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The Musical Box – Live in Bremen 2007 (Selling England) – Fanberichte
Ihr habt das Wort: Zum letzten Mal touren The Musical Box mit den Shows zu Selling England / Foxtrot in Europa. Wir veröffentlichen Eure Berichte – hier einer aus Bremen!
Selling England by The Poundlive in Bremen (26.01.2007)
Seit einiger Zeit nun bin ich schon großer Genesis-Fan und Verehrer der Peter-Gabriel-Phase. Nichts Ungewöhnliches eigentlich, allerdings schon, wenn man mein zartes Alter von 21 Jahren bedenkt. Es liegt also auf der Hand, dass es mir nie vergönnt war, meine großen Idole in ihrer Glanzzeit live zu erleben. Dieses könne man aber nachholen habe ich hier im Forum des Deutschen Genesisfanclubs it erfahren. Es gäbe eine Cover-Band namens The Musical Box, welche die alten Konzerte mit großer Authentizität nachspielt. Anfangs stand ich diesem Unterfangen etwas skeptisch gegenüber. Eine Cover-Band? Doch nach den vielen euphorischen Berichten über die Konzerte wurde ich neugierig und wollte auch unbedingt einmal dabei sein. So liebäugelte ich mit der The Lamb Lies Down On Broadway-Tour 2006. Doch aus verschiedenen organisatorischen Gründen klappte das leider nicht. Aber zum Glück sollte dies nicht die letzte Tour von TMB sein. 2007 wurde nochmals die Selling England By The Pound-Tour aus dem Jahr 1973 aufgeführt. Und diese machte Ende Januar auch Halt in der Glocke in Bremen, also umweit meiner norddeutschen Heimat…
So stand ich also am 26.01. zusammen mit einem Freund gegen 19.30 Uhr vor dem altehrwürdigen Konzertsaal „Die Glocke“ in der Bremer Altstadt um mein erstes „richtiges“ Konzert überhaupt zu erleben. Im Foyer fiel uns direkt auf, dass wir am besagten Abend wohl zu den jüngsten im Publikum gehören sollten. Dieses bestand vor allem aus Herren mittleren Alters und älteren Ehepaaren. Zwischendurch blitzte aber immer mal wieder ein Mitglied der U30-Generation auf. Wir fackelten nicht lang und gingen gleich in den Konzertsaal zu unseren Plätzen. Diese befanden sich in der 21. Reihe auf der rechten Seite. Obwohl sie sich recht weit hinten befanden waren Sound und Sicht sehr gut, wie sich später herausstellen sollte. Zunächst einmal muss etwas zum Saal gesagt werden: Dieser ist wirklich sehr hübsch gestaltet und verfügt neben einer guten Akustik auch über bequeme Sitze. Es sollten dort viel häufiger derartige Konzerte aufgeführt werden!
Gegen Viertel vor Acht tönten dann bekannte Klänge aus der PA-Anlage: Tubular Bells von Mike Oldfield! Dies traf unseren Geschmack voll und hätte gerne lauter sein können. Doch dann um Punkt 20.00 Uhr war es plötzlich so weit: Musik und Licht gingen aus, Applaus und Jubel brandete auf. Die Band schlich auf die Bühne und ja, da waren sie, die bekannten Mellotron-Akkorde von Watcher Of The Skies! Die Lautstärke war perfekt, der Sound rein und klar. So ist also ein Rockkonzert dachte ich mir, sehr angenehm. Die Band bot Watcher perfekt dar und ich war begeistert von den einfachen aber sehr wirkungsvollen optischen Effekten mit Schwarzlicht und den herrlichen Kostümen von „Gabriel“. Nach dem gelungenen Opener folgte eine kurze Begrüßung und die Geschichte zu Dancing With The Moonlit Knight, welche für allgemeinte Heiterkeit im Saal sorgte.
Dancing rockte anschließend sehr gut und ich war fasziniert von der Gesangsleistung „Gabriels“. Es folgte mit Cinema Show einer meiner absoluten Genesis-Favoriten. Nach dem lyrischen Beginn und kurz vor dem berühmten Instrumentalteil kam dann die große Überrraschung: „Gabriel“ und „Hackett“ verließen die Bühne und mit „Collins“, „Rutherford“ und „Banks“ blieb nur noch das von Spöttern als „Genesis-Light“ bezeichnete Trio übrig.
Und dieses Trio zeigte was es draufhat(te): „Banks“ spielte wohl sein größtes Solo perfekt, „Rutherford“ bescherte tolle Bassläufe und „Collins“ trommelte was das Zeug hält. Allerdings muss ich bemängeln, dass der Basssound bei Cinema Show fetter hätte sein können. Aber hier ist man durch die Seconds-Out-Version natürlich sehr verwöhnt.
Spätestens jetzt waren die Band und ich im Konzert „drin“ und ich konnte es nach der anfänglichen emotionalen Überforderung richtig genießen. Denn mit Firth Of Fifthfolgte der erste Höhepunkt des Abends. Dieses Stück wurde – vor allem im Instumentalteil – derart perfekt und mitreißend dargeboten, dass es eine helle Freude war. Und erstmals stimmte auch der Basssound, welcher den Saal stellenweise zum vibrieren brachte. Das während der Songs eher andächtige Publikum brach nach Firth Of Fifth erstmals in großen Jubelstürmen aus. Doch das nächste Highlight folgte direkt im Anschluss: The Musical Box. Dieser Song wurde hart, rau und aggressiv gespielt und machte einfach Spaß. Mit Horizons und Battle Of Epping Forest folgten zwei Stücke, die eine Art Verschnaufpause darstellten.
Trotzdem war es sehr interessant, das eher textlastige Battle einmal live auf der Bühne zu erleben. Dass statt des sonst üblichen More Fool Me „nur“ Horizons gespielt wurde war etwas schade, da ich die perfekte Collins-Kopie Martin Levac gerne am Lead-Gesang gehört hätte.
Doch nun kam nächste große Moment auf den alle gewartet haben. Die Geschichte von Old Henry verkündete: The supper is ready! Was folgte lässt sich nur durch ein Wort beschreiben: PERFEKT! Eine derart druckvolle und mitreißende Version von Supper’s Ready hat man selten gehört. Vor allem der von Pyro-Effekten eingeleitete hymnische Schlußteil jagte mir mehrere Schauer über den Rücken und war einfach ergreifend schön. Anschließend verabschiedete sich die Band mit einem kurzen „Good night“. Doch das begeisterte Publikum forderte mehr und so kamen sie nochmal heraus um die obligatorische Zugabe The Knife zu spielen. Und das in einer Art, bei der einem schlicht die Spucke wegbleibt.
„Collins“ ging bei diesem Stück dermaßen ab und lieferte so eine Power an den Drums ab, dass die Zuhörer nach exakt zwei Stunden glücklich und staunend den Saal verließen.
Was bleibt als Fazit? Ich sah ein geniales Konzert mit großartigen Musikern. Ich war so schwer beeindruckt, dass ich es unbedingt nochmal erleben musste und mir spontan eine Karte für das Konzert in Hannover eine Woche später besorgte. Besonders hervorheben möchte ich hier Martin Levac, der Collins nicht nur in seinem genialen Spiel, sondern auch in Gestik und Mimik perfekt imitiert! Durch das optische und akustische Erlebnis dieses Konzerts wurden mir viele Zusammenhänge in Bezug auf die Musik von Genesis klar, die mir sonst für immer verborgen geblieben wären. Daher kann ich allen Genesis-Freunden, die TMB noch nicht gesehen haben nur ans Herz legen die geplanten „Black-Shows“ im Herbst zu besuchen!
Autor: Sebastian Wilken