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Steve Hackett – Blues With A Feeling – Rezension
Steve Hacketts Ausflug ins Blues-Genre bescherte uns ein neues Studioalbum – Blues With A Feeling.
Sein neues Album Blues With A Feeling mit einer Spieldauer von etwas mehr als 45 Minuten wird voraussichtlich am 19. September* in England veröffentlicht werden. Wir können Euch aber jetzt schon einiges über die zwölf neuen Songs erzählen, da Billy Budis so freundlich war, uns eine Vorabaufnahme der CD zu schicken.
Wie der Albumtitel schon verrät, setzte Steve sich bei dieser Produktion einen ganz anderen musikalischen Schwerpunkt als bisher. Die Musik lässt sich grob als eine Mischung von unterschiedlichen Blues-Schattierungen mit einer guten Portion Rock bezeichnen. Das Musiker- und Produzententeam unterscheidet sich von dem, das auch bei Guitar Noirschon mit dabei war, nur wenig. Doug Sinclair, Bassist bei Steves letzter Tour, löste Dave Ball nun auch bei einem Großteil der Aufnahmen zum neuen Album ab. Außerdem ist erstmals bei einem Hackett-Album eine Hornsection verteten. Die Kew Horns sorgen bei drei Stücken für Original-Bläsersound.
Die Platte lässt sich in drei musikalische Kategorien unterteilen. Die erste Kategorie beinhaltet Fremdkompositionen mit dem Markenzeichen: „typisch Blues“: Born In Chicago, The Stumble, Blues With A Feeling und So Many Roads. Highlight dieser Sparte ist The Stumble, ein Instrumental-Boogie Marke „Status Quo“. Die zweite Kategorie umfasst Blues und bluesverwandte Stücke, die Hackett selbst bzw. zusammen mit seiner Band komponiert hat: Way Down South, A Blue Part Of Town, Footloose und The 13th Floor.
Das herausragende Stück ist A Blue Part Of Town, eine Blues-Ballade im E-Piano / Mundharmonika-Arrangement. In die dritte Kategorie gehören ebenfalls Hackett-Kompositionen, die mit Blues aber nicht mehr viel zu tun haben: Love Of Another Kind, Tombstone Roller, Big Dallas Sky und Solid Ground. Die witzige, schrägtaktige (1/4-Takt)-Nummer Tombstone Roller mit ihren interessanten Stimmeffekten ist hier das Glanzlicht. Aber auch Solid Ground überrascht angenehm und zeigt uns eine bisher unbekannte Stilrichtung in Steves immer breiter werdendem Gesangsspektrum.
Überhaupt ist auf Blues With A Feeling – wie schon bei Guitar Noir – eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Steves Gesang zu bemerken. Die Songs wurden zu einer sehr abwechslungsreichen Mischung aus allen drei Rubriken zusammengestellt, die selbst für einen Zuhörer, der mit dieser Musikrichtung normalerweise nicht so viel anfangen kann, zu keinem Zeitpunkt langatmig oder gar nervig wird. Nach Gabriels Soul-Ausflügen und Collins‘ jazzigen Single-B-Seiten ist Steve nun der dritte aus der Genesis-Familie, der seine musikalischen Wurzeln wiederentdeckt. Wer Steves Stil mag, und besonders, wer die Songs der zweiten Hälfte von Guitar Noirgut findet, der wird auch dieses Album mögen. Man sollte aber nicht den Fehler machen, Hackett mit absoluten Blues-Größen zu vergleichen. Es war wohl auch nicht Steves Absicht, ein ultimatives Blues-Album aufzunehmen, sondern einfach einmal neue Wege zugehen und sich damit gleichzeitig einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen.
Autoren: Bernd Vormwald, Steffen Gerlach, Helmut Janisch
zuerst veröffentlicht in it Nr. 12 (September 1994)
* das Album erschien dann erst am 03.10.1994