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Richard Macphail – Private Tales & Stories (4)
Im vierten Teil der Erzählungen von Richard Macphail geht es um Veränderungen nach dem Ausstieg von Anthony Phillips.
(aus it-Magazin #17, Dezember 1995)
Der unglaubliche Unterschied, nachdem Phil Collins bei Genesis einstieg.
Richard: „Phil kam, und es war ein unglaublicher Unterschied zu vorher. Ich werde nie vergessen, wie ich ihn zum ersten Mal zusammen mit Mike spielen hörte. Mike begann, ihm die Songs beizubringen, und ich konnte nicht glauben, dass das jemand am Schlagzeug machen konnte. Heute ist Phil, wer er ist. Jedermann hat seine Filme gesehen. Er singt und spielt usw., aber zuallererst ist er der unglaublichste Schlagzeuger. Er verwandelte die Band. Mit ihm an den Drums schien der Klang tausendmal besser zu sein, und die Stücke klangen nun komplett anders.
Von Ende 1970 bis Anfang 1971 blieb Genesis ein Quartett, da sie keinen geeigneten Gitarristen als Ersatz für Anthony finden konnten. Tony begann, mehr als ein Keyboard zu spielen, als er oben auf seine Orgel ein kleines elektrisches Piano stellte, das er für einige der Soli verwendete, die Ant bis dahin auf der Gitarre gespielt hatte. Zunächst war für kurze Zeit ein Freund von Phil, Ronnie Caryl, der auch bei Flaming Youth war, als Gitarrist im Gespräch, aber es klappte nicht mit ihm. Dann war Mick Barnard für einige Zeit Gitarrist, aber auch das funktionierte nicht, und schließlich stieg Steve bei Genesis ein. Um ehrlich zu sein, war ich anfangs nicht sicher, ob Steve gut genug war. Zurückblickend habe ich ihn wohl nur so eingeschätzt, weil ich der Zeit mit Ant hinterhertrauerte. Er war immer mein bester Freund gewesen, und ich dachte wohl, es würde nie mehr einen zweiten Ant geben. Und Steve ist kein zweiter Ant. Die beiden zu vergleichen ist schwierig. Steve ist ein exzellenter Musiker. Einiges seiner Arbeit für Selling England By The Pound zum Beispiel ist superb. Er fand seinen festen Platz in der Band und hat viel zur Musik beigetragen.“
Vom Cottage „upstairs“ zu Charisma Records
Richard: „Nach diesem Fiasko mit dem Jonathan King-Vertrag hatte man eine Menge gelernt, und Peter hatte diesen Manager-Typ, Marcus Bicknell, eingewickelt. Sie hatten noch nichts unterschrieben und sich noch nicht an ihn gebunden, aber er agierte als Manager und Agent. Wir begannen wieder zu spielen, gaben Konzerte, die Leute mochten uns, und so kamen wir wieder ins Geschäft. Es gelang uns, im ‚Upstairs at Ronnie Scott’s‘ Fuß zu fassen, einem berühmten Jazz-Club. Es gab da einen kleinen Raum in der oberen Etage, den man etwas poppiger eingerichtet hatte, etwa wie das Marquee. Wir spielten ein Zeit lang regelmäßig dort – ich denke, einen Monat lang an jedem Montagabend. Tony Stratton-Smith kam eines Tages um uns zu sehen, und daraus entstand dann der Vertrag mit Charisma Records. Als wir bei Charisma unterschrieben hatten, erhielten wir wöchentlich £10 sowie eine anständige Summe, um uns neues Equipment und einen vernünftigen Lieferwagen zu kaufen.“
Richard wird Roadmanager
Richard: „Nach der Cottage-Zeit glitt ich in die Rolle dessen, der den Bandbus fuhr und Equipment organisierte, aber eigentlich wurde ich nur Roadmanager, weil ich immer gut darin war, Dinge zu organisieren. Es gab da eine ganze Reihe von Leuten, die ich kannte und die mir auf die eine oder andere Art halfen. Wir hatten diesen neuen Lieferwagen, den ich fuhr. Auf dem Weg zum und vom Konzert begleitete mich mein ‚Co-Roadmanager‘, und auf dem dritten freien Platz im Bus musste immer einer von der Band sitzen, da in Peters damaligem Auto, einem kleinen Hillman Imp, nur vier Personen Platz hatten.“
Der alljährliche Zyklus von 1970-73
Richard: „In den frühen Jahren lief alles nach einer Art jährlichem Rhythmus ab. Anfang des Sommers endete die Zeit ‚on the road‘, und die Band schrieb das nächste Album, nahm es auf, und es wurde im Herbst veröffentlicht. Danach ging es den ganzen Winter über weiter mit Konzerten. Auf Tour zu sein, war damals nicht so wie heute. Es war keine organisierte Tournee mit einem festen Terminplan. Wir hatten nur einzelne Gigs, bis zu fünf pro Woche, und kamen immer wieder nach London zurück. Wir haben fleißig gearbeitet und fingen an, etwas Geld zu verdienen. Es war sehr harte Arbeit. Wir mussten sehr früh in der Halle sein, um rechtzeitig aufzubauen, und wir waren die letzten, die den Saal verließen. Übernachtungen in Hotels am Veranstaltungsort kamen auch nicht in Frage, weil wir es uns einfach nicht leisten konnten. An konzertfreien Tagen wollte die Band oft proben, und dann mußten wir einen geeigneten Ort dafür finden und auf- und abbauen. Es gab immer etwas zu tun, wie z. B. Drumsticks, Tambourines oder Gitarrensaiten zu kaufen usw. Meistens erledigten wir das alles in den ‚days off‘.“
Die Show ändert sich
Richard: „Am Anfang wollten alle nur Songschreiber sein. Sie ärgerten sich richtiggehend darüber, ihre eigenen Songs auch selbst vorstellen zu müssen – sie wollten irgendwie unsichtbar sein. Die Leute sollten ihre Musik hören, aber selbst auf einer Bühne agieren wollten sie nicht. Es ist witzig, wenn man sich Peter heute ansieht – er ist einer der unglaublichsten Performer. Natürlich wurde er viel früher zum Akteur auf der Bühne als die anderen, die sehr anonym blieben und sich vollkommen auf die Musik konzentrierten. Steve und Mike hatten die Angewohnheit, das Konzert im Sitzen zu verbringen, und so saßen denn alle, bis auf Peter, und so mußte er die gesamte Show übernehmen. Er erkannte sehr früh, dass das wichtig war, und wenn die Leute zu den Konzerten kamen und sich die Band anhörten, mußte man ihnen auch etwas an Show bringen, und das tat er dann tatsächlich auch. Er rasierte sich den Scheitel kahl, trug verrückte Klamotten und all dies. Aber ganz zu Anfang war dem nicht so. Wenig später machte irgendwer eine Filmaufnahme eines Konzertes, und speziell Mike sah, wie unglaublich statisch alles wirkte, weil sich alle nur auf das Spielen konzentrierten. Aus Sicht des Publikums war es langweilig, es sei denn, man war vernarrt in die Musik, was die meisten der Zuhörer tatsächlich auch waren, und darum hat sich niemand beschwert. Für ein breiteres Publikum mußte man allerdings etwas mehr Energie und Leben auf die Bühne bringen, und so standen sie auf und begannen, ein wenig hin und her zu gehen. Natürlich ist das heute ganz normal, und es wirkt ganz natürlich, aber damals war es das wirklich nicht. Man trug auch keine Bühnenkleidung, sondern eben nur eine Jeans und ein Shirt, weil das alles war, was man hatte. Im Sommer ’71 beendeten wir eine Reihe von Konzerten, Nursery Cryme entstand, und abermals ging es auf Tour. Der große Durchbruch folgte im nächsten Jahr mit Foxtrot, mit Peters Fuchskopf-Maske und dem roten Kleid. Das war ein totaler Schock. Er hatte keinem etwas davon gesagt. Mitten in Musical Box verließ er die Bühne und kam mit diesem Fuchskopf und dem roten Kleid zurück. Mit Supper’s Ready kamen dann natürlich all die Dinge wie die großen Kopfmasken, Hüte und die Flower-Maske einher.“
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