Automatic Man angefreundet und ist dabei, mit ihnen und Bill Bruford an einem Solo-Projekt namens Vertical Invader zu basteln. Allerdings werden nur einige Demos aufgenommen. Auch erwähnenswert ist die Beteiligung der beiden Drummer Collins und Heyman am Debüt-Album Horft Í Roðann des Keyboarders Jakob Magnússon von Empire, auf dem auch wiederum Bassist John Giblin spielt, der in nicht allzu ferner Zukunft auch eine Rolle bei Brand X spielen sollte.
Doch zunächst gibt es einmal mehr einen Wechsel an den Percussions: war am 29. August bei Reading Festival noch Preston Heyman an Bord, erscheint unmittelbar danach bei ihrem zweiwöchigen Gig-Marathon im Londoner Ronnie Scotts Club der umtriebige Multiinstrumentalist Morris Pert auf der Bildfläche, der bereits im Sommer auf Marscape mitwirkte.
Die Shows werden aufgezeichnet, und schon im Dezember wird es erste Ausschnitte auf BBC in der Sendung „Rock Around The World“ zu hören geben: Unorthodox Behaviour und die neuen Tracks Malaga Virgen und Tito’s Leg. Zwei weitere jam-basierende Stücke, Isis Mourning (Part 1 & 2) sowie -Ish, sollten später noch Teil des Livestock-Albums werden. Und ganze 20 Jahre später würden die John Peel Sessions plus einem Track aus dem Ronnie Scott’s auf Missing Period offiziell veröffentlicht werden…
Born Ugly [Dead Pretty] [BBC 1976]*
(Jones/Collins/Goodsall/Lumley) (7:11)
Kugelblitz [BBC 1976]*
(Goodsall/Jones)? (11:03)
(Tales From) Ancient Mysteries [BBC 1976]*
(Goodsall/Jones)? (7:19)
Why Should I Lend You Mine? [Why Won’t You Lend Me Yours?] [BBC 1976]**
(Collins) (8:46)
Malaga Virgen [Miserable Virgin] [BBC 1976]**
(Jones) (8:55)
Tito’s Leg [live 1976]***
(Goodsall/Jones)? (7:23)
Recording date: *26th February 1976, **15th July, 1976, *** 30th August – 11th September 1976
Recording location: */**BBC Maida Vale 4, London, ***Ronnie Scott’s, London
Produced by: *Tony Wilson, **John Walters, ***Brand X
Performed by: John Goodsall, Percy Jones, Robin Lumley, Phil Collins, */**Preston Heyman, ***Morris Pert
First official release: 17th November 1997 – Brand X Missing Period (CD/Outer Music PCCY-01141)
Bis Ende Oktober pausiert die Band, da Percy Jones als temporärer Bassist mit Soft Machine auf Tour ist und Phil Collins wieder mal mit den Aufnahmen eines Genesis-Albums beschäftigt ist: Wind & Wuthering. Der Produzent des Albums, David Hentschel, schnappt sich Phil Collins und seine Brand X-Kollegen Percy Jones und Morris Pert, um seinen Soundtrack für den im kommenden Frühjahr erscheinenden Film The Squeeze aufzunehmen. Collins und Pert übernehmen außerdem die Rhythmus-Fraktion auf Just A Story From America, einem Album des amerikanischen Singer/Songwriters Elliott Murphy. Es folgen vereinzelte Gigs im November, bevor man sich zurückzieht, um zur Jahreswende 76/77 wieder gemeinsam mit Produzent Dennis Mackay das zweite Album einzuspielen. Nicht alle neuen live-erprobten Tracks werden dafür ausgewählt, und es finden sich, anders als bei dem Debüt-Album, nur Kompositionen einzelner Mitglieder auf Moroccan Roll…
Sun in the Night
(Goodsall) (4:25)
Why Should I Lend You Mine (When You’ve Broken Yours Off Already)…
(Collins) (11:16)
…Maybe I’ll Lend You Mine After All
(Collins) (2:10)
Hate Zone
(Goodsall) (4:41)
Collapsar
(Lumley) (1:33)
Disco Suicide
(Lumley) (7:55)
Orbits
(Jones) (1:38)
Malaga Virgen
(Jones) (8:28)
Macrocosm
(Goodsall) (7:24)
Genocide Of The Straights [John „No“ Doe]*
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley) (2:50)
Is There Anything About? [Moammar]**
(Collins/Goodsall/Jones) (7:53)
Recording date: December 1976/January 1977
Recording location: Trident Studios, London
Produced by: Dennis Mackay
Performed by: John Goodsall, Percy Jones, Robin Lumley, Phil Collins, Morris Pert
First official release: 22th April 1977 – Brand X Moroccan Roll (UK LP/Charisma CAS 1117)
*First official release: November 1977 – Brand X X-Cerpts: 3 From Livestock + 1 (US promo 12?/Passport Records PBX01)
**First official release: September 1982 – Brand X Is There Anything About? (US LP/Passport Records PB 6016)
3. Zwangspausen, Erfolg und Entscheidungen…
Genesis‘ Wind & Wuthering-Tour 1977 nimmt Drummer Phil Collins bis Anfang Juli ein halbes Jahr in Anspruch, und es wird zunehmend frustrierend, abhängig von Collins‘ Verpflichtungen bei Genesis zu sein und somit den Hype selbst ausbremsen zu müssen und sich nicht auf die Band konzentrieren zu können. Die Truppe entschließt sich, für kommende Live-Aktivitäten einen würdigen Ersatzmann für den viel-beschäftigten Phil zu suchen. Derweil kommt Robin Lumley mit ex-Isotope Gitarrist Gary Boyle zusammen, dessen ex-Band er bereits 1975 produzierte, und nimmt erneut die Rolle des Produzenten und Keyboarders für dessen Solo-Debüt The Dancer ein, auf dem auch Morris Pert an den Percussions und ex-Kollege Jeff Seopardie (dieses mal) an Drums mitwirken. In der einmonatigen Genesis-Tourpause im April springen Collins und Jones ein weiteres mal für Brian Eno ein, und spielen auf etlichen Tracks der Sessions, von denen R.A.F. auf einer Single, zwei weitere auf seinem Before And After Science-Album und drei auf der 78er Version seines Music For Films-Albums erscheinen.
Brand X proben bereits mit dem amerikanischen Drummer Josef „Joe“ Blocker, der in der Latin-Fusion-Band Karma spielt. Die aktuelle Tour-Pause von Genesis im April nutzt Collins allerdings für eine Brand X-Release-Show zur Veröffentlichung des Moroccan Roll-Albums im Londoner Marquee Club, wovon das Stück Euthanasia Waltz ein Zuhause auf dem Live-Album Livestock finden sollte. Hier spielt Joe Blocker lediglich die Rolle des zweiten Percussionisten, und danach trennen sich auch schon wieder die Wege. Die Band wird immer bekannter und erfolgreicher, überraschenderweise auch vor allem in Nordamerika, wo sie als Band und individuelle Musiker gefeiert werden, ohne auch nur ein einziges mal dort gespielt zu haben. Es wird weiter nach einem Ersatz für Collins gesucht. Von Bass-Kollege Alphonso Johnson bekommt Jones die Empfehlung, es mit dem erst 21-jährige Drummer und Berklee College Of Music-Absolventen Kenwood Dennard zu versuchen, der bereits mit dem legendären Gitarristen Pat Martino gearbeitet hatte.
Mit diesem Volltreffer kommt es schließlich im Juni bis Anfang Juli 1977 für die Band zu einer ersten US-Tour, bei welcher bereits die neuen Tracks Nightmare Patrolund Deadly Nightshade Premiere haben. Am 5. August spielen Brand X mit neuem Drummer in ihrer Homebase London, und zwar im Hammersmith Odeon. Scheinbar muss ein Hausmeister ausgerechnet während des Auftritts die Bühne fegen, was das Publikum amüsiert, bis klar wird, dass es Phil Collins ist, der als zweiter Percussionist die Show begleitet. Die heutigen Versionen von Malaga Virgen und Nightmare Patrol sind die letzten Aufnahmen, die für das bald erscheinende Livestock verwendet werden…
Nightmare Patrol [live 1977]***
(Goodsall/Dennard) (7:50)
-Ish [live 1976]*
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley/Pert) (8:11)
Euthanasia Waltz [live 1977]**
(Lumley/Collins/Goodsall/Jones) (5:12)
Isis Mourning (Part 1 & 2) [live 1976]*
(Collins/Goodsall/Jones/Lumley/Pert) (9:58)
Malaga Virgen [live 1977]***
(Jones) (9:00)
*Recording date: 30th August – 11th September 1976
*Recording location: Ronnie Scott’s, London
**Recording date: 23rd April 1977
**Recording location: Marquee Club, London
***Recording date: 5th August 1977
***Recording location: Hammersmith Odeon, London
Produced by: Brand X
Performed by: John Goodsall, Percy Jones, Robin Lumley, Phil Collins, Morris Pert, **Joe Blocker, ***Kenwood Dennard
First official release: 18th November 1977 – Brand X Livestock (UK LP/Charisma CLASS 5)
Noch im August produziert Lumley das erste Album von Bruford, auf dessen Titeltrack Feels Good To Me auch Goodsall an der Rhythmus-Gitarre zu hören ist. Und Percy Jones wirkt gemeinsam mit Morris Pert auf dem Song Peace And Quiet der Big Jim Sullivan Band mit. Am 10. September kommt es für gleich zwei Gigs in London und Paris zu einem überraschenden Wiedersehen mit Collins, der somit auch ein paar für ihn neue Tracks spielt. Im Herbst 1977 liegt der Fokus ganz auf Live-Gigs. Wieder mit Dennard am Schlagzeug spielt man in England und vor allem Nordamerika, wo sie unglaublich viel Zuspruch bekommen, und testet die neuen Kompositionen The Ghost Of Mayfield Lodge, Access To Data und Earth Dance.
In diese Zeit fällt auch die Veröffentlichung der nun endlich fertig-gestellten Live-Complilation Livestock. Begleitend erscheint in den Staaten zur unterstützenden Promo der Tour bei ihrem amerikanischen Label Passport Records die 12″-Promo X-Cerpts mit gekürzten Live-Versionen von Euthanasia Waltz, Malaga Virgen und Nightmare Patrol. Ergänzt wird die Tracklist um Genocide Of The Straights (Jahre später erneut veröffentlicht als John „No“ Doe), einem jam-lastigen Studio-Outtake der Moroccan Roll-Sessions, welches dort ausgeblendet ist, wo Why Should I Lend You Mine…auf dem Album eingeblendet wird. Die Band wird mittlerweile als eigenständige Instanz wahrgenommen, und ist auch ohne den Promi-Bonus von Collins erfolgreich, was die Band euphorisch stimmt. Für Anfang des kommenden Jahres plant man, das erste Album ohne Phil Collins aufzunehmen.
Autor: Steffen Gerlach
Sessions bis 1977 mit mindestes zwei Brand X-Mitgliedern:
1973.02 – Suntreader: Zin-Zin (Pert/Robinson)
1973.09 – Suntreader: Chromosphere (Pert/Robinson)
1974.?? – Suntreader: The Voyage (Pert/Robinson)
1974.?? – Karass: unreleased demos (Goodsall/Jones/Lumley/Lancaster)
1974.07 – Bob Sargeant: First Starring Role (Lumley/Lancaster – prod. Mackay)
1974.?? – Empire: Mark I (Collins/Heyman/Giblin)
1975.02 – BRAND X: unreleased vocal album (Goodsall/Jones/Lumley/Bonas/Spinelli/Collins)
1975.?? – The Soul Searchers: Scaramouche/Head Stand (Goodsall/Jones/Lumley/Lancaster/Bruford)
1975.06 – Eddie Howell: The Eddie Howell Gramophone Record (Goodsall/Jones/Lumley/Collins/Lancaster)
1975.06 – Steve Hackett: Voyage Of The Acolyte (Jones/Collins)
1975.?? – Charlie Drake: You Never Know (Goodsall/Jones/Collins)
1975.07 – Lancaster & Lumley: Peter And The Wolf (Goodsall/Jones/Lumley/Collins/Lancaster/Bruford)
1975.07 – Brian Eno: Another Green World, Music For Films (Jones/Collins)
1975.10 – BRAND X: Unorthodox Behaviour (Goodsall/Jones/Lumley/Collins feat. Lancaster)
1976.?? – Locust: Alpha Waves (Bonas/Spinelli/Dillon)
1976.03 – Genesis: A Trick Of The Tail Tour (Collins/Bruford)
1976.?? – Shawn Phillips: Rumplestiltskin’s Resolve (Robinson/Miller/Clark)
1976.04 – Peter Gabriel: unreleased Trident demos (Goodsall/Collins)
1976.07 – Lancaster & Lumley: Marscape (Goodsall/Jones/Lumley/Collins/Pert/Lancaster)
1976.07 – Nova: Vimana (Jones/Collins – prod. Lumley)
1976.08 – Vertical Invader: demos (Goodsall/Bruford)
1976.08 – Jakob Magnusson: Horft Í Roðann (Collins/Heyman/Giblin)
1976.?? – David Hentschel: The Squeeze Soundtrack (Jones/Collins/Pert)
1976.?? – Elliott Murphy: Just Another Story From America (Collins/Pert)
1977.01 – BRAND X: Moroccan Roll (Goodsall/Jones/Lumley/Collins/Pert)
1977.?? – Gary Boyle: The Dancer (Seopardie/Pert – prod. Lumley)
1977.04 – Brian Eno: R.A.F./Before And After Science/Music For Films (Jones/Collins)
1977.08 – Bruford: Feels Good To Me (Goodsall/Bruford – prod. Lumley)
1977.09 – Big Jim Sullivan Band: Test Of Time: Peace And Quiet (Jones/Pert)