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Ray Wilson – Pressetermin anlässlich der Präsentation des Change Albums (2003)

Im noch kalten Frühjahr 2003 lud die Plattenfirma InsideOut Vertreter verschiedener Medien zur Presse-Präsentation des ersten Ray Wilson-Soloalbums Change nach Köln.


Ein sichtlich gut gelaunter Ray Wilson spielte dann doch mehr als die geplanten 45 Minuten und mischte sich anschließend unter die Pressevertreter und beantwortete geduldig Fragen. Christian Gerhardts vom Deutschen Genesis Fanclub war vor Ort…


Da steht der Mann auf der Bühne, der als vielleicht letzter Sänger von Genesis in die Musikgeschichte eingeht und präsentiert geladenen Businessstrategen sein neues Album. Er singt aber auch Phil Collins‘
In The Air Tonight, als er plötzlich abbricht und sagt: „Hey Leute, ich muss Euch was erzählen …“

Das alles kommt so manchem bekannt vor, Ray Wilson war auf Storytellers-Tour und erzählte auch dort allerhand Geschichten.

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Die Plattenfirma InsideOut Music hatte geladen und viele Größen aus der Musikbranche erschienen. Ziel war es, dem neuen Album
Change eine gute wirtschaftliche und strukturelle Basis für die Veröffentlichung zu ermöglichen.

Und so bestand der Abend aus viel Smalltalk und Bedienen am üppigen und fast schon dekadenten Buffet. Das Album, so ein Vertreter der Plattenfirma, soll in die Charts. Man erhofft sich von der Single ein dickes Airplaypolster für die Promotion. Das Potential jedenfalls, da sind sich Vertreter der Plattenfirma und des Fanclubs einig, ist da.
Change ist ein Ohrwurm und muss sich in keinster Weise hinter irgendeinem Mechanics-Hit verstecken. Ganz im Gegenteil.

Bevor Ray die Bühne betritt – in einem extra für diesen Event hergerichteten Galeriesaal in Köln – hört man das komplette Album über die Lautsprecher. Melodiös, melancholisch, gelöst, akustisch, elektrisch, alles dabei. Sogar alte Songs wie
Another Day erstrahlen im neuen Gewand. Frisch klingt es, das erste echte Soloalbum von Ray Wilson. Und dann betritt er auch schon den Saal. „Ich darf heute nicht so viel spielen“, sagt er, als er seine Gitarre stimmt. Und so folgt eine gesunde Mischung aus seinem Tour-Repertoire und neue Songs von
Change. Und bei
Ripples ließen sich auch die Business-Strategen nicht lumpen und klatschten kräftig Beifall. Und dann
In The Air Tonight, Ray erzählt wieder Geschichten: „Als ich das
Unplugged-Album über meine Website verkaufte, schickte ich Kopien an die Genesis Mitglieder, weil ich auch deren Material spielte. Ich wusste aber Phils Adresse nicht, also schrieb ich „Phil Collins, Genf, Schweiz“ auf den Brief. Im Herbst traf ich Phil, als wir Mike Rutherford für die Fernsehshow
This Is Your Life überraschten – Phil kam, umarmte mich und sagte: „Danke für die CD“. So kann’s laufen. Ray ist spürbar gut aufgelegt und äußerst optimistisch. „Das nächste Stück hat mein Bruder über mich geschrieben – es heißt
You’re so handsome“ – Gelächter überall, Ray wusste selbst vermeintlich trockene Geschäftsleute zu unterhalten. Gespielt hatte er dann allerdings doch
Along The Way aus seinem neuen Album. Vor ein paar Jahren veröffentlichte er das Cut-Album und Ray erklärte, einen Song daraus spielen zu wollen. Eine Einzelperson jubelt darauf hin und Ray bemerkt trocken: „There’s the one person who bought it“. Der Set seiner kurzen Akustik-Show ist wie gewohnt bestückt mit Genesis-Songs und Gabriel- und Collins-Solosongs. Die komplette Setlist:
Gouranga, Ripples, Change, Cry If You Want To, In The Air Tonight, Another Day, Along The Way, Don’t Give Up, Not About Us, Inside, Beach, Yesterday, Mama, Ghost, I Can’t Dance.

Direkt im Anschluss gab uns Ray Auskunft über Change.

rayliveit: Was ist der Grund dafür, dass du Another Day erneut eingespielt hast?
Ray Wilson: Sehr gute Frage. Das hat in erster Linie kommerzielle Gründe. Der Tranceremix mit Armin van Buuren läuft ziemlich gut und ist in fast allen Clubcharts in den Top 10. Ich wollte den Leuten Gelegenheit geben, das Original auch zu finden, wenn sie es suchen. Das wird ihnen auf einem Ray Wilson-Album besser gelingen als auf einem Cut-Album. Unsere neue Version ist etwas anders arrangiert, außerdem kürzer. Vielleicht wird sie sogar als Single ausgekoppelt.

it: Es gibt zwei Versionen des Albums, eine enthält drei Bonustracks. Dies hat vermutlich auch strategische Gründe?
Ray: Im Prinzip ja. Allerdings ist es auch so, dass Cool Water und Gouranga von ihrer Art her etwas anders sind als die restlichen Songs des Albums. Das rechtfertigt eine Version mit Bonustracks, ich will die Songs natürlich auch veröffentlichen. Wir haben auch noch Dark mit darauf, einen Cut-Song …

it: … der auf den deutschen Promos von Sarah und Millionairhead zu finden ist …
Ray: Richtig, aber wer hat die schon? Ich finde dieses Stück ziemlich gut und wollte es veröffentlichen. Und nun ergab sich die Gelegenheit.

it: Change klingt sehr hitverdächtig, das gesamte Album macht einen sehr starken Eindruck.
Ray: Vielen Dank, ich bin sehr zufrieden mit dem Album. Außerdem gefällt mir die Politik der Plattenfirma, die setzen mich nicht unter Druck wie mit Cut bei Virgin. Ich habe hier Zeit und kann alles aufbauen. Aber natürlich hoffen wir, dass wir mit diesem Album und der Single Erfolg haben werden.

it: Du tourst nun erst einmal mit Saga, wie sehen die Pläne für das weitere Jahr aus
Ray: Bei Saga spiele ich ohne Amanda und Steve so etwa 30-45 Minuten auf der Akustik-Gitarre. Das Ganze soll natürlich Promotion für Change sein. Eine richtige Band-Tournee soll es dann im Herbst geben.

Nach dem Smalltalk konnten wir uns auch noch kurz mit Rays neuem Manager unterhalten, der uns verriet, dass Ray am 21.6.2003 für einen speziellen Anlass in Hamburg auftreten wird. Sobald wir mehr darüber wissen, werden wir euch informieren! Außerdem war zu erfahren, dass der Bassist von Stiltskin, James Finnegan, in der Live-Band von Ray sein wird.

Und schließlich freut man sich bei InsideOut über ein gutes Album von Ray Wilson – und auch ein weiterer aus dem Genesis-Lager wird im Laufe des Jahres von Interesse sein. Steve Hackett wird sein neues Album veröffentlichen, ebenfalls bei InsideOut.

Steve Wilson spielt neben seiner Arbeit mit Ray mit Amanda Lyon, die bekanntermaßen ebenfalls solo aktiv ist.

Rays Karriere jedenfalls scheint sich nunmehr auf dem richtigen Weg zu befinden. Change ist ein echter musikalischer Freischwimmer. Und auch Genesis-Freunde der frühen Jahre werden sehr interessante Elemente auf dem Album entdecken.

Eine ausführliche Rezension des Albums könnt hier lesen.

„No I don’t think that I can change“ singt Ray aber für seinen musikalischen Werdegang kann man sich eher eines Genesis-Zitats bedienen: „All change“. Wir dürfen gespannt sein.

Bericht, Fotos & Interview/Transkription: Christian Gerhardts