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Steve Hackett – Genesis Revisited: Live At Hammersmith – 2DVD/3CD Rezension

Steve Hackett zieht eine Zwischenbilanz. Seine Genesis Revisited Show im Hammersmith Apollo erscheint als Doppel-DVD mit Livekonzert auf 3 CDs und vielen Special Guests. Wir haben es uns angeschaut.

Es wurde bereits viel über die aktuelle Tour von Steve Hackett geschrieben. Seit Anfang 2013 beglückt Steve Hackett die Fans weltweit mit einer reinen Genesis-Show, basierend auf seinen beiden Genesis Revisited Alben (ausführliche Rezensionen zu beiden Alben findet ihr in der Rubrik Steve Hackett – CD-Rezensionen). Ein Jahr wollte er sich dem Thema widmen und so war der Tourplan 2013 entsprechend voll (siehe Tourdaten 2013). Doch so ganz fertig wurde er mit dem Projekt wohl doch nicht – für 2014 sind bereits weitere Shows, auch in Deutschland, angekündigt. Details dazu entnehmt der Tourdatenseite 2014, die wir regelmäßig updaten.

Im Rahmen seiner Frühjahrstour konnte Steve in London zahlreiche Gäste versammeln, die – quasi als Generalprobe – alle auch schon das Konzert am Tag zuvor in Aylesbury mitgestaltet hatten. Neben Amanda Lehmann, die aus privaten Gründen die Tour nicht mitmachen wollte, sind dies Größen wie Nik Kershaw, John Wetton, Steve Rothery und Jakko Jaksyk. Es lang also nahe, die Show im Hammersmith Apollo London zu filmen. InsideOut hat aus dem reinen Konzertfilm ein 2DVD/3CD-Set gemacht, das eine Bonus-DVD enthält und das gesamte Konzert, verteilt auf drei CDs.

Verpackung

Genesis Revisited Live At Hammersmith cover

Das kleine Box-Set kommt im Format eines CD-Digipaks, hat also kein Hochkant-DVD-Format. Der Grund ist relativ einfach – es wird marketingtechnisch über die CD-Schiene angeboten und dürfte so auch eine größere Reichweite haben. Uns soll das recht sein – ein Hauptaugenmerk wird trotzdem auf den DVDs liegen. Der Digipak ist mehrfach ausklappbar. Das Artwork ist schlicht und zweckdienlich. Konzertfilm und Dokumentation liegen als normale DVDs vor, eine Blu-ray gibt es nicht. Mehr dazu am Ende der Rezension. Der Preis von rund 25 EUR für das gesamte Set ist sehr fair.

Konzertfilm

Wir wollen hier nicht die Show an sich noch einmal besprechen. Dies haben wir bereits mit den Berichten zu Leipzig und München sowie Hamburg getan. Unser Schwerpunkt liegt hier auf dier DVD-Produktion. Im Hammersmith Apollo wurde ja bereits Peter Gabriels New Blood: Live In London DVD / Blu-ray aufgenommen, insofern ist die Halle für Fans kein unbekanntes Terrain. Steve war übrigens 2011 ebenfalls dabei (als Zuschauer).

Der Film wirkt schlicht, aber durchdacht. Es gibt einen guten Mix an Close-ups und Totalaufnahmen, auf hektische Kamerafahrten und schnell wechselde Bilder wird verzichtet. So hat der Zuschauer Gelegenheit, die teils virtuosen musikalischen Darbietungen auch visuell zu verfolgen. Highlight des Konzertfilms sind natürlich die Special Guests, die mit Ausnahme des Konzertes in Aylesbury sonst nicht dabei waren. Wie schon auf dem Album, so sind auch die Beiträge in der Live-Show natürlich bei den Fans umstritten. Nik Kershaw singt seinen Beitrag (The Lamia) solide, bei John Wetton (Afterglow) ist definitiv noch Luft nach oben. Steve Rothery spielt einen schönen Gitarrenpart während The Lamiaund hier haben wir auch den ersten Haken an der Sache. Während Steve vor The Lamiaseinen Gast Nik Kershaw weitest gehend routiniert ansagen konnte, ohne den Spielfluss zu stören, war das natürlich mitten im Song nicht möglich. Kurz vor dem Gitarrensolo kündigt Steve den anderen Steve an und der Song hat dadurch einen kleinen Bruch. Es wäre vielleicht besser gewesen, Steve Rothery nach dem Song „nachträglich“ anzusagen. Seinen Beitrag soll das nicht schmälern. Das Gitarrenduett der beiden Steves ist aller Ehren wert. Bei den normalen Konzerten wurden der Gitarrenteil von Steve Rothery übrigens von Rob Townsend auf der Flöte gespielt.

Steve Hackett 2013

Ein ähnliches Problem gibt es bei Afterglow, als John Wetton das Gesangspodest in der Mitte der Bühne am Ende von In That Quiet Earth betritt. Auch hier wäre eine Vorstellung Wettons nach Afterglow wohl etwas besser gewesen. Dagegen ist Amanda Lehmanns und Jakko Jaksyks Duett bei Entangled perfekt. Amanda macht auch einen guten Job bei dem „ausnahmsweise“ gespielten Shadow Of The Hierophant, bei dem Steve bei der Ansage wert darauf legt, dass dieses mit Mike Rutherford geschriebene Stück auch von Genesis seinerzeit geprobt wurde.

Die anderen Teile der Show sind gemäß der Eindrücke aus unseren Live-Berichten bestens eingefangen worden und es macht Spaß, das Konzert noch einmal Revue passieren zu lassen. Ohne Frage bleiben The Musical Box und Supper’s Ready die Highlights der Show und bei Los Endos lässt Steve natürlich auch hier die Band etwas von der Leine. Bei all den Special Guests soll eines aber nicht unerwähnt bleiben: Der zu Beginn der Tour eher skeptisch begutachtete Sänger Nad Sylvan hat einen famosen Job gemacht. Es ist fast schade, dass er auf der DVD durch die vielen Special Guests weniger als sonst in Erscheinung tritt. Nad hat vermutlich den härtesten Job in der gesamten Band. Und es gelang ihm Show für Show, die Skeptiker und Fans zu überzeugen und zu begeistern. Dafür ein Chapeau!

Jeder, der bei der Europa-Tour dabei war, entdeckt hier und da ggf. einige Änderungen bzgl. der Light-Show. Dies war zu erwarten, in der Regel wird die Light-Show für alle Shows mit DVD-Aufzeichnung optimiert. Steve hat neben kleineren Anpassungen aber auch zusätzliche Elemente integriert. Diese Lichter sehen ein wenig aus wie überdimensionierte Schreibtischlampen. In der Tourdokumentation nimmt er darauf im Detail bezug. Außerdem kann man die in Fankreisen viel diskutierten Screens einmal genauer beobachten. An dieser Stelle hat die Show das meiste Optimierungspotenzial.

Bonus-DVD

Das Set enthält neben dem Konzertfilm eine weitere DVD mit den Bonus-Features. Diese bestehen allerdings „nur“ aus einer etwa 37-minütigen Tourdokumentation, basierend auf dem Hammersmith-Konzert. Steve erzählt über den Entstehungsprozess des Albums und der Live-Show, er gibt einen tiefen Einblick in seine Seele „diese Musik gehört den Fans, nicht den Musikern, die sie geschrieben oder vielleicht sogar fallengelasen haben“ und ist sichtlich stolz auf das, was er erreicht hat. Neben Steve kommen auch die Special Guests zu Wort: Nik Kershaw zum Beispiel verrät, dass er Genesis 1975 in London als Teenager gesehen hat – entsprechend groß ist natürlich auch seine Aufregung, fast 40 Jahre später einen Song des Lamb-Albums präsentieren zu können.

Steve Hacketts Band wird natürlich ebenfall vorgestellt. Die Tourdokumentation ist mehr als nur gelungen. Es ist eine kurzweilige Reise in das Innenleben einer Tour, die den Fan erreichen soll – und erreicht hat.

Bild & Ton

Das Konzert ist für den DVD-Standard optimiert. Der Sound ist durchgängig gut, der Surround-Mix setzt Nuancen und protzt glücklicherweise nicht mit Effekthascherei. Nur an wirklich sinnvollen Stellen (zum Beispiel die Percussion bei I Know What I Like) wird vom Surround etwas intensiver Gebrauch gemacht. Ansonsten beschränkt sich der 5.1-Sound auf einen Konzertraumklang und wird damit einer Live-Show auch am besten gerecht. Bässe und Höhen kommen gut rüber und natürlich wird es bei den Bässen genug Fans geben, die es gern etwas deftiger hätten. Kleiner Tipp: Hear it loud!

Das Bild ist dem DVD-Standard entsprechend in Ordnung, allerdings kommt es gerade zu Beginn der Show zu einem recht heftigen Bildrauschen bei roten und dunkelblauen Szenen. Bei einer differenzierten Beleuchtung ist dies natürlich kein Problem mehr.

Fazit

Steve Hackett macht das einzig Richtige – er hat die Frühjahrstour visuell eingefangen und das Ganzen gleich als ausführliches Live-Set inklusive 3CD-Live-Album veröffentlicht. Noch dazu ist es das Konzert mit den meisten Special Guests vor einer genialen Kulisse – was will man mehr?

Nun, abgesehen von dem kleinen Kritikpunkt, dass die Ansagen der Special Guests den Spielfluss etwas stören, will man natürlich mehr. Viele Fans fragten sich, warum es keine Blu-ray der Show gibt. An dieser Stelle können wir verraten, dass es eine Blu-ray geben wird, allerdings von der Show in der Royal Albert Hall im Oktober. Die Planungen für Hammersmith waren bereits weit vorangeschritten, bevor die Royal Albert Hall Show gebucht wurde. Nun wird es aber von der Royal Albert Hall Show (für die bisher die Special Guests Ray Wilson und Bonnie Tyler bestätigt wurden) nicht wieder ein solches Set geben, sondern eben eine Blu-ray mit einem anderen Konzert und anderen Extras. Steve hatte bereits angekündigt, die Setlist für die UK-Tour im Herbst etwas umstellen zu wollen. Derzeit hat schon Fountain Of Salmacis den Weg in den Set auf der laufenden US-Tour gefunden. Ungeachtet der Pläne für die Herbst-Show legt Steve mit Genesis Revisited: Live At Hammersmith ein gelungenes Live-Album vor, das kaum audiovisuelle Wünsche offen lässt.

Autor: Christian Gerhardts
Genesis Revisited: Live At Hammersmith erscheint am 18.10.2013 und kann bei amazon und JPC bestellt werden.

Tracklist:

DVD1 / CD1: Watcher Of The Skies
DVD1 / CD1: The Chamber Of 32 Doors
DVD1 / CD1: Dancing With The Moonlit Knight
DVD1 / CD1: Fly On A Windshield
DVD1 / CD1: Broadway Melody Of 1974
DVD1 / CD1: The Lamia (feat. Nik Kershaw & Steve Rothery)
DVD1 / CD1: The Musical Box
DVD1 / CD1: Shadow Of The Hierophant(feat. Amanda Lehmann)
DVD1 / CD1: Blood On The Rooftops

DVD1 / CD2: Unquiet Slumbers For The Sleepers…
DVD1 / CD2: …In That Quiet Earth
DVD1 / CD2: Afterglow (feat. John Wetton)
DVD1 / CD2: I Know What I Like
DVD1 / CD2: Dance On A Volcano
DVD1 / CD2: Entangled (feat. Jakko Jakszyck & Amanda Lehmann)
DVD1 / CD2: 11th Earl of Mar
DVD1 / CD2: Supper’s Ready
DVD1 / CD3: Firth Of Fifth
DVD1 / CD3: Los Endos (incl. Slogans)

DVD2: Tour documentary