1. Artikel
  2. Lesezeit ca. 21 Minuten

The Ant Band – A Light On The Hill – Album Rezension

Die Idee eines Anthony Phillips Tribute Albums hat es zwar schon gegeben, dennoch ist das Album von The Ant Band außergewöhnlich. Thomas Jesse hat sich mit dem Werk beschäftigt.

Übersicht | Bestellung | Track by Track | Rezension | Interview | Slow Dance Projekt

Vorbemerkung:

Abendständchen
Hör, es klagt die Flöte wieder,
Und die kühlen Brunnen rauschen!
Golden wehn die Töne nieder;
Stille, stille, laß uns lauschen!
Holdes Bitten, mild Verlangen,
Wie es süß zum Herzen spricht!
Durch die Nacht, die mich umfangen,
blickt zu mir der Töne Licht.

Clemens Brentano – 1802

Oft, wenn ich Musik von Anthony Phillips höre, kommen mir die Verse dieses kleinen Gedichts von Clemens Brentano in den Sinn. Ein sensibler Hörer ist empfänglich für die Farbpracht der Töne, die ihm die Grenzen zwischen Realität und Traum öffnen. Ganz im Sinne der Romantik soll die Welt poetisiert, musikalisiert werden. Ist das nicht auch ein Anliegen Anthony Phillips? Mit The Geese & The Ghost, der Private Parts & Pieces – Reihe, Slow Dance, oder Tarka, um nur einige zu nennen, erreicht er diesen Zustand, oder?

Nun feiert Ant, einer der großartigsten zeitgenössischen Komponisten und Musiker Großbritanniens und nach Ray Wilson jüngstes Genesis-Mitglied, am 23. Dezember 2021 seinen 70. Geburtstag.

Schon in jungen Jahren galt er als das musikalische Genie der Band, sein Verlassen führte fast zum Ende von Genesis. Auch nach seinen Genesistagen war er gefragt bei seinen Kumpels: Allen voran Mike Rutherford, mit dem er sich gegenseitig bei Solo-Arbeiten unterstützte, bei Phil Collins, mit dem er fast eine Single veröffentlicht hätte und der ihm mit seinem Gesang aushalf, oder bei Peter Gabriel, der ihn zu den ersten Aufnahmesessions für sein erstes Solo-Album einlud. Sogar Steve Hackett buchte seine Fähigkeiten für ein spätes Werk.

Ant gehört zu den Ruhigen seiner Zunft, hat Auskommen vor allem mit der Komposition von Liberary-Musik gefunden. Der runde Geburtstag gibt nun Freunden, Fans, Wegbegleitern die Möglichkeit ihn in das ungewünschte Rampenlicht zu heben. Wie kann das gelingen, ohne ihm zu nahe zu treten?

Das Projekt:

Im Frühjahr 2014 organisierte der deutsche Genesis Fanclub it an zwei Tagen seinen Anthony  Phillips Event. Da Ant nicht selbst musizieren mochte, stellten sich Fanclubmitglieder zur Verfügung, um Stücke von ihm auf die Bühne zu bringen. Ant himself übte gutmütig Kritik, gab Tipps und freute sich sehr über die Interpretationen enthusiastischer, begabter Laien. Es entstand der Wunsch, diese Musikstücke für die Nachwelt festzuhalten.

Als 2019 die Band Rocking Horse Music Club mit Which Way The Wind Blows eine CD mit Musik von Ant veröffentlichte und diese auch live bei Trading Boundaries präsentierte, wurde der o. g. Wunsch wieder aktuell. Denn einiger der Fans waren bei dem Konzert zugegen, vor allem Tom Morgenstern, und dachten wohl: „Haben wir auch mal gemacht, vor fünf Jahren, fehlt nur die CD!“ Die Pandemie kam dazwischen und so dauerte es bis zum Februar 2021 bis Tom mit Hilfe des Fanclubs 15 musizierende Fans zusammengetrommelt hatte, die sogleich parallel an 10 Stücken arbeiteten. Zwei Monate später waren schon drei Songs fertig und mussten nur noch gemixt werden.

Mit Jonathan Dann wurde ein Freund Ants und dessen Archivar, Homepage-Gestalter, CD-Zusammensteller, Fan-Kontakter usw. gewonnen, der mit seinem Wissen und Kontakten half. Die größte Überraschung ist allerdings die Beteiligung Steve Hacketts, der beim Song F Sharp sein feines Spiel auf der elektrischen Gitarre zum Besten gibt.

Cover-Artwork:
CD

Das Album erscheint in einer sog. Mini LP – Hülle. Dem Album ist ein Din A4 großes Poster des Cover-Motivs beigefügt. Die Aufmachung erinnert stark an das Front-Cover von The Geese & The Ghost. Durch ein torbogenartiges Fenster blickt der Hörer in die Weite einer Flusslandschaft (die Mosel), über die ein Luftschiff schwebt, Gänse fliegen, im Vordergrund Ameisen ihren Hügel verlassen, ein Ritter gegen diese kämpft, eine Schnecke über die Wiese kriecht, ein Golfball entlang rollt usw. Der Blickfang bildet allerdings Ant mit Gitarre, als (Garten)zwerg und die Silhouette, nein nicht einer Fee, sondern einer Ameise! Garniert wird das Frontcover mit dem Albumtitel A Light on the Hill und dem Wappen der Ant Band. Das Back-Cover lehnt sich an Private &Parts & Pieces I an. Einem Weizenfeld mit Mönch und Sense, einer Gitarre spielenden Ameise und einem maskierten, räuberischen Hamster wird die Liste der Songs in Form eines amtlichen Dokuments gegenübergestellt. Im Innersleeve finden wir Liner-Notes von Jonathan Dann und die Auflistung der am Projekt beteiligten Musiker. Ein Blickfang ist der Kopf einer 12-saitigen Ovation Gitarre mit Bild des Barden von The Geese & The Ghost auf der Kopfplatte. Das Cover nimmt den Detailreichtum eines Peter Cross und dessen, wie auch Ants Humor auf. Eine wunderschöne Arbeit von Club-Mitbegründer Helmut Janisch. Ein Schmuckstück für jede Sammlung!

Die Songs:

Die Auswahl hebt sich von der Tribute-CD des Rocking Horse Music Clubs ab. Es entstehen keine Doppelungen und die Vielfältigkeit von Ants Schaffen wird durch sie sehr schön abgebildet. Die Zeitspanne umfasst das Ende der Sechziger-Jahre bis Ende der 90er Jahre. Es sind u.a. Demos, Gitarrenstudien, Balladen, Rocksongs und sogar eine Notation als Vorlagen genutzt worden.

Sistine:

Dieses Stück, im Original aufgenommen 1982, war ursprünglich für Invisible Men vorgesehen, landete aber dann auf Private Parts & Pieces IV: A Catch at the Tables. Eine reine Piano-Version ist auf Private Parts & Extra Pieces (Box 1) zu hören. Ein kleines Musikstück, anlässlich des Besuchs der Sistine-Chapel entstanden, mit dunklem Synthi-Beginn, Duett zwischen Gitarre und Keys, sehnsuchtsvollem Gesang und wunderschöner Melodie. Gegenüber Ants Version wirkt das Stück voller, kräftiger, ohne jedoch die Grundstruktur zu verlassen. Schon hier setzt die Stimme von Robin Morgenstern ein Ausrufezeichen und man hört eine richtige Band musizieren. Eine schluchzende E-Gitarre ab Minute zwei fügt sich schön in den melancholischen Popsong.

F-Sharp:

Das Demo von 1969 erschien 1998 auf Archive Collection 1. Es war damals eine kleine Sensation, denn stellt es doch den Ursprung von The Musical Box dar. Die Parts auf 12-saitiger und akustischer Gitarre von Ant und Mike gespielt, lassen die Melodien dieses so besonderen Genesis-Stücks deutlich erkennen. Mit der vorliegenden Version erleben wir die nächste Sensation: Steve Hackett gibt sich die Ehre, einen Leadgitarrenpart, der es in sich hat, zur spielen. Er veredelt jedoch ein kleines Meisterwerk der Ant-Band, die dem Song, dem Demo die unglaubliche Kraft des späteren Klassikers geben. Es hört sich an, als würden die jungen Genesis hier selbst musizieren. Fantastisch!

Sanctuary:

Ants Vorlage von Private Parts & Pieces VIII: New England von 1992 bildet eine sanfte Piano-Ballade mit gehauchtem Gesang und ganz sparsamem Arrangement. Die Ant-Band verwandelt das Lied in einen straighten Popsong, der an die Beatles erinnert. Dazu tragen vor allem Schlagzeug (von Tom Morgenstern programmiert), Bass und eine schön solierende E-Gitarre bei. Hach, das Klaviersolo lässt den Hörer dahin schmelzen.

CD BackcoverGod If I Saw Her Now:

Das ist mutig! Eines der schönsten Liebeslieder der Rockmusikgeschichte, in dem Phil Collins so herzzerreißend im Duett  mit der viel zu früh verstorbenen Viv McAuliffe singt, zu covern. Ist es noch nötig zu erwähnen, dass es auf The Geese & The Ghost 1977 veröffentlicht wurde und eine Demo-Version von 1970 auf Archive Collection 1 existiert? Man muss konstatieren, dass der Mut sich gelohnt hat. Der Beginn gleicht der Vorlage mit 12 saitigen und klassischen Gitarren, Keys, Bass und dem Gesangsduett, hier kongenial vorgetragen von Nina und Robin Morgenstern. Nina singt wunderschön, Robin gibt sein Bestes, kann aber Phils gefühlvollste Gesangsleistung seiner Karriere nicht erreichen. Kirstin Middeke spielt eine schöne Flöte, der Bass von Tom ist zu bewundern und der Hörer verbeugt sich gerne!

She’ll be Waiting:

Ants Vorlage von 1995 hat es auf zwei Alben geschafft: Sie ist auf Meadows of Englewood und Private Parts & Pieces IX: Dragonfly Dreams zu hören. Die beiden Versionen des Liedes, auf Gitarre gespielt und mit Gesang versehen, unterscheiden sich nicht groß voneinander. Die vorliegende jedoch sehr. Aus dem kleinen Lied wird ein starker Rockpop-Song, der an die Beatles und die späten Strawbs erinnert. Auffällig ist das Keyboardsolo, das sich an Prog-Stücke der 80er Jahre, z. B. von Marillion anlehnt. Könnten so die Genesis der 80er Jahre mit Ant klingen?

Study No. 1 in E Maj (excerpt):

Das ist die zweite Sensation. Das Stück ist bisher von Ant nicht auf Tonträger veröffentlicht worden. Es liegen lediglich die Noten, die in der Sammlung Six Pieces for Guitar erschienen sind, vor. Gereon Schoplick versucht sich mit Bravour an der kurzen Studie für klassische Gitarre.

Unheard Cry:

Wieder wenden wir uns Private Parts & Pieces VIII zu. Hier übernimmt Nina Morgenstern den Gesang, hält die Melodie, die von schrägen Keys und verzerrten Gitarren untermalt wird. So entfernt sich die Version immer weiter vom Original. Ab Minute 1:55 spielt die Band auf, dreht sich wie das besungene Karussell und endet mit einem Geplinker auf dem Keyboard. Dem ruhigen, akustischen, melancholischen, verhallten, vom Wind verwehenden Original wird so eine spannende, humorvolle  Alternative entgegengestellt. „And the lights go out on the carousel / Infant innocent, so long, farewell.“ Wie schön…

Salmon Leap (from ‚Scottish Suite‘):

Veröffentlicht wurde das Instrumental von 1976 erstmalig auf Private Parts & Pieces II: Back to the Pavillion. Es sollte Teil von  Musik für eine TV-Serie zu Stücken von Shakepeare werden – Motto Macbeth meets Rockmusik? Eine frühe Version, basierend auf Klavierspiel, ist auf Archive Collection 2 zu hören. Leider zerschlug sich das Projekt als zu ambitioniert. Auf der 1976er Version hören wir neben Ant Mike Rutherford und Andy McCulloch heftig rocken. Diese Musik hätte wunderbar auf ein frühes Genesis-Album gepasst. Die Ant-Band setzt dem noch einiges drauf. Das Arrangement ist noch komplexer, vielschichtiger, progressiver abwechslungsreicher und moderner – ein Highlight des Albums!

Postlude (End Of The Season):

Im fließenden Übergang kommen wir zu diesem Lied von 1976, ebenso erschienen auf Private Parts & Pieces II: Back to the Pavillion, einem Stück für 12 saitige Gitarre (allerdings ursprünglich mit gedoppelter 6-saitiger Gitarre eingespielt), gespielt von Gereon Schoplick, der sich sehr an das Original hält. Es ist als „Live“-Version von 1978 auf Ants Radio Clyde Album von 2003 zu hören und wird als Last One to Leave angekündigt. Es ist ein erstes Projekt für das große Kapitel Library Music. Kompliment an Gereon!

InnencoverStranger:

Wir wenden uns dem Jahr 1969 zu, als Ant und Mike zusammensaßen und zahlreiche Demos von akustischen Stücken für Genesis aufnahmen. Auf dem CD-Bonustrack von Private Parts & Pieces I spielt Ant 12 saitige und klassische Gitarre. So beginnt auch das Cover der Ant Band, um dann mit Keyboards, Schlagzeug, Bass, E-Gitarre loszurocken. Ab Minute 2:10 muss der Hörer an die Stimmung von Snowbound von Genesis‘ And Then There Where Three denken. Viel zu schnell ist der Zauber beendet. Eine kleine Perle des Albums.

Lucy: An Illusion:

Wieder ein Song der 69er – Session, diesmal auf dem Private Parts & Pieces II Album als CD-Bonustrack veröffentlicht, wieder ein melancholisches Liebeslied, wieder eine herrliche Band-Version, die dem akustischen Vorbild in Nichts nachsteht. Hätten Genesis diese beiden Demos so arrangieren können? Gut vorstellbar ist es. Das Keyboard-Solo ab Minute 2:25 mit marillionartigen Fanfaren wirkt etwas aufdringlich, stört aber nur kurz die melancholische Stimmung.

Moon’s Lament for the Sun (from Masquerade):

Hier haben wir die Ausführung mit Gesang von Moonfall, erschienen als Piano-Stück auf Private Parts & Pieces VI: Ivory Moon 1990. Ursprünglich geplant für ein Musical, das auf Kit Williams Buch Masquerade fußt. Die dritte Sensation des Albums. Der Text des Liedes von Richard Scott war bis dato unveröffentlicht. Schön gesungen wird die Ballade von Nina Morgenstern. Begleitet wird sie von Schlagzeug, Bass, Keyboards, Piano und akustischer Gitarre. Wie einfühlsam haucht Nina den Vers „I’ve lost your love“ aus. Das Stück lebt vom Piano -Spiel Bert Wenndorffs. Er veredelt es mit wundervollen sanften Kaskaden. In der Neuausgabe der Archive Collections (als Boxset) werden wir die Demo-Versionen des Musicals zu hören bekommen.

Master of Time:

Während Ants Demo von 1973, veröffentlicht als CD-Bonustrack auf The Geese & The Ghost mit Piano und akustischer Gitarre, die den Gesang begleiten, Lagerfeueratmosphäre verbreitet, spielt die Ant-Band groß auf. Beginnt das Stück noch akustisch, setzen schnell Keyboards ein, um in den Gesang von Robin Morgenstern zu führen. Ihm schließen sich Schlagzeug und Bass an, ohne jedoch aufdringlich zu werden und die melancholische Grundstimmung zu stören. Ab Minute drei ist ein klasse Solo auf der akustischen Gitarre zu hören, welches vom Gesang abgelöst wird. Leicht swingend endet das Stück.

Slow Dance (excerpt from part 1):

Hier ist die Version, die mich schon 2014 auf dem Ant – Event begeistert hat. Martin Brilla, Sascha Krieger, Tom Morgenstern und Thomas Waltner bauen dräuende Keyboardteppiche auf, garnieren sie mit 12 saitiger Gitarre und Holzblasinstrumenten. Sie bleiben kongenial am Original und runden ein fantastisches Tribute-Album ab.

Zusammenfassung:

Vorbemerkung:

Abendständchen
Hör, es klagt die Flöte wieder,
Und die kühlen Brunnen rauschen!
Golden wehn die Töne nieder;
Stille, stille, laß uns lauschen!
Holdes Bitten, mild Verlangen,
Wie es süß zum Herzen spricht!
Durch die Nacht, die mich umfangen,
blickt zu mir der Töne Licht.

Clemens Brentano – 1802

Oft, wenn ich Musik von Anthony Phillips höre, kommen mir die Verse dieses kleinen Gedichts von Clemens Brentano in den Sinn. Ein sensibler Hörer ist empfänglich für die Farbpracht der Töne, die ihm die Grenzen zwischen Realität und Traum öffnen. Ganz im Sinne der Romantik soll die Welt poetisiert, musikalisiert werden. Ist das nicht auch ein Anliegen Anthony Phillips? Mit The Geese & The Ghost, der Private Parts & Pieces – Reihe, Slow Dance, oder Tarka, um nur einige zu nennen, erreicht er diesen Zustand, oder?

Nun feiert Ant, einer der großartigsten zeitgenössischen Komponisten und Musiker Großbritanniens und nach Ray Wilson jüngstes Genesis-Mitglied, am 23. Dezember 2021 seinen 70. Geburtstag.

Schon in jungen Jahren galt er als das musikalische Genie der Band, sein Verlassen führte fast zum Ende von Genesis. Auch nach seinen Genesistagen war er gefragt bei seinen Kumpels: Allen voran Mike Rutherford, mit dem er sich gegenseitig bei Solo-Arbeiten unterstützte, bei Phil Collins, mit dem er fast eine Single veröffentlicht hätte und der ihm mit seinem Gesang aushalf, oder bei Peter Gabriel, der ihn zu den ersten Aufnahmesessions für sein erstes Solo-Album einlud. Sogar Steve Hackett buchte seine Fähigkeiten für ein spätes Werk.

Ant gehört zu den Ruhigen seiner Zunft, hat Auskommen vor allem mit der Komposition von Liberary-Musik gefunden. Der runde Geburtstag gibt nun Freunden, Fans, Wegbegleitern die Möglichkeit ihn in das ungewünschte Rampenlicht zu heben. Wie kann das gelingen, ohne ihm zu nahe zu treten?

Das Projekt:

Im Frühjahr 2014 organisierte der deutsche Genesis Fanclub it an zwei Tagen seinen Anthony  Phillips Event. Da Ant nicht selbst musizieren mochte, stellten sich Fanclubmitglieder zur Verfügung, um Stücke von ihm auf die Bühne zu bringen. Ant himself übte gutmütig Kritik, gab Tipps und freute sich sehr über die Interpretationen enthusiastischer, begabter Laien. Es entstand der Wunsch, diese Musikstücke für die Nachwelt festzuhalten.

Als 2019 die Band Rocking Horse Music Club mit Which Way The Wind Blows eine CD mit Musik von Ant veröffentlichte und diese auch live bei Trading Boundaries präsentierte, wurde der o. g. Wunsch wieder aktuell. Denn einiger der Fans waren bei dem Konzert zugegen, vor allem Tom Morgenstern, und dachten wohl: „Haben wir auch mal gemacht, vor fünf Jahren, fehlt nur die CD!“ Die Pandemie kam dazwischen und so dauerte es bis zum Februar 2021 bis Tom mit Hilfe des Fanclubs 15 musizierende Fans zusammengetrommelt hatte, die sogleich parallel an 10 Stücken arbeiteten. Zwei Monate später waren schon drei Songs fertig und mussten nur noch gemixt werden.

Mit Jonathan Dann wurde ein Freund Ants und dessen Archivar, Homepage-Gestalter, CD-Zusammensteller, Fan-Kontakter usw. gewonnen, der mit seinem Wissen und Kontakten half. Die größte Überraschung ist allerdings die Beteiligung Steve Hacketts, der beim Song F Sharp sein feines Spiel auf der elektrischen Gitarre zum Besten gibt.

Cover-Artwork:
CD

Das Album erscheint in einer sog. Mini LP – Hülle. Dem Album ist ein Din A4 großes Poster des Cover-Motivs beigefügt. Die Aufmachung erinnert stark an das Front-Cover von The Geese & The Ghost. Durch ein torbogenartiges Fenster blickt der Hörer in die Weite einer Flusslandschaft (die Mosel), über die ein Luftschiff schwebt, Gänse fliegen, im Vordergrund Ameisen ihren Hügel verlassen, ein Ritter gegen diese kämpft, eine Schnecke über die Wiese kriecht, ein Golfball entlang rollt usw. Der Blickfang bildet allerdings Ant mit Gitarre, als (Garten)zwerg und die Silhouette, nein nicht einer Fee, sondern einer Ameise! Garniert wird das Frontcover mit dem Albumtitel A Light on the Hill und dem Wappen der Ant Band. Das Back-Cover lehnt sich an Private &Parts & Pieces I an. Einem Weizenfeld mit Mönch und Sense, einer Gitarre spielenden Ameise und einem maskierten, räuberischen Hamster wird die Liste der Songs in Form eines amtlichen Dokuments gegenübergestellt. Im Innersleeve finden wir Liner-Notes von Jonathan Dann und die Auflistung der am Projekt beteiligten Musiker. Ein Blickfang ist der Kopf einer 12-saitigen Ovation Gitarre mit Bild des Barden von The Geese & The Ghost auf der Kopfplatte. Das Cover nimmt den Detailreichtum eines Peter Cross und dessen, wie auch Ants Humor auf. Eine wunderschöne Arbeit von Club-Mitbegründer Helmut Janisch. Ein Schmuckstück für jede Sammlung!

Die Songs:

Die Auswahl hebt sich von der Tribute-CD des Rocking Horse Music Clubs ab. Es entstehen keine Doppelungen und die Vielfältigkeit von Ants Schaffen wird durch sie sehr schön abgebildet. Die Zeitspanne umfasst das Ende der Sechziger-Jahre bis Ende der 90er Jahre. Es sind u.a. Demos, Gitarrenstudien, Balladen, Rocksongs und sogar eine Notation als Vorlagen genutzt worden.

Sistine:

Dieses Stück, im Original aufgenommen 1982, war ursprünglich für Invisible Men vorgesehen, landete aber dann auf Private Parts & Pieces IV: A Catch at the Tables. Eine reine Piano-Version ist auf Private Parts & Extra Pieces (Box 1) zu hören. Ein kleines Musikstück, anlässlich des Besuchs der Sistine-Chapel entstanden, mit dunklem Synthi-Beginn, Duett zwischen Gitarre und Keys, sehnsuchtsvollem Gesang und wunderschöner Melodie. Gegenüber Ants Version wirkt das Stück voller, kräftiger, ohne jedoch die Grundstruktur zu verlassen. Schon hier setzt die Stimme von Robin Morgenstern ein Ausrufezeichen und man hört eine richtige Band musizieren. Eine schluchzende E-Gitarre ab Minute zwei fügt sich schön in den melancholischen Popsong.

F-Sharp:

Das Demo von 1969 erschien 1998 auf Archive Collection 1. Es war damals eine kleine Sensation, denn stellt es doch den Ursprung von The Musical Box dar. Die Parts auf 12-saitiger und akustischer Gitarre von Ant und Mike gespielt, lassen die Melodien dieses so besonderen Genesis-Stücks deutlich erkennen. Mit der vorliegenden Version erleben wir die nächste Sensation: Steve Hackett gibt sich die Ehre, einen Leadgitarrenpart, der es in sich hat, zur spielen. Er veredelt jedoch ein kleines Meisterwerk der Ant-Band, die dem Song, dem Demo die unglaubliche Kraft des späteren Klassikers geben. Es hört sich an, als würden die jungen Genesis hier selbst musizieren. Fantastisch!

Sanctuary:

Ants Vorlage von Private Parts & Pieces VIII: New England von 1992 bildet eine sanfte Piano-Ballade mit gehauchtem Gesang und ganz sparsamem Arrangement. Die Ant-Band verwandelt das Lied in einen straighten Popsong, der an die Beatles erinnert. Dazu tragen vor allem Schlagzeug (von Tom Morgenstern programmiert), Bass und eine schön solierende E-Gitarre bei. Hach, das Klaviersolo lässt den Hörer dahin schmelzen.

CD BackcoverGod If I Saw Her Now:

Das ist mutig! Eines der schönsten Liebeslieder der Rockmusikgeschichte, in dem Phil Collins so herzzerreißend im Duett  mit der viel zu früh verstorbenen Viv McAuliffe singt, zu covern. Ist es noch nötig zu erwähnen, dass es auf The Geese & The Ghost 1977 veröffentlicht wurde und eine Demo-Version von 1970 auf Archive Collection 1 existiert? Man muss konstatieren, dass der Mut sich gelohnt hat. Der Beginn gleicht der Vorlage mit 12 saitigen und klassischen Gitarren, Keys, Bass und dem Gesangsduett, hier kongenial vorgetragen von Nina und Robin Morgenstern. Nina singt wunderschön, Robin gibt sein Bestes, kann aber Phils gefühlvollste Gesangsleistung seiner Karriere nicht erreichen. Kirstin Middeke spielt eine schöne Flöte, der Bass von Tom ist zu bewundern und der Hörer verbeugt sich gerne!

She’ll be Waiting:

Ants Vorlage von 1995 hat es auf zwei Alben geschafft: Sie ist auf Meadows of Englewood und Private Parts & Pieces IX: Dragonfly Dreams zu hören. Die beiden Versionen des Liedes, auf Gitarre gespielt und mit Gesang versehen, unterscheiden sich nicht groß voneinander. Die vorliegende jedoch sehr. Aus dem kleinen Lied wird ein starker Rockpop-Song, der an die Beatles und die späten Strawbs erinnert. Auffällig ist das Keyboardsolo, das sich an Prog-Stücke der 80er Jahre, z. B. von Marillion anlehnt. Könnten so die Genesis der 80er Jahre mit Ant klingen?

Study No. 1 in E Maj (excerpt):

Das ist die zweite Sensation. Das Stück ist bisher von Ant nicht auf Tonträger veröffentlicht worden. Es liegen lediglich die Noten, die in der Sammlung Six Pieces for Guitar erschienen sind, vor. Gereon Schoplick versucht sich mit Bravour an der kurzen Studie für klassische Gitarre.

Unheard Cry:

Wieder wenden wir uns Private Parts & Pieces VIII zu. Hier übernimmt Nina Morgenstern den Gesang, hält die Melodie, die von schrägen Keys und verzerrten Gitarren untermalt wird. So entfernt sich die Version immer weiter vom Original. Ab Minute 1:55 spielt die Band auf, dreht sich wie das besungene Karussell und endet mit einem Geplinker auf dem Keyboard. Dem ruhigen, akustischen, melancholischen, verhallten, vom Wind verwehenden Original wird so eine spannende, humorvolle  Alternative entgegengestellt. „And the lights go out on the carousel / Infant innocent, so long, farewell.“ Wie schön…

Salmon Leap (from ‚Scottish Suite‘):

Veröffentlicht wurde das Instrumental von 1976 erstmalig auf Private Parts & Pieces II: Back to the Pavillion. Es sollte Teil von  Musik für eine TV-Serie zu Stücken von Shakepeare werden – Motto Macbeth meets Rockmusik? Eine frühe Version, basierend auf Klavierspiel, ist auf Archive Collection 2 zu hören. Leider zerschlug sich das Projekt als zu ambitioniert. Auf der 1976er Version hören wir neben Ant Mike Rutherford und Andy McCulloch heftig rocken. Diese Musik hätte wunderbar auf ein frühes Genesis-Album gepasst. Die Ant-Band setzt dem noch einiges drauf. Das Arrangement ist noch komplexer, vielschichtiger, progressiver abwechslungsreicher und moderner – ein Highlight des Albums!

Postlude (End Of The Season):

Im fließenden Übergang kommen wir zu diesem Lied von 1976, ebenso erschienen auf Private Parts & Pieces II: Back to the Pavillion, einem Stück für 12 saitige Gitarre (allerdings ursprünglich mit gedoppelter 6-saitiger Gitarre eingespielt), gespielt von Gereon Schoplick, der sich sehr an das Original hält. Es ist als „Live“-Version von 1978 auf Ants Radio Clyde Album von 2003 zu hören und wird als Last One to Leave angekündigt. Es ist ein erstes Projekt für das große Kapitel Library Music. Kompliment an Gereon!

InnencoverStranger:

Wir wenden uns dem Jahr 1969 zu, als Ant und Mike zusammensaßen und zahlreiche Demos von akustischen Stücken für Genesis aufnahmen. Auf dem CD-Bonustrack von Private Parts & Pieces I spielt Ant 12 saitige und klassische Gitarre. So beginnt auch das Cover der Ant Band, um dann mit Keyboards, Schlagzeug, Bass, E-Gitarre loszurocken. Ab Minute 2:10 muss der Hörer an die Stimmung von Snowbound von Genesis‘ And Then There Where Three denken. Viel zu schnell ist der Zauber beendet. Eine kleine Perle des Albums.

Lucy: An Illusion:

Wieder ein Song der 69er – Session, diesmal auf dem Private Parts & Pieces II Album als CD-Bonustrack veröffentlicht, wieder ein melancholisches Liebeslied, wieder eine herrliche Band-Version, die dem akustischen Vorbild in Nichts nachsteht. Hätten Genesis diese beiden Demos so arrangieren können? Gut vorstellbar ist es. Das Keyboard-Solo ab Minute 2:25 mit marillionartigen Fanfaren wirkt etwas aufdringlich, stört aber nur kurz die melancholische Stimmung.

Moon’s Lament for the Sun (from Masquerade):

Hier haben wir die Ausführung mit Gesang von Moonfall, erschienen als Piano-Stück auf Private Parts & Pieces VI: Ivory Moon 1990. Ursprünglich geplant für ein Musical, das auf Kit Williams Buch Masquerade fußt. Die dritte Sensation des Albums. Der Text des Liedes von Richard Scott war bis dato unveröffentlicht. Schön gesungen wird die Ballade von Nina Morgenstern. Begleitet wird sie von Schlagzeug, Bass, Keyboards, Piano und akustischer Gitarre. Wie einfühlsam haucht Nina den Vers „I’ve lost your love“ aus. Das Stück lebt vom Piano -Spiel Bert Wenndorffs. Er veredelt es mit wundervollen sanften Kaskaden. In der Neuausgabe der Archive Collections (als Boxset) werden wir die Demo-Versionen des Musicals zu hören bekommen.

Master of Time:

Während Ants Demo von 1973, veröffentlicht als CD-Bonustrack auf The Geese & The Ghost mit Piano und akustischer Gitarre, die den Gesang begleiten, Lagerfeueratmosphäre verbreitet, spielt die Ant-Band groß auf. Beginnt das Stück noch akustisch, setzen schnell Keyboards ein, um in den Gesang von Robin Morgenstern zu führen. Ihm schließen sich Schlagzeug und Bass an, ohne jedoch aufdringlich zu werden und die melancholische Grundstimmung zu stören. Ab Minute drei ist ein klasse Solo auf der akustischen Gitarre zu hören, welches vom Gesang abgelöst wird. Leicht swingend endet das Stück.

Slow Dance (excerpt from part 1):

Hier ist die Version, die mich schon 2014 auf dem Ant – Event begeistert hat. Martin Brilla, Sascha Krieger, Tom Morgenstern und Thomas Waltner bauen dräuende Keyboardteppiche auf, garnieren sie mit 12 saitiger Gitarre und Holzblasinstrumenten. Sie bleiben kongenial am Original und runden ein fantastisches Tribute-Album ab.

Zusammenfassung:

GesamtKann ein Musiker etwas Schöneres zum Geburtstag geschenkt bekommen? Wieviel Enthusiasmus, Mühe, Spielfertigkeit, finanzielle Belastungen, kurz Liebe gehören dazu, um solch ein Projekt auf die Beine zu stellen? Man muss sich vorstellen, dass dies neben der Arbeit, dem Privatleben mit Familie und Freunden und unter den schwierigen Coronabedingungen fertiggestellt wurde, um ermessen zu können wie wunderbar dieses Geschenk ist. Die CD braucht sich nicht hinter dem Album des Rocking Horse Music Club zu verstecken. Die Coverversionen zeigen mit ihrem Variantenreichtum die Schönheit und Brillanz von Anthony Phillips Musik auf. Das Zuhören macht Spaß und man wünscht sich mehr. Highlights bilden F Sharp, God if I Saw Her Now, Study No. 1 in E Maj, Salmon Leap, Stranger, Moon’s Lament for the Sun und Slow Dance.

Well done, folks!

Schlussbemerkung:

Grundlage für die vielen Informationen und Hintergründen der Lieder bilden die Linernotes der Private Parts & Pieces Boxen, der erwähnten CDs , das Lyricbook und die Liner Notes der rezensierten CD. Zum Abendständchen siehe Clemens Brentano, Gedichte 1793 – 1803, Werke 1, Hanser Verlag, München 1968, Seite 144 unter Weglassung der Zuordnungen zu den Protagonisten Fabiola und Piast.

Autor: Thomas Jesse

A Light On The Hill ist bei folgenden Anbietern erhältlich:

Bandcamp (CD + Poster, high-res. Download)
Amazon (CD + digitales Album)
JustForKicks (CD)
Steve Hackett Webstore (CD)
iTunes / Apple Music (digitales Album / Stream)

… und weitere Anbieter digitaler Fomate.

Collage

Kann ein Musiker etwas Schöneres zum Geburtstag geschenkt bekommen? Wieviel Enthusiasmus, Mühe, Spielfertigkeit, finanzielle Belastungen, kurz Liebe gehören dazu, um solch ein Projekt auf die Beine zu stellen? Man muss sich vorstellen, dass dies neben der Arbeit, dem Privatleben mit Familie und Freunden und unter den schwierigen Coronabedingungen fertiggestellt wurde, um ermessen zu können wie wunderbar dieses Geschenk ist. Die CD braucht sich nicht hinter dem Album des Rocking Horse Music Club zu verstecken. Die Coverversionen zeigen mit ihrem Variantenreichtum die Schönheit und Brillanz von Anthony Phillips Musik auf. Das Zuhören macht Spaß und man wünscht sich mehr. Highlights bilden F Sharp, God if I Saw Her Now, Study No. 1 in E Maj, Salmon Leap, Stranger, Moon’s Lament for the Sun und Slow Dance.

Well done, folks!

Schlussbemerkung:

Grundlage für die vielen Informationen und Hintergründen der Lieder bilden die Linernotes der Private Parts & Pieces Boxen, der erwähnten CDs , das Lyricbook und die Liner Notes der rezensierten CD. Zum Abendständchen siehe Clemens Brentano, Gedichte 1793 – 1803, Werke 1, Hanser Verlag, München 1968, Seite 144 unter Weglassung der Zuordnungen zu den Protagonisten Fabiola und Piast.

Autor: Thomas Jesse

A Light On The Hill ist bei folgenden Anbietern erhältlich:

Bandcamp (CD + Poster, high-res. Download)
Amazon (CD + digitales Album)
JustForKicks (CD)
Steve Hackett Webstore (CD)
iTunes / Apple Music (digitales Album / Stream)

… und weitere Anbieter digitaler Fomate.

Collage