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Steve Hackett – At The Edge Of Light – Info und Rezension

Anfang 2019 erscheint ein weiteres Rockalbum von Steve Hackett – At The Edge Of Light. Wir haben die Informationen für euch zusammengetragen.

Steve Hackett geht mit At The Edge Of Light wieder auf musikalische Reisen

Wir können uns wahrhaftig nicht beschweren: Der künstlerische Output von Steve Hackett ist fast schon beängstigend groß und beeindruckend gut. Neben vielen Konzertmitschnitten in Bild und Ton und Boxsets seiner früheren Jahre sind es vor allem die aktuellen Soloalben, deren Veröffentlichungsrhythmus mittlerweile zweijährig ist. Wolflight kam 2015, The Night Siren 2017 und keine zwei Jahre später legt er mit At The Edge Of Light ein weiteres Rockalbum vor. Bedenkt man, dass er pro Jahr nicht selten mehr als 80 Shows spielt, ist das ein beeindruckend kreativer Output.

Das Album enthält zehn Tracks.

CoverFallen Walls and Pedestals
Beasts In Our Time
Under The Eye of the Sun
Underground Railroad
Those Golden Wings
Shadow and Flame
Hungry Years
Descent
Conflict
Peace

Teach Yourself Vulcan *
Roulette *

* Bonustracks auf der japanischen Version (bei JPC erhältlich)

At The Edge Of Light erschien natürlich wieder bei InsideOut – jener Plattenfirma, die seit vielen Jahren Steves Heimat ist. Und der Begriff „Plattenfirma“ trifft hier auch ziemlich den Nagel auf den Kopf. Was die Formate und die Aufmachung angeht, setzt InsideOut Maßstäbe. Wie jedes seiner Alben erscheint auch At The Edge Of Light als Mediabook, in dem die CD des Albums Platz findet und eine Bonus-DVD mit einem 5.1-Mix des Albums (abgemischt von Roger King) sowie einem unterhaltsamen Behind-The-Scenes-Feature. Dazu gibt es natürlich ein Booklet mit Grafiken und Infos zum Album. Auffallend ist, dass nun keine Blu-ray mehr als Bonus-Disc gewählt wurde, sondern „nur“ eine DVD. Hier dürften die Kosten ein Argument sein.
Neben dem Mediabook gibt es auch eine Standard-CD im Jewel-Case – praktisch für alle, die einen physischen Tonträger ohne Schnickschnack wollen. Wer auch auf den physischen Tonträger verzichten kann, der kann das Album natürlich auch „nur“ digital erwerben. Was beim Mediabook sehr erfreulich ist: Da eine DVD immer auch eine FSK-Angabe vorn auf dem Cover braucht und weitere allerlei nützliche und weniger nützliche Infos, werden Album-Cover oft durch Aufkleber verschandelt. Das löst InsideOut, in dem es das Cover mit diesen Infos separat drucken lässt und vor dem Verschweißen einfach auf das Cover legt. So findet man ein Mediabook mit purem Cover vor – sehr gut!

Beasts in our timeWo wir beim Thema Schnickschnack sind: Natürlich gibt es das Album auch als Vinyl. InsideOut produziert hier seit Jahren qualitativ hochwertige 180g-Vinyl-Scheiben und das Album komme als Doppel-LP, inklusive einer CD des Albums im Pappschuber als Beilage. Weiteres Gimmick: Die vierte Seite ist nicht bespielt, sondern „etched“ – ähnlich wie die vierte Seite der Calling All Stations 2LP von Genesis. Doch wer denkt, eine schwarze 2LP/CD-Version sei genug, der wird sich wundern: At The Edge Of Lightgibt es in insgesamt sechs (!) Varianten auf Vinyl. Neben der klassischen schwarzen Pressung verkauft(e) InsideOut auch klares Vinyl und eine „clear red“-Variante. Der britische Anbieter Burningshed hatte eine weitere exklusive Pressung im Angebot: Das weiße Vinyl. Steve Hackett selbst bot noch das so genannte Vortex-Vinyl an. Dazu kommt eine „clear blue“ Variante des deutschen Versandhandels JPC. Der Sammler dürfte sich also wahlweise gefreut haben – oder ist schier verzweifelt.
Das Artwork ist einmal mehr von Angéla und Maurizio Vicedomini (iconphoto) – die beiden haben auch die letzten beiden Alben illustriert und waren auch verantwortlich für die Fotografien und Collagen auf Genesis Revisited II. Über Genesis haben die beiden ein ganzes Buch mit Fotografien gemacht: Genesis – In Our Flight Of Fancy.

Under The Eye Of The SunAt The Edge Of Light enthält zehn Tracks und ist mit etwas mehr als 54 Minuten Spielzeit vergleichsweise kompakt für ein Album den Prog-Genres. Allerdings waren auch The Night Sirenmit 11 Titeln und 58 Minuten und Wolflight mit 10 Tracks und 55 Minuten in etwa vom gleichen Kaliber. At The Edge Of Light hat allerdings eine Besonderheit: Das etwa elfeinhalb-minütige Those Golden Wings. Einen Track diser Länger hatte Steve Hackett schon eine Weile nicht mehr veröffentlicht (zuletzt auf Beyond The Shrouded Horizon).
Steve teilte sich das Songwriting mit seiner Frau Jo und Roger King. Zwei Stücke sind nur von Steve geschrieben worden (Hungry Years und Descent), alle anderen entweder mit Roger King oder Jo Hackett – oder mit beiden zusammen. Das Album produzierte Steve mit seinem langjährigen Keyobarder und Soundtüftler Roger King (der ja mittlerweile auch eine eigene Band hat – The Mute Gods). Nur bei einem Track ist der Co-Produzent Ben Fenner. Ben ist in der Regel auch für die Sound auf Tour verantwortlich.
Auf dem Album tummeln sich eine ganze Reihe interessanter Musiker. Aus Steves Band sind Roger King, Gary O’Toole, Jonas Reingold und Rob Townsend dabei – dazu kommen weitere weniger überraschende Namen wir Amanda Lehmann und John Hackett, die bei vielen Veröffentlichungen von Steve und auch bei diversen Live-Shows dabei sind. Die Sängerinnen Durga und Lorelei McBroom sind durch Pink Floyd bekannt geworden und singen auf Underground Railroad. Die indische Musikerin Sheema Mukherjee spielt Sitar auf dem Stück Shadow And Flame. Bei Under The Eye Of The Sun spielt Paul Stillwell das Didgeridoo. Neben Gary O’Toole (Fallen Walls and Pedestals) gibt es noch drei weitere Drummer: Nick D’Virgilio ist auf Those Golden Wings zu hören, Simon Phillips auf Hungry Yearsund Djabes Gulli Briem auf Under The Eye Of The Sun. Diese Liste ist nicht vollständig – soll aber einen Eindruck geben zu dem, was man zu hören bekommt.

Underground RailroadSteves Album beginnt wie ein klassisches Album von Steve der „Neuzeit“, mit fremden Klängen. Es gibt dann in der ersten Hälfte ein paar Stücke, die eher an klassische Songstrukturen erinnern. So wirkt Beasts Of Our Time eigentlich eher wie der eigentliche Opener des Albums. Das Stück entwickelt sich durch ein Strophe-Refrain-Muster zu einem eher gegensätzlichen instrumentalen Finale. Under The Eye Of The Sun, ist ähnlich, aber ungleich flotter – und der Bruch kommt schon zu Mitte des Songs. Nach einer ruhigeren Passage geht’s dann wieder flotter weiter, ehe das Stück in ein orchestrales Ende fulminiert. Die McBrooms singen dann prägnant die ersten Zeilen von Underground Railroad. Dann übernimmt Steve und der Song steigert sich mit einem durch Gitarren angetriebenen Rhythmus, der durchaus an Züge erinnert, in seinen zweiten Teil, der recht progressiv instrumentiert und gestaltet ist. Nach diesem Stück endet gewissermaßen die Einleitung zu At The Edge Of Light. Danach kommt das Kernstück des Albums: Those Golden Wings. In diesem Stück nähert sich Steve der Perfektion. Der Aufbau des Stücks ist beeindruckend, die Melodie des ersten Teils bezaubernd romantisch. Nach gut drei Minuten beginnt eine orchestrale Tour-de-force, die es in dieser Form auch noch nicht auf einem Hackett-Rockalbum gab. Nach diesem Intermezzo nimmt das Stück die anfängliche Melodie-Linie wieder auf, ehe es hinten raus eine weitere Tour-de-Force gibt. Those Golden Wings ist ohne Zweifel das Highlight des Albums und nötigt dem Hörer zu recht viel Zeit ab.
Shadow And Flame ist eine Art Hybrid. Was passiert, wenn indische Klänge für westliche Ohren plötzlich eindringlich klingen? Dann hat Hackett vermutlich in seiner Zusammenarbeit mit der indischen Musikern Sheema den richtigen Ton getroffen. Wie selbstverständlich geht das Stück von Rock in Raga über und verwebt dann beide Stile miteinander, als gäbe es nichts anderes.
Danach gibt es mit Hungry Years eine Verschnaufpause. Steve hatte das Stück als Hommage an die Folk-Songs der 60er und 70er geschrieben. Das Problem des Stücks ist, dass es im Kontext des Album einerseits etwas deplatziert wirkt, andererseits hier andere Sänger sicher sinnvoll gewesen wären.

Hungry YearsMit Descent und Conflict kommen zwei Instrumentals. Descent wirkt bedrohlich – wie eine Mischung aus Ravels Bolero und militärischer Marschmusik, dazu Steves düstere Gitarren und ein Soundteppich der Keyboards. Conflict wirkt zappeliger, ja freundlicher und gibt Steve mehr Raum für sein Gitarrenspiel. Zwei sehr gelungene Intermezzi von dem, was war und dem, was kommt. Das wäre dann das Finale des Albums, Peace. Das letzte Stück könnte auch so etwas sein wie eine dramaturgische Reduktion von Those Golden Wings auf die Hälfte der Spielzeit. Das soll Peace keinesfalls abwerten. Die Zeit, die Those Golden Wingsbrauchte, benötigt Peace definitiv nicht. Hier sind fünf Minuten ausreichend und sie schließen das Album würdevoll ab.

… doch da ist noch etwas mehr.
Die Japaner haben natürlich wieder ein Privileg: Zwei Bonustracks auf ihrer Version des Albums. Zunächst sollte man wissen, dass diese Stücke nie Teil der Tracklist des Albums werden sollten, sondern exakt das sind, was sie sind: Bonus-Stücke (siehe auch: Steve Hackett Interview). Teach Yourself Vulcan hat an sich nicht viel mit Vulkaniern oder Star Trek zu tun, wie uns Steve im Interview verriet. Es ist ein sehr lebhaftes Instrumental, getragen von Steves verspielter, aber irgendwie auch destruktiv wirkender Gitarre. Roulette ist dagegen verspielter und hat mehr Luft für Wendungen. Nach den ersten Durchläufen scheint Teach Yourself Vulcander Favorit zu sein, doch am Ende macht dann doch Roulette das Rennen. Beide Stücke entstanden übrigens an einem Tag und haben keinen Gesang.

Steve selbst sagt über das Album:

Conflict„In dieser gefährlichen Zeit erscheinen tiefe Schatten noch schärfer als wir es gewohnt sind – und wir finden uns am Abgrund des Lichts wieder. Der Kontrast zwischen Dunkelheit und Licht zieht sich wie ein roter Faden durch das Album – in vielerlei Hinsicht: Im Sinne des Kampfs Gute gegen Böse bis zum Zusammenspiel zwischen Dunkel und Hell, das sich magisch in vielen Kulturen wiederspiegelt. Als Konsequenz geht es auf diesem Album um die Notwendigkeit aller muskialischen Formen und Kulturen sich zu verbinden und das Wunder der Einheit in dieser geteilten Welt zu zelebrieren!“

At The Edge Of Light ist eine weitere faszinierende musikalische Reise, auf die Steve Hackett uns mitnimmt. Betrachtet man die Tatsache, dass das „Licht“ in seiner eher dunkleren Form (Wolflight, Polarlichter / The Night Siren und At The Edge Of Light) auf den letzten drei Alben ein zentrales Thema war, so ist der Fall klar: Diese drei Alben sind eine Trilogie und At The Edge Of Light ist der Abschluss dieser Trilogie. Alle drei Alben stehen sich auch soundmäßig sehr nahe, wobei At The Edge Of Light das stärkste der drei Alben ist.

PeaceUnd der Sound stellt auch die größte Angriffsfläche für Kritik: At The Edge Of Light ist kein Ohrenschmaus und einmal mehr klingt das Schlagzeug nicht wirklich gut. Man wünscht sich doch, dass er mit Roger King seine „Soundbox“ einmal verlässt und der Dynamik freien Raum lässt. Die Unverwechselbarkeit seiner abwechslungsreichen Alben können auch ein Problem sein: man wiederholt sich stilistisch dann doch öfter, als man das muss. Die Anwesenheit der grandiosen Drummer Nick D’Virgilio und Simon Phillips passiert völlig unbemerkt – hier hätte man weitaus besser die jeweilige Stilistik auch im Sound herausarbeiten können. So scheinen zwei Aspekte für künftige Alben sinnvoll zu sein: Ein anderer, besserer Sound und ein Versuch, sich kreativ anders zu fordern (zum Beispiel nicht allen Ideen überall Platz bieten) und vielleicht auch sich selbst ein paar Einschränkungen aufzuerlegen – so wie das Peter Gabriel öfter mal gemacht hat.

Zusammenfassend hat Steve Hackett mit At The Edge Of Light ein saustarkes Album vorgelegt, in dem er viele Facetten seines Könnens zeigt, das aber auch etwas unter seinem Sound leidet und das nach Wolflight und The Night Sirender Abschluss einer schönen Trilogie sein kann – oder einfach ist. Mit Those Golden Wings hat er sein Schaffen um einen großen Klassiker bereichert und Shadow And Flame ist ein großartiges Beispiel für das Verweben zwei völlig unterschiedlicher Musikstile. Mit fast 69 Jahren ist Steve Hackett ganz offensichtlich noch immer voller Ideen und Tatendrang und man kann froh sein, dass er uns so oft mit derartig hochwertiger, neuer Musik „versorgt“.

Autor: Christian Gerhardts

Album Trivia:

Zwischen The Night Siren und At The Edge Of Light erschienen noch das Live-Album Wuthering Nights: Live In Birmingham sowie das Boxset Broken Skies – Outspread Wings.

Auf dem Album spielen eine Reihe illustrer Musiker: Nick D’Virgilio und Simon Phillipsaus den USA am Schlagzeug, Sheema(Zitar) aus India, der Isländische Drummer und Percussionist Gulli Briem, Tar-Spieler Malik Mansurov und der schwedische Bassist Jonas Reingold.

Steve Hackett 2018Außerdem dabei: Paul Stillwellam Didgeridoo, Rob Townsend am Saxophon / Bass / Klarinette und Duduk, Amanda Lehmann (Gesang), John Hackett (Flöte), Schlagzeuger Gary O’Toole, Roger King und Ben Fenneran den Keyboards, Dick Driver am Double-Bass, Violinistin und Viola Spielerin Christine Townsend. Produziert wurde das Album einmal mehr von Steve Hackett mit Roger King, ein Track wurde von Ben Fenner co-produziert.

Das Album erschien am 25.01.2019 als CD, CD/DVD (mit 5.1 Version), 2LP/CD und als digitales Album.

Bestellungen:
CD/DVD Mediabook:amazon | JPC
CD Jewelcase:JPC
2LP/CD (black):
amazon | JPC
2LP/CD (clear blue):JPC
digital:
iTunes | amazonMP3
Japan-CD:
JPC

Vinyl-Varianten:

Am populärsten ist wohl die „Vortex-Vinyl“-Variante. Diese ist aber ausschließlich in Steve Hacketts Webstore erhältlich (hier klicken).

JPC bietet eine exklusive Version in klarem, blauen Vinyl an. Weitere Vinyl-Formate: Clear (InsideOut Shop), White (Burningshed), transparent red (InsideOut Shop, vergriffen). Damit gibt es das Album in sechs verschiedenen Vinyl-Varianten.


Formate

Steve Hackett ist 2019 wieder auf Tournee und die Tickets sind auch für die deutschen Shows seit einigen Wochen im Vorverkauf. Die Show in Essen ist bereits ausverkauft. Alle Termine und Ticketinfos gibt es unter diesem Link.

INTERVIEW: Ein aktuelles Interview, das wir am 25.01.2019 mit Steve Hackett führten, ist unter diesem Link nachzulesen.