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The Musical Box – Interview in Nottingham 2002
Während der ersten Konzertreise in Europa, der UK Tour 2002 (Selling England By The Pound), hatten wir Gelegenheit, die kanadische Band The Musical Box zu interviewen.
it: War es von vorne herein klar, dass ihr für diese England-Tournee die Selling England By The Pound-Show präsentieren würdet, oder gab es Überlegungen, The Lamb Lies Down On Broadway aufzuführen?
Denis G.: Nun, wir hatten keine Erlaubnis, The Lamb zu spielen.
it: Es war also eine Frage der Erlaubnis?
Sébastien: Nein, wir spielten auch in den U.S.A. zunächst die Selling-Konzerte. Wir wollten die gleiche Reihenfolge auch hier in England einhalten. Diese Show ist ein wenig einfacher zu realisieren. The Lamb ist sehr groß und recht kompliziert in der Ausführung.
it: Wann habt ihr angefangen, für diese Tour zu proben, und wie viel Zeit habt ihr dafür aufgewendet?
Guillaume: Die Proben fanden im Grunde während der letzten Tournee in Kanada statt …
Sébastien: Das ist richtig. Wir tourten vor einigen Wochen in Amerika. Konzerte zu spielen ist die beste Möglichkeit überhaupt, für eine solche Geschichte zu proben. Wir kamen erst ein paar Tage vor den ersten Gigs hier in England an, und wir nahmen uns für die Rehearsals zwei Tage Zeit. In eineinhalb Tagen war aber alles okay. Wir waren absolut fit und gut vorbereitet.
it: Wir haben gehört, dass ihr während der Proben Besuch von Mike Rutherford und Steve Hackett bekommen habt.
Guillaume: Ja, wir hatten tatsächlich Besuch von Mike Rutherford. Das war eine große Überraschung für uns. Am selben Tag kam auch Steve Hackett zu uns, und das war natürlich auch emotional eine tolle Sache für uns.
it: Hattet ihr die beiden eingeladen?
Denis G.: Dale Newman war zuvor bei unseren Rehearsals anwesend und hatte Mike über unsere Anwesenheit informiert.
Sébastien: Steve Hacketts Besuch war nicht geplant gewesen.
it: Das hat doch bestimmt mit dem Konzert morgen in London zu tun, oder?
Sébastien: Das werdet ihr dann morgen sehen (lacht).
it: Diese Tournee ist nun fast vorbei. Wie liefen aus eurer Sicht die Konzerte? Wie beurteilt ihr die Reaktionen des Publikums hier, wenn man sie mal mit den Resonanzen der Fans in Kanada und Amerika vergleicht?
Sébastien: Die Konzerte liefen sehr gut ab. Wir hatten viele Bedenken, dass es eventuell Probleme mit der Technik oder der anderen Stromspannung geben könnte. Es lief aber alles sehr rund, und das ist für uns sehr wichtig gewesen. Wir wollten einen guten Eindruck bei unserem ersten Auftritt hier hinterlassen, und das ist uns auch gelungen.
Guillaume: Die Reaktionen der Leute waren recht gut. Obwohl nicht so viele Besucher zu den Konzerten kamen, war die Stimmung gut.
Denis G.: Ich bin persönlich ziemlich überrascht. Man hört immer diese Geschichten über das coole Verhalten der Briten. Es war aber gar nicht so. Wir wurden warmherzig aufgenommen. In Wolverhampton aber auch in anderen Städten haben wir unglaublich tolle Reaktionen erlebt. Die Besucher schienen die Show zu genießen, und wir können ihnen natürlich auch eine Menge von dieser Begeisterung wiedergeben.
Sébastien: Die Leute erwarteten wohl nicht ein Konzert mit all diesen Details. Man ist hier mehr an andere Coverbands gewöhnt, die zum Beispiel in Bars spielen und Interpretationen der Songs präsentieren. Von daher war es bestimmt ein neues „Produkt“ für die Menschen, was sie offensichtlich sehr beeindruckte.
it: Wie sieht es Plänen aus, auch in anderen Ländern in Europa zu touren oder The Lamb aufzuführen?
Sébastien: Wir wollen zunächst alle unsere Energie in dieses Projekt legen. Wir werden ja sehen, wie es letztendlich gelaufen ist, und ob wir wiederkommen werden. Wir bewerten nach der Tour die ganze Situation.
it: Ihr habt aber den Willen, erneut hier zu spielen, oder war es klar, dass es nur diese eine Tournee geben würde?
Denis G.: Nun, ganz offensichtlich würden wir es gerne tun (er schaut dabei fragend seine Bandkollegen an und erhält ein zustimmendes Nicken). The Lamb zu spielen wäre sicher auch eine gute Idee, obwohl ich es sehr genossen habe, Supper’s Ready während dieser Tour zu singen. Aber wenn wir The Lamb aufführen würden, könnten wir diesen Song sicherlich nicht auch noch mit ins Programm nehmen.
it: Hängen die weiteren Pläne davon ab, ob diese Tournee zu einem finanziellen Disaster wird?
Denis G.: Das ist definitiv davon abhängig. Wir haben nicht die Absicht, mehr und mehr Geld zu verlieren.
it: Könnt ihr etwas zur derzeitigen finanziellen Lage sagen?
Sébastien: Wir haben keine Lust, über solche Dinge zu sprechen. Wir haben sicherlich mehr erwartet, was den Kartenverkauf betrifft. Bei einigen Shows, wie der heute Abend, war der Ticketabsatz nicht schlecht und auch für morgen sieht es auch recht gut aus. Die Idee war ganz einfach, hier nach Europa zu kommen, um herauszufinden wie es laufen würde. Alles andere wird man sehen …
it: Zum Absschluss haben wir fünf Fragen, die nicht allzu ernst gemeint sind. Wir wollen mit Guillaume anfangen. Warum singst du nicht More Fool Me?
Guillaume: Nun, weil – Tja, warum eigentlich? (Er stellt diese Frage seinen Bandkollegen. Alle lachen.)
Sébastien: Gibt mir eine Gitarre, und wir spielen es hier, sofort!
Guillaume: Es wäre möglich. Allerdings wäre es von Vorteil, wenn ich ähnlich wie Collins singen würde und auch mehr nach ihm aussehen würde.
Denis G.: Tja, dieser Typ hier ist 1,80 Meter lang und Phil ist doch höchstens 1,60 Meter, oder? (Alle lachen.)
Sébastien: Wenn ich an eure nächste Frage denke, möchte ich einfach betonen, dass wir aus dieser ganzen Geschichte keinen Spaß machen wollen. Wir wollen eine Illusion erschaffen, so dass die Leute denken, es würde tatsächlich Genesis spielen. Deshalb müssen solche Dinge gut überlegt sein.
it: Die nächste Frage ist für dich, Francois. Tony Banks lächelte während der Konzerte nur sehr selten. Denkst du, dass die Fans sich darüber beklagen könnten, da du ja lange nicht so ernst bist?
Francois:Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Es gibt da diesen verrückten Sänger in unserer Band, der alle möglichen verrückten Dinge hinter der Bühne treibt. Er schafft es, mich regelmäßig zum Lachen zu bringen.
Denis G.: Sorry Mann, dass tut mir echt leid …
it: Denis, hast du die Befürchtung, dass du eines Tages von Guillaume ersetzt werden könntest?
Denis G.: Nun, ich könnte dann meine eigene Band haben und eventuell einen Peter Gabriel-Tribute oder eine zweite Secret World-Tour veranstalten. In jeden Fall werde ich Schlagzeug spielen.
it: Hast du jemals in Erwägung gezogen, Sébastien, den Bass rechthändig zu spielen, um die Illusion noch zu perfektionieren?
Sébastien: Na klar, ich habe das schon sehr oft ausprobiert. Es funktioniert aber nicht. Ich habe die doppelhalsige Gitarre einfach umgedreht und es, nachdem ich die Saiten neu aufgezogen hatte, rechtshändig versucht. Es hörte sich aber einfach nicht gut an. Es gab auch weitere Probleme, denn die Tonabnehmer befanden sich bei diesem Versuch ja auf der anderen Seite des Gitarrenkörpers … (lächelt).
it: Denis, wie fühlst du dich, wenn du diese wundervolle Jacke mit den Erdbeer-Motiven darauf trägst?
Denis C.: Ich fühle mich sehr gut. Es ist Bestandteil der Show. Es ist wie ein Schutzschild für mich, und ich fühle mich sicherer, seitdem ich die Jacke bei den Konzerten trage.
Interview: Helmut Janisch und Bernd Zindler
Fotos: Peter Schütz, Karin Woywod
Transkription und Übersetzung: Bernd Zindler