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Steve Hackett – Genesis Revisited: Live At The Royal Albert Hall – Analyse des Remaster 2020

Die Konzertaufnahme des ursprünglich 2014 erschienenen Sets Live At The Royal Albert Hall bekam 2020 ein Remaster für eine Vinyl-Neuauflage. Da dieses Remaster auch auf CD und digital erscheint, haben wir die Unterschiede analysiert.

Als Steve Hackett mit seiner damals noch frischen Genesis Revisited Tour Station in der altehrwürdigen Royal Albert Hall in London machte, war schnell klar, dass man diese Gelegenheit für einen Konzertfilm und ein Live-Album nutzen würde. So erschien das Konzert seinerzeit komplett als 2CD/DVD und als Boxset mit DVD, 2CD und Blu-ray. Das Konzert mit den Gästen Ray Wilson und John Wetton (neben anderen) wurde wunderbar eingefangen. Die ausführliche Rezension könnt ihr hier nachlesen. Auch eine Kritik der Show selbst gibt es online – hier klicken.

Dies war die Setlist:

Dance on a Volcano

Dancing With the Moonlit Knight

Fly on a Windshield

Broadway Melody of 1974 (Vocals: Gary O’Toole)

The Carpet Crawlers (with Ray Wilson)

The Return of the Giant Hogweed (with Roine Stolt)

The Musical Box

Horizons

Unquiet Slumbers for the Sleepers…

…In That Quiet Earth

Afterglow

I Know What I Like (In Your Wardrobe) (with Ray Wilson)

Firth of Fifth (with John Wetton)

Ripples (with Amanda Lehmann)

The Fountain of Salmacis

Supper’s Ready

Watcher of the Skies

Los Endos

Vinyl-Freunde haben sich dann im Frühjahr 2020 gefreut, als eine Veröffentlichung des Konzertes als Triple-Vinyl (inkl. zwei Sonderauflagen im farbigen Vinyl, wir berichteten) angekündigt wurde. Extra dafür wurde das Album neu gemastert und da InsideOut den Vinyl-Veröffentlichungen immer auch eine CD beilegt, bekam auch die digitale Version ein Remaster. Also lohnt sich ein Vergleich der Versionen von 2014 und 2020. Tom Morgenstern hat sich dieser Aufgabe gewidmet:

Steve Hackett – Genesis Revisited: Live At The Royal Albert Hall –

Vergleich 2020 Vinyl-Remaster (Wave-Files 16/44,1) mit der 2014er CD-Originalausgabe

Im Prinzip wurden bei allen Stücken mehr oder weniger dieselben EQ-Änderungen vorgenommen: Ein Hochpass-Filter mit ‚Kuhschwanz‘-Charakteristik wurde zwischen 160 und 250 Hz (siehe mittlerer Pfeil in u.a. Grafik) eingesetzt und die tiefen Frequenzen unterhalb dieser Eckfrequenz um max. 5 dB (gemessen bei ca. 45 Hz – linker Pfeil) abgesenkt. Die Tiefbässe unterhalb von 45 Hz wurden sogar noch weiter abgesenkt, so dass ab ca. 25 Hz praktisch keine Signale mehr zu vernehmen sind. Gleichzeitig wurde mit einem Tiefpass-Filter der Bereich oberhalb derselben Eckfrequenz um ca. 5 dB in der Spitze (gemessen bei ca. 3,5 kHz) angehoben. Der Hochtonbereich ab ca. 12 kHz wurde jedoch wieder abgesenkt und liegt bei ca. 16 kHz (rechter Pfeil) etwa gleichauf mit dem Original, fällt darüber aber steil ab.

Insgesamt wurde der Pegel des Remasters um ca. 2 dB reduziert; da man jedoch die Bässe in etwa gleichermaßen abgesenkt hat, wie die Höhen angehoben, ergibt sich in der Lautheit nur eine Differenz von etwa 0,5 – 0,8 LU. Die Pegelreduktion war somit nicht absichtlich erfolgt, sondern nur ein Resultat der EQ-Filterung.

Keine Differenz hingegen ist in der Dynamik erkennbar – Spitzen- und Durchschnittswerte haben über den gesamten Frequenzbereich unveränderten Abstand voneinander. Auch die Breite der Stereobasis ist identisch mit der des Originals.

Vergleich

Beispiel Watcher of the Skies – Fette Kurven: Remaster, dünne Kurven: Original. Grün: Durchschnittswerte, Gelb: Spitzenwerte.

Dies ist ein schönes Beispiel für die ‚klassische‘ Vorgehensweise beim Mastern für das Medium Vinyl, dessen systembedingte Limitierungen auf diese Weise mit relativ schnell vorzunehmenden Eingriffen kompensiert werden sollen. Tiefbässe verträgt das hochbetagte Medium ebenso wenig gut wie einen starken Hochtonbereich, laute Signale an beiden Enden des Frequenzbereichs können Probleme beim Lackschnitt bereiten, insbesondere, wenn sie starke Transienten aufweisen (also kräftige Spitzen mit steilen Wellenflanken) und dies kann später bei der Wiedergabe zu Verzerrungen führen; es ist daher eine gute Idee, diese für ein Vinylmaster zu begrenzen oder abzuschwächen. Nichts anderes ist hier passiert.

Im direkten (lautheitskompensierten) Vergleich erscheint das Remaster zunächst deutlich frischer und transparenter. Stimmen, Gitarren und Keyboards drängen sich stärker in den Vordergrund. Das Original klingt dagegen fast ein wenig zu dumpf. Hört man aber länger hin, wird man beim Remaster das Fehlen der Tiefbässe bemerken und die verstärkten oberen Mitten kommen bei einigen Stücken vielleicht ein wenig zu harsch.

Auf Schallplatte gepresst, wird dies jedoch weniger stark ins Gewicht fallen, weil die systembedingten harmonischen Verzerrungen (die vielzitierte ‚Wärme‘) des Tonträgers die Schärfe in den Mitten abmildern. Tiefbässe und spitze Höhen erwartet auf Vinyl ohnehin niemand. Ob es allerdings sinnvoll ist, die eindeutig für Vinyl optimierten Files auch zum Download zur Verfügung zu stellen, erscheint durchaus fragwürdig, denn in der digitalen Welt wird allgemein doch ein eher ausgeglicheneres Klangbild mit größerer Bandbreite bevorzugt.

Ungeachtet der technischen Analyse sind wir natürlich daran interessiert, wie und ob ihr den Unterschied wahrnehmt. Wenn ihr also das digitale Album oder die CD in der 2020er Fassung gehört habt, lasst es uns wissen.

Das neue Set kommt als 3LP-Box im Gatefold-Design, inklusive eines
umfangreichen LP-Booklets und 2CD. Es wird eine Version in schwarzem
Vinyl geben und eine Version in grünem Vinyl. Zusätzlich ist am amerikanischen Markt auch eine Version mit rotem Vinyl verfügbar.

Vorbestellen:
3LP/2CD-Box (schwarzes Vinyl): amazon | JPC

3LP/2CD-Box (grünes, transparentes Vinyl): JPC

digitales Album: amazonMP3

Autoren: Christian Gerhardts (allg. Teil) und Tom Morgenstern (Analyse)