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The Musical Box – London, Royal Albert Hall 2005 – Konzertbericht
2005 brachte The Musical Box die Show zu The Lamb Lies Down On Broadway nach Europa. Hier sind eure Fan-Berichte von den Konzerten.
Dreißig Jahre habe ich darauf gewartet, The Lamb Lies Down On Broadway wieder zu sehen. Beim ersten Mal war es im Empire Pool Wembley, und jetzt also endlich ein zweites Mal.
Noch aus einem weiteren Grund war dieses Konzert für mich etwas ganz Besonderes: Ich hatte The Musical Box noch nie zuvor gesehen. Nach all den begeisterten Aussagen über die Band waren meine Erwartungen hoch.
Der Spielort? Die Albert Hall ist ein großartiges altes Gebäude, und auch wenn dort in den letzten Jahren Rockkonzerte stattfanden, ist sie doch eigentlich für klassische Musik ausgelegt. Für eine gute klassische Prog-Band sollte das doch wohl eine passende Umgebung sein, nicht wahr?
Ein gutes Publikum hatte sich eingefunden. Die meisten waren etwa im selben Alter, aber es waren viele hier, um ein Stück ihrer Vergangenheit noch einmal zu erleben. Ich stieß zu einer kleinen Gruppe von Leuten, mit denen ich E-Mails gewechselt hatte, und nahm bald nach sieben Uhr meinen Platz ein.
Jebo, die Vorgruppe, waren gar nicht schlecht, und auf einer kleineren Bühne hätte ich sie wohl noch mehr genossen, aber wie die meisten wollte ich die Show sehen!
Pünktlich um halb neun gingen die Lichter aus, The Lamb fing an – und ich sank erschreckt in mir zusammen. Die visuelle Seite war absolut perfekt, aber der Sound war ein einziger Klangbrei, in dem der entsetzlich schlecht abgemischte Gesang unterging. Aber der geneigte Leser möge nicht verzweifeln – meine Stimmung besserte sich, als die Band richtig Tritt gefaßt hatte, und wenn auch der Gesang nur in ständig wechselnder Qualität aus den Lautsprechern strömte, so wurde der Sound im Ganzen doch besser.
Eine Kritik? Wo anfangen! Ich gehe davon aus, daß jeder, der das hier liest, das Album kennt. Deshalb schenke ich mir langatmige Details zu den einzelnen Songs. Was ich aber wirklich betonen möchte, ist, daß ich vollkommen verblüfft war, mit welcher Detailversessenheit TMB diese Show wieder auf die Bühne gebracht haben.
Das Aussehen, die Spielweise, die Beleuchtung, Effekte, Kostüme, Ausrüstung und sogar die Körperhaltung – das war Genesis!!! ‚Phil Collins’ war superb, ‚Tony’ und ‚Mike’ nur ein weniges dahinter, und tatsächlich waren es diese drei, die so manches Instrumental zusammenhielten – und der gesamte Sound erhob sich zu der vollen Größe und Kraft des Originals.
Von ‚Steve’ war ich nicht hunderprozentig überzeugt. Außerdem gab es wieder einmal Probleme mit seinem Gitarrensound. Und dann wäre da noch ‚Peter’. The Lamb war Peters Meisterstück vor seinem Abschied von Genesis. 1975 schrieben die Kritiker, dieses Album sei der erste Beweis, daß Genesis rocken könnten; für mich aber waren Gabriels Geschichte und die meisterlichen Lyrics in Verbindung mit der Musik die Gründe, aus denen mir The Lamb so lieb geworden ist. Wie also hat sich der TMB-‚Peter’ angestellt?
Stellenweise fantastisch – bis hin zum Tamburinschwingen war es, als sähe man Peter vor all den Jahren :o) Und der Klang? Da war ich nicht so überzeugt. Zeitweise konnte ich ihn überhaupt nicht hören und dann gab es Momente, wo seine Stimme einfach nicht ausreichte. Den Geschichten konnte ich auch nicht viel abgewinnen, der französische Akzent war einfach irritierend :o)
Aber man täte TMB unrecht, wenn man glaubte, daß ich die Show nicht genossen hätte. Das waren alles Kleinigkeiten in einer hervorragenden Show. Meine Gratulation gilt allen, die dieses Ereignis auf die Beine gestellt haben. Es war besonders spannend, die Dias endlich einmal scharf und klar zu sehen. Manche waren ja ganz schön frivol :o)
Alles in allem bin ich erfolgreich dreißig Jahre in die Vergangenheit gereist. Damit das Erlebnis zu 100 Prozent authentisch ist, müßte TMB allerdings für die nächste Show noch mein Haar wieder herbeischaffen… TMB sollten ein bisschen lockerer werden. Eine authentische Show abzuliefern ist das eine – aber etwas mehr Kommunikation mit dem Publikum würde sehr dazu beitragen, auch die Atmosphäre von damals wiederherzustellen. Peter war immer ziemlich schüchtern, aber er hat auch trotzdem gerne mal ein Stichwort aus dem Publikum aufgegriffen :o) Manchmal hatte ich den Eindruck, dass ich eine Aufzeichnung und nicht das Livekonzert sehe.
Letztes Jahr habe TMB verpasst, als sie mit der Selling England-Show unterwegs waren. Aber ich hoffe inständig, dass sie damit noch einmal hier touren (oder mit einer Variante der Show). Vielleicht ein paar Oldies mehr – und THE KNIFE!! (Das mußte jetzt sein! :o)) Wenn du Genesis damals oder TMB heute noch nicht gesehen hast, dann gönn dir das Vergnügen! Geh hin, Mann, schau’s dir an!
Autor – Peter Wood, deutsch von Martin Klinkhardt