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Stiltskin – The Mind’s Eye – Rezension

Bevor Ray Wilson bei Genesis einstieg, war er der Sänger der Grunge-Band Stiltskin, die über Nacht durch ihren LEVI’s Werbesong Inside berühmt wurden. Ole Uhtenwoldt hat sich mit dem Album genauer beschäftigt.

Anfang der 90er-Jahre formierte sich zunächst relativ unauffällig die Indie-/Grungeband „Sitltskin“. Als 1994 schließlich auch Ray Wilson als Sänger dazustieß, stand der Aufnahme eines Debutalbums nichts mehr im Wege. Unter dem Titel The Mind’s Eye veröffentlich, ist dieses Album heute bei prinzipiell allen Ray Wilson-Fans allgemein bekannt – nicht zuletzt aufgrund des Singleerfolgs dieses einen Songs…

Das Auge des Verstandes – das ist es wohl, das da auf ziemlich konkrete Weise auf dem Cover zu sehen ist. Farblich in einwandfreiem Grün gehalten, kommt es etwas mysteriös rüber, was einerseits dem Inhalt des Albums entspricht (zum Beispiel durch die Lyrics), aber andererseits doch einen solchen Gegensatz darstellt. The Mind’s Eye ist direkt, geradlinig und weiß, wo es hin will. Der Sound geht unmittelbar unter die Haut und verdeutlicht, dass es gerade diese unverblümte Weise ist, die das Album so besonders macht. Oberflächlich betrachtet mag es einem vielleicht wie ein simples Werk aus dem Indie Rock- oder Grungebereich vorkommen, aber bei genauerem Hinsehen (oder Hinhören) wird deutlich, dass dabei weitaus mehr hintersteckt, als die raue und manchmal sogar schmutzige Fassad evermuten lässt. Diese Fassade muss durchschaut werden, um auch bei den aggressiven Stellen des Albums Gefühle und Emotionen zu extrahieren. Voraussetzung ist, dass man sich auf die Platte einlässt und das Gehörte eben nicht nur hört, sondern erlebt.

coverDieser besondere, eigentümliche, das Album charakterisierende Sound wird hauptsächlich durch die 4-köpfige Band Stiltskin bewerkstelligt. Diese klingt völlig aufeinander eingespielt, die Verteilung der Rollen ist eindeutig. So ist der Frontmann wohl Peter Lawlor, der für die Gitarrenarbeit zuständig ist, die auf dem Album eine ganz tragende und zentrale Rolle übernimmt. Außerdem stammen sämtliche Lyrics und Songs aus der Feder Lawlors, wodurch die Idee zur Zusammenarbeit als Band überhaupt erst zustande kam. Ray Wilson zeigt hier, dass er ein begnadeter Sänger ist und füllt diese Rolle während des ganzen Albums makellos aus. Sowohl bei ruhigen, harmonischen, als auch bei harten, offensiven Songs macht er eine meisterhafte Figur und zeigt dadruch seine Vielseitigkeit als Sänger. Seine Leistung auf diesem Album könnte quasi als öffentlicher Startschuss einer beeindruckenden Solokarriere verstanden werden, nachdem 1993 das  Album Swing Your Bag eines Bandprojektes namens Guaranteed Pure, an dem Ray Wilson ebenfalls beteiligt war, zum großen Teil unterging.

Einen weiteren wichtigen und festen Bestandteil der Band (vor allem im rhythmischen Bereich) stellt der Schlagzeuger Ross McFarlane dar, der sich haptsächlich gerader Taktarten bedient und sich solide durchs Album trommelt. Damit korrespondiert die Arbeit des Bassisten James Finnigan, der ebenfalls Wert auf einen klaren Rhythmus und eine eindeutige Taktfolge zu legen scheint, was sich in seinen Basslinien bemerkbar macht. Dazu übernimmt er außerdem die Rolle des Keyboarders, wobei er sich auf die Hammond-Orgel beschränkt, die vordergründig im Hintergrund fungiert und somit die Gitarren adäquat ergänzt. Hinzu kommen einige Auftritte von Gastmusikern, die das Album abrunden. Zu nennen sind hier Tessa Sturridge als weiblich Hintergrundstimme, der Ambrosian Chior und insbesondere Sian Bell, der einige Songs durch Cello-Einsätze bereichert.

Stellt sich noch die Frage, ob die Platte nicht eher als ein Soloalbum Peter Lawlors angesehen werden kann, war es doch er, der alle Songs im Alleingang schrieb. Aber in der Tat ist The Mind’s Eyeein klares Bandprojekt mit festen Mitgliedern, ohne die das Album nicht zu Stande gekommen wäre. Der Stil und die Athmosphäre entsprechen der Stimmung der späteren Stiltstkin-Alben, somit ist dieses Album in gewisser Weise der Wegbereiter dessen, was Jahre später nach der Neugründung noch von Stiltskin kommen sollte – ohne Lawlor.

Aber auch um einen Vergleich mit dem späteren Soloalbum Change (2003) von Ray Wilson kommt man nicht umher. Zumindest vom Aufbau her erinnert dieses stark an The Mind’s Eye; denn beide Alben werden durch ein kurzes Intro eingeleitet, ehe eine Reihe von Songs mit ähmlichem Stil folgen. Bei Change ist dieser Stil eher durch akustische und besinnliche Passagen charakterisiert, bei The Mind’s Eye hingenen wird an einer rockigen und kraftvollen Kulisse festgehalten. Ferner enden beide Alben mit einem ausgedehnten Instrumental ohne zunächst klar erkennbare Strukturierung.

Somit bietet das Album bezüglich der Intrumentierung ein interessantes Spektrum an klanglichen Nuancen, die bei einer Laufzeit von etwa 40 Minuten gebührend zur Geltung kommen:

Intro

Geheimnisvoll und schleierhaft – so lässt sich dieser indiskrete Track wohl am besten bezeichnen. Tatsächlich steckt nicht viel mehr dahinter, als der Titel schon sagt, denn der nur etwa eine halbe Minute lange „Schnipsel“ fungiert als Einleitung des Albums. Rauschen ist zu hören, ein weit entfernter Chor und trotz der Kürze baut sich irgendwie Spannung auf. Das Gewölbe verdichtet sich, wird lauter, die Klangfarbe konzentriert sich auf einen Punkt und man merkt instinktiv, dass da gleich was kommen muss…und dennoch fällt man fast von der Couch, wenn es dann kommt!

Scared Of Ghosts

2Unvermittelt bricht das Intro und leitet in diesen gitarrenorientierten Song über. Eine zutiefst rockige Szenerie wird einem entgegen geworfen und macht deutlich, wohin das Album gehen soll. Nach einer elektrischen Gitarrenmelodie, die auf den Opener zugeschnitten zu sein scheint, wird es etwas ruhiger, und ein lässiger Rhythmus mit klarer Basslinie wird unterlegt mit dem natürlichen Gesang Ray Wilsons. Der vorgetragene Text ist songdienlich und impliziert Ängste, denen man ausgesetzt ist und die man versucht loszuwerden, da sie andernfalls irgendwann die Kontrolle über das Leben übernehmen. Der Refrain klingt dann wieder sehr hart, hat aber dennoch einen optimistischen Charakter. Was den Song perfektioniert, ist ein (wenn auch relativ kurzes) Gitarrensolo, das vor dem finalen Refrain stilgerecht dargeboten wird. Zugegebenermaßen würde sich dann eine Ausblendung des Songs anbieten, man erwartet sie sogar. Stattdessen wird er jedoch zu einem gerifften Schluss gebracht.

Scared Of Ghosts ist auf jeden Fall ein sehr starker Song und würde mit Sicherheit auch heute noch optimal in das Konzept eines Stiktskin-Konzertes passen und auf positive Weise überraschen. Es klingt wie der Vorbote der ählich starken Opener von späteren Stiltskin-Alben, die mit Fly High von SHE und mit Accidents Will Happen von Unfulfillment noch folgen sollten.

Horse

Der darauf folgende Track handelt von Verantwortung und der Last, die damit einhergeht. An dieser zu schweren Bürde scheint jemand zu zerbrechen, da er sie nicht mehr tragen kann. Passend dazu wird das Stück mit einer tragischen E-Gitarrenmelodie eröffnet, die die Grundlage der Strophen repräsentiert. Das ganze klingt zunächst sehr emotional, bis nach der Bridge („I don’t want to be responsible“) der große Bruch mit dem Refrain kommt. Hier entlädt sich wie in einem Gewitter der ganze Druck, wodruch stark die Grunge-Neigung zur Geltung kommt. Der Gesang ist ausgesprochen beeindruckend und zeigt die Möglichkeit von Ray Wilson auf, gesangstechnisch zu variieren. Der Song lebt von dieser gewaltigen Kraft und dem Wechsel zwischen laut und leise, zwischen Spannungsaufbau und Spannungsabfall. Zu diesem Zweck lässt sich auch ein ergreifendes Cellosolo wiederfinden, das ja so gegensätzlich ist zu dem Refrain, der eine Menge destruktiver Energie aufzeigt. Und auch hier endet das Ganze mit einem ziemlich abrupten Endakkord.

Es mag vielleicht einige Hördurchgänge dauern bis man hinter die Sentimentalität dieses Songs blickt, aber es steckt im Nachhinein wesentlich mehr Gefühl hinter diesem Werk, als es vorläufig vermuten lässt.

Rest In Peace

So negativ der Titel auch klingt, hat man es hier mit einem Chanson zu tun, das sich – man traut es sich kaum zu sagen – vergleichsweise harmlos anhört. Es fehlt die typische Aggressivität, wodurch einem hiermit eine nette Abwechslung geboten wird. Wieder ist das Cello zu höre, das sich sehr schön ins dynamische und muntere Klangbild einfügt. Ebenso passend ist die schon ab dem ersten Takt gut herauszuhörende Mandoline, die wiederum ihrerseits zur fröhlichen und ausgelassenen Gesamtathmosphäre beiträgt. Damit deckt sich dann auch der nicht überheblich wirkende Drum-Einsatz, es wird verstärkt Wert auf Percussion gelegt. Man gewinnt den Eindruck, dass der Erzähler am Ende dieses Zwischenspiels inmitten harter Rocksongs tatsächlich zur Ruhe findet…und auch dem Hörer dürfte es so ergehen, zumindest bis die düstere Grundstimmung von Horse wieder aufgegriffen wird mit …

Footsteps

Dieser Track gehört zum Live-Repetoire von Stiltskin und wird meist am Ende des Konzerts, teils auch als Zugabe gespielt. Hier geht es um Trennung, ums Verlassenwerden, und darum, nicht loslassen zu können von der einstigen Liebe. Auch Eifersucht spielt hierbei eine Rolle sowie das Unvermögen, die Vergangenheit ruhen zu lassen. In musikalischer Sicht wird mithilfe einer stetigen Steigerung innerhalb des Songs der Wahn verdeutlicht, in den sich der Erzähler selbst hineinsteigert. Besonders faszinierend ist die Wirkung der ersten Strophe, die lediglich mit Hammond-Orgel und Bass instrumentiert und trotzdem rhythmisch ausgerichtet ist. Auch der Background-Gesang seitens Peter Lawlor klingt merkwürdig, wohingegen der Refrain definitiv und entschlossen klingt. Rays Gesang ist lauter denn je und er versteht es, die Verzweiflung darzustellen, die der Text mit sich bringt. Der Song mündet in ein Gitarrensolo, ehe der Refrain wiederholt wird. Es ist ein durchaus ansprechender Song, der nebenbei auch eine der drei Single-Auskopplungen ist … jedoch die weniger erfolgreiche als Inside. Vielleicht hat der Song letztlich eine zu negative Stimmung, um wirklich erfolgreich im Radio zu sein, auch wenn er immerhin Platz 34 der UK-Charts erreichte.

Sunshine And Butterflies

Langsam wird ein Instrumentalgewölbe eingeblendet, das irgendwie seltsam engstirnig und belanglos klingen will. Aber je lauter es wird, desto deutlicher wir das zwielichtige Flair. Ein regelmäßiger Bass und Rays tiefer Gesang zeichnen diesen Track zunächst aus, der eigentlich schon  eine Ballade ist. Der Strophenteil geht dann nahtlos in den Refrain über („They won’t be here anymore“), der seinerseits sehr gefühlvoll gesungen ist und das Thema der verlorenen Vergangenheit und Erinnerungen trotz nur eines Verses klar macht.  Auch hier ist eine deutliche Mutation erkennbar, die sich im Laufe des Songs in den Vordergrund spielt, zuerst durch einen verstärkten Drum-Einsatz, dann durch die Verschärfung des gesanglichen Arrangements und schließlich durch harte E-Gitarren. Schade an dieser Version ist, dass der Song auf seinem Höhepunkt, auf den er hinarbeitet, quasi „abgewürgt“ wird und zu seinem ursprünglichen, eher sachtem Milieu zurückkehrt. Hier ist die Live-Version besser, denn der Gipfel des Songs wird deutlich besser ausgearbeitet, ehe er unversehens endet (zu hören auf dem Live-Album von 2006). Trotz allem ist dies eines der ausgeprägtesten und auch vielseitigsten Stücke auf dem Album und ein klarer Favorit. Man fühlt sich wie unter einem lauwarmen Regen an einem kalten Tag und dort wird man stehen gelassen.

insideInside

Nun ist der Punkt gekommen, an dem man den Begriff „Übersong“ gebrauchen kann. Inside ist so etwas wie das Nonplusultra von The Mind’s Eye und die klassische Bestätigung dessen, was man als Fortschritt im Vergleich zu vorigen Songs noch erwarten könnte. Als Single auf Platz 1 der UK-Charts gelandet, ist dies das wohl bekannteste Werk von Ray Wilson, bzw. Stiltskin überhaupt und hat dementsprechend auch seinen Stammplatz auf allen Konzerten, seien es Stiltskin-Shows, Akustik-Auftritte oder Genesis Classic-Konzerte – meist als eine Art „Rausschmeißer“ in der Zugabe verwendet.

Das Lob ist verdient, denn mit dem unkonventionellen Chor-Intro hat man einen Genie-Streich hingelegt, bevor der Song in seinem vollem Umfang zu wirken beginnt. Die Lyrics sind perfekt an die Stimmung angepasst und könnten zweckmäßiger nicht sein. Donnernde Gitarren sind zentrales Element des monumentalen Refrains, während Bass und Hammond-Orgel den Strophenteil ausmachen. Der mit deutlich erkennbarem Backgroundgesang unterlegte Schlussrefrain ist nicht mehr zu überbieten und beschließt dieses impressive Meisterwerk. Dynamik, Kraft und ein ausgewogenes instrumentales Arrangement werden hier in makellosem Maße zurechtgepfeilt. Der Erfolg dieser Single ist vermutlich auch der Grund dafür, dass sie auf der amerikanischen Ausgabe des Albums als Opener fungiert – das Beste kommt eben zuerst.

Zu erwähnen ist auch die Neuaufnahme, die Ray selbst 2004 auf seinem Soloalbum The Next Best Thing veröffentlicht hat. Hier klingt der Song weniger dreckig und klarer, ist aber kürzer und kann sein volles Potential so leider nicht ganz entfalten, da er somit doch etwas abgeschnitten wirkt.

An Illusion

Nach Rest in Peace ist dies ein weiterer Song, der auf eine eher zurückhaltende, unaufdringliche Art setzt, was bereits ab dem ersten Takt bemerkbar wird. Rays Gesang ist schon fast zärtlich und besonnen, was sich mit dem Thema deckt. Hier wird von jemandem berichtet, der in einer Illusion lebt, die nachts für ihn real ist und in der er alles erreichen kann, wenn er es denn nur will. Am Tage wird er dann von der Wirklichkeit verwirrt. Diese Erkenntnis scheint ihn allerdings nicht zu kümmern, das macht der (leicht abstrakte) Text deutlich. Diese Zerbrechlichkeit wird hervorragend dargestellt und durch den collageartigen Backgroundgesang der restlichen Band unterstützt. Daneben briliert Sian Bell mit dem wohl passendsten Cello-Abschnitt auf dem Album. Durch das Outro wird die Illusion gekonnt abgerundet, das durch durch diese typisch träumerischen Gitarrenklänge zusammengehalten wird.

America

Jetzt dürfte man dort angekommen sein, wo es härter nicht mehr geht. Schon bei der Einleitung hat man das Gefühl, die Gitarren brechen über einen herein, wie eine riesige Wellen, das Gitarrensolo in der Mitte des Songs verstärkt diesen Eindruck noch. Die Strophe folgt einer klar ausgelegten Linie, in der Ray den Hörer mit imperativen Wendungen („You’ve got to…“) zuschüttet. Der Refrain dürfte dann wohl – mit den Refrains von Horse und Footsteps – der Teil sein, der am stärksten nach Grunge klingt – er ist einfach extrem und beißend. Ray randaliert mit der Textzeile „America is me“, woraufhin ihm ein technisch stark verzerrtes und metallisch klingendes „I’m in America“ hinterhergebrüllt wird. Dieser Teil erinnert stark an den Hard Rock, und mag manchem ungemütlich vorkommen, der Song in sich ist gewollt übertrieben. America ist ein spleeniger, aufgemotzter Mutant von der Sorte, die nach den seichten Klängen der Illusion die genaue Gegenseite aufzeigen. Ob man damit nun auf die Realität (in Bezug auf Verbrechen und Kriminalität) in Amerika aufmerksam machen will, ist der individuellen Interpretation überlassen. Faktisch steht jedoch fest, dass jemandem, der noch nie etwas von Amerika gehört hat, ein schlechter Eindruck entstehen könnte. Nicht nur die musikalische Darbietung ist demnach – im Kontext des Albums – exzessiv…auch der Text folgt diesem Schema. Der Song ist dennoch nicht überheblich, nur konsequent.

Interessant ist hierbei, dass America in der amerikanischen Veröffentlichung als letztes Stück des Albums diente, als Finale, wodurch es ja besonders hervorgehoben wurde.

When My Ship Comes In

Es geht auf das Ende des Albums zu und man versucht, eine dramatische Stimmung zu erzeugen. Schon der Rhythmus, der mit der Akustik-Gitarre verwirklicht wird, klingt exotisch. Die Athmosphäre ist strange und bedrückend und im Mittelteil kommt dann tatsächlich ein verhältnismäßig langer Teil ohne Gesang – ein gekonnter Abschnitt, der die Emotionalität des Tracks untermauert. When My Ship Comes In ist der sentimentalste und ausdrucksvollste Song des Albums und ein absolutes Highlight. Ganz zentral ist der sich wiederholende Vers „Every beggar is Christ“, der zu der psychodelischen Wirkung passt. Ray tut mit dem Gesang sein Übriges, den Song zu vollenden, wobei die Melodie der Strophe an die des Songs The Actor erinnert, den Ray ein Jahrzehnt später auf dem Soloalbum The Next Best Thing publizierte.

Ohne Pause geht dieser Song dann über zum Finale, dem Instrumental…

Prayer Before Birth

„No synthesizers or guitar synths used on the track“. So wird es im Booklet unmissverständlich deutlich gemacht. Man kann es als kreativen Höhepunkt ansehen, was einem hier geboten wird. Eine durchgehende „Hammond-Fläche“ gibt dem unorthodoxen Song Halt und es werden vereinzelt Tupfer des Wurlitzer Piano und der Effekt-Gitarren verwendet, um diesen einzigartig versunkenen, traumverlorenen Klang zu erzeugen. Diese Art eines Instrumentals mag vielleicht ein wenig strukturlos herüberkommen, aber es ist eindeutig bemerkbar, dass man sich bei diesem Track viele Gedanken gemacht hat … möglicherweise sogar mehr als bei jedem anderen Stück des Albums. Dieses nachdenkliche Flair ist womöglich der perfekte Weg, ein solch extrovertiertes Album ausblenden zu lassen. Gerade weil es nicht das ist, was man erwartet.

bandUnd so endet ein kongeniales Werk, das auch heute noch einen unverwechselbaren Charakter hat. Es ist eigentlich schade, dass es nach diesem langfristig zu keinem weiteren Album kam; es wäre spannend gewesen zu sehen, wie sich Stiltskin in dieser Besetzung weiterentwickelt hätten. Es kam jedoch zu Differenzen zwischen der Band und dem Label und zwischen Ray Wilson und Peter Lawlor aufgrund des finanziellen Aspekts, wovon der Titelsong des Albums Millionairhead von Cut handelt, einem Bandprojekt, an dem unter anderem Ray und dessen Bruder Steve beteiligt waren. Endgültig wurde die Auflösung wohl, als Ray offenkundig zu Genesis wechselte.

Seit der Neugründung 2005 kam es jedoch zu bemerkenswerten Veröffentlichungen, seien es Livealben oder Studioalben, bei denen man merkt, dass sie immer noch an dem Stiltslin-Sound von 1994 orientiert sind, diesen aber entwickelt haben. Somit ist dieses Album als grundfestes Fundament zu betrachtet, auf das man sich bei dem 2006er-Album SHEausgerichtet hat.

Natürlich kann man sich auch fragen, was das Ganze denn mit Genesis zu tun hat. Aber Fakt ist, dass Ray kurz nach diesem Album von Tony Banks und Mike Rutherford als Sänger engagiert wurde und zuvor nicht viele Referenzen hatte. The Mind’s Eye war damit maßgeblich für die  Einstellung Rays als Sänger, dessen Leistung auf dieser Platte offenbar so beeindruckend war, dass man sich dazu entschloss, ihn als Phil Collins‘ Nachfolger ins Genesis-Boot zu nehmen. Stiltskins Debutalbum hat Rays Karriere nachhaltig geprägt und stellt den Anfang selbiger dar.

Autor: Ole Uhtenwoldt