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Tony Banks – Soundtracks – Rezension
Tony Banks hat zu Beginn seiner Solokarriere auch immer wieder Musik für Filme beigesteiert. Mitte der 80er hatte er diese auf einem Album zusammengefasst, das er schlicht Soundtracks nannte. Tommy Ender geht der Sache auf den Grund …
Soundtracks ist mehr eine Ansammlung der Filmmusiken zu Lorca and the Outlaws a.k.a. Starship und Quicksilver als ein richtiges Soloalbum, wie es beispielsweise The Fugitive war. Es ist ein Sampler. Natürlich findet sich neben der instrumentalen Filmmusik auch das eine oder andere gesungene Lied auf dem Album, doch in erster Linie ging es darum, beide Soundtracks auf ein Album zu packen.
Nachdem 1983 Tonys zweites Soloalbum The Fugitive, sowie das selbstbetitelte Genesis-Album erschien, arbeitete Banks an einigen weiteren Filmmusiken. Sein erster Abstecher ins Filmmusikgeschäft war bereits 1978 mit dem Film The Shout (Der Todesschrei), bei welchem Banks zusammen mit seinem Bandkollegen Mike Rutherford die Filmmusik komponierte. 1983 schrieb er dann die Filmmusik zu The Wicked Lady.
Sein erster Auftrag nach 1983 war die Arbeit an der Filmmusik für 2010 – Das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen. Leider wurden all seine Vorschläge abgelehnt, so dass der Auftrag an David Shire ging. Gut zu wissen ist auch die Tatsache, dass Banks Anwärter für die Filmmusik zu Terminator, mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle, war.
1984 schrieb er dann den Soundtrack für eine Low-Budget-Science-Fiction-Produktion mit dem Titel Starship/Lorca and the Outlaws (auf Deutsch hieß der Film Redwing – Flucht vor den schwarzen Droiden). Der Film hatte jedoch ein derart kleines Budget, dass Tony einwilligte, gratis zu arbeiten. Leider blieb der Erfolg aus, auch deshalb, weil die Handlung als eher dürftig gewertet wurde. Weiterhin schrieb er 1985 den Soundtrack zum Film Quicksilver – einen Film über die Beziehung zwischen großen Unternehmen und der Unterwelt – mit Kevin Bacon in der Hauptrolle. Auch dieser Film war nicht sehr erfolgreich und wurde seinerzeit stark kritisiert. Bacon sagte dazu später: „Es war der absolute Tiefpunkt meiner Karriere“. Unglücklicherweise waren beide Filme, an denen Tony Banks den Soundtrack schrieb, erfolglos. Am Original Motion Picture Soundtrack von Quicksilver waren neben Tony Banks auch weitere Größen wie The Who-Gründer Roger Daltrey und Peter Frampton beteiligt. Den offiziellen Soundtrack gab es 1986 als LP zu kaufen. Die Filmmusik zu Starship/Lorca and the Outlaws gab es seinerzeit sogar schon 1985 auf einer. -E.P. und 12″- Maxi. Beide Filmmusiken landeten dann auf seinem nächsten Album. Soundtracks – welches 1986 erschien – wurde von Tony Banks selbst, unter Mithilfe von Andy Jackson (Shortcut to Somewhere) und von Chas Watkins (You Call This Victory und Lion of Symmetry) produziert.
Trotz all der negativen Kritik im Vorfeld möchte ich dieses Album dennoch etwas genauer (musikalisch) untersuchen. Die Songs 1-3 entstammen vom Film Quicksilver, die restlichen Tracks gehören zum Film Starship.
1. Shortcut To Somewhere (3:38)
Mitte der 80er Jahre begann auch die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Sänger der Neo-ProgRock Band Marillion, Fish aka Derek William Dick. Zusammen schrieben sie die Hitsingle Shortcut to Somewhere.
Tony über den Entstehungsprozess: „Als wir den Song Shortcut to Somewhere schrieben, trank er eine ganze Kiste John-Smith’s Bier. Riesenspaß, netter Kerl.“
Basierend auf dem Hauptmotiv der Quicksiver-Suite lieferten beide einen eher sperrigen als flüssigen Popsong. Die Brass-Sounds erinnern ein wenig an Banks berühmten Bandkollegen, im Gegensatz zu diesem verwendet Tony aber gesampelte Sounds.
Prägend für diesen Song ist auch der typische Fish-Sprechgesang, welcher auch nur bei Fish richtig wirkt. Gut zu hören kann man das auch auf Aufnahmen des Atlantic Record’s 40th Anniversary-Konzertes, bei dem sich Phil Collins sichtbar durch den Song quält.
Insgesamt ist dieses Lied eher mittelklassig, denn Banks hat durchaus bessere Popsongs geschrieben. Zu Shortcut to Somewhere existieren auch zwei lustige Musikvideos, wovon eine Fassung auf der DVD Kettle Of Fish zu finden ist.
2. Smilin‘ Jack Casey (3:14)
Nach einem kurzen Ausflug in die Welt der Popmusik, folgt nun ein rein instrumentales Stück. Jack Casey ist die zentrale Rolle im Film Quicksilver, welche von Kim Bacon gespielt wurde. Er ist Börsenhändler. Als es nach einem schlechten Tag am Markt nicht so gut für ihn lief, traf er eine riskante Entscheidung, die fehlschlug. Darufhin verlor er seine gesamten beruflichen und familiären Einsparungen. Im Film werden diese Szenen durch dieses instrumentelle Stück Smilin‘ Jack Casey dargestellt.
Es ist deutlich im Sound der 1980er Jahre verwurzelt. Dies kann man auch anhand der synthetischen Gitarrensounds, welche Banks später auch auf Bankstatement verwendet, heraushören. Zum Schluss gibt es ein feines Keyboard-Solo, bevor der Song endet.
Das Musikstück korrespondiert jedenfalls gut mit den dargestellten Szenen im Film und wirkt als solches nicht störend, sondern eher ein wenig unauffällig.
3. Quicksilver Suite: Rebirth/Gypsy/Final Chase (9:22)
Die Quicksilver Suite besteht aus drei Teilen:
1. Rebirth 3:00
2. Gypsy 3:43
3. Final Chase 2:49
Es beginnt mit Rebirth, das zugleich das Hauptthema der Quicksilver-Suite. Es ist so etwas wie die Instrumentalfassung von Shortcut to Somewhere. Der Anfang erinnert ein wenig an den Übergang von In the Glow of the Night zu The Last Domino. Es überwiegen natürlich, wie schon bei Shortcut to Somewhere, die synthetischen Bläsersounds, allerdings wirkt dieser Teil ohne Gesang etwas nackt.
Nachdem unser Hautdarsteller Jack Casey all sein Geld und das Geld seiner Familie verloren hat quittiert er seinen Job und fängt als Fahrradkurierer bei der Firma Kurtzweill’s Quicksilver Express neu an. Seine anfängliche Niedergeschlagenheit, Desillusionierung und das Entdecken eines Fahrrades in einem Secondhand-Shop werden durch Rebirth unterlegt.
Der zweite Teil The Gypsy ist von dunklen und gefährlich anmutenden, Keyboardsounds geprägt, die um einem rumwabern. Gypsy ist sozusagen der Antagonist des Films, und immer bei seinem Erscheinen wird ein Auszug dieser Melodie eingeblendet.
Im letzten Teil der Suite Final Chasewird das Thema der Quicksilver-Suite in einer leicht veränderten Version wieder aufgegriffen. Wie der Name sagt, unterlegt dieses Musikstück die Finalszene. Zum Ende hin steigert sich die Musik auf ihren Höhepunkt und korrespendiert vortrefflich mit den gezeigten Szenen im Film: Der Jagt zwischen Gypsy und Jack, bei der Gypsy letztendlich stirbt.
Man muss die Filmmusik immer mit den im Film gezeigten Szenen bewerten. Obwohl die Musik sicher nicht herausragend ist, so muss aber dennoch sagen, dass eine Momente im Film ganz passend durch die oben genannten Instrumentals unterlegt wurden. Die Quicksilver Suite und Smilin‘ Jack Casey sind einmalig und Musikstücke wie sie nur in den 1980er Jahren entstehen können.
4. You Call This Victory
You Call This Victory entstand zusammen mit Jim Diamond, welcher diesen Song auch singt. Es ist ein eher belangloses Pop-Lied. Wie für Banks typisch wird man von Keyboard-Sounds wieder überhäuft, Gitarren sind wie immer unterpräsentiert und selbst die Rhythmusgruppe ist eher langweilig
Auf Dauer ist der Song zu harmlos, es passiert einfach nichts Besonderes, der Gesang fängt nach einer Weile an zu stören, und das Lied als solches ist viel zu sperrig um als Popsong zu funktionieren. Wenn man diesen Song nicht kennt, hat man nicht wirklich etwas verpasst.
Das Tony Banks weitaus bessere Popsongs hinbekommen hat, zeigen Lieder wie Throwback (zu finden auf Bankstatement) oder Red Day on Blue Street (Still). You Call This Victory bleibt aber leider nur auf niedrigem Niveau und schafft es nicht, den Hörer in irgendeiner Art und Weise zu beeindrucken.
5. Lion Of Symmetry (7:22)
Dieses Mal handelt es sich um eine Zusammenarbeit mit Toyah Wilcox, der Frau von King Crimson-Gründer Robert Fripp. Der Text wurde von Toyah geschrieben, Banks schieb dazu die Musik. Lion Of Symmetry ist einer der interessanteren Songs auf dem Album. Es ähnelt mehr dem Pop-Prog den Genesis auf Invisible Touch in Songs wie Domino oder der B-Seite Feeding the Fire zelebrierten. Im Gegensatz zum großen Rest des Albums gibt es hier mehr Abwechslung und es macht einfach Spaß sich von der düsteren Atmosphäre gefangen nehmen zu lassen.
Tony sagte dazu: „Darauf [gemeint ist das Album] sollte auch ein Song mit Toyah Wilcox erscheinen, der Lion of Symmetry hieß. Toyah hatte eine großartige Stimme, sang aber immer einfachere Sachen, also stellte ich ihr eine Herausforderung […] Ich finde diesen Song sehr bewegend.“
Natürlich überwiegen auch hier wieder die Synthesizer, aber im Gegensatz von z.B. Shortcut to Somewhere passen die Synthie-Sounds hier ausgezeichnet und stören keineswegs. Text und Musik sind düster, wenn nicht sogar bedrohlich, und von wuchtigen Bass-Sounds geprägt. Zum Schluss blüht der Song richtig auf und Toyah liefert mit ihrer ausdrucksstarken Stimme dem Song das gewisse etwas. Für mich ist Lion Of Symmetry einer der besten Songs des Albums.
6. Redwing Suite (16:10)
Die Redwing Suite ist dann die eigentliche Filmmusik zu Staship/Redwing – Flucht vor den schwarzen Droiden und besteht aus 5 Teilen:
1. Redwing 5:44
2. Lorca 3:55
3. Kid and Detective Droid 2:11
4. Lift Off 3:10
5. Death Of Abby 1:42
Um den Film kurz zu beschreiben: Die Handlung spielt im Jahr 2084 auf dem Minenplaneten Odessa. Die Dort arbeitenden Menschen sollen nach Vorstellungen des Diktators Jowitt durch Roboter ersetzt werden. Lorca und Kid, einem Androiden, stellen sich dem Diktator entgegen. In verschiedenen Auseinandersetzungen, teils ziemlich brutal, kommt es zum entscheidenden Machtkampf zwischen Jowitt und Lorca. Aber nun zur eigentlichen Filmmusik:
Es beginnt mit Redwing eher verhalten mit einigen Keyboardsongs, die an etwas Mama und den Übergang von Home by the Sea zu Second Home by the Sea erinnern. Allerdings bleibt es bei diesen dudeligen Sounds. Man kann anhand Redwing durchaus Tonys Verliebe für klassische/orchestrale Werke erkennen, es läuft sogar auf einen kleinen Höhepunkt hinaus, nur geht dies im Soundbrei der Keyboards unter. Eine Umsetzung durch ein Orchester würde bestimmt spannend sein und hätte sich damals sicher besser angehört.
Was zuerst ganz nett klingt, ist beim zweiten Mal zu uninteressant und harmlos. Es folgt nach fünfeinhalb Minuten nun der nächte Teil der Suite: Lorca. Benannt wurde das Stück nach dem Hauptcharakter im Film: Dem jungen Lorca.
Kennern dürfte es sicherlich bekannt vorkommen. Auf Bankstament wurde aus Lorca schließlich der Song Queen of Darkness. Hier handelt es sich um einen rein instrumentalen Song, der ziemlich plastikmäßig klingt. Man könnte Lorca auch als Rohfassung für Queen of Darkness bezeichnen und richtig funktionieren tut der Song dann auch in einer viel wuchtigeren Fassung auf Bankstament. Obwohl Lorca selbst nicht sehr überzeugend rüberkommt, ist es wohl das Spannendste was die Filmmusik zu Starship zu bieten hat. Der anschließende Teil nennt sich Kid and Detective Droid, indem das Redwing-Motiv wieder aufgegriffen wird.
Lift Off ist geprägt schaurige Synth-Sounds, gekoppelt mit ein paar Orgelsounds. Auf Dauer wirkt dies zu langweilig und das stetige Wiederholen der gleichen Melodie geht einem zum Schluss auf die Nerven. Anschließend folgt der letzte Teil der Suite: Death of Abby – und hier wird es noch ein wenig dramatisch. Untersetzt wird dies von einigen tragischen Streichersounds und Orgelsounds.
Die Redwing Suite bietet durchaus einige interessante Momente und ich hätte durchaus Interesse, mir diese Suite, mit einer neuen Instrumentierung durch ein ordentliches Orchester, anzuhören. Redwing beginnt richtig interessant und steigert sich auf einem kleinen Höhepunkt. Leider sind aber andere Teile der Suite eher belanglos, sogar langweilig, sodass man sich teilweise zum ‚Skippen‘ genötigt fühlt.
Das Fazit fällt gemischt aus. Es gibt neben einem guten Song, doch zu viele belanglose bis gar schlechte Musikstücke. Das Highlight ist zweifelsohne Lion of Symmetry, doch leider findet man auf dem Album keine vergleichsweisen guten Songs.
Shortcut to Somewhereist trotz der genannten Mängel nicht schlecht, allerdings aufgrund seiner sperrigen Struktur nicht sehr radiotauglich. Die Filmmusik zu Quicksilver tut nicht weh, passt durchaus zu den gezeigten Szenen, ist aber vielleicht etwas belanglos. Die „Redwing-Suite“ lässt an einigen Stellen Tonys Vorliebe für klassische Musik erahnen, bleibt aber aufgrund der einseitigen Instrumentierung auf einem Level. Manche Sachen sind auch schlichtweg ungenügend, dies trifft vor allem auf You Call This Victoryund auch manchen Abschnitten der Redwing-Suite zu.
Lieder wie Shortcut to Somewhereoder You Call This Victory sind geprägt von einer immer wiederkehrenden Struktur und fehlender Dynamik. Es mangelt einfach an Abwechslung, Dramatik, interessanten Wendungen und Melodien. Die Sounds sind natürlich geprägt von den 80er Jahren, aber dafür sind diese teilweise erdrückend und plastikmäßig. Selbst die Drumsounds sind viel zu langweilig. Auch die Single-Auskopplungen waren nicht erfolgreich. Es ist wie immer das alte Problem, dass bei The Fugitve und später auch bei den Alben Bankstament bis Stricty Inc. wiederkehrend auftrat: Tonys Versuche einprägende Popsong zu kreieren scheitern, da diese viel zu langweilig und sperrig sind. Lediglich das mit Toyah Wilcox geschriebene Lied Lion of Symmetry geht in die Richtung des Prog-Rocks bzw. des „PopProgs“ wie er auf Invisible Touch zu finden ist. Gerne hätte man sich statt You Call This Victory den einen oder anderen spannenderen Titel gewünscht. Das beide Filme dazu nicht sehr erfolgreich waren, gibt der Sache noch einen bitteren Beigeschmack. Schade!
Autor: Tommy Ender
Quellen:
(1) Tony Banks – official website:, abgerufen am 11.07.2014.
(2) Tony Banks, Phil Collins, Peter Gabriel, Steve Hackett, Mike Rutherford: Genesis. Chapter and Verse (Weidenfeld and Nicholson), 2007, Seite 269
(3) Discogs.com: Tony Banks: Soundtracks., abgerufen am 11.07.2014.
(4) Deutscher Genesis Fanclub it: Track of the Week: Shortcut to Somewhere., abgerufen am 11.07.2014.
(5) Deutscher Genesis Fanclub it: Song der Woche: You Call This Victory., abgerufen am 11.07.2014.
(6) Deutscher Genesis Fanclub it: Tony Banks, Biografie. , abgerufen am 23.07.2014
(7) Wikipedia, the free Encyclopedia: Tony Banks., abgerufen am 11.07.2014.
(8) Wikipedia, die freie Enzyklopädie: Redwing – Flucht vor den schwarzen Droiden., abgerufen am 24.08.2014
(9) Internet Movie Database: Redwing – Flucht vor dem schwarzen Droiden., abgerufen am 24.08.2014.
(10) Discogs.com: Tony Banks / Jim Diamond / Toyah – Perform Songs From Lorca And The Outlaws., abgerufen am 24.08.2014.
(11) Discogs.com: Quicksilver Original Motion Picture Soundtrack., zuletzt abgerufen am 15.10.2014.
(12) FORUM des Deutschen Genesis Fanclubs it: Tony Banks – Soundtracks – Eure Meinungen?, zuletzt abgerufen am 15.10.2014.
Letzte Bearbeitung am 15. Oktober 2014.