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The Music Of Genesis – live in Hengelo 2024
The Music Of Genesis – The Best of 1976-1980. Wir berichten vom Konzert in Hengelo, Niederlande.
Der Name ist Programm …
Hengelo, Middenzaal Schouwburg, 21. November 2024
The Music Of Genesis bzw. The Farm, wie sie sich anfangs nannten, waren mir schon vor vielen Jahren wärmstens empfohlen worden. Demzufolge hatte ich mich seinerzeit im Rahmen der Möglichkeiten über YouTube-Videos mit der Band beschäftigt. Schade nur, dass sie nicht mehr aktiv waren – bis kurz vor der Corona-Pandemie. Dann machte eben jene allen Plänen für eine Comeback-Tour einen Strich durch die Rechnung. Umso größer war (sicherlich nicht nur) meine Freude, als dann endlich eine Tour bekanntgegeben wurde. Wobei die Spielorte doch sehr willkürlich versprengt wirkten. Glücklicherweise entdeckte ich auf dem Tourkalender ein Konzert in Hengelo bei Enschede, nur eine knappe Autostunde von meinem Wohnort entfernt.
So kam es dann, dass ich mich tatsächlich nach Jahren des Wartens voller Vorfreude auf den nicht allzu weiten Weg in die niederländische Provinz Overijssel machen durfte. Der Ticketpreis von 24,50 EUR ist verglichen mit vielen anderen Coverbands und Tributes mindestens als fair, wenn nicht sogar günstig zu bezeichnen. Tickets für The Musical Box kosten in der Top-Kategorie durchaus das dreifache. Und dank des eher schleppenden Vorverkaufs ergatterte ich im Vorfeld sogar ein Ticket mittig in Reihe 1. Dennoch war die Show am Ende komplett ausverkauft.
Bei meiner Ankunft in der Schouwburg stellte ich zunächst einmal fest, dass es sich um ein Veranstaltungshaus mit zwei unterschiedlich großen Sälen handelt. Der Middenzaal, in dem The Music Of Genesis (TMOG) auftreten sollten, hat ca. 300 Plätze und ähnelt einem Hörsaal mit Kinogestühl (rote Plüschsessel). Im Foyer mischten sich die TMOG-Besucher mit Besuchern einer Veranstaltung im anderen Saal. Da die dortige Vorführung etwas eher als das Konzert begann, dünnte sich das Publikum aber bis zum Einlass merklich aus. Mein Eindruck war, dass viele Besucher des Konzerts eher durchschnittliche Genesis-Hörer sind. Offensichtliche Genesis-Fans mit entsprechenden T-Shirts oder ähnlichem konnte man an einer Hand abzählen.
Der Einlass erfolgte nur 15 Minute vor Konzertbeginn und war sehr effizient. Bei Showbeginn um 20.30 Uhr hatten alle Besucher ihren Platz eingenommen.
Ungewöhnlich ist im Middenzaal, dass es kein Bühnenpodium gibt. So saß ich in Reihe 1 auf dem gleichen Niveau wie die Band nur ca. 5 Meter vom Sänger entfernt. Das fühlte sich angenehm intim an, ein bisschen wie ein Wohnzimmerkonzert. Auf der Bühne standen lediglich die Instrumente der Band (Gitarren, Bässe, Keyboards, Schlagzeug). Im Hintergrund hing eine Leinwand, auf der während der Show Live-Videos von Genesis passend zu den jeweils gespielten Songs, Musikvideos (z. B. Misunderstanding oder Robbery, Assault & Battery) oder falls beides nicht verfügbar ist einfach Animationen des jeweiligen Albumcovers gezeigt wurden.
Etwa in der Mitte der Show gab es eine ca. 20-minütige Pause, in der auf der Leinwand die Video-Doku zum Genesis-Auftritt in Knebworth 1978 gezeigt wurde (mit Ton!). Kurz vor dem eigentlichen Beginn des Konzerts läuft auf besagter Leinwand eine kurze selbstgemachte Video-Animation, die sich an das Video-Intro der 2007er Tour mit den kleinen Fernsehern anlehnt. Allein diese Ideen zeigen, mit wieviel Ideenreichtum und Liebe zu Genesis diese Band ans Werk geht.
Aber nun soll es endlich um die „Musik von Genesis“ gehen. Der Auftakt ist mit Deep In The Motherlode sehr stark. Dass genau dieser Song als Opener gewählt wurde, erscheint vielleicht nur beim ersten Hinsehen überraschend. Tatsächlich haben sich TMOG hier den Opener der Duke Tour von 1980 ausgewählt. Und der Song hat noch eine Besonderheit direkt zu Beginn: der Song wird nicht ausgespielt, sondern geht in das folgende Turn It On Again über. So richtig zündet selbst dieser Song beim Publikum noch nicht. Ob es daran liegt, dass die Erwartungshaltung beim Ticketkauf eine andere war? Aber um es gleich vorweg zu nehmen: das Publikum hat die Leistung der Band angemessen gewürdigt und am Ende sogar stehende Ovationen gegeben.
Die Band spielt konsequent passend zum Tourmotto 1976-1980 nur Stücke der Alben A Trick Of The Tail, Wind & Wuthering, …And Then There Were Three… und Duke. Es geht als wirklich nur um diese Albenära. Songs von früheren Alben, die Genesis in den Tourjahren 1976-1980 spielten, fehlen in der Setlist. Auch wenn wie erwähnt von dem einen oder anderen Zuschauer möglicherweise mehr Hits erwartet wurden, ist die Setlist absolut kein Etikettenschwindel. Man bekommt genau das, was angekündigt wurde.
Interessanterweise gibt es im Set nur einen Song, den Genesis selbst nie live gespielt haben: Blood On The Rooftops (der bei Steve Hackett solo dafür umso präsenter ist). Und genau bei diesem Song gibt es den einzigen auffälligen Spielfehler. Nach dem Instrumental-Intro verhaut sich Gitarrist Niklas Turmann zu Beginn der ersten Strophe so heftig, dass er Sänger Elmar Ferner hörbar zum Aufhören auffordert. Daraufhin steigt die Band noch einmal mit dem Beginn der ersten Strophen (ohne Intro) ein – diesmal ohne Fehler. Überhaupt spielt die Band unwahrscheinlich leidenschaftlich und hochwertig. Keyboarder Jochen Pietsch ist so etwas wie das Gehirn der Band. Bassist Michael Schurgardt hat naturgemäß eher wenig Gelegenheit sich hervorzutun, gefällt aber auch beim Spiel der akustischen Gitarre. Gitarrist Niklas Turmann ist eine angenehme Symbiose aus Hackett und Stuermer. Irgendwie findet er je nach Song immer den passenden Stil.
Sänger Elmar Ferner konzentriert sich auf den Gesang. Er setzt aber auch kleine instrumentale Akzente. So bedient er (auf zeitgemäßem Niveau) ähnlich wie Phil Collins 1980 bei Duchess einen kleinen Midi-Controller mit den passenden Samples. Bei den Ansagen bleibt er bei Englisch und leitet den einen oder anderen Song kurz ein, ohne aber Collins-ähnlich Publikumsaktionen zu inszenieren. Seine Stimme war in Hengelo noch leicht von einer Erkrankung in der Vorwoche gezeichnet. Seine Stimme ist nicht direkt eine Collins-Kopie, aber sie passt gesanglich und wirkt irgendwie vertraut. Dass Elmar optisch mit Phil Collins ziemlich wenig gemeinsam hat, stört überhaupt nicht.
Der Star in einer Band auf Augenhöhe ist nichtsdestotrotz Momme Boe. Dass die Show kein klassisches Double-Drumming bietet und damit quasi „Chester“ fehlt, lässt mich nur zu Beginn Nachteile befürchten. Tatsächlich ist Momme ein echtes „Tier“ an den Drums. Selbst beim altbekannten Genesis-Drum Duet, das Momme natürlich solo spielen muss, vermisst man keine Drum-Partner.
Besonders positiv fällt mir auf, dass die Band sich sehr klar an die Originalversionen hält. Die Stücke werden überwiegend ausgespielt. Auf Kürzungen und Medleys wird fast ganz verzichtet. Nur bei Misunderstanding gibt es ein etwas längeres Drumintro. Und vor Follow You Follow Me wird der Song im Rahmen der Bandvorstellung nach und nach aufgebaut. In beiden Konzertteilen ist die Verteilung der Songs nach Alben relativ ausgewogen, wobei der erste Teil leicht Duke-lastig ist. Das liegt vor allem daran, dass zum Abschluss dieses Konzertteils vor der Pause praktisch die erste Hälfte der „sagenumwobenen“ Duke-Suite gespielt wird.
Zusammenfassung
Es fällt mir tatsächlich schwer, Highlights aus der Show herauszupicken. Insgesamt ist es für mich, der erst 1976 geboren wurde, eine echte Offenbarung, viele der Songs einmal live zu hören, die auf den Genesis-Touren 2007 und 2021/2022 nicht gespielt wurden. Dabei handelt es sich vielfach um Material, das nicht gerade zum Standard der bekannten Cover- und Tributebands gehört.
Die Band ist aktuell eher noch ein Geheimtipp in Fankreisen mit wachsendem Bekanntheitsgrad. Wer irgendwie die Gelegenheit haben sollte, sie sehen zu können, dem kann ich einen Konzertbesuch nur empfehlen! Diese Band reproduziert Genesis musikalisch ähnlich genau wie The Musical Box, nur ohne Requisiten. Der Fokus liegt klar auf der Musik. Der Bandname ist Programm. Sie muss sich vor den kanadischen Platzhirschen oder The Watch nicht verstecken, wobei sie bislang aufgrund des Sängers eher den Fokus auf die frühe Collins-Ära hat und nicht auf Gabriel. Ich hoffe sehr, dass uns diese Band noch lange erhalten bleibt und mit ihrer leidenschaftlichen Interpretation der Songs, die wir lieben, erfreut.
Autor: Ulrich Klemt
Setlist:
Deep In The Motherlode
Turn It On Again
Squonk
Eleventh Earl Of Mar
Entangled
All In A Mouse’s Night
Say It’s Alright Joe
Behind The Lines
Duchess
Guide Vocal
*** Pause ***
Down And Out
Burning Rope
Blood On The Rooftops
Misunderstanding
Robbery, Assault & Battery
Follow You Follow Me
Ripples
*** Zugaben ***
Drum Solo
Duke’s Travels
Duke’s End
Afterglow