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Richard Macphail – Private Tales & Stories (8)
Im achten und letzten Teil der Erzählungen von Richard Macphail geht es um seine Zeit als Peter Gabriels Manager.
(aus it-Magazin #21, Dezember 1996)
Das wohl „witzigste“ Tour-Erlebnis, das Richard während seiner Zeit als Peter Gabriels Manager hatte.
Richard: „Als ich mit Peter in der Schweiz auf Tour war, ist uns etwas passiert, was aus heutiger Sicht witzig ist. Damals fanden wir es aber gar nicht lustig, als wir eines Tages irrtümlich von der Polizei festgenommen wurden.
Das ganze geschah in St. Gallen. Es war zu der Zeit, als die Baader-Meinhof-Bande sehr aktiv war und es war gerade Winter. Wir waren bereits seit ein paar Tagen mit zwei angemieteten und inzwischen ziemlich dreckigen Mercedes-Limousinen unterwegs, als wir an einer Bushaltestelle in der Nähe einer Telefonzelle anhielten, weil Peter telefonieren musste. Peters Arzt hatte ihm geraten, besonders im Winter, bei Kälte, seine Stimmbänder warm zu halten, und so hatte er einen Schal um den Hals gewickelt und bis über den Mund gezogen, als er zum Telefonieren ging. Wir warteten derweil in den Autos.
Im nachhinein erfuhren wir, dass wir zu diesem Zeitpunkt von drei Schweizern beobachtet wurden, die daraufhin die Polizei anriefen, um zu melden, dass ihnen eine Gruppe verdächtiger Personen aufgefallen sei.
Ich saß also in einem der beiden Autos hinter dem Lenkrad und spielte mit so einem albernen Geschicklichkeitsspiel – einem kleinen Plastikkästchen, bei dem man Kügelchen in bestimmte Löcher manövrieren musste. Plötzlich tauchte zwischen mir und dem Spiel eine Pistole auf. Ich sah auf und bemerkte, dass wir von Polizei umstellt waren. Sie holten uns aus den Autos und verhafteten uns mit vorgehaltener Waffe. Das war schon ziemlich erschreckend. Sie brachten uns in Bussen zum Polizeirevier und durchsuchten die Wagen. Sie fanden keinerlei Drogen, denn niemand in der Band hatte viel damit zu tun. Aber sie glaubten auch nicht, dass wir Musiker waren. Sie fragten, wo denn unsere Instrumente seien, und wir antworteten: ‚Die sind schon in Frankreich, und wir sind auch auf dem Weg dorthin.‘ Aber sie sagten: ‚Wenn Ihr Musiker auf Tour seid, müsst ihr doch auch Instrumente haben.‘ Aber wir hatten nicht ein einziges bei uns.
Peter sagte dann zu den Polizisten: ‚Na gut, wenn ihr nicht glaubt, dass wir Musiker sind, singen wir eben etwas.‘ Sie sangen also irgend etwas und klatschten in die Hände etc., aber die Polizisten waren nicht sonderlich beeindruckt. Ein anderes Problem war, dass ich eine Menge Geld, ca. £5.000, in vier oder fünf verschiedenen Währungen bei mir hatte. Das brauchte man, wenn man in Europa auf Tour war, denn man muss einige Dinge gleich in bar bezahlen. Glücklicherweise hatten wir eine Woche zuvor ein Konzert in der Schweiz gegeben, und der Promoter für diesen Auftritt war akribisch genau. Er war ein Organisationsgenie – eben ein Schweizer. Ich hatte von ihm unter anderem eine Kopie der polizeilichen Genehmigung für das Konzert bekommen, in der alle unsere Namen aufgelistet waren – bis auf meinen, denn ich war ja kein Musiker. Das war ein Problem, denn die Polizei konnte das nicht so ganz verstehen. Aufgrund dieses Dokuments erlangten wir letztendlich wieder die Freiheit, aber wir waren etwa vier Stunden in Polizeigewahrsam.
Sid McGinnis, Peters damaliger Gitarrist, war nicht in die Sache verwickelt, denn er war zusammen mit seiner Frau in einem anderen Auto vorausgefahren. Wir telefonierten mit ihm und überlegten uns, dass wir gerade noch rechtzeitig zum Konzertbeginn um 21 Uhr in Frankreich ankommen könnten, vorausgesetzt, wir würden sehr schnell fahren und keine Pause machen. Normalerweise ist man aber schon gegen Nachmittag vor Ort, um sich im Hotel einzuquartieren und einen Soundcheck zu machen. Sid machte also den Soundcheck für alle anderen mit, während wir durch die Nacht jagten, sofort zur Halle hetzten und aus den Autos stürzten. Immerhin kamen wir noch früh genug an, um die Show pünktlich zu beginnen, aber es war sehr knapp.“
(Transkription + Übersetzung: Helmut Janisch)