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Tony Levin – Interview Berlin – 2003
Im Rahmen der Growing Up Live Tour 2003 trafen wir einen gut gelaunten Tony Levin backstage in Berlin für ein Interview.
it: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Peter Gabriel bei seinem ersten Soloalbum, und wie war es für dich, das Album mit ihm aufzunehmen?
Tony: Das ist schon lange her, und ich weiß nicht, ob ich mich an alles erinnere. Ich wurde nicht von Peter gefragt, ob ich auf dem Album spielen wolle. Damals kannten wir uns natürlich noch nicht. Bob Ezrin, der Produzent, fragte mich. Mit ihm hatte ich schon vorher Alben von Alice Cooper und Lou Reeds „Berlin“-LP gemacht. Bob dachte, es sei eine gute Kombination. Bei diesen ersten Gabriel-Sessions traf ich Robert Fripp, mit dem ich später viele Jahre lang zusammen gespielt habe. Die Zusammenarbeit mit Peter zu beginnen, war also eine sehr gute Entscheidung. Die Sessions waren großartig. Wir verbrachten, glaube ich, mindestens einen Monat in Toronto. Es war aufregend. Ich hatte vorher noch nie etwas von Peters Musik gehört. Wir waren eine ungewöhnliche Gruppe von Musikern, und es war eine Menge Arbeit. Aber das Endergebnis war großartig.
it: Du hast bisher bei fast jedem Gabriel-Soloprojekt mitgewirkt. War das Zufall, oder hast du dir immer die Zeit dafür freigehalten?
Tony: Es gab nur ein Album, bei dem ich nicht viel gespielt habe, weil ich keine Zeit hatte, und bei einer einzigen Tour, Peters Amnesty International-Tour, konnte ich nicht mit dabei sein, weil ich mit Paul Simon unterwegs war. Ich stecke immer in vielen verschiedenen Musik-Projekten, aber Peter hat für mich seit etwa 1976 oberste Priorität. Wenn ich also glaube, dass er ein Album oder eine Tour plant, versuche ich, dafür zur Verfügung zu stehen.
it: Was ist für dich das Besondere an Peter? Weshalb hast du schon so oft mit ihm zusammengearbeitet?
Tony: Es gibt mehrere Gründe. Peter ist eine Kombination aus vielen Dingen. Er hat viel Talent zu kommunizieren und einen sehr ungewöhnlichen Musikstil. Es ist seine ganz eigene Musik. Sie unterscheidet sich sowohl in der Art, wie er singt, als auch wie er spielt, von dem, was andere machen. Für einen Musiker wie mich, der es mag, mit vielen verschiedenen Leuten zu tun zu haben, ist das ein großer Anreiz. Immer wenn ich mit Peter zusammenarbeite, ist das einzigartig. Außerdem macht er nicht ständig das Selbe. Es gab über all die Jahre eine Weiterentwicklung, und er hat seinen Stil oft gewechselt. In der Rock’n’Roll-Gemeinde hat er viele beeinflußt, insbesondere mit dem vierten Album, bei dem er afrikanische Rhythmen und ein Schlagzeug ohne Becken verwendete. Bei So machte er dann wieder andere Dinge. Es ist toll, bei so etwas mitzuwirken. Ein weiterer Grund dafür, dass es mir so viel Spaß macht, mit Peter zu arbeiten, ist, dass er ein großartiger Kerl ist. Er versucht, nicht nur Pop-Musik zu machen. Ich fühle, dass seine Musik Sinn und Bedeutung hat, und damit auch seine Liveauftritte. Das ist ein wichtiger Grund für mich, mit ihm weiter zu arbeiten.
it: Es gibt viele Gerüchte um die Sessions zu Gabriels Album Up die etwa acht Jahre dauerten. Offensichtlich ist viel Material von den Aufnahmen übrig geblieben. Kannst du dich erinnern, wie viele Stücke insgesamt aufgenommen wurden?
Tony: Ich erinnere mich an die ersten Sessions in 1996. Damals waren es etwa zwanzig Songs. Ob ich aber bei späteren Sessions wieder bei den selben Stücken spielte oder bei neuen, kann ich nicht sagen, denn die Songs entstehen und verändern sich wieder. Dann wurde ja auch an Songs gearbeitet, die Peter für OVO verwendete. Es ist auch für mich sehr verwirrend, aber ich weiß nicht, bei wie vielen Stücken ich tatsächlich gespielt habe. Ich kann nicht mal sagen, welche Stücke auf Up sind, es sei denn ich erkenne eine charakteristische Passage wieder.
it: Wieviel Einfluß hast du am Entstehen von Peters Songs was das Schreiben der Musik angeht?
Tony: Ich denke nicht, dass Bassspielen wirklich etwas mit dem Schreiben der Songs zu tun hat. Es geht darum den richtigen Basspart zu finden, und ein Stück zu vervollständigen. Das ist mein Job. Es geht mir nicht darum, beim Songwriting mitzuwirken.
it: Die Growing Up Tour begann letztes Jahr in Nordamerika. Es gibt also schon einige Erfahrungen. Kannst du uns sagen, … [Red.: In diesem Moment kommt Peter Gabriel mit einem kleinen Fahrrad (das er bei Solsbury Hill benutzt) den Gang entlang gefahren, ein Notebook unter dem Arm. Ein kurzes „Hello!“ als er Tony und uns sieht und schon verschwindet er im Büro des Tourmanagements.] … was die Unterschiede zur letzten Tour sind?
Tony: Eigentlich ist alles anders. Nur ein paar Sachen sind gleich, wie, dass es ein großes Spektakel, eine große Produktion mit vielen komplexen Bühnen- und Lichteffekten ist. Ansonsten ist es völlig neu, die Funktionen der Bühne usw. Ich mag die Musiker, die früher zur Band gehörten. Aber es ist auch ein gutes Gefühl, wenn neue, frische Leute die Musik spielen. Daraus entsteht eine andere Form von Energie, und das ist toll. Die Bandmitglieder singen bei dieser Tour sehr viel mehr im Background. Das ist alles was mir dazu einfällt. Es macht einfach viel Spaß.
it: Gefällt es dir auf einer runden Bühne in der Hallenmitte zu spielen?
Tony: Ja sicher. Ich stand in meinem Leben schon oft auf runden Bühnen, aber noch nie mit dem Gesicht zur Bühnenmitte. Das ist ungewöhnlich und im ersten Moment schwierig, denn … das ist schwer zu beschreiben … man will ja mit den Zuschauern Kontakt haben. Man muß nichts zu ihnen sagen, oder Augenkontakt haben, aber es ist ein gewohntes Gefühl das vom Publikum ausgeht. Wenn man denen, die nahe vor einem stehen, den Rücken zuwendet, weil man die sehen will, die weiter weg sind, ist das schon etwas anders. Aber nach ein oder zwei Wochen fingen wir alle an, uns daran zu gewöhnen.
it: Habt ihr für diese Tour Stücke geprobt, die momentan nicht zum Programm gehören, und sind irgendwelche Änderungen des Sets geplant?
Tony: Wir hatten nur sehr wenig Zeit, für diese Tour zu proben. Deshalb wird es keine Veränderungen geben. Vielleicht irre ich mich, aber so weit ich weiß, gibt es keine Extra-Songs, es sei denn wir finden irgendwie die Zeit, welche zu proben.
it: Also habt ihr z.B. Shock The Monkey gar nicht geprobt?
Tony: Nein, aber wir könnten das – oder Come Talk To Me – bei einem Soundcheck proben, wenn Peter es möchte. Möglich ist das schon, aber eher unwahrscheinlich.
it: Du hast auch mit Steve Hackett gearbeitet. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Tony: Das war leider nur ein kurzer Besuch. Es war sehr ungewöhnlich und interessant. Ich kam zu ihm in sein Homestudio, spielte ein wenig bei dem Stück und ging wieder. Normalerweise habe ich mehr mit einem Album zu tun und auch über längere Zeit. Es war eine Ehre, mitwirken zu dürfen, aber die große Rolle habe ich bei dem Album nicht gespielt. Der Stick ist kein normaler Baß, und er eignet sich gut für Musik wie die in der Art von Genesis, für jede Art progressiver Musik. Er erzeugt eine besondere Stimmung.
it: Wie gefällt dir die Musik von Genesis?
Tony: Ich höre mir nicht sonderlich viel Rockmusik an. Manche Sachen kenne ich, aber ich kaufe mir nicht die Alben und verfolge, was sie machen. Wenn ich zu Hause bin, spiele ich selbst Musik, und wenn ich toure, höre ich meistens Klassik. Ich bin also nicht sonderlich über die Entwicklungen bei Genesis am Laufenden.
it: Vor einigen Jahren nahmst du mit der Band Spin 1ne 2wo, in der u. a. auch Paul Carrack war, ein Album auf. Danach hörte man nichts mehr von dem Projekt. Gab es Pläne für eine Tour oder ein zweites Album?
Tony: Es war mal im Gespräch, aber daraus wurde nichts. Vor ein oder eineinhalb Jahren hörte ich von einem der Bandmitglieder, dass er versuche, die Band wieder zusammen zu bekommen. Es ist immer schwierig, in einer Art „Collaborative“-Band – so würde ich es nennen – zu sein. Es sind alles hervorragende Musiker, die aber nicht vorrangig dieser Band verpflichtet sind. Es ist nur ein Projekt. Ich mag so etwas, und mache viele solcher Sachen. Mit Bozio/Levin/Stevens und Bruford Levin Upper Extremities mit Bill Bruford läuft das aber genauso. Das Problem ist, Termine zu finden, wo jeder in der Band keine anderen Verpflichtungen hat. Das ist sehr schwierig. Jeder von uns ist oft „on the road“, wie in meinem Fall mit Peter Gabriel und King Crimson oder mit meiner eigenen Band. Ich selbst habe kaum mal einen Monat für so etwas frei. Und die Chance, dass dann auch Paul Carrack oder Steve Ferrone Zeit haben, ist sehr gering. Ein weiteres Album ist denkbar. Wir würden auch gerne live spielen, auch damals beim ersten Album schon, aber es klappte einfach nicht.
it: Vor einigen Jahren gab es Gerüchte über ein ähnliches Projekt namens The Power Trio, in dem du mit Stewart Copeland und Andy Summers von The Police gespielt haben sollst. Was kannst du uns darüber erzählen?
Tony: Wir sollten zusammen auf Tour gehen, aber das verlief im Sand, weshalb weiß ich nicht. Mit Andy Summers arbeitete ich auf ein paar seiner Alben, mit Stewart jedoch nicht. Ich weiß gar nicht, ob Stewart zugesagt hatte. Ich glaube, Andy wollte die Tour machen, und sein Agent fragte mich, ob ich auch Zeit hätte, und ich sagte zu. Aber dann wurde nichts daraus. So etwas passiert des öfteren. Das hätte Spaß gemacht, obwohl ich nicht weiß, was musikalisch dabei heraus gekommen wäre. Wir hatten ja noch nicht mal zusammen geprobt. Die Tour sollte zur Sommerzeit stattfinden, aber im Januar wurde bereits alles abgesagt.
it: Ein Markenzeichen von dir sind die Funk Fingers, mit denen du oft den Baß schlägst. Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Spielweise?
Tony: Wenn ich für jemanden Baß spiele, werde ich zum Fan seiner Musik. Ich versuche daher, nicht überall dasselbe Instrument zu benutzen und überall gleich zu spielen. Es macht mir Spaß, viele Möglichkeiten zu haben. Es ist nicht so, dass ich einen Plan habe, was ich bei welcher Musik spiele, oder dass ich etwas Bestimmtes für mich selbst tun muß. Ich halte mir einfach gerne so viele Optionen wie möglich offen. Über die Jahre habe ich mir daher die verschiedensten Bässe zugelegt, die alle sehr unterschiedlich klingen, wie den Chapman Stick oder den NS Electric Upright. Bei der aktuellen Gabriel-Tour spiele ich auch ein elektrisches Cello. Die Funk Fingers, ich nenne sie so, sind kleine Drumsticks an meinen Fingern. Sie bieten eine zusätzliche Möglichkeit, den Baß besser zu schlagen, und mit ihnen klingt es auch irgendwie einzigartig. Aber die Funk Fingers benutze ich nur, wenn ich bei den Aufnahmen eines Songs das Gefühl habe, dass diese Art zusätzlicher Perkussion dazu passen würde. Es gibt eben viele verschieden Möglichkeiten. Ich habe auch noch einige andere besondere Instrumente, so dass ich nicht bei jedem Song den selben Baß spielen muß.
it: Stimmt es, dass die Funk Fingers deine Idee waren?
Tony: Nun, bei Big Time von Peters Album So schlug Jerry Marotta, der Drummer, die Saiten meines Basses mit Drumsticks, während ich die Fingerarbeit machte. So nahmen wir einen kleinen Teil dieses Songs auf. Als wir dann im nächsten Jahr auf Tour waren, versuchte ich diesen Part alleine zu spielen, indem ich selbst mit einem Drumstick den Baß schlug. Das war aber, ehrlich gesagt, ein ziemlicher Kampf. Eines Tages kam Peter während eines Soundchecks zu mir herüber und schlug mir – in seiner Art, Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen – vor, Drumsticks irgendwie an meinen Fingern zu befestigen. Also war es genau genommen Peters Idee. Es dauerte eine Weile, die richtige Länge und Stärke zu finden, um den gewünschten Sound zu erzeugen. Aber es funktionierte.
it: Auf deiner Website sind Fotos zu sehen, die du während Liveauftritten gemacht hast, insbesondere solche, die das Publikum zeigen. Ist das ein Faible von dir?
Tony: Zur Zeit fotografiere ich oft von der Bühne herunter. Früher habe ich viele Bilder von meinen Mitmusikern gemacht, insbesondere in Schwarzweiß. In den 80er Jahren habe ich einige in meinem Buch „Road Photos“ veröffentlicht. An einem weiteren Buch, das Fotos von meinen King Crimson-Shows enthalten wird, arbeite ich gerade. Es wird hoffentlich nächstes Jahr erscheinen, aber ich brauche dafür einfach sehr lange, weil ich so viel mit Musik zu tun habe.
it: Ist „Road Photos“ noch erhältlich?
Tony: Nein, es ist vergriffen. Ich werde es auch nicht neu auflegen lassen, denn dass es nicht mehr im Handel ist, macht es irgendwie noch interessanter. Ich habe es bei eBay gesehen, wo es für eine Menge Geld ersteigert wurde. Aber das nächste Buch wird ähnlich aufgebaut sein, nur dass es keine Peter Gabriel-Bilder enthalten wird, sondern von King Crimson aus den 80er Jahren.
it: Hast du gestern in Hamburg auch fotografiert?
Tony: Nicht viel. Ich habe das Publikum aufgenommen – wie immer. Ich habe auch ein paar Bilder von der Bühne und eine gute Aufnahme vom Ball gemacht. Meistens werden die Fotos auch nicht besonders, denn auf der Bühne ist nicht viel Licht. Außerdem kann ich mir nicht aussuchen, wann ich knipse, denn dass kann ich nur, wenn ich gerade nicht Bass spiele, und Zeit habe, die Kamera aufzuheben. Digitalkameras sind nicht sehr hilfreich und machen oft unscharfe Bilder. Mit Filmkameras hatte ich es viel leichter. Was mir am meisten Spaß macht, ist, die Publikumsfotos auf meiner Website zu zeigen, so dass die Leute sich selbst dort sehen können. Das ist eine wunderbare Möglichkeit, einen Teil der Mauer zwischen Künstler und Publikum abzubauen. Dadurch, dass die Leute sehen, wie wir sie sehen, verstehen sie, wie sie uns inspirieren, welche Energie sie ausstrahlen und wie toll das für uns Musiker ist.
it: Es ist sicher nicht leicht, einen Moment abzupassen, in dem du fotografieren kannst, oder?
Tony: Natürlich ist das schwierig. Ich kann zwar mit einer Hand spielen und mit der anderen ein Foto machen. Aber bei dieser Tour warte ich doch lieber einen günstigeren Zeitpunkt ab.
it: Passiert es oft, dass du deine Kamera vor Peter retten muß, wenn er bei Growing Up mit dem Zorb-Ball über die Bühne rollt?
Tony: Die Kamera ist meist nicht in Gefahr, sondern eher das Cello und mein Baß-Keyboard. Beides wirft er oft um, aber meistens fange ich die Sachen noch auf. Die Kamera habe ich ja ohnehin am Boden liegen, wo sie relativ sicher ist. Ich selbst bin da weniger sicher vor ihm, oder, wie letzte Nacht, sein Keyboard, das er mitten im Stück streifte.
it: Du bist sehr aktiv, was Computer und Internet angeht, und hast bereits 1983 online kommuniziert, wie in einer alten Ausgabe des Gabriel-Fanzine Gabbleratchet zu lesen war. Welches Equipment hast du damals benutzt?
Tony: Das war ein so genanntes Tandy, ein Radio Shack TRS-80, ein ganz kleines Teil mit – ich weiß gar nicht mehr – 500 k Speicher. Das Gerät besaß keine Programme. Man mußte immer das Programm, den Code, eintippen, um etwas damit zu tun. Man konnte ein Modem dafür bekommen. Das bestand damals aus zwei Kappen, die man über einen Telefonhörer stülpte. Das funktionierte wirklich prima. Ich war die Nummer 49 in einem der ersten eMail-Systeme. Dann brachte ich die Manager von Peter Gabriel und King Crimson dazu, auch bei diesem System mitzumachen. Von da an konnte man direkt Terminpläne austauschen und alles organisieren, so dass ich für eine Tour zur Verfügung stand, sobald die andere aufhörte. Das ersparte uns eine Menge Herumtelefoniererei. Im Musikgeschäft war ich einer der ersten, die das taten.
it: Benutzt du Windows oder Macintosh?
Tony: Macintosh … wie viele Musiker.
it: Was denkst du über die Zukunft des Internets und die weltweite Vernetzung?
Tony: Ich weiß nicht. Große Vorhersagen kann ich keine treffen. Ich bin eher jemand, der etwas darüber liest, und viel Freude an den guten Seiten des Internets hat, wie etwa Barrieren zwischen Künstlern und dem Publikum zu brechen. Ich benutze es oft, um etwas über die verschiedensten Dinge heraus zu finden. Den kommerziellen Aspekt mag ich nicht, und sehe das nicht gern. Aber natürlich wird das Internet kommerziell genutzt, und ich muß dass akzeptieren. Man kann nun sowieso nichts mehr daran ändern.
it: Du warst auch in Peters Projekt mit den Bonobo-Affen involviert. Wie war das für dich?
Tony: Ich war einen Tag lang mit dabei und jammte mit den Affen. Es war sehr inspirierend … sehr schwer zu beschreiben, denn es ist nicht mit irgend etwas anderem zu vergleichen. Wir spielten mit den Affen Musik, und sie konnten sich erstaunlich gut mit uns verständigen. Sie fingen gerade erst an, Instrumente zu spielen und zu begreifen, was Musik bedeutet. Ich glaube nicht, dass sie das schon wirklich drauf hatten. Aber ich konnte sehen, dass es möglich ist, dass sie Musiker werden. Das ist schon unglaublich, wenn man mal darüber nachdenkt.
it: Wurden Aufnahmen von den Affen für irgendetwas verwendet?
Tony: Ich glaube nicht. Aber ich weiß es auch nicht genau. Peter war sehr oft dort. An dem einen Tag, an dem ich mit dabei war, haben wir nur gejammt.
it: Eine deiner Leidenschaften ist der Espresso. Hast du deine Espressomaschine auch bei dieser Tour im Gepäck?
Tony: Nein, bei dem europäischen Teil der Tour nicht. Aber normalerweise habe ich bei jeder Tour ein großes Roadcase namens „Café Crim“ dabei. Darin ist eine große Espressomaschine mit allem, was man braucht, um einen perfekten Espresso zu machen. In Europa ist es ehrlich gesagt nicht so schwer einen guten Espresso zu bekommen, wie in den Vereinigten Staaten. Mein Baßtechniker Michele stammt aus Sizilien. Er ist ein Kaffee-Experte und weiß normalerweise, wo man guten Espresso bekommt oder kann dem Catering sagen, wo man sich eine sehr gute Maschine ausleihen kann. In Europa brauchen wir meine daher nicht.
it: Und wie sieht es mit deinen anderen Hobbies, Rad- und Motorradfahren, aus?
Tony: Ich hatte schon eine Weile keine Zeit mehr dafür: Die letzten zwei Jahre liefen für mich in puncto Musik sehr gut, und Musik zu spielen ist meine größte Leidenschaft. Wenn ich damit beschäftigt bin, muß alles andere hinten an stehen: meine Kunst, meine Fotografie, die Fertigstellung von Büchern. Sogar meine eigenen Alben sind mir da nicht so wichtig. Ich bin sehr froh, mit Peter unterwegs zu sein. Es ist für mich die wichtigste Sache. Ich habe noch ein paar Alben zu machen, und vielleicht kommt nächstes Jahr wieder etwas mit King Crimson. Aber ich würde keine Peter Gabriel-Tour ablehnen, um Fahrrad zu fahren oder mich auf meine Harley Davidson zu setzen. Daher hatte ich dafür eben weniger Zeit.
it: Wie geht es mit der Gabriel-Tour weiter?
Tony: Im Juni werden wir in den USA auf Tour sein – auf ganz normalen Bühnen und mit einer normalen Produktion. Sicherlich wird es nicht so eine große Angelegenheit sein wie hier.
it: Und wie geht es danach weiter?
Tony: Keine Ahnung – ich will Peter dass diese Woche auch noch fragen, denn ich muß entscheiden, ob ich im Herbst selbst auf Tour gehen kann. Aber das hängt davon ab, ob er vielleicht auch touren will. Ich bin da selbst im Ungewissen und wünschte mir, es wäre anders. Ich möchte noch eine Sache erwähnen. Auf meinem Livealbum ist Back In N.Y.C enthalten. Das ist meine direkteste Verbindung zu Genesis, und von allen Stücken, die ich mit meiner Band spiele, macht das den meisten Spaß.
it: Warum fiel die Wahl gerade auf diesen Song?
Tony: In meiner Band ist Jerry Marotta der Schlagzeuger. Jerry und Larry Fast, der Keyboarder, und ich lernten den Song, für Peter Gabriels zweite Tour. Das war damals die Zugabe. Die Leute verlangten die ganze Show über Genesis-Songs, und wollten Peters eigene Sachen nicht hören. Aber er hörte nicht darauf, außer bei der Zugabe. Als wir uns mit der Tony Levin Band dann auf die erste Tour vorbereiteten, suchten wir nach Stücken, die zu spielen vielleicht Spaß machen würden. Dann dachte ich, dass die meisten Leute im Publikum dieses Stück kaum kennen werden. Aber die wenigen, die es kennen, würden sich wohl freuen, es wieder von uns zu hören. Außerdem ist Jerry ein exzellenter Sänger. Er klingt nicht wie Peter Gabriel, aber er singt das Stück sehr gut. Daher spielten wir den Titel, und er ist auch auf unserer Live-Doppel-CD Double Espresso enthalten. Für mich ist das einer der wichtigsten Tracks auf dem Album.
Interview: Christian Gerhardts / Helmut Janisch
Transkription + Übersetzung: Helmut Janisch
Fotos: Helmut Janisch
Vielen Dank an Tony für das freundliche Gespräch und an Virgin und Peter Gabriels Tourmanagement, die das Interview für uns arrangiert haben!