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Steve Hackett – Island 2015 (mit Todmobile) – Konzertberichte
Im Januar 2015 gönnte sich Steve Hackett eine besondere Konzertabwechslung. Zusammen mit Todmobile und einem Orchester spielte er bei zwei Konzerte auf Island. Volker Warncke war dabei.
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, im Januar nach Island zu reisen. Wird es da zu dieser Jahreszeit überhaupt hell, stürmt und schneit es da nicht ununterbrochen, und wann bricht der nächste Vulkan aus? Außerdem ist es vielleicht doch selbst für mich ein bisschen heftig, für nur ein Konzert so einen weiten Trip zu machen. Als Steve Hackett also bekannt gab, dass er am 16. Januar in Reykjavik als Gast bei der dortigen Band Todmobile plus Orchester auftreten würde, habe ich das zunächst einfach nur zur Kenntnis genommen und nicht weiter verfolgt. Anfang Dezember wurde ich dann doch mal neugierig und habe einfach mal geprüft, wie denn der Kartenvorverkauf so läuft und konnte feststellen, dass ein Großteil der Plätze bereits verkauft war. Man konnte auf der isländischen Ticketwebsite direkt die Plätze auswählen – und was sehe ich da? Parkett, Reihe 1, Platz 13, genau in der Mitte direkt vor der Bühne, war noch frei! Da habe ich den Platz einfach genommen, das konnte ich mir nicht entgehen lassen! Danach habe ich mir dann überlegt, ob diese Reise wirklich machbar sein würde, und checkte die Flüge und Hotels. Ergebnis: kein Schnäppchen, aber noch bezahlbar, also war alles klar und der Direktflug mit Icelandair von Frankfurt und zurück und ein Hotel mitten in Reykjavik waren gebucht. Das Konzerthaus, Harpa, dort ist am Hafen gelegen, und vom Hotel aus bequem per Fuß zu erreichen. Inzwischen hatte ich auch in Erfahrung gebracht, dass es im Januar im Süden von Island, wo Reykjavik liegt, ca. 5 Stunden pro Tag hell ist. Also nicht ganz so schlimm wie befürchtet.
Es war zwar nur das Konzert vorgesehen, aber ein bisschen Zeit für Sightseeing wollte ich schon einplanen. Also am Donnerstag hinfliegen, am Freitag das Konzert, am Samstag Zeit für einen Ausflug, und für Sonntag hatte ich den Rückflug gebucht. Island liegt ja quasi auf halbem Wege nach Nordamerika und so erzählte ich das auch Jack Beermann aus Boston, der auch mit den Hacketts befreundet ist und sie zuletzt im November 2014 durch Salem bei Boston geführt hatte, wo es dann auch zu Fotos kam, die auf Steves Blog zu sehen sind:
Jack erzählte mir, dass er sogar entfernte Verwandte in Island habe und so entschied er sich bald dafür, auch zu kommen. Aber es kam noch besser: da er gut mit Armando Gallo befreundet ist, fragte er auch ihn, ob er mitkommen würde, und nach kurzer Bedenkzeit sagte auch Armando zu. Also änderte ich meine Hotelbuchung und fand für uns drei ein Apartment mit genug Platz, ebenfalls in der Innenstadt, was natürlich die Übernachtungskosten pro Person sehr positiv beeinflusste.
Ungefähr zwei Wochen vorher wurde aber plötzlich ein zweites Konzert angesetzt, für den 17.1., aber nicht etwa an selber Stelle, sondern ganz im Norden von Island, in Akureyri! Dort gibt es auch eine geeignete Konzerthalle. Das konnten wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen, also buchten wir zusätzlich noch den Inlandsflug dorthin, er dauert nur ca. 45 min, und ein weiteres Apartment für eine Nacht. Und ich musste meinen Rückflug um einen Tag verschieben, auf Montag. Alles nicht ganz billig, aber man gönnt sich ja sonst nichts…
So kamen wir dann am Donnerstagnachmittag am internationalen Flughafen Keflavik an, der nochmal ca. 45 Minuten per Taxi oder Bus von Reykjavik entfernt liegt. Unser Apartment war einwandfrei und hatte sogar einen Plattenspieler und eine kleine Auswahl an isländischen Platten! Das gehört zum Konzept des Vermieters, der Mitglied in einem dortigen Musik-Kollektiv ist, das Konzerte von isländischen Bands in kleinen Clubs organisiert. Armando kam quasi direkt von den Golden Globes zurück, wo er natürlich wieder jede Menge Fotos gemacht hatte; er ist ja Mitglied bei der Hollywood Foreign Press Association, also der Jury, welche die Golden Globes verleiht.
Wir hatten vorher schon Kontakt mit Steve und Jo aufgenommen und trafen uns dann am frühen Abend in einem Proberaum des Harpa-Gebäudes, in dessen großer Konzerthalle am folgenden Tag auch das Konzert stattfinden würde. Steve war dort gerade fertig mit den Proben geworden und wir unterhielten uns noch ein bisschen mit den Leuten von Todmobile; alle waren sehr nett und man merkte natürlich, wie geehrt sie sich von Steves Anwesenheit fühlten. Orchester und Chor waren da noch nicht anwesend. Anschließend ging’s dann zum Abendessen in ein nahegelegenes mexikanisches Restaurant mit den Hacketts und Ben Fenner, der sonst sein Mischpult-Mann ist, ihn aber immer bei solchen ‚Soloreisen‘ als Guitar-Tech begleitet.
Am Freitagvormittag sind Jack und Armando in der berühmten Blauen Lagune baden gegangen, während ich einen kleinen Stadtrundgang fotografisch festhielt. Am Nachmittag gab es dann die Bühnenprobe mit Band und Orchester, bei der wir allerdings nicht anwesend waren. Steve war vorher doch etwas nervös, da er nicht nur bei den Genesis-Stücken spielen sollte, sondern auch bei einigen Songs von Todmobile und auch als wir am frühen Abend mit ihm im Harpa-Komplex etwas aßen, schien er noch etwas angespannt, ob auch alles gut klappen würde.
Der Einlass verzögerte sich etwas, aber kurz nach halb Acht ging es in die große Halle, die gut 1200 Plätze hat und auch weitgehend voll war; nur die Plätze hinter der Bühne waren durch den fast schon Pink Floyd-artigen Bühnenhintergrund verdeckt. Ich nahm meinen Platz in der Mitte der ersten Reihe ein und saß damit so nah an der Bühne, dass man noch nicht mal seine Beine ganz hätte ausstrecken können.
Todmobile ist eine ausgewachsene Rockband, mit Gitarrist/(Neben)-Sänger (und Band-Chef), Hauptsänger, Bassist, Keyboarder, Schlagzeuger, und zwei Hintergrundsängerinnen, von denen eine auch mal den Hauptgesang übernimmt. Der Hauptsänger mit seinen langen blonden Haaren sieht aus wie ein echter Wikinger und hat eine wirklich überzeugende Stimme, hat auch in den Höhen keine Probleme und klingt immer absolut sauber und druckvoll. Über gelegentliche Textunsicherheiten bei den Genesis-Songs kann man da vielleicht gnädig hinwegsehen; er hat das ja vorher noch nie aufgeführt. Teilweise ging sein Gesangsvortrag etwas in Richtung Musical, was natürlich Geschmackssache ist, aber es nahm nie überhand. Er könnte aber vermutlich genauso gut Musicals singen wie auch einen Heavy Metal-typischen ‚Tenor‘-Gesang.
Die Show war in zwei Teile gegliedert, mit einer ca. 20minütigen Pause. Bei beiden Sets kam zunächst jeweils nur die Band für einige Stücke, dann Orchester und Chor und dann wurde Steve auf die Bühne gebeten. Im ersten Teil war er nur bei den letzten beiden Songs zugegen, aber das waren immerhin Dance On A Volcano und das komplette Supper’s Ready! Dessen Ende hat er ja bei den Genesis Revisited-Shows länger und länger mit seinem Solo gezogen, als ob er sich einfach nicht davon trennen konnte – bei den Island-Shows ging es zwar auch in diese Richtung, aber die Band hat dann doch etwas früher einen Punkt gemacht, so dass das Ende etwas direkter kam.
Nach der Pause ging es dann erst mal ohne Steve und Orchester weiter. Bei einem Stück übernahm eine Sängerin von Todmobile den Gesang und quasi auch die Hauptrolle, wobei sie sich zeitweise wie eine Spieluhrfigur in Ballettpose drehte, was mich irgendwie an einen anderen Song erinnerte, der dann auch später teilweise noch erklang! Als die fast siebzig Leute dann wieder auf der Bühne waren, kam auch Steve und es ging weiter mit Dancing With The Moonlit Knight, Blood On The Rooftops und Firth Of Fifth; zusätzlich spielte er noch zum Stück Midnight Sun, das von Todmobiles neuem Album Úlfur(„Wolf“) stammt. Die Band hatte Steve gefragt, ob er als Gast bei diesem Stück spielen wollte, so dass man ihn auch auf dem Albumtrack hören kann. Dieses Album ist übrigens mit einer Bonus-DVD erschienen, auf der man den Auftritt von Jon Anderson in gleicher Besetzung von 2013 bewundern kann. Midnight Sun ist auch als Bonustrack auf Steves Wolflight-Album zu hören.
Zurück am späten Sonntagabend im Apartment mussten wir feststellen, dass am nächsten Tag wegen Sturmes die meisten Flüge gestrichen waren! Armando musste nach London, konnte aber einen späteren Flug am Montag nehmen, und diesen Flug hatten auch die Hacketts gebucht – es war der erste Flug, der nach dem vorhergesagten Sturm wieder ging. Jack war mit seinem Rückflug nicht betroffen, aber mein Rückflug nach Frankfurt am frühen Montagmorgen fiel aus und nach dem Anruf bei Icelandair wurde ich auf einen Flug nach Frankfurt mit Umsteigen in Oslo umgebucht. Aber der ging erst 24 Stunden später. Somit hatte ich noch einen Tag mehr in Reykjavik; zum Glück war das Apartment nicht gleich wieder gebucht, so dass ich da bleiben konnte. Und der Wirt gab mir sogar einen Discount für die Zusatznacht. Das Wetter war am Montagmorgen etwas regnerisch und ziemlich windig, aber gegen Mittag kam auch schon ein die Sonne wieder bisschen raus.
Es gab in der Harpa-Halle noch eine tägliche Führung für Touristen mit Blick hinter die Kulissen und einen 360°-Film über Island, wozu wir bisher keine Zeit gehabt hatten. Damit verbrachte ich dann also den Nachmittag, nachdem ich vorher ein letztes Mal mit den Hacketts zu Mittag gegessen hatte. Steve erwähnte nochmal, wie unzufrieden er mit der Sum Of The Parts-Geschichte ist, und dass er irgendeine Art der zukünftigen Zusammenarbeit mit den Jungs für nicht mehr wahrscheinlich hält.
Am nächsten Morgen war es wieder regnerisch, aber beim Rückflug ist alles glatt gegangen und ich bin am Dienstagnachmittag wohlbehalten in Frankfurt gelandet.
Das Ganze war zwar teurer als gedacht und hat länger gedauert als geplant – aber es hat sich in jeder Hinsicht voll und ganz gelohnt – musikalisch, touristisch, menschlich. So orchestral, ja ‚fett‘, hat man unsere Lieblingsstücke wohl selten gehört!
Autor & Fotos: Volker Warncke