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Steve Hackett – To Watch The Storms – Konzertbericht Mannheim 2003

Das Capitol in Mannheim ist ein alteingesessenes „Theater-Halbrund“ mit Sitzplatz-Rang und leicht ansteigendem Stehplatz-Innenraum. Das Konzert schien an diesem Abend nicht ganz ausverkauft zu sein, dennoch für einen ansonsten „normalen“ Montag gut besucht…

Ray Wilson tourt und tourt. Seit Anfang des neuen Jahrtausends ist er unterwegs, erst unplugged, dann mit Band. Und dann immer im Wechsel. Beim Edinburgh Festival spielt er jedes Jahr und ist dort eine feste Größe. 2001 im Madogs, das war so etwas wie der Neustart für Ray Wilson. Danach ging es in der Solokarriere wieder aufwärts. Das
Live And Acoustic Album, danach
Changeund
The Next Best Thing. Eine
Live 2CD mit einen Querschnitt durch Ray’s musikalisches Schaffen und seinen Genesis Lieblingssongs folgte, dazu ein weiteres
Unplugged Album. Und dann hatte er wieder richtig Lust auf Rock. Ein neues Stiltskin Album,
She, gibt es seit März zu kaufen (mehr dazu im Stiltskin Special). Und auch in diesem Jahr tourt Ray – erst semi-unplugged, jetzt wieder mit Band. Am 19. Juli gastierte er in Heiligenhaus bei Essen.

Für Genesis-Fans sind Ray Wilson Konzerte eine abwechslungsreiche Sache. In England wurde die Tour mit „World of Genesis“ beworben und Ray spielte zur Hälfte Genesis-Songs. Nicht nur Material aus der Zeit von
Calling All Stations, nein, auch viele seiner eigenen Favoriten. So fand
Ripples den Weg in den Set, mit dem er seinerzeit die Besucher des RayVent begeisterte. Böse Zungen behaupten, Ray sei eine gute Genesis-Coverband. Andere sagen: Wer, wenn nicht er, hat dazu eine Berechtigung? Fakt ist aber: Mit jeder neuen Tour und jedem neuen Album gibt es mehr von Ray und weniger von Genesis zu hören.

 

Stiltskin SHE

Calling All Stations

The Lamb Lies Down On Broadway

Land Of Confusion

Ghost

Goodbye Baby Blue

Change

Entangled

Follow You Follow Me

Sarah

Along The Way

Ripples

(Pause)

The Actor

Alone

Games Without Frontiers

Not About Us

Lemon Yellow Sun

She

Sunshine And Butterflies

Wake Up Your Mind

Footsteps

Inside

Turn it On Again

Taking Time

I Can’t Dance

The Carpet Crawlers

In Heiligenhaus gibt es eine städtisch organisierte kleine Location, namens „Der Club“. Dort spielte Ray, draußen waren es tagsüber 35°, als der deutsche Genesis-Fanclub ein Interview mit Ray machte. Abends waren es dann drinnen 35° und draußen nicht viel kühler. Die Bühne bot nicht übermäßig viel Platz, und so saß Irvin Duguid etwas versetzt hinter einer Säule, während sich Ray beim Opener
Calling All Stationsdie Seele aus dem Leib sang. Der Song funktioniert live grandios, und nicht nur Ray (im Interview) fragt sich, warum er das nicht viel früher mal live gespielt hat. Ein neuer Gitarrist, Ali Ferguson, sorgt für einen neuen Gitarren-Sound und lässt es mal krachen, mal melodischer angehen. Die drei Genesis Opener (es folgten
The Lamb Lies Down On Broadway und
Land Of Confusion) kamen sehr gut an und der Club heizte sich weiter auf. Deutlich rockiger als noch bei früheren Band-Tourneen präsentiert sich Ray mit seiner Band und die Spielfreude auf der Bühne war unübersehbar. Für die nächsten Songs schnallte sich Ray aber erst einmal wieder die Akustik-Gitarre um, mit der besonders in Deutschland gepunktet hatte.

 

Songs wie
Change und
Sarah,
Ghostoder
Along The Way repräsentieren Rays Soloprojekte nach dem Genesis-Aus. Und dann kamen sie, Rays Lieblings Songs von Genesis.
Entangled– wer hätte das gedacht – wurde gespielt. Etwas Probleme bereitet Ray die ursprüngliche Tonlage des Songs, weshalb er auch gar nicht erst versucht, es wie im Original zu singen. Bei
Ripples ist dieses Problem nicht so gravierend. Beide Songs werden vom Publikum dankbar aufgenommen und stürmisch gefeiert. Und weil die Raumtemperatur Dauertranspirationen bei den Zuschauern verursacht, macht Ray eine Pause, und alle gehen raus, um die schwülen Bedingungen draußen ebenfalls zu testen.

Die zweite Hälfte des Konzerts ist dann insgesamt ein Rock-Feuerwerk. Mit Rays Soloklassiker
The Actor geht’s los – aber dann folgt zunächst eine kongeniale Version von
Games Without Frontiers. Dies hatte Ray zwar (genau wie Entangled) schon zu Beginn des Jahres semi-akustisch dargeboten, aber diese Band-Version lässt keine Wünsche offen. Im Gegenteil, das klang deutlich besser als von Peter Gabriel selbst auf der
Still Growing UpTour. Von
Not About Us gibt es dann auch endlich mal eine Band-Version. Und dann folgt pure Rockmusik.
Inside,
Footsteps, Sunshine And Butterflies, Turn It On Again in der Hard-Rock Version, Ray und seine Band ließen es krachen. Dazu kamen einige neue Songs, wie
She, bei dem Ray ein alternatives Mikrofon benutzte, um die verzerrte Stimme entsprechend in Szene zu setzen.
Wake Up Your Mindrockt ebenfalls gewaltig, die nächste Stiltskin Single
Lemon Yellow Sun ist da schon etwas ruhiger, wenn auch deutlich kräftiger in dieser Band Version. Einen weiteren neuen Song,
Taking Time, gibt es im Zugaben-Block. Wenn das für Genesisfans etwas zu viel Rock des guten war, gibt’s einen versöhnlichen Abschluss –
The Carpet Crawlers.

Es ist interessant, die Entwicklung in Rays Live-Shows zu sehen. Seine Unplugged-Shows haben immer etwas gewollt Minimalistisches, aber auch diese peppte er mit der Irvin Duguid gehörig auf. Was Ray seinerzeit auf der
Change-Tour mit seiner Band (damals noch ohne Irvin und Ali) spielte, ist nunmehr ziemlich weit von dem entfernt, was diese Band heute spielt und spielen kann. Es macht Spaß, diese Entwicklung zu sehen. Das neue Stiltskin Material ist live noch einen Tick stärker, als es ohnehin schon auf der Platte ist, und Ray erklärte im it-Interview, dass diese Sommerkonzerte irgendwo in der Mitte sind von dem, was er machte und dem, was er im Herbst machen wird. Somit ist zu hoffen, dass die Kurve weiter nach oben zeigt und die Herbst-Tour ein Erfolg wird.

Autor: Christian Gerhardts