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Steffen Gerlach – Wer hat an der Uhr gedreht?
Mitglied der ersten Stunde, Autor in den Magazinen und auf der Website, Live-Act bei Clubtagen. Steffen Gerlach hat quasi alles durch – und weiß: Es war ein langer Weg.
Wenn ich jetzt „20 Jahre it“ lese, bekomme ich schon fast etwas Angst! Der Fanclub begleitet mich also schon fast die Hälfte meines Lebens? Unglaublich! Dabei war und bin ich eigentlich alles andere als ein „Vereinsheimer“. Und ich muss mir die Frage stellen, ob ich nicht mittlerweile zu alt für sowas wie „Fan“ oder „Club“ bin. War das nicht eher so ein Teenie-Ding für BRAVO-Leserinnen? Aber in diesem speziellen Fall fällt mir gerade nichts ein, was die Kombination Ich – Fanclub abwerten könnte.
Ich kann mich noch relativ gut erinnern, wie das los ging. Collins‘ You Can’t Hurry Love war eine der ersten Vinyl-Singles, die ich mir gekauft habe, und das ’83er Genesis-Album kam etwas später. Ich war noch kein Fan, aber fand das irgendwie gut. Dann No Jackett Required, Mike + The Mechanics und schließlich Invisible Touch und Peter Gabriels Sogekauft während eines Schüleraustauschs in Frankreich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich damals schon wusste, dass die mal miteinander zu tun hatten. Es folgten 1987 die Open Airs von Genesis und Gabriel. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon die Three Sides Live und war von dem In The Cage-Medley ziemlich angetan – es war so „anders“. Aber es muss so um diese Zeit gewesen sein, wo „find ich irgendwie gut“ in „find ich so dermaßen gut, dass ich mich wohl Fan schimpfen kann“ umschlug. Seconds Out! So oft habe ich weder vorher noch nachher wieder eine Platte gehört. Mittlerweile war ich Schlagzeuger geworden, und ich wurde immer hungriger. Mein Band-Kollege und Kult-Freund Bernd Vormwald musste mich als erfahrenerer Fan mit Antworten auf meine viele Fragen „füttern“. Und ich glaube, es war irgendeine Musikmagazin-Anzeige, die mich auf eine Art „Fanclub“ aufmerksam machte: der Genesis-Fan – ein kopiertes DIN-A5-Heft mit allerlei Infos über meine neue Helden. Da hab ich auch das erste mal den Namen Helmut Janisch wahrgenommen, der wohl damals lediglich als Schreiberling aktiv war. Dummerweise ging die Ära des Genesis-Fan schon bald nach Abo-Abschluss zu Ende. Oder sollte ich sagen: zum Glück?
Herrn Janisch war der Genesis-Fan wohl etwas zu dilettantisch – er wollte mehr, und er wollte es besser! Und fast pünktlich zum neuen Genesis-Album We Can’t Dancekamen bereits die ersten „Beweisstücke“, dass es in der Tat besser geht, per Post in’s Haus geflattert. Anschreiben, laminierter Mitglieds-Ausweis mit der Nr. 32 und die erste Ausgabe des Invisible Touch-Magazins. Meine Güte, war das toll, was Helmut Janisch und Peter Schütz (und etwas zeitverzögert auch Bernd Zindler) da angerichtet hatten! Wenn auch kopiert, sprach mich das Heft sowohl grafisch als auch inhaltlich total an. Immer mehr wurde mir bewusst, dass es noch so viel innerhalb des Genesis-Kosmos zu entdecken gab. Neben offiziellen Veröffentlichungen der Herrschaften wurde auch das Thema „Bootlegs“ immer wichtiger für mich, da die ersten CD-Exemplare zu dieser Zeit auftauchten. Das Erscheinen von Invisible Touch war mit all seinen detailierten Hintergrund-Infos unerlässlicher (Kauf-)Ratgeber, und jede Postsendung einer neuen Ausgabe war ein regelrechtes Fest für mich, das ich regelrecht zelebrierte – beim Verschlingen der Inhalte durfte mich keiner stören. Hinterher wurde dann mit Bernd Vormwald ausgiebigst selbige diskutiert. Ich fand es äußerst faszinierend, mit welcher Motivation und Leidenschaft die Macher die Sache in die Hand nahmen. Es dauerte nicht lange, bis erste Kontakte zu Plattenfirmen und Künstlern hergestellt waren. Es folgten tiefgründige Interviews und lukrative Preisausschreiben. Bereits im Sommer ’92 stand ich mit dem ersten Club-Shirt (ich bekam auf Wunsch sogar eine Extrafarbe!) als einer von drei Gewinnern gemeinsam mit Bernd und Gunnar (wo steckst du eigentlich?) in einem noch leeren Niedersachsen-Stadion vor der Bühne meiner Helden! Wow! Großes Kino! Dem Aufruf, selbst Artikel für das Heft beizusteuern, bin ich wie ferngesteuert gefolgt. Ich gab mir größte Mühe, da mir der Qualitäts-Anspruch der Chefs sehr imponierte. Auch war ich immer am Start, wenn es darum ging, Flyer (die damals noch Handzettel hießen) bei Konzerten zu verteilen, um den Fanclub bekannter zu machen. Das wäre mir sichtlich schwerer gefallen, wenn die Flyer nicht immer so wahnsinnig ansprechend von Helmut gestaltet worden wären. Beispiel Mechanics ’95: jeder einzelne Flyer war mit einem echten Pfennig-Stück beklebt! Ziemlich bald ging es dann auch los mit den Club-Meetings. Und es war – wie soll ich sagen – „befreiend“, zu sehen, dass es noch genügend andere Nerds „in echt“ gab, die teilweise noch viel extremer drauf waren als man selbst. Denn diese Tatsache war vor dem Zeitalter des Internets anders kaum wahrzunehmen.
Der Fanclub wuchs, die Hefte wurden immer professioneller und auch dicker, die Inhalte immer interessanter, die Gewinn-Preise immer lukrativer und die Club-Meetings immer spannender. Ob ich als Teil diverser Club-Live-Acts mit Bernd Vormwald dazu beigetragen habe, sei dahingestellt. Fakt ist aber: der Club hat in all seinen Facetten richtig Spaß gemacht! Noch dazu, wenn man vom Chef höchstpersönlich auf „Dienstreisen“ mitgenommen wird, um mit Anthony Phillips zu Hause einen Tee zu trinken, mit Steve Hackett ein spaßiges Interview zu führen (ich bekam kein Wort heraus!) und sich anschließend ein nicht-öffentliches Mechanics-Konzert reinzuziehen. Obwohl, Spaß war es nicht immer! Mit den Jahren und dem bereits erwähnten immer höheren Qualitäts-Anspruch erschienen die Magazine immer seltener. Das war KEIN SPASS! Die immer länger werdenden Durststrecken waren kaum zu ertragen. Das Licht am Ende des Tunnels: das Internet! Und was soll ich sagen? Auch dieses Kapitel wurde vorbildlich umgesetzt und mit gleicher Akribie vorangetrieben. Und natürlich hat man beim „Casting“ zur notwendigen Team-Erweiterung einen guten Riecher gehabt. Christian Gerhardts brachte als Youngster in Sachen neue Medien ähnlich viel Motivation und Visionärsgeist mit, wie zehn Jahre zuvor die alte Riege. Apropos zehn Jahre: zum damaligen Jubiläum gab’s ja sogar eine von oben autorisierte Fanclub-CD – heute ein gesuchtes Sammler-Stück! Aber auch mit der „Öffnung“ des Clubs zu einem frei-zugänglichen Internet-Portal für alle hat die Faszination für it nicht abgenommen. Durch das belebte Forum beschränkt sich der Austausch nicht mehr nur auf Club-Events. Als regelmäßiger Besucher fühlt man sich immer noch als Teil eines „Clubs“. Und man tut immer noch viel, um mich bei der Stange zu halten: aktuellste News, schön aufbereitete Artikel, Reviews und Interviews, Verlosungen, Ticket-Pre-Sales, Votings und andere Specials. Und das Beste: es gibt immer noch einen Sack voll Ideen zur Verbesserung/Erweiterung.
Auch wenn tragischerweise die Zeit kommen wird, in der unsere Helden nach und nach verstummen werden, beruhigt mich die Tatsache, dass es diesen Fanclub mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch geben wird! Warum ich mir da so sicher bin? Den Beweis hat it längst erbracht, dass es immer wieder genügend Neueinsteiger geben wird, die von der Musik unserer Helden genauso in den Bann gezogen werden, wie es bei mir der Fall war. Und es wäre schon äußerst unwahrscheinlich, dass darunter nicht immer wieder Leute auftauchen, die eine ähnliche Motivation, Vision und Professionalität mitbringen wie die derzeitigen Chefs. Danke Helmut, Peter, Bernd und Christian für die unzähligen schönen Momente, die ihr mir beschert habt – auch IHR seid meine Helden!
Euer Club-Mitglied Nr. 32