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Steve Hackett – The Man, The Music (Doku) – Infos und Rezension
Etwas überraschend wurde im Sommer 2015 für den September eine Doku über Steve Hackett angekündigt. The Man, The Music entstand über einen Zeitarau von etwa fünf Jahren und basiert auf Interviews mit Steve Hackett und einigen Weggefährten.
2014 war für viele Fans ein enttäuschendes Jahr – zumindest was die Aktivitäten der „Mutterband“ Genesis angeht. R-Kive wurde den Fans als große News angekündigt und die dazu gehörige Dokumentation Sum Of The Parts konnte die Erwartungen bei weitem nicht erfüllen und zeichnete ein schiefes Bild der Band. Steve Hackett wiederum machte seinem Unmut Luft und kritisierte die unbalancierte Darstellung ebenfalls – als einziges der fünf Mitglieder des klassischen Line-Ups hatte seine Solokarriere keine Erwähnung im Film gefunden.
Was damals keiner wusste: Seit 2010 arbeitete Matt Groom an einer eigenständigen Doku über die Karriere und das Leben von Steve Hackett. Zu diesem Zweck hat er zu verschiedenen Gelegenheiten und an verschiedenen Orten (die in Summe aber recht überschaubar sind), Steve Hackett selbst etliche Male interviewt und ebenso Weggefährten und Familienmitglieder befragt. Steves Mutter ist zu sehen, natürlich sein Bruder und auch seine Frau Jo, die nunmehr seit einigen Jahren auch sein Antrieb und auch auf kübstlerischer Seite eine wertvolle Partnerin ist.
Dazu kommen Roger King, Gary O’Toole, Nick Beggs oder Rob Townsend aus seiner Band ebenfalls zu Wort. Auch Kollegen wie Steven Wilson und Chris Squire sind Teil des Films, nicht zu sehen sind dagegen seine Genesis-Kollegen und auch ein paar andere Mitstreiter aus seiner Vergangenheit sind nicht vertreten. In einigen Fällen mag das wenig überraschend sein, aber hinsichtlich der langen künstlerisch/musikalischen Geschichte wären ein paar Statements verschiedener weiterer Wegbegleiter sicher interessant gewesen.
The Man, The Music verfolgt ein anderes Konzept als die meisten Dokumentationen in der Musikbranche. Es wird auf einen Erzähler verzichtet und die Geschichte wird ausschließlich anhand der Aussagen der Interviewpartner erzählt. Hierfür hat Matt Groom einen interessanten Wechsel aus „Erzählungen von früher“ und „so ist es jetzt“ gewählt. Insbesondere wenn Weggefährten zu Wort kommen, gibt es öfter mal Zeitsprünge, die dem Gesamtkonzept aber eher zuträglich sind, als dass sie schaden würden. Zwischendurch gibt es allerdings auch mal Passagen mit Steves Vorführungen seiner Gitarrenkünste und auch ein kompletter Song (Every Day) wird in einer Live-Version gezeigt. The Man, The Music wirkt insgesamt ein wenig wie eine DVD-Version des Konzepts, das Genesis vor einigen Jahren für Chapter & Verse gewählt hatten.
Die gesamte Dokumentation dauert deutlich mehr als zwei Stunden – das ist eine Menge Stoff und mit Sicherheit hat diese Doku dadurch auch ein paar Längen. Hier kann man hinterfragen, ob eine Auslagerung der ein oder anderen Sequenz in das Bonus-Material nicht die bessere Lösung gewesen wäre. Auf der anderen Seite wollen Fans ja immer alles haben und diesem Anspruch trägt der Film auch Rechnung. Interessant wird die Doku immer dann, wenn insbesondere Steve anfängt, zu philosophieren. Man hat außerdem zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass es den Beteiligten an Authentizität fehlen könnte. Alles wirkt echt und ehrlich.
Die weit über 20 Kapitel legen einen Schwerpunkt auf die frühen Jahre – nach Spectral Mornings gibt es doch einen recht großen Bruch und es geht erst mit Jo Hackett und Out Of The Tunnel’s Mouth weiter, wobei aber auch zum Beispiel Wild Orchids am Rande thematisiert wird. Grundsätzlich macht das keine Probleme, da sich Hacketts Arbeitsweise in den Jahren dazwischen kaum geändert hat. Letztlich kommt sein Faible für reine Klassikalben auch nicht zu kurz – A Midsummer Night’s Dream und Tribute finden auch Platz auf dieser Dokumentation.
Für Genesis-Fans dürften Steves Gedanken zu den einzelnen Bandmitgliedern sehr interessant sein. Zwar ist vieles in Grundzügen längst bekannt, jedoch bekommt man hier eine pure Hackett-Sicht zu sehen bzw. zu hören. Auch die Schilderungen seiner Kindheit und Jugend sind sehr erkenntnisreich. Ein besonderes Highlight sind die Aufnahmen zu Squackett mit Chris Squire sowohl im Hauptfilm, als auch im Bonusmaterial. Es ist mehr als nur eine nette Geste und irgendwie auch ein indirekter Nachruf.
Die Doku liegt in Stereo vor, auch auf deutsche oder anderssprachige Untertitel wurde verzichtet. Allerdings sprechen alle Beteiligten ein sehr gut verständliches Englisch, so dass einem Kauf bei normalen Englischkenntnissen nichts im Wege steht.
The Man, The Music ist eine sehr ausführliche Dokumentation über den mutmaßlich kreativsten und produktivsten Musiker aus dem Genesis-Umfeld. Das Konzept, vor allem auf Interviews zu setzen und auf einen Erzähler zu verzichten, macht einerseits Sinn, da sich der Zuschauer letztlich sein Fazit selbst ziehen muss, andererseits ist die Doku durch die Länge von deutlich über zwei Stunden auch etwas „anstrengender“ zu schauen. Letztlich sind es hier aber vor allem Fans, die als Zielgruppe angesprochen sind. Insofern ist das Ergebnis eine runde Sache.
The Man, The Music erscheint bei Wienerworld am 7. September 2015 und ist bei amazon bestellbar.
VERLOSUNG: Im Rahmen eines Gewinnspiels verlosen wir drei DVDs. Informationen dazu entnehmt bitte unserer Verlosungsseite.
Autor: Christian Gerhardts