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Steve Hackett – Nordamerika-Tour 1992 – Bericht

Zwischen der Veröffentlichung des Livealbums Time Lapse und dem folgenden Studioalbum Guitar Noir tourte Steve Hackett in Nordamerika.

Nach längerer Pause absolvierte Steve Hackett 1992 eine kleine Tour in Nordamerika. Er spielte leider nur in den USA und in Kanada, um dort für seine Live-CD Time Lapse zu werben. Die Konzerte lassen aber auch bei den europäischen Fans auf einiges hoffen, denn schließlich ist ein neues Studioalbum überfällig. Genug Material scheint er dafür wohl zu haben, wie der Live-Set beweist.

Zu Beginn spielten Steve und seine neue, übrigens ausgezeichnete, Band ein Medley aus Stücken der ersten vier Solo-Alben. Nach einer kurzen Verschnaufpause folgte eine glänzende Version von Camino Royale, daß sich mehr und mehr zum Klassiker entwickelt. Steve holte dann ein Megaphon hervor und leitete das erste seiner neuen Stücke mit dem Rezitieren einiger grausiger, trübsinniger Zeilen ein: Vampire With A Healthy Appetite heißt der Song, zu Beginn zwar seltsam, dann aber übergehend in einen starken Up-Tempo-Teil. Als nächstes folgte ein ruhigeres Stück, Flight Of The Condor mit einem langgehaltenen Gitarrensound, der an die Songs von Spectral Mornings und Defector erinnert.

Neue, bisher unveröffentlichte Songs

Take These Pearls, ein romantisches Stück mit einem sehr guten Steve Hackett als Sänger schloß sich an. Deutlich sind hier lateinamerikanische Einflüße beim Rhythmus zu spüren. Das anschließende Always Somewhere Else, von Highly Strung, entfaltete sich in Improvisionen, im musikalischen Tumult. Das nächste Stück ist zwar auch neu, war aber bereits auf dem Video Steve Hackett-Live zu finden: In The Heat Of The City. Abermals glänzte Steve hierbei auch als Sänger. Mit Walking Away From Rainbows folgte ein sehr passives, nachdenkliches Stück, das an die ruhigeren Momente in Steves frühen Alben erinnert. Der nächste Song war sehr merkwürdig: Many Sides Has The Night begann mit einigen überraschend gut ausgeführten Blues-Mundharmonika- Elementen, gefolgt von einer Art Sprechgesang.

In That Quiet Earth, der alte Genesis-Klassiker schloss sich an, in einer Version, die wesentlich besser war, als die auf der Time Lapse-CD festgehaltene, inklusive einiger zusätzlicher kraftvoller Mundharmonika-Solos von Steve. Das nächste Stück widmete Steve demjenigen, der ihm das Mundharmonikaspielen gelehrt hat: Paul Butterfield. Es heißt Dark As The Grave und ist sehr atmosphärisch, mit einem Rhythmus, der sich in einem schnellen, stillen Tempo bewegt. Es folgte ein tolles Drum- und Bass-Solo, zu dem die übrigen Bandmitglieder hinzustießen um den Song Etruscan Serenade zu jammen. Ein weiterer neuer, aber dennoch bekannter Titel war Depth Charge, der sowohl auf dem Live– Video, als auch auf der Time Lapse-CD zu finden ist. Ein absoluter Hackett-Klassiker beschloss das reguläre Programm: Everyday, in einer sehr guten Darbietung.

Als Zugabe spielte Steve zunächst ein Akustik-Medley mit Teilen von Cuckoo Cocoon, Blood On The Rooftops und Horizons, sowie einem neuen unbetitelten bluesigen Stück. Am Ende der Show stand dann ein Blues-Klassiker, The Stumble, mit der Bemerkung Steves: „Ich weiß nicht, warum ich in England geboren wurde, wo ihr doch all‘ den Blues hier habt.“

Nicht versäumt werden sollte, auf die hervorragende Band hinzuweisen. Das Schlagzeug bediente agil und kraftvoll Hugo Degenhardt, am fretless Bass glänzte Dave Ball und Julian Colbeck meisterte die Keyboard-Arbeit. Die Talente der Bandmitglieder ergänzten sich gegenseitig zu einem sauberen Zusammenspiel.

Man darf sich also auf Steve Hackett freuen. Egal, ob auf Tour, oder mit einen neuen Album, es wird sicher ein Fest für seine Fans werden. Wann das eine oder andere jedoch eintrifft, steht wie bei Steve (leider) gewohnt in den Sternen.

Autor: Helmut Janisch
Vielen Dank an The Waiting Room und speziell Bill Brink, die uns die nötigen Informationen zu diesem Bericht zur Verfügung gestellt haben.
zuerst veröffentlicht in it-Magazin 6, März 1993