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Tony Banks – Das Vaults Interview: Solo Karriere, Musikerkollegen, Vergangenheit und Zukunft
Das Boxset Banks Vaults: The Complete Albums 1979-1995 war wieder einmal eine gute Gelegenheit für ein Interview mit Tony Banks. Im letzten Jahr stand seine Klassikarbeit im Fokus, aber jetzt ist es das neue Boxset und damit seine Soloalben im Genre der Pop / Rockmusik. Christian Gerhardts sprach mit Tony Banks über Vergangenes, Zusammenarbeiten mit anderen Musikern, aktuelle Vorlieben und Pläne für die Zukunft.
Mitte Mai 2019 kündigte Esoteric Records ziemlich überraschend an, dass ein neues Tony Banks Boxset erscheinen werde: Banks Vaults: The Albums 1979-1995. Inhalt: Seine sämtlichen Solo-Alben (mit Ausnahme der Klassik-Platten) und eine Bonus-DVD mit Musikvideos. Obwohl wir Tony erst im letzten Jahr zu seinem Klassik-Album Five gesprochen hatten (das Interview könnt ihr hier nachlesen), bot sich jetzt eine gute Gelegenheit, das Gespräch fortzusetzen und mehr auf die Rock-Alben zu blicken. Das neue Boxset wirft doch einige Fragen auf und wir sind dieses Mal auch etwas tiefer eingetaucht – insbesondere hinsichtlich der zahlreichen Gastmusiker auf den Banks-Alben. Außerdem erfahrt ihr, was Tony auf YouTube so macht und was die Zukunft bringen könnte …
it: Lass uns mit der bevorstehenden Veröffentlichung anfangen. Als wir uns letztes Jahr unterhalten haben, ging es um die Wiederveröffentlichung der Alben und um die Frage, warum die 5.1-Versionen eingestellt wurden. Jetzt hast du ein Boxset angekündigt, das alle Rockalben enthält. Wie kam es dazu? Warum jetzt ein solches Boxset, statt mit den 5.1-Versionen weiterzumachen?
Tony: Hauptsächlich, weil die Plattenfirma dieses Boxset haben wollte. Und ich freue mich sehr, dass meine Platten alle dabei sind. Was die 5.1-Fassungen angeht – ich denke, die Plattenfirma meint, dass der Aufwand an Zeit und Ressourcen (wie Geld) für diese Alben nicht gerechtfertigt sei und es sich nicht lohnen würde. Außerdem sind die späteren Platten viel länger und darüber hinaus klingen sie ohnehin schon besser. Ein wichtiger Grund dafür, dass wir 5.1-Versionen von A Curious Feeling und The Fugitive gemacht haben, lag darin, dass wir auf diesem Weg die Gelegenheit bekommen haben, die Sachen so neu abzumischen, dass eine anständige Stereoversion dabei herauskam. Es ging also in allererster Linie um die Stereomixe. Still und Strictly Inc – die wurden ja beide schon von Nick Davis bearbeitet, und wir sind sehr glücklich damit, wie sie klingen. Eine neue Version hätte da keine großen Verbesserungen gebracht. Am Ende ging die Entscheidung dann dahin, dass wir die Alben wieder veröffentlicht haben und dafür remastern, damit sie alle etwas besser klingen. A Chord Too Farist ja auch schon erschienen – das ist gewissermaßen eine Einleitung für diese Alben. Jetzt bekommt ihr das ganze Paket. Mit den Streamingdiensten und so bekommt dann jeder die Chance, sich jederzeit auch einzelne Stücke anzuhören. Dann sind sie alle verfügbar..
it: Miles Showell und Nick Davis haben die Remaster in den Abbey Road Studios erstellt. Warst du daran beteiligt?
Tony: Nein. Das Remastering ist ja einer der letzten Schritte und hat mit einer Neuabmischung nichts zu tun. Einige der früheren Stücke wurde neu abgemischt, Teile von Soundtracks und Bankstatement sowie The Fugitive und A Curious Feeling jeweils als Ganzes. Remastering bedeutet aber nur den Transfer von Band auf eine digitale Plattform. Das verbessert den Sound, ohne ihn zu verändern.
it: Das Boxset enthält eine Bonus-DVD mit all deinen Musikvideos; das ist eine schöne Zugabe. Was hältst du selbst von diesen Videos? Und warum werden sie jetzt auch veröffentlicht?
Tony: Die Plattenfirma fand, es wäre toll, sie auch ins Boxset zu nehmen. Die Videos sind natürlich alle schon verfügbar auf YouTube und sonstwo – wenn man sie sucht, findet man sie auch. Ein paar Videos sind gut, manche sind schlecht [lacht]. Von This Is Love bin ich bekanntlich nicht so begeistert, weil ich da als Sänger ganz vorne stehe – das ist nicht so gut, aber die meisten anderen mag ich. Sie sind eigenwillig, sie haben Charakter. Und sie zeigen die Leute, die die Stücke singen, das ist auch schön. Ich finde es also auch gut, dass die Videos dabei sind. Sicher sind das keine Videoklassiker, aber es ist schön, dass sie dabei sind.
it: Das Boxset enthält kein weiteres Bonusmaterial wie Demos, alternative Songversionen oder unveröffentlichte Stücke. Gibt es in deinem Archiv nichts mehr dazu?
Tony: Wir wollten uns mit dieser Veröffentlichung an die Alben halten. Auf A Chord Too Far biete ich ja einiges an Zusatzmaterial. Ich habe noch Material, zum Beispiel einen Track, den ich für Strictly Inc aufgenommen habe. Er heißt It All Comes Back To You, er war aber nicht so gut. Ansonsten habe ich noch ein paar kleinere Sachen, die aber anderswo schon verwendet wurden. Alles wichtige ist also auf A Chord Too Far schon erschienen. Wir haben aber die beiden Bonustracks K2 und Sometime Never auf The Fugitive ergänzt, und auch Diamonds Aren’t So Hard auf Bankstatement. Diese Stücke sind genauso gut wie die anderen auf der Platte. Deshalb haben wir diese Stücke auch gerne dazugenommen. Back To You ist, finde ich, schwächer, darum fand ich das sinnlos. Die allermeisten Leute werden das allermeiste von dem, was im Boxset erscheint, noch nicht gehört haben, also möchte ich ihnen die Sachen bieten, die ich am besten finde.
„Ich bin ein Fan – ich mag meine Musik!“
it: Ich freue mich, dass The Wicked Lady auch im Boxset enthalten ist. Wie steht’s mit The Shout? Gab es da Überlegungen, das auch zu veröffentlichen?
Tony:Das Kernstück von The Shout ist ja dann als From The Undertow auf A Curious Feelinggelandet. Die Filmfassung von dem Stück war ja nicht radikal anders. Die Albumversion ist sogar besser. Es gab keinen Anlass, die Musik hier mitzunehmen. Das andere Stück für The Shoutwar etwas, das Mike geschrieben hat. Wir haben auch verschiedene Versionen des Hauptthemas eingespielt. Aber das war nichts Weltbewegendes, und nicht genug, um ein Album daraus zu machen.
it: Jetzt liegen hier also sieben Alben in einem Paket vor. Was hältst du von deinem Gesamtwerk?
Tony: Also, ich bin ein Fan. Ich mag meine Musik! Und das sage ich auch gerne. Manche Leute sagen dann ja gerne „Nee, also das mag ich nicht so“, „Meine eigenen Filme mag ich mir nicht ansehen“ oder so ähnlich, aber so bin ich nicht. Aber es gibt nicht so lupenreine Momente, gute Momente und schlechte Momente. Auf das Gesamtwerk gesehen bin ich sehr stolz darauf. Genauso wie bei den Sachen, die ich mit Genesis gemacht habe. Ich sehe eine Menge richtig starkes Material in den Alben. Ich finde meine Soloalben genauso stark wie die Genesis-Alben, man hört nur viel weniger davon. Vom Songwriting her sind auf diesen Alben einige meiner besten Sachen. Und ich bin sehr zufrieden mit ihnen.
„Mein Lieblingsstück ist An Island In The Darkness“
it: Hast du Lieblinge unter deinen Solostücken?
Tony: A Curious Feeling als Ganzes ist mir seit jeher ans Herz gewachsen: Eine einzelne Idee, die die ganze Platte durchzieht. Dadurch besteht das Album den Text der Zeit. Mein Lieblingsstück – das ist vielleicht etwas vorhersehbar – ist An Island In The Darkness von Strictly Inc. Es ist lang, hat viele verschiedene Stimmungen und ist wie die frühen Genesis-Stücke. Die Gitarre ist gut in dem Stück. Musikalisch ist es das interessanteste Stück, weil es viele Ecken erkundet. Es ist lang, und ich habe nie auch nur versucht, es zu kürzen. Es folgt seinem eigenen Weg. Ich mag Musik, die das tut. Und wer die frühen Genesis mag, findet das Stück auf Spotify und sonstwo. Man kann es also immer wieder entdecken. Und viele Leute dürften sehr überrascht sein von diesem Stück – es ist nicht das, was sie vielleicht erwarten.
it: Auf deinen Soloalben hast du mit vielen anderen Musikern gearbeitet. Wie kamst du dazu, mit ihnen zu arbeiten? War das Zufall, oder hattest du jemand bestimmtes im Sinn und hast sie gebeten, auf deinem Album zu spielen?
Tony: Manchmal war es reiner Zufall. Kim Beacon zum Beispiel: Ich suchte einen Sänger für das Album, und hatte den Eindruck, dass er die richtige Stimme dafür hätte. Ich habe mir ein paar Cassetten von ihm angehört, und dann kam er und hat gesungen. Genauso lief es mit Alistair Gordon. Aber Jayney Klimek war ein Vorschlag von Steve Hillage. Ein anderer Musiker, den ich wirklich selbst ausgewählt habe, war Nik Kershaw. Ihn habe ich selbst angerufen und gefragt, ob er Lust hätte, mit mir Musik zu machen – und er sagte ja. Ich mag seine Platten, toller Pop. Sie sind sehr musikalisch. Ganz besonders mochte ich sein Album The Works und den Song Cowboys And Indians. Auch das Schlagzeug bei dem Stück und auf dem Album fand ich gut – der Schlagzeuger war Vinnie Colaiuta, der dann ja auch auf Still getrommelt hat. Fish wiederum war mir mehrfach empfohlen worden; ich habe mich mit ihm getroffen, und nachdem ich einmal mit ihm gearbeitet habe, wollte ich wieder mit ihm arbeiten. Genauso war es bei Jayney Klimek. Insofern ist es eine Mischung aus Zufall und Planung.
„Jack Hues hat die Songs so gesungen wie ich sie singen würde, wenn ich es denn könnte“
it: Auf deinen Platten hattest du neun verschiedene Sänger. Wer von ihnen war der/die beste, oder sagen wir lieber: der/die denkwürdigste?
Tony: Oh, das ist nicht fair. Ähm, also… Nik Kershaw hat eine sehr markante Stimme. Er hat sehr gut gesungen, vor allem bei Red Day On Blue Street. Toyah hat bei Lion Of Symmetry eine tolle Leistung gebracht. Aber das ist auch eines von den besseren Stücken, was ja auch schon einen Unterschied macht. Alles in allem war mein Lieblingssänger Jack Hues. Er hat die Sachen ein Stück weit so gesungen, wie ich sie gesungen hätte, wenn ich es denn könnte. Und auf Stücken wie An Island In The Darkness klingt sein Gesang wundervoll. Ihm gelang es auch, etwas freches in Stücke wie Charity Ballsoder Only Seventeeneinzubringen. Er ist ein sehr vielseitiger Sänger und ein sehr musikalischer Mensch dazu. Mit ihm zu arbeiten war großartig. Aber sie waren alle gute Sänger auf ihre Art und Weise.
it: Du hattest außerdem ungefähr acht Schlagzeuger im Einsatz. Abgesehen von Phil Collins, Nir Z und Nick d’Virgilio hast du mindestens mit diesen acht gearbeitet? Gab es Lieblingsmomente? Wie hast du sie ausgewählt??
Tony: Vinnie habe ich direkt angesprochen. Ich habe sehr viel Glück mit den Schlagzeugern gehabt, denn ich habe mit den besten Schlagzeugern der Welt gearbeitet, Phil und Chester nämlich, aber auch Steve Gadd, den viele als ihren Lieblingsdrummer nennen. Vinnie und Tony Beard und Geoff Dugmore sind auch hochgeschätzte Schlagzeuger. John Robinson ist ein großartiger Session-Schlagzeuger. Als es auf Strictly Inc zuging, habe ich versucht, Vinnie wieder zu bekommen, aber er war mit Sting auf Tour. Also konnte er nicht kommen. Jemand hat mir dann John vorgeschlagen, und er war auch ein toller Drummer. Es gibt schon eine Menge großartiger Schlagzeuger. Ich schätze mich glücklich, dass ich mit so vielen so guten Drummern arbeiten konnte. Sie alle haben ihre eigenen Stärken und bringen die Musik auf ihre Weise zum Laufen. Den Alben gibt es jeweils ihren eigenen Charakter. So ist das aber bei allen Musikern. Jemand, mit dem ich wahnsinnig gern arbeiten wollte, war Pino Palladino am Bass. Als wir mit Genesis 1987 auf Tour waren, hat er in unserer Vorgruppe – Paul Young – gespielt, und ich habe seinem Bass viel zugehört. Er wurde dann einer von denen, die ich auf meinen Alben hören wollte. Die Toningenieure haben auch manche Leute vorgeschlagen. Graham Broad war einer von ihnen. Nick hatte eine genaue Vorstellung, wie er auf einem bestimmten Track klingen würde. Und am Ende war es so, dass er vermutlich besser gespielt hat als Vinnie es hinbekommen würde.
it: Wie war es eigentlich bei den Aufnahmen? Du hattest ja auch Bandprojekte, Strictly Inc und Bankstatement. Habt ihr die Stücke als Band aufgenommen oder Schritte um Schritt?
Tony: An The Fugitive habe ich viel zuhause gearbeitet, die Ideen dann ins Studio mitgenommen und dies und das ergänzt. Etwa ab Bankstatement haben wir die Alben fast so wie die Genesis-Alben aufgenommen. Wir hatten also einen Aufhänger, einen Rhythmus aus dem Drumcomputer vielleicht, der die Basis für die meisten Stücke bildete, und damit hatten wir etwas, zu dem wir spielen konnten. Aber als ganze Band haben wir das eigentlich nicht gemacht. Oft haben wir nicht mal gewusst, wer das Stück singen würde, das wir gerade eingespielt haben. Das ist zwar nicht besonders gut, aber es passiert. Manchmal haben wir mit einem anderen Sänger angefangen, mit dem es dann nicht so klappte – dann haben wir einen anderen Sänger geholt. Ich schreibe tendenziell so, dass das Stück für viele Sänger geeignet ist. Mit der Ausnahme von Jim Diamond wahrscheinlich, der ja, wie Phil, sehr hoch singen kann. Aber nicht jeder hat so eine Stimme. Es ist ein dankbares Stück für einen Sänger. Und es macht Spaß mit verschiedenen Leuten zu arbeiten; sie haben alle verschiedene Talente..
it: In Interviews hast du manchmal gesagt, du seist nicht zufrieden damit, wie dieser oder jener Track aufgenommen wurde. Hast du mal in Erwägung gezogen, solche Stücke neu aufzunehmen, für einen Sampler vielleicht?
Tony: Bei den Rockalben möchte ich nicht zurückgehen und die Sachen nochmal machen. Was wir natürlich unbedingt wollten, war, diese Stücke neu abzumischen, vor allem die früheren Sachen. Deshalb gibt es in dem Boxset auch ein paar Remixe. Den Stücken fehlte was, fand ich. Dasselbe Problem hatten wir übrigens bei einigen Genesis-Alben – Duke zum Beispiel – die unserer Ansicht nach besser hätten klingen können. Aber was den Rest meines Solo-Materials angeht, bin ich sehr zufrieden mit dem Sound. Bei den späteren Orchesterstücken hatte ich den Eindruck, dass man zwei oder drei Stücke anders hätte spielen können. Aber das ist ein anderes Thema.
„Neue Musik? Rockmusik würde ich da nie ausschließen. Im Moment habe ich aber keine Ideen“
it: Was machst du eigentlich dieser Tage? Schreibst du neue Stücke?
Tony: Ich habe nichts Neues, und ich mache sehr wenig. In den letzten ein, zwei Jahren habe ich nichts wirklich Relevantes geschrieben, aber das kommt bestimmt wieder. Wahrscheinlich geht es in die Richtung von Orchestermusik, denn davon habe ich am meisten und bekomme am meisten Genugtuung. Rockmusik würde ich aber nie ausschließen, denn ich liebe den Klang von Rhythmen und Schlagzeug, Gitarren und allem. Geplant ist aber nichts. Momentan habe ich auch keine richtigen Ideen.
it: Wenn du dir aussuchen könntest, dass eines deiner Lieder von einem anderen Künstler gecovert wird, welches Stück wäre es und welcher Künstler?
Tony: Ich hätte gerne jemanden, der mit dem Stück einen Hit hat. Jemand bekanntes – es gibt da eine Menge toller Sänger. Adele wäre fantastisch, sie hat eine große Stimme, aber sie wird das nicht tun [lacht]. Die meisten Sänger haben etwas an sich, wegen dem sich ihre Musik lohnt. Aber wenn sie meine Lieder singen, fehlt da etwas, denn es sind meine Lieder und nicht ihre. Andererseits gibt es ein paar erstklassige Coverversionen – Disturbed hat zum Beispiel Land Of Confusion super gecovert [YouTube]. Und ihre Version von The Sound Of Silence finde ich ebenfalls fantastisch [YouTube]. Sowas funktioniert – man nimmt das Lied, verändert es ziemlich und bekommt etwas ganz anderes. Wenn jemand so etwas vorhat [mit einem meiner Lieder], würde mich das freuen. Aber darüber denke ich nicht groß nach. Das wird auch wohl nicht passieren, weil die Sachen von vornherein nicht so populär waren.
„Ich liebe Johnny Cashs Version von Hurt!“
it: Ein Stück weit wollten wir damit auch herausfinden, was du heute so für Musik hörst…
Tony: Ich habe gerade viel Freude an YouTube; damit kann man sich eine Menge von diesem und jenem anhören. Ich liebe Johnny Cashs Version von Hurt – das habe ich mir ein paarmal angehört, und dazu gibt es auch ein hervorragendes Video [YouTube]. Der Song an sich ist schon gut, aber seine Version ist außerordentlich gut. Er bringt dieses ganz besondere Etwas in das Stück. Ansonsten höre ich viel klassische Musik. Und ich höre mir auch alte Leute an. Manchmal auch Musik aus meiner Jugend. Kürzlich hat mir mein Bruder empfohlen, ein Stück anzuhören, also habe ich versucht, es zu finden; es heißt The Three Trees. Ich weiß nicht, von wem es war, und ist ohnehin nur als B-Seite erschienen. Also habe ich auf YouTube geschaut, und da war es. Sogar ein Video, wie der Interpret es singt. Wundervoll. Das hat mich in meine Kindheit zurückversetzt. So etwas mache ich oft: nach Liedern suchen, die ich früher gemocht habe. Yesterday Has Gone von Cupids Inspiration ist ein Stück, das ich geliebt habe – und auch wiedergefunden. Das macht mir Freude. Im Auto höre ich, was halt gerade im Radio läuft. Meistens höre ich eher die Sender, bei denen gesprochen wird, aber manchmal eben auch ein bisschen Rockmusik.
it: Hast du mal in Betracht gezogen, eine Auswahl von Liveshows zu spielen, um das Boxset zu feiern?
Tony: Naja, nein. Ich und Liveshows … das kam nicht in Frage. Also, vielleicht ist das auch nur eine Ausrede, aber für eine Liveshow, finde ich, muss man etwas haben, das einem auf die unterste Stufe der Leiter hinaufhilft, einen Hit etwa. Ein Stück, das bekannt ist und um das herum man das Set aufbauen kann. Ich glaube nicht, dass ich so einen Song jemals gehabt habe. Also habe ich das auch nie gemacht. Und live zu spielen ist nicht gerade mein größtes Vergnügen. Stücke zu schreiben, Stücke aufzunehmen – das mag ich lieber. Darum habe ich das nie gemacht. Wenn ich irgendwo mal backstage bin und andere sehe, dann bekomme ich manchmal Lust darauf, aber es ist unwahrscheinlich, dass ich das jemals machen werde.
„Ich bin fast 70. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man es langsamer angehen lässt.“
it: Hast du Pläne für dieses Jahr oder das nächste? Wir haben ja kürzlich erst erlebt, dass Mike Rutherford zu Phil Collins auf die Bühne gekommen ist und sie Follow You Follow Me gespielt haben. Hättest du Lust, da mitzumachen?
Tony [lacht]: Ich hätte nichts dagegen, aber es gibt keine Pläne für Genesis, falls du danach fragen wolltest. Ich habe sowohl Phil als auch Mike auf ihren nicht enden wollenden Tourneen gesehen, aber das war letztes Jahr oder vorletztes. Gelegentlich sprechen wir davon, wieder mal was gemeinsam zu machen, und wer weiß? Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir etwas tun könnten. Wir haben aber keine Pläne. Ich konzentriere mich momentan darauf, das Boxset unter die Leute zu bringen, und die klassischen Alben noch dazu. Und ich bin fast 70. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man es langsamer angehen lässt. Andererseits ist Charlie Watts fast 80 und spielt immer noch. Insofern ist alles drin, aber im Augenblick trete ich ein bisschen kürzer.
it: Sagtest du eben, dass du deine klassischen Alben auch noch einmal herausbringen möchtest, in einem Boxset oder so?
Tony: Naja, Naxos, bei denen ich die ersten beiden Alben veröffentlicht habe, möchten sehr gerne herausfinden, ob sie noch mehr aus FIVE herausholen können. Das ist momentan ihr Ziel. FIVE hat sich in der ersten Woche spektakulär gut verkauft und danach so gut wie gar nicht. Für mich ist es da beste von meinen klassischen Alben. Auf ein paar dieser Stücke bin ich sehr, sehr stolz. Am Ende muss man sich aber orientieren an dem, was möglich ist. Ich habe da sehr viel Glück gehabt – ich hatte unglaublichen Erfolg mit Genesis, und ich habe die Chance bekommen, diese klassischen Alben aufzunehmen und zu veröffentlichen. Und dafür bin ich sehr dankbar.
it: Ok, wir sind damit am Ende angekommen. Vielen Dank Tony, dass du dir Zeit für unsere Fragen genommen hast!
Tony: War wieder sehr schön mit dir zu sprechen, Christian – ich bin sicher das machen wir wieder. Danke schön.
Interview und Transkript: Christian Gerhardts
Übersetzung: Martin Klinkhardt
Foto von Tony Banks: Emily Banks 2018
Banks Vaults: The Albums 1979-1995 erscheint am 19. Juli bei Esoteric und kann bei Amazon, JPC und Cherry Red bestellt werden. Wetere Informationen zum Boxset entnehmt bitte unserer Infoseite.