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The Musical Box – Genf 2005 – Konzertbericht
2005 brachte The Musical Box die Show zu The Lamb Lies Down On Broadway nach Europa. Hier sind eure Fan-Berichte von den Konzerten.
I: They say there’s always magic in the air
Die Anreise von Frankfurt über Gau-Odernheim, wo wir 2 alte Freunde abholten, nach Genf klappt ohne befürchtetes Winterchaos und wir checken um 15.30 Uhr im Hotel ein. Gegen 16 Uhr erhalte ich erste Infos, dass Phil in der Halle ist und gerade den Soundcheck macht. Wir packen aus, duschen und machen uns bereit für das Event; checken die Location und das Umfeld und finden einen netten Pub (welcher unmittelbar um die Ecke von der Halle liegt). Vor der Halle treffen wir banjogirl und wir erfahren, dass wir vorab nicht reinkönnen, aber sicher nach der Show einige Minuten mit dem Meister verbringen werden. Kurzer Plausch, danach ab ins Pub, wo wir uns bei Burgern und irischem Bier einstimmen. Die körperliche Reaktion setzt bei mir um 18.30 Uhr ein. Ich kaue meine Fingernägel ab und bin sehr zum Leidwesen meiner Freundin am Zappeln und nicht mehr zu beruhigen.
Also machen wir uns zur Halle, um dort nach 30 Minuten Einlass gewährt zu bekommen. In der Halle kurzer Plausch mit allen möglichen Beteiligten, um dann in die Halle zu gelangen. Sehr schönes Ambiente, welches auf einen tollen Abend hoffen lässt. Onkel Winfried ist auch da und dann die Nachricht: Phil sitzt 2 Reihen vor uns. Nun ist mein Puls auf 234 und ich bin nicht mehr zu beruhigen. Ich warte und kucke, kucke und warte und frage mich, wann und wie Phil auftritt.
II: it is here. it is now. it is Phil
Kurz vor Konzertbeginn, kommt Phil mit Schildmütze und in ganz unspektakulärer, lockere Kleidung u.a. in Begleitung von seiner hübschen Frau Orianne den rechten Gang heruntergelaufen, um genau 2 Reihen vor uns Platz zu nehmen. Das Interessante an der Sache: Seine Ankunft bemerkt innerhalb der Halle kaum jemand, selbst als ca. 5-6 Fans zu ihm kommen und um Autogramme bitten. Auch ich trete nach vorne und dann ist es soweit…ich stehe vor Phil Collins. Ich gehe nicht nur in die Knie, um so auf Augenhöhe zu sein und ihn um ein Autogramm zu bitten, sondern auch weil ich sonst vor Aufregung wahrscheinlich umgefallen wäre.
Obwohl er eigentlich nur als Zuschauer vor Ort ist und eigentlich gar keine Autogramme geben will, tut er dies mehr oder weniger gerne. Es ist auf der einen Seite verständlich, dass er seine Ruhe haben will, auf der anderen Seite muss er als Weltstar unter so vielen „Bekloppten“ damit rechnen.
Nun wird es auch den Ordnern zu „heikel“ und sie beenden das Spiel, da sich auch 5 Minuten später der Saal verdunkelt und das Spektakel beginnen kann. Ich ertappe mich, wie ich hin- und wieder das Geschehen auf der Bühne aus den Augen verliere (welch Frevel, ich weiß!) und beobachte, wie Phil die Show wahrnimmt. Zum einen drehte er hin- und wieder seinen Kopf nach links um seinem männlichen Begleiter (wer auch immer das war) Fragen zu beantworten bzw. von sich aus Statements zu geben. Das gleiche Spiel wiederholte er auf der rechten Seite mit seiner Frau Orianne. Phil genoss die Show.
Er nickte bei Carpet Crawlers mit dem Kopf, schlug hin- und wieder im Rhythmus mit seiner Hand auf die Schenkel und amüsierte sich tierisch bei der Ansage von Denis, der seinen Drummer als Slipperman bezeichnete. Auch dem Slipperman Auftritt begegnete Phil mit großem Grinsen. Er applaudierte bei fast jedem Stück. Während The Waiting Room schaute ihn Orianne mit einem Gesichtsausdruck an, der unter die Kategorie „Was-zum-Teufel-habt-ihr-damals-geraucht?“ fällt, aber definitiv das Eintrittsgeld wert war. Bei The Light Dies Down On Broadway zieht Phil seine Schildmütze auf und es wird spannend.
III: We’re waiting for you. Come and join us now
Phil nutzt die Eröffnungssequenz des letzten Songs It (der Saal ist hier sehr dunkel und als einzige Lichtquelle werden nur Stroboskopeffekte verwendet) um seinen Platz relativ unbemerkt zu verlassen und über den rechten Gang hinter der Bühne zu verschwinden. Die letzten Töne von It vermischen sich mit dem Applaus des Genfer Publikums und das Bühnenlicht bleibt an.
Alle TMB-Mitglieder sind damit beschäftigt sich für die Zugabe vorzubereiten, auch der Schlagzeuger. Allerdings verlässt dieser auf einmal seinen Platz und geht von der Bühne, wo er auf der rechten Seite auf den großen Meister trifft. Phil und Martin umarmen sich, wobei man die Intention der Umarmung ganz klar Phil zuschreiben muss, der sich sein Ebenbild „an die Brust heranzieht“. Ein magischer und ehrwürdiger Moment für Martin.
Der Jubel des Publikums ist zu Beginn relativ normal, da nur Insider bzw. die ersten Reihen erkennen, was sich gerade auf der Bühne abspielt. Das liegt neben der nicht mehr ganz so hellen Beleuchtung auch an der Planung von Phils Auftritt. Er wollte zum einen nicht wie Steve seinerzeit in London von der Band als Ehrengast angekündigt werden, sondern eher still und heimlich auf die Bühne kommen und den geplanten Song spielen. Das war seine Bedingung, die auch von TMB an dieser Stelle eingehalten wurde. Ein weiterer Aspekt war, dass Phil farblich das gleiche T-Shirt wie Martin trug und man so nicht sofort merkte, dass dort jemand anderes an den Drums saß. Der einzige Unterschied war übrigens der Schriftzug der T-Shirts. Während GENESIS Martins Brust schmückte, war auf Phils Brust THE MUSICAL BOX zu lesen.
Man erkannte ihn nun nach und nach, wobei es meiner Meinung nach immer noch nicht alle im Saal wirklich 100%ig realisiert hatten. Die Zugabe konnte also gestartet werden.
IV: Play me my song. Here it comes again
Denis beginnt mit der bekannten Geschichte zu The Musical Box, während Phil (bis zum Songbeginn mit Brille bewaffnet) beschäftigt ist an „seinem“ Drumkit noch das eine oder andere Schräubchen zu drehen und sich hier und da noch mal einen Beckenständer für sich zurechtzurücken.
Die ersten Töne von The Musical Box erklingen und ich ertappe mich, wie ich mir bei den ersten Beckenschlägen von Phil denke: „Na ja…schon doll, aber irgendwie hört sich das bei Martin spannender an.“ Welch teuflischer Irrtum!!! Klar, spielt Martin das Stück anders als der Meister selbst, aber meine Gedanken werden kurze Zeit später Lügen gestraft. Phil zeigt sein absolutes Können und es scheint, als ob er es niemals aufgegeben hätte, das Stück zu spielen. Doch nicht nur das perfekte Schlagzeugspiel haut mich um, sondern auch die Backing Vocals, die Phil darbietet. Jedes „Here it comes again“ wird von der Menge mit kurzem Szenenapplaus quittiert. Spätestens beim harten und lauten instrumentalen Mittelteil ist Phil und der Saal auf einem Höhepunkt angekommen, wie man ihn hier nur schwer in Worte fassen kann. So wie das Stück an Dramatik und Tempo zunimmt und sich immer weiter hochschaukelt, umso mehr sieht man Phil wie einen kleinen Berserker auf sein Instrument einschlagen, was bei jedem Schlag ein absoluter Genuss für Augen und Ohren ist. Allerdings ist er entweder auch sehr aufgeregt, oder doch zu übermütig, denn beim Finale passiert ihm ein Missgeschick. Bei Tempo 210 verliert er einen Drumstick und spielt einhändig weiter um sich dabei auch noch zu bücken und ihn wieder aufzuheben. Meisterleistung! Als das Stück zu Ende ist, hält es keinen mehr auf den Sitzen. Tosender Jubel und ein absolutes Gegröle brechen aus und man hat das Gefühl, dass es den Herren auf der Bühne sichtlich Spaß macht. Denis begeht „Vertragsbruch“ und bedankt sich über Mikro beim Ehrengast „Phil Collins on the drums“ und ganz untypisch für die Originalshow von damals bilden alle Akteure eine Reihe und fassen sich an den Schultern um sich vor dem Publikum zu verbeugen.
V: We’ve got to get in to get out
Jetzt geht alles ganz schnell. Alle gehen von der Bühne und auch wir begeben uns Richtung Bühneneingang, um dort von der Security angehalten zu werden, Ohne speziellen Backstageausweis, der extra 2 Tage vorher angefertigt wurde, geht hier nix. Was bleibt ist ein kurzer Plausch über dies und das mit den Jungs von der Crew und einer SMS von banjogirl, dass nichts zu machen ist. Eine Aussage eines Roadies macht nach 15 Minuten alle Erwartungen zunichte und scheint finale Klarheit zu bringen: Phil hat gerade per PKW das Gelände verlassen!
VI: I need someone to believe in, someone to trust.
Auf der einen Seite enttäuscht, aber sehr begeistert von dem gerade Erlebten, machen wir uns zusammen mit Meister Winfried in das um die Ecke gelegene Pub, um dort auf das Erlebte und Gelungen anzustoßen. Versammelt sind dort einige von der großen Familie der Genesis-TMB-WIV Anhänger. Während man sich also gerade das eine oder andere am erzählen, berichten und austauschen ist, meldet sich banjogirl per SMS erneut und teilt mir das Unerwartete mit: „Phil verlässt gleich das Gebäude!“ Da mir mehrere Leute 20 Minuten zuvor mitteilten, dass er bereits auf dem Heimweg war, wusste ich zunächst nicht, ob ich diese Meldung glauben sollte, oder ob die SMS nur zeitversetzt kam. Also banjogirl angerufen und den Worten glauben geschenkt und mich darauf verlassen. Ich schnappe mir Mario aus Zürich und wir spurten vom Pub in Richtung Bühnenausgang, der sich gleich neben dem Hoteleingang befindet, um dort auf Phil zu treffen……
VII: I’ve been waiting here for so long
Der Moment auf den ich so lange gewartet habe, ist zum Greifen nahe. Nachdem ich die Ehre und das Glück hatte, Steve in London zu treffen und mit Ray auf dem Clubtag etwas zu plaudern, und bei beiden Tourauftritten von Phil in Frankfurt keine Chance hatte, war nun alles Glück auf meiner Seite. Ich sprach Phil an und musste feststellen, dass er sehr müde und auch angespannt war und eigentlich nach Hause wollte. Höflich bat ich ihn dennoch mir meinen großen Traum zu erfüllen und ein Foto mit ihm machen zu dürfen. Und hier zeigte sich dann wieder wahre Größe des Menschen Phil Collins. Er war zwar total abgeschafft und wollte nur seine Ruhe haben, erfüllte mir und Mario aber den Wunsch und ließ sich mit uns fotografieren. Kurzer Atemstillstand, weil es so aussah, als ob meine Digicam den Geist aufgegeben hat, aber das Bild ist im Kasten. Ich kann immer noch nicht erklären, wie aufgeregt ich war und werde diesen Abend niemals vergessen. London wir kommen……
Autor: Alexander Pfaff