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Random Hold (3) – WEIT-SICHT: Ohne David Rhodes (1980-1984)
Random Hold Special (III): Die Post-Rhodes Ära der Band (1980-1984)
Was im vorigen Abschnitt geschah:
Random Holds erste Veröffentlichungen in Großbritannien (eine Single, EP und eine LP) kommen nicht so gut an wie erhofft, immerhin weiß die Band live zu überzeugen. Nichtsdestotrotz entlässt Polydor sie aus dem Vertrag. Eine Nordamerikatour als Vorband von Peter Gabriel kann dank eines neuen US-Plattenvertrags und einer dort veröffentlichten LP stattfinden. Am Ende der Tour werfen David Rhodes und David Ferguson Bill MacCormick raus, der sich prompt das von ihm investierte Geld zurück holt. Da die Band nun pleite ist, löst sie sich auf. Der vielversprechende Einstieg von Random Hold ins Musikbusiness ist ohne den erhofften Erfolg und im Streit beendet.
1981
(Hinweis: Die Chronologie der Ereignisse ab 1981 ist nicht immer klar, da manchmal keine genauen Monatsangaben vorliegen.)
Neben einem kurzen Engagement bei einer 1981er Japan-Tour (als zweiter Gitarrist), wurde David Rhodes ab Frühjahr ’81 Peter Gabriels Stammgitarrist.
Zu diesem Zeitpunkt begannen die Aufnahmen für Gabriels viertes Album, die letztlich bis zum Sommer 1982 dauerten, und Rhodes, der zuvor arbeitslos und deprimiert gewesen war, nahm daran teil und spielt ab dann auch live in Gabriels Band. John Ellis, den er dort ersetzte, machte fortan in Peter Hammills‘ K-Group mit.
Für Random Hold hatte Rhodes 26 Songs (mit-)komponiert, soweit bekannt, davon neun ganz alleine. Die Zeit mit der Band schien für ihn später jedoch keine Bedeutung mehr zu haben, ja war ihm fast unangenehm.
In Gabriels Band war Rhodes in all den Jahren nur bei Across The River (1982) und Lyrics von That Voice Again als Songwriter aktiv. Für Gabriels Soundtrack Long Walk Home wurde er als Arrangeur erwähnt.
Zusätzlich arbeitete er gelegentlich (manchmal auch als Komponist) mit anderen Künstlern zusammen und das sowohl live als auch im Studio. 2009 und 2013 veröffentlichte er zwei Alben als Solokünstler (siehe auch den it–Übersichtsartikel zu David Rhodes).
David Ferguson hatte es unterdessen geschafft, dass die Indie-Plattenfirma Upper Class Records die Aufnahmen von Random Hold aus dem Sommer 1979 als Doppelalbum in Gänze publizierte. Kommerziell erbrachte dies allerdings nichts.
Anfang 1981
A: Meat, Second Nature, The Ballad, Precarious Timbers, Central Reservation
B: Avalanche, Cause And Effect, Dolphin Logic, Silver Spoons/Golden Tongues, Fear (Eats The Soul)
C: Etceteraville, With People Out Of Love, Film Music, Montgomery Clift
D: Tunnel Vision, What Happened, The View From Here
In dieser Reihenfolge wurden die Songs auch später auf der The View From HereDoppel-CD wiederveröffentlicht. Jene 17 Songs umfassen sowohl die 5-Song EP und die 8-Song LP aus GB als auch zwei Single-B-Seiten, den nur auf Etceteraville enthaltenen Song (Second Nature) und ein weiteres Stück, das vorher noch nicht auf Vinyl gepresst worden war: Tunnel Vision.
Der Song ist mit über acht Minuten Spieldauer das längste Stück aus den Hammill-Aufnahmesessions. Im Vergleich zur Länge passiert allerdings relativ wenig in diesem Song. Er lebt von den Keyboardsounds und ist daher der Kategorie „klingt ein bisschen wie 801“ zuzuordnen.
Anfang 1981 (vielleicht auch schon Ende ’80) nahm Ferguson mit Pete Phipps zusammen neue Demos auf. Im Interview erzählte Ferguson, er habe in dieser Zeit in Peter Hammills Heimstudio mit diesem an drei Demosongs gearbeitet: Walking On The Edge, Shining Smile und Lying On The Floor.
Upper Class Records veröffentlichte nun zusätzlich zur Random Hold-Kollektion die erste Solosingle von David Ferguson.
Frühjahr 81
A: Lying On The Floor / B: Let’s Give That A Listen
Beide Songs wirken von der Soundqualität her eher wie Demos und da die B-Seite mit Phipps zusammen komponiert wurde, ist zu vermuten, dass wir es hier tatsächlich mit zwei Demosongs der beiden zu tun haben. Sollte Peter Hammill beteiligt sein, so hat er zumindest keine Danksagung dafür erhalten.
Lying On The Floorpunktet mit wuchtigen Drums und einer deutlichen Leadgitarre (wer sie gespielt hat ist unbekannt… Hammill?). Dazu kommen reichlich Keyboards oder Synthies. Der Gesang bei dieser Aufnahme und auch der Perkussionsteil am Ende des Stücks überzeugen nicht. Man kann hier von einer Fortführung der aus den letzten Random Hold-Demos bekannten Entwicklung sprechen: die dichte Atmosphäre und die Düsternis werden von einer höheren Eingängigkeit und einem für den populäreren New Wave typischen Mix verdrängt.
Die B-Seite hingegen ist ein stimmungsvollerer und weniger brachialer Song, der eher zu älterem Material passt. Interessante Gitarren bieten dem nicht besonders gelungenen Gesang hier ein Gegengewicht.
Tony Smith und Gail Colson sahen in den Demos von Phipps und Ferguson Chancen und ermutigten sie, mit Random Hold weiterzumachen. Diverse Kandidaten wurden zum Vorspielen bzw. Vorsingen eingeladen und kurzzeitig sollen erst Nigel Hardy und dann Andy Prince (der für Rikki Sylvan (s.u.) gespielt hatte) Bassist gewesen sein. Schließlich ergab sich mit Steve Wilkin (Gitarre; ex-Neo, ex-3am), Martyn Swain (Bass) und Sue Raven (Gesang) ein stabiles Lineup.
Hit and Run und Gailforce zogen ein Plattenvertrag mit RCA an Land und schnell ging die Band ins Studio und veröffentlichte im Laufe des Jahres zwei Singles.
Juni 1981
7″ (UK) – A: Walking On The Edge / B: Shining Smile
Auch für diese Single wurde ein Song von Ferguson alleine, der andere mit Phipps zusammen geschrieben. Ferguson produzierte die Single selbst.
Die A-Seite ist die kommerziellere und bietet einen polierten New Wave mit einer Prise Funk. Der Gesang von Sue Raven ist deutlich besser als die Versuche auf Fergusons Solosingle, kann aber nicht allzuviel Charisma transportieren.
Shining Smile ist etwas melancholischer und mit Gitarren, die zwar wenig zu hören sind aber tolle Hintergrundeffekte erzeugen – ähnlich wie man es von David Rhodes kannte. Die Drums klingen aggressiv und auf einmal hört sich Raven fast wie Siouxsie Sioux (Siouxsie & The Banshees) an. Somit befindet sich auch hier auf der Rückseite der Single der interessantere Song.
September 81
7″ (UK) – A: The March / B: Dance Feeling
Erneut ist David Ferguson Produzent der Single und diesmal wurden beide Stücke mit Phipps zusammen erdacht.
The March besitzt einen eingängigen Refrain und einfache Gitarren, die von etwas artrockigeren Keyboards und Basslinien begleitet werden. Auch wenn das in Richtung von zu der Zeit erfolgreichen New Wave Kapellen getrimmt ist, ist das Stück doch eher langweilig und kann weder mit Atmosphäre noch mit Glamour daran anknüpfen.
Die B-Seite ist ein atmosphärisches Stück Pop, das tendenziell an die erste LP anknüpft und bei dem Raven eindrucksvoll zwischen Sprechgesang und Heulen changiert.
Im August 1981 waren Random Hold kurz auf Tour und im November und Dezember erneut, dann als Vorband für OMD (Orchestral Manoeuvres in the Dark). Den Gig am 4.12.81 ließen OMD für ein Video filmen und Random Hold hatten das Glück, dass auch ihr Auftritt aufgenommen wurde. Er ist als Video auf der 2CD Differing Views zu finden.
Das Konzert hatte folgende Setlist: Cityclean / In The Centre / Burn The Buildings / Walking On The Edge / Dance Feeling / What Happened / The March
Zu sehen und hören ist eine gut eingespielte Band, die professionell agiert und deren zentraler Blickpunkt die theatralische Sängerin ist, die hier auch ein wenig an Toyah erinnert.
Die erste Hälfte des Auftritts wird mit noch unveröffentlichten Songs bestritten, die einen dunkleren Basssound haben als diejenigen der zweite Hälfte und daher auch an die frühere Random Hold Phase erinnern. Auch die etwas poppigeren Songs ab Walking On The Edgeklingen eher besser als auf Vinyl, mit Ausnahme von What Happened bei dem insbesondere der Gesang nicht so recht zum Song passen will.
Bei allen Stücken kann auch Gitarrist Wilkin Akzente setzen und das Publikum applaudiert großzügig. Insgesamt ein überzeugender Auftritt.
1982
Während des Winters ’81/’82 nahm die Band das Album Burn The Buildings auf.
Produziert wurde die LP von Ferguson und Rikki Sylvan, der auch Synthesizer spielte und 1976-78 mit der Punk/New Wave-Band Rikki and the Last Days of Earth sein erstes musikalisches Ausrufezeichen gesetzt hatte. Später hatte er mit Steve Wilkin zusammen bei Neo gespielt, ein Soloalbum aufgenommen und einige Platten aus der New Romantic-Richtung abgemischt.
David Rhodes war an Burn The Buildings– trotz einer anderslautenden Eintragung auf seiner Website – nicht beteiligt.
Die Vorabsingle zur LP enthielt einen Song, der eigentlich schon ein halbes Jahr alt war:
Januar 1982
7″ (UK) – A: Walking On The Edge / B: Camouflage
Mit einem neuen etwas künstlerischeren Cover ohne Abbildung der Sängerin Sue Raven ausgestattet wurde Walking On The Edge erneut veröffentlicht. Dabei wurde die Rückseite durch eine andere ausgetauscht. Dieses Vorgehen verwundert etwas. Die wenigen Käufer der ursprünglichen Single können wohl kaum der Anlass dafür gewesen sein. Aber eine Begründung ist den Quellen nicht zu entnehmen.
Bei der B-Seite handelt es sich um einen von Ferguson und David Rhodes komponierten Song, der bereits im Juni 1980 auf dem letzten Random Hold-Demo mit Rhodes gewesen war. Diese neue Aufnahme leistet sich ein sehr langes Intro, baut dann auf die Trademarks der Instrumente (prägnanter Bass, atmosphärische Gitarrenlicks) und verschiebt dafür den Gesang etwas mehr in den Hintergrund. Außerdem klingt Sue Raven hier eher einschmeichelnd im Vergleich zu den klinischen, etwas bösen männlichen Vocals vorher. Man kann sagen, dass der Song ein wenig aufgewertet wurde und auf jeden Fall die A-Seite an die Wand spielt.
Februar 1982
A: Cityclean, Toys, Walking On The Edge, Dance Feeling, Palmreader, The March (live)
B: Missing The Boat , Future Kids, Is There Light, In The Centre, We Can Work It Out, Burn The Buildings
Das Cover dieser Scheibe wurde von Graham Dean gezeichnet und wenn es auch nicht der sofortige Eye-Catcher ist, so ist es doch ein künstlerisch gelungenes Bild, das ein aus Streichhölzern gebautes Modellhaus auf einem Krankenbett zeigt.
Die Songs auf der Platte bringen es auf knapp 44 Minuten Spielzeit. Zwei davon – Walking On The Edgeund Dance Feeling – sind bereits bekannt. Allerdings wurde Dance Feeling neu aufgenommen und dabei wurden die einzelnen Instrumente geringfügig anders arrangiert und gewichtet. Der Song ist theatralischer geworden und auch die modernen Popwave-Elemente wurden verstärkt. Ein funkiger Touch macht ihn nun für die Disco besser geeignet. Damit passt er in die LP gut hinein, lässt aber die vorher noch vorandenen Anknüpfungspunkte an The View From Here vermissen.
The March ist in einer Studioversion ebenfalls schon veröffentlicht, die Liveversion auf diesem Album stammt vom zuvor genannten Gig mit OMD, für den es offenbar auch eine hochwertige Soundaufnahme gab, die allerdings beim Video (der 2CD Differing Views) nicht verwendet wurde. Die Liveversion fügt sich nicht ganz nahtlos in das Album ein, da der Sound klar als live erkennbar ist im Vergleich zu den anderen Aufnahmen. Andererseits ist hier die Dynamik größer und auch Sue Raven bringt mehr Emotionalität in ihren Gesang.
Palmreader hört sich an wie ein erster Ausflug Fergusons in die Filmmusik – komplett mit Streichern und ohne Gesang. Man fragt sie, warum dieses kurze Stück nicht als Intro der gesamten Platte verwendet wurde. Weiterhin fällt auf, dass der Song mit Bill MacCormick geschrieben wurde. Ferguson sagte später, sie hätten beim Zusammentreffen mit Peter Hammill im Sommer ’79 einige Akkordfolgen verwendet aus denen dann sowohl Palmreader als auch Hammills Song In Slow Time (vom Album A Black Box, 1980) entstanden. Die folglich vorhandene Ähnlichkeit der (trotzdem unterschiedlichen) Stücke ist durchaus erkennbar.
Toys hingegen wird als einziges Ferguson alleine zugeordnet. Sehr viel Rhythmik und im Vordergrund stehende Keyboards machen aus dem Song ein für die Zeit typische New Wave-Lied und als solches ist es gelungen.
Future Kidsstellt insofern eine Ausnahme dar, als Gitarrist Wilkin die Hälfte der Songwriter-Credits erhält. Trotzdem sind die Gitarren hier kein hervorstechendes Merkmal, eher schon der Basslauf und die zahlreichen Soundeffekte. Der Unterschied zu vielen anderen Songs der Platte ist ein relativ geringes Tempo und damit auch kaum Tanzbarkeit. Ansonsten verbreitet die Band hier eine sterile Atmosphäre.
Unerwartet ist die Beatles-Coverversion als vorletzter Song der Scheibe. Sicher nicht das, was man von einer hippen New Wave-Band erwarten würde, auch wenn sie hier von Keyboards dominiert wird und sehr artifiziell wirkt, von einer Popnummer zu einem modernen Soundspektakel wird. Trotzdem der am wenigsten gelungene Track auf Burn The Buildings.
Für alle restlichen Stücke lässt sich sagen, dass sie interessant arrangiert, gut produziert, atmosphärisch und mit gutem Gesang ausgestattet sind. Sie passen in die Zeit und schaffen sich eine Nische zwischen Siouxsie and the Banshees und Duran Duran. Eine kommerzielle und dennoch interessante Sammlung von Songs. Nur wenige Trademarks der vorherigen LP sind noch raushörbar, auch wenn die Musik sich nicht drastisch gewandelt hat, es ist eher das Arrangement das hier ein anderes ist.
Schaut man was RCA zu jener Zeit sonst noch veröffentlichten, fallen die zahllosen Tanzflächenhits auf, die den Output deutlich beherrschten. Vermutlich stellte sich die Plattenfirma auch für Random Hold derartige Hits vor. Jedoch brachten es weder das Album noch die Singles auf nennenswerte Verkäufe. Das verwundert insofern durchaus, als der Sound hervorragend in die Zeit passt und man mit Sue Raven eine ausdrucksstarke Sängerin und Frontfrau hatte.
David Ferguson sagte später, dass er mit der Umsetzung der Songs auf der LP nicht zufrieden war und Phipps und er sich bei Personalentscheidungen mehr Zeit hätten lassen sollen. Außerdem sei ihnen Produzent Sylvan „aufgedrückt“ worden.
Kurz nach der Veröffentlichung gab es Veränderungen auf der Managerebene bei RCA und erneut sank Random Holds Stern bei den Entscheidern schnell.
Im März ’82 spielten Random Hold einige Konzerte um die LP zu promoten. RCA drängte anschließend Ferguson, die Band bis auf Sängerin Raven rauszuwerfen.
Pete Phipps hatte in seiner Zeit bei Random Hold fünf Songs zusammen mit Ferguson geschrieben und war außerdem bei vier Gruppenkompositionen beteiligt gewesen Er spielte noch im selben Jahr auf Mike Rutherfords zweitem Soloalbum Acting Very Strange. Anschließend war er auf zwei XTC-Platten Schlagzeuger, arbeitete u.a. für die Eurythmics, Culture Club, Roger Chapman und später eine reformierte Glitter Band.
RCA verlangte nun von Ferguson, dass er eine Coverversion des Soulhits Dancing In The Streetaufnehmen sollte (1964, Martha and the Vandellas; häufig gecovert). Im CD-Booklet von Differing Viewsbehauptete Ferguson später, die Single sei zeitgleich mit der Version von David Bowie und Mick Jagger erschienen. Jene kam im August 1985 heraus. Sowohl die Katalognummer als auch der Aufdruck auf der Single deuten aber darauf hin, dass Ferguson hier irrte. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Single zeitgleich mit der Version von Van Halen erschien, nämlich im Mai ’82.
Mai oder Juni 1982
7″/12″ (UK) – A: Dancing In The Street(s) / B: Lying On The Floor
Als „Arrangeur“ der A-Seite trat hier David Rhodes in Erscheinung, der aber nicht mitspielte. Die Instrumente wurden von Freunden und Sessionmusikern bedient, von denen keiner vorher oder nachher weiter in die Random Hold-Geschichte eingriff. Produziert wurde die Single von Ferguson selbst.
Zwar schafft es die Coverversion, den Stil des Originals einigermaßen zu kopieren, hört sich aber eben nur wie eine weniger gute Kopie an. Vom New Wave der gerade erst erschienenen LP ist hier nichts zu hören. Im übrigen klingt die Aufnahme noch nichtmal besonders gut. Man fragt sich wirklich, welche Ziele RCA mit dieser Aktion verfolgt haben könnte.
Auf der Rückseite findet sich eine neue Version des gut ein Jahr zuvor bereits von David Ferguson solo veröffentlichten Songs Lying On The Floor. Ist das schräger Humor, solch einen Titel als B-Seite von Dancing In The Street zu wählen? Oder sogar ein prophetischer Blick in die Zukunft der Band?
Im Gegensatz zur A-Seite und der Soloversion wurde Lying On The Floorqualitativ gut aufgenommen. Der Song wurde dem Sound der LP angepasst und gewinnt an Dramatik. Tatsächlich klingt er, als wäre genau jene Band an den Instrumenten, die auch Burn The Buildingsaufgenommen hatte, und nicht eine Sessiontruppe. Vielleicht war der Song als B-Seite zurückgehalten worden, denn im Vergleich sind die Albumsongs ein wenig stärker.
Die (sehr eigenständige) Van Halen-Version des Klassikers war in den USA mittelmäßig erfolgreich, Random Holds Aufnahme hingegen war im UK kein Erfolg beschienen und die Wege von Band und Plattenfirma trennten sich.
Hit and Run und Gailforce mühten sich dennoch weiterhin, Random Holds Musik an die Öffentlichkeit zu bringen. Es ergab sich eine Gelegenheit, als die Sängerin Denise Visconte, die bei PRT (Precision Records and Tapes; ehemals Pye Records) unter Vertrag war, Songs und Musiker suchte. Also wurden zwei wenig bekannte, ältere Kompositionen herausgesucht und von einer bis auf Martyn Swain umformierten Band eingespielt. In diesen Sessions war David Rhodes wieder als Gitarrist dabei und Vic Martin als Keyboarder (der bei den letzten Demos mit David Rhodes 1980 ausgeholfen hatte). Ferguson ist nicht als Musiker, sondern nur als Produzent aufgeführt. Ergänzend traten Steve Creese (Schlagzeug; später Jah Wobble und The Lotus Eaters), Duncan Kilburn (Saxofon; ex-Psychedelic Furs) und Peter Hammill (Gitarre) hinzu. Denise Visconte firmierte unter dem Künstlernamen Georgia II.
September(?) 1982
7″/12″ (UK, Portugal) Georgia II
A: The Flag / B: Tunnel Vision
Auf dem Cover der Single ist interessanterweise der Name der Interpretin auch auf Russisch geschrieben, übersetzt „Georgy II“. Man fragt sich was dies zu bedeuten hat, insbesondere da der Song nicht in Russland veröffentlicht wurde und auch Denise Visconte allein aufgrund ihres Names sehr wahrscheinlich nicht dort ihre Wurzeln hat.
Der Random Hold-Song The Flag (zuvor nur als Demo aufgenommen, siehe vorheriger Abschnitt) behält in der Version von Georgia II sein grundlegendes Arrangement als funkiger Popsong. Allerdings hat sich im Mix das Gewicht der Instrumente deutlich von den rhythmischen Drums und der Offbeatgitarre zu den Keyboards und einem verspielten Bass verschoben. Dadurch wirkt das Stück optimistischer, kann aber trotzdem eine gewisse Ideenlosigkeit nicht kaschieren.
Bei der B-Seite, die Random Hold nur auf der Avalanche 2LP veröffentlicht hatten, wurden Intro und Outro gekürzt, der Bass ist etwas funkiger, das restliche Arrangement wurde nahezu nicht verändert. Der unheimliche, beklemmende Mittelteil ist noch da und letztlich bleibt offen, welche Hoffnungen Precision (PRT) wohl für dieser Single gehabt haben mag.
Ein Blick auf die anderen von PRT zu dieser Zeit sehr zahlreich veröffentlichten Singles zeigt, dass die Devise war: Altes und Neues möglichst breit gestreut, oft eher der zweiten oder dritten Garde, mit Hoffnung auf Hits.
Ferguson deutete in einem seiner Booklet-Texte an,Georgia IIhätte noch mehr Random Hold-Songs gecovert, was gleichbedeutend damit wäre, dass sie auch live auftrat. Ob dies zutrifft, und wer gegebenenfalls die Musiker gewesen sind, ist nicht bekannt.
Inzwischen hatte Sue Raven Random Hold verlassen. Da David Ferguson seinem Publisher Hit and Run noch vier Songs schuldete, nahm er Ende 1982 auf die Schnelle mit Jonathan Hughston (ex-Paint) als Sänger ein Demo auf. Dabei hatte er allerdings selbst das Gefühl, dass Random Hold das Zeitliche gesegnet hätten.
Drei der vier Songs dieses Demos wurden auf der 2CD Differing Views veröffentlicht. Es sind Painting Over Cracks, All Sit Down und Second Cross.
Alle Songs sind sehr keyboardlastig, aber gerade deswegen klingen die ersten beiden wie lupenreiner Hitparadenpop aus jener Zeit. Der Gesang ist gut und die Stücke haben Drive, funkige Bassbeats und gehen ins Ohr.
Second Crossunterscheidet sich insofern, als es eine mystische Atmosphäre verbreitet und aus diesem Grund an alte Random Hold erinnert. Dieser Song würde sich nicht als Single eignen, ist aber trotzdem gut arrangiert.
Man kann kaum glauben, dass die Demos ohne große Hoffnungen und unter Zeitdruck geschrieben und aufgenommen worden sein sollen. Auch die Aufnahmequalität ist besser als bei älteren Random Hold-Demos oder David Fergusons Solosingle. Im Prinzip hätte man alle drei Stücke so wie sie sind veröffentlichen können.
Unerwarteterweise gefiel das Demo Tony Smith sehr gut und es gelang ihm, für die USA einen neuen Plattenvertrag zu arrangieren. Das Label war Duke Records, das von den drei Mitgliedern von Genesis zwischen 1981 und 1984 betrieben wurde und im Vertrieb von Atlantic Records war.
1983
Im März 83 begannen die Aufnahmen für das neue Album. Da Ferguson das Gefühl hatte, Random Holds Zeit wäre abgelaufen und die Band in den USA noch weniger bekannt war als in Großbritannien, wurde ein neuer Name für dieses Projekt erfunden: Nine Ways To Win. Wie schon zuvor stammte auch dieser Ausdruck von einem Spielautomaten.
Ferguson selbst war Produzent der Aufnahmen und David Lord (Peter Gabriel) war Mixtechniker. Als Musiker hatte Ferguson neben Sänger Hughston sowohl alte Bekannte als auch neue Gesichter zusammen gerufen: Martyn Swain spielte wieder Bass, David Rhodes war teilweise Gitarrist, Steve Creese hatte die Drums im Griff, Georgia IIlieferte Backingvocals und unterstützt wurden sie von mehreren Saxofonspielern, einem Trompeter, einem Violinisten und Steve Lovell als zusätzlichem Gitarristen. Jener hatte bereits bei einigen kurzlebigen New Wave Bands mitgespielt und hier und da als Sessionmann gearbeitet.
Schon zu Beginn der Aufnahmen wurde eine weitere Georgia II-Single von PRT angefordert. Diesmal sollte die A-Seite eine Coverversion sein und nur auf der Rückseite ein älteres Random Hold-Stück verwendet werden. Die Musiker auf dieser Single waren dementsprechend teilweise diejenigen von Nine Ways To Win. Auf der Singlehülle sind Martyn Swain*, Steve Creese*, Steve Lovell, Saxofonist Pete Thomas und als Keyboarder Vic Martin angegeben.
Laut Booklet von View With Suspicionsind allerdings andere Musiker beteiligt: David Rhodes (Gitarre), Peter Hammill (Gitarre), David Ferguson (Keyboards) sowie die mit „*“ bezeichneten Personen. Ob die Credits auf der Single falsch sind (z.B. um eine Kontinuität zur ersten Single vorzutäuschen) oder Ferguson sich nicht richtig erinnerte, ist nicht geklärt.
April 1983
A: As Tears Go By/ B: Dance Feeling
Die A-Seite wurde von den Rolling Stones geschrieben und erstmals 1964 von Marianne Faithfull veröffentlicht. Die Stones selbst nahmen das Lied für ihre 1965er LP December’s Children auf. Später wurde es beispielsweise von Nancy Sinatra gecovert.
Die sanfte Popballade wird bei Georgia IIzu einem echten 80er Song, der nicht mehr die Wärme des Originals ausstrahlt, sondern eher Resignation. Irritierend sind dabei die Keyboardeskapaden im Mittel- und Schlussteil, die von einer Art Schreisolo begleitet werden. Würde es sich nicht um eine Coverversion handeln, könnte man dem Song Originalität nicht absprechen, da jedoch fast alle Hörer in England das Original oder die Stones-Version gekannt haben müssen, fragt man sich wie diese Version irgendjemanden begeistern hätte sollen.
Auf der B-Seite gibt es einen Random Hold-Song, der schon als Single-B-Seite erschienen war und sich zusätzlich auf dem Burn The BuildingsAlbum befunden hatte. Dance Feelingunterscheidet sich nicht sehr von den anderen beiden Versionen. Es sind mehr Keyboards im Einsatz und der Gesang steht etwas weiter im Vordergrund. Im Ergebnis ist weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung auszumachen.
Nachdem das Album von Nine Ways To Win fertig gestellt worden war, nahm man ein Video für die Vorabauskopplung Close To Youauf. Dieses Video wurde tatsächlich bei MTV in den USA gezeigt und aktuelle Kommentare bei Youtube lassen erkennen, dass es viele junge Menschen damals beeindruckt hat. Jonathan Hughston machte auf jeden Fall eine gute Figur im Video und der Song wurde anschließend sogar in Diskos gespielt.
Juli(?) 1983
7″ (US)Nine Ways To Win
A: Close To You / B: Waltz
12″ (US) Nine Ways To Win
A: Close To You/ B: Close To You (Remix)
Mit einem tanzbaren Synthie-Rhythmus unterlegt und einem orchestralen ins Ohr gehenden Refrain ist Close To You fröhlicher Pop und die Verwandtschaft mit Random Hold ist auf Anhieb nicht zu erkennen. Bei genauem Hören des Stücks fallen die gelegentlichen perkussiven Schlagzeugattacken und die vielfältigen Keyboardsprenksel auf und damit wird dann deutlich, dass es sich trotz Kommerzialität und moderner Produktion nicht um einen ganz durchschnittlichen Song handelt, sondern eine sehr eigenständige Pop-Variante.
Waltz (das später in Windmills umbenannt wurde) zeigt dann eine ganz andere Facette von Nine Ways To Win: eingeleitet von einer wehmütigen Trompete und romantischem Gitarrenpicking ist dies ein nachdenklicher und mehr im New Wave und Postpunk verwurzelter Song, den man sich durchaus auch von einer vorherigen Random Hold-Version vorstellen könnte. Allenfalls der kaum hörbare Bass widerspricht dieser Idee.
Bei der „Maxiversion“ von Close To Mesind die Drums etwas mehr im Vordergrund und das (instrumentale) Intro sowie eine Instrumentalpassage in der Songmitte wurden verlängert. Auf andere „Spielereien“ im Remix wurde erfreulicherweise verzichtet.
Oktober 1983
A: Close To You, Painting Over Cracks, Second Cross On The Hill, Ashes And Diamonds, Breaking Bread
B: Lights All Over The World, Waltz, All Sit Down, High-Wire, Time For Keys
Das Cover der LP zeigt diesmal lediglich zwei Personen und zwar Ferguson und Hughston. Auch die Credits verdeutlichen, dass die „Band“ aus diesen beiden plus Sessionmusikern besteht. Die Platte kommt auf eine Spielzeit von ca. 43 Minuten und es verwundert einigermaßen, dass David Ferguson so schnell so viele Songs schreiben konnte. Und er war mit den auf Vinyl gepressten Aufnahmen diesmal sehr zufrieden.
Zwei der Songs waren bereits bekannt, nämlich die Singleauskopplung und ihre B-Seite (Close To You, Waltz). Jenes sind auch die einzigen beiden Lieder, bei denen Jonathan Hughston als Co-Songwriter angegeben ist.
Die drei Stücke des Demos aus dem Winter davor sind ebenfalls unter den insgesamt zehn Albumtracks. Painting Over Cracks hat sich bis auf eine bessere Aufnahmequalität und aktualisierte Keyboardsounds nicht verändert. Der Song könnte auch von funkigeren OMD stammen.
Im Gegensatz dazu wurde bei All Sit Down der Keyboardrhythmus in den Hintergrund gemischt und stattdessen die Leadfigur der Tasten mehr ins Zentrum des Songs gerückt. Durch ergänzende Perkussion und eine bessere Abmischung der Instrumente gewinnt der Song.
Das dritte Stück des Demos – Second Cross (On The Hill)– ist in der Albumversion mehr als eine Minute länger, behält seine bedrohliche Atmosphäre, wird aber durch freundlichere Keyboardsprenksel und einen Gesang, der nicht mehr nach Dose klingt, entschärft. Auch bekommt das Schlagzeug mehr Raum und der vorher wie ein Marschbefehl gerufene Satz „The second cross on the hill!“ wird ganz normal in den Gesang integriert. Auch bei diesem Lied ist eine jazzige Trompete zu hören.
Erwähnenswert ist weiterhin Time For Keys, denn von den zuvor genannten zwei Kompositionen abgesehen ist dies das einzige Stück, bei dem Ferguson nicht allein verantwortlich ist, Martyn Swain ist hier Co-Komponist. Allerdings handelt es sich bis auf die wilden Drums in der Bridge und ein Geigensolo (!) um einen ziemlich straighten Popsong.
Die verbleibenden vier Stücke fügen sich dazwischen gut ein. Ashes & Diamonds bietet mehr Gitarre und Bass im Mix und außerdem ein begleitendes Saxofon. Breaking Bread wurde eindeutig für den Tanzboden konzipiert, eigentlich schon ein Hi-NRG Song und auch Lights All Over (The World) wirkt trotz psychedelischen Keyboards und abgedrehtem Saxofon sehr diskokompatibel. Highwire ist kompositorisch etwas langweilig, stützt sich daher im Arrangement sehr auf das Saxofon und bringt sogar mal ein Gitarrensolo.
Abschließend ist zu sagen, dass Nine Ways To Win eine waschechte Popscheibe ist – Elemente des Progressive Rock, die bei Etceteraville bzw. The View From Hereerkennbar waren, sind nicht mehr vorhanden. Gleichzeitig ist es aber nicht der übliche Pop „von der Stange“, sondern einer mit zahlreichen netten Arrangement-Ideen und Songs, die oft ein kleines bisschen ungewöhnlich sind. Unter diesem Gesichtspunkt handelt es sich um eine sehr gelungene Platte.
Bereits eine Woche vor Veröffentlichung der LP wurde bei Atlantic Records eine für Nine Ways To Winwichtige Person gefeuert. Die Promotion für das Album war anschließend halbherzig und zunächst wurde keine weitere Single herausgebracht.
Den Quellen zufolge gab die Band außerdem keinerlei Konzerte, was schon deswegen verständlich ist, als alle Musiker aus Großbritannien kamen und nach USA hätten geflogen werden müssen.
1984
Die Verantwortlichen konnten sich dann doch noch zu einer weiteren Single durchringen, die aber nur als Promo für DJs erschien. Ein Video gab es diesmal nicht. Außerdem handelte es sich um die letzte Veröffentlichung von Duke Records, das 1984 eingestellt wurde.
Anfang 1984
7″ (US) Nine Ways To Win – A: Painting Over Cracks (Edit) / B: Painting Over Cracks (LP Version)
12″ (US) Nine Ways To Win – A: Painting Over Cracks(Long Version) / B: Painting Over Cracks(LP Version)
Painting Over Cracks ist als Tanzsong für die Disko sicherlich gut geeignet. Die lange Version ähnelt diesmal den von vielen Bands bekannten 80er-Jahre-Maxi-Versionen, ohne dabei unerträglich zu werden. Ein zusätzliches Intro, ein Instrumentalteil und ein längerer Schlussteil waren nicht wirklich nötig, schaden dem Gesamteindruck aber auch nicht.
Damit hörten Nine Ways To Win auf zu existieren.
Nach Angaben von David Rhodes schrieb er 1984 zusammen mit David Ferguson noch vier Songs, die unveröffentlicht sind (gemäß Booklettext von Ferguson waren es nur drei Songs). Und dann endete fürs Erste auch die abenteuerliche musikalische Reise, die beide Davids fast acht Jahre vorher gemeinsam begonnen hatten. Eine Reise, die das komplette Spannungsfeld zwischen Hitparadenpop und Avantgarderock ausgelotet hatte und trotz fehlenden kommerziellen Erfolgs, ja sogar einer gewissen Obskurität, interessante Songs hervorgebracht hatte.
Jonathan Hughston trat nicht mehr als Musiker/Sänger in Erscheinung und verstarb im Jahr 2017.
Martyn Swain war 1984/85 bei The Waterboys, später als Sessionmusiker bei diversen Veröffentlichungen und ab den 90ern Komponist für Fernsehen und Werbung. In den letzten Jahren machte er auch als Musical Komponist auf sich aufmerksam.
Zu dem Zeitpunkt, als es mit Nine Ways To Win vorbei war, hatte David Ferguson eine Ausbildung als Theaterlehrer, fand aber keinen Job auf diesem Gebiet. Als ihm vom Regisseur des Close To You-Videos, Terry Braun, angeboten wurde, die Musik für eine kleine Fernsehserie beizusteuern, ergriff er diese Chance und erarbeitete sich nach und nach als Komponist von Filmmusik einen Namen. Dabei kooperierte er häufig mit David Lord. 1989 veröffentlichte er eine CD mit Hintergrundmusik (Textures/Landscapes 1).
Seine nächste CD war im September 1998 The View From Now mit Auszügen seiner Filmmusiken, auf der David Rhodes bei einigen Songs Gitarre spielt (und auch Steve Wilkin).
2CD (UK) The View From Here
CD1: Meat, Second Nature, The Ballad, Precarious Timbers, Central Reservation, Avalanche, Cause And Effect, Dolphin Logic, Silver Spoons, Fear Eats The Soul, Etceteraville, With People Out Of Love, Film Music, Montgomery Clift / CD2: Tunnel Vision, What Happened, The View From Here, Peter Gabriel Intro (live), What Happened(live), Avalanche (live), Etceteraville (live), Silver Spoons(live), Where Do All The people Live? (live), Today Is As Good As Any Other(live), Passive Camera (live), Montgomery Clift(live), Second Nature(Demo)
Water, With People, Verona Rolls, Precarious Timbers, The Ballad, Big Star, The Blind, Second Nature, Cause And Effect, Camouflage, All In Your Head, In The Beginning, Wallpaper Song, Today Is As Good As Any Other, The Flag, Passive Camera, Montgomery Clift
Beide Veröffentlichungen geschahen auf Initiative von Bill MacCormick beim Label Voiceprint mit einer Auflage von je 2000 Exemplaren. Trotz dieser geringen Auflage sind die CDs im Internet noch leicht zu bekommen.
The View From Here ist im Prinzip die Avalanche 2-LP als CD mit einer halben Stunde Livematerial als Bonus. Somit bekommt man mit dieser Doppel-CD alle Songs, die Random Hold in der Zeit mit David Rhodes als regulärem Bandmitglied veröffentlicht haben.
Die einzelnen Stücke und auch der Livebonus wurden weiter vorne im Text besprochen. Einzige Ausnahme ist Second Nature, das hier in einer anderen Version vorliegt als auf der ursprünglichen Etceteraville-LP. Ein ausgedehnter Mittelteil macht den Song um ca. 50 Sekunden länger und schadet ihm nicht.
Over View ist eine fast vollständige Ansammlung der Demos, die in der Zeit vor David Rhodes Ausstieg (der kurzfristigen Auflösung der Band), aufgenommen wurden. Diese CD ist interessant für Menschen, die den Vergleich mit der Urversion haben möchten oder sich für die Songs interessieren, die es damals auf keine Vinylscheibe geschafft hatten.
Der Text im Booklet ist von Bill MacCormick, der zuvor bereits auf der offiziellen Random Hold-Website die neuen Veröffentlichungen angekündigt hatte.
Im Jahr 2004 wurde David Ferguson zum Vorsitzenden der British Academy of Composers & Songwriters ernannt, in welcher Funktion er sich um Veröffentlichungsrechte von Künstlern kümmerte.
September 2009
CD1: Cityclean, Toys, Walking On The Edge, Dance Feeling, Palmreader, The March, Missing The Boat, Future Kids, Is There Light?, In The Centre, We Can Work It Out, Burn The Buildings, Dancing In The Streets, Lying On The Floor, Shining Smile, Camouflage, Dancing In The Streets (Remix), Painting Over Cracks (Demo), All Sit Down (Demo), Second Cross (Demo) / CD2: Lights All Over, Painting Over Cracks, Windmills, Ashes & Diamonds, Time For Keys, Highwire, Close To You, Second Cross, All Sit Down, Breaking Bread, Painting Over Cracks (Remix), Second Cross (Demo), Tunnel Vision (+Live Video)
Avalanche, Time For Keys, Cityclean, The Ballad, Dance Feeling, The View From Here, Painting Over Cracks, Lying On The Floor, Camouflage, What Happened?, As Tears Go By, Lost In Thin Air
Erneut wurden die CDs von Voiceprint veröffentlicht, diesmal unter der Federführung von David Ferguson, der auch die Angaben und Linernotes in den Booklets beisteuerte.
Differing Views ist ein Fest für den Fan der New Wave-Pop-Phase: sowohl die Random Hold-LP Burn The Buildings als auch die selbstbetitelte Nine Ways To Win–LP sind vollständig enthalten. Dazu gibt es B-Seiten, Single-Tracks und Demos als Bonus.
Seltsamerweise wurde für die Nine Ways To Win-CD eine andere Songreihenfolge gewählt als bei der Originalveröffentlichung. Das mindert den Hörgenuss jedoch keinesfalls. Nicht klar ist auch, weshalb Jonathan Hughston hier für die beiden Songs der ersten Single keine Songwriter-Credits erhält.
Ein Pluspunkt dieser 2-CD ist außerdem das ca. 30 Minuten lange Livevideo auf der zweiten CD (dazu s.o.).
Einzige Enttäuschung: das auf der CD-Hülle als The Flag von Georgia II angegebene Stück der zweiten CD ist nur eine Wiederholung des Demos von Second Cross, welches schon auf der ersten CD ist. Hier wurde offenbar ein Fehler gemacht, der zur Folge hat, dass jener Song nicht digital vorliegt. Hinzuzufügen sei außerdem, dass sowohl die Remix-Version von Close To You als auch der Edit von Painting Over Cracks fehlen.
View With Suspicion (im Booklet auch Rear View genannt) ist als Übersicht über alles, sozusagen „Best of“, konzipiert und erfüllt diesen Zweck hervorragend. Wer zunächst testen will, was die anderen CDs zu bieten haben, liegt mit dieser – online günstig zu erstehenden – CD genau richtig.
Zusätzlich findet der Komplettist noch drei anderweitig nicht auf CD veröffentlichte Songs, nämlich die zweite (und letzte) Georgia II-Single und ein neues Lied.
David Ferguson befand sich vor der Veröffentlichung von View With Suspicion in den letzten Zügen zur Fertigstellung einer völlig neuen Random Hold-CD, bei der David Rhodes mitspielte (wie dieser auch im it-Interview vom Oktober 2009 bestätigte) und außerdem Martyn Swain am Bass dabei war. Den Posten der Sängerin hatte nun Rebecca Whale inne.
Lost In Thin Air war als Teaser für dieses Album gedacht. Tatsächlich kann es allerdings nur mit den schwächsten der älteren Songs mithalten. Es handelt sich um einen Popsong, der weder tanzbar ist, noch ins Ohr geht, sondern mehr so vor sich hin plätschert. Ob die vorliegende Version ein Demo oder schon die finale Fassung ist wird nicht angesprochen, es hört sich aber mehr wie eine fertige Version an.
Das neue Random Hold Album – das nie erschien – sollte A View From The Summit – Before The Fall oder auch A View From The Summit – Before The Descent heißen und neben Beiträgen der oben genannten Musiker auch solche bisher nicht mit Random Hold in Erscheinung getretener Musiker beinhalten, unter ihnen Fergusons Sohn Sam an Keyboards und Gesang, aber auch Ged Lynch am Schlagzeug (Peter Gabriel und Band von David Rhodes).
Dass dieses Album nicht erschien, dürfte vor allem mit dem Tod von David Ferguson am 5. Juli 2009 – noch vor der CD-Veröffentlichung – zu tun haben.
Trotzdem würde man denken, dass zum Beispiel sein Sohn das fast fertige Album für eine posthume Erscheinung hätte beenden können. In einem Artikel der britischen Zeitung The Guardian zum Gedenken an Ferguson wurde sogar davon gesprochen, er habe ein Album „mit seinem Sohn zusammen“ aufgenommen. Jedoch musste die Plattenfirma Voiceprint 2010 Insolvenz anmelden und dies könnte die weiteren Pläne zerstört haben.
2010
CD (US) Nine Ways To Win – Close To You, Painting Over Cracks, Second Cross On The Hill, Ashes And Diamonds, Breaking Bread, Lights All Over The World, Waltz, All Sit Down, High-Wire, Time For Keys
Nur ein Jahr nach der Wiederveröffentlichung des Nine Ways To Win-Albums bei Voiceprint wurde die Scheibe erneut aufgelegt, diesmal beim amerikanischen Reissue-Label Wounded Bird Records und ohne jegliche Bonustracks. Die Zielgruppe könnten also Personen gewesen sein, die nichts von Random Hold wussten und daher die Voiceprint-Ausgabe (die unter diesem Bandnamen lief) nicht wahrgenommen hatten.
Und das war es dann tatsächlich, seitdem kam aus dem Random Hold & Co.-Lager nichts mehr und man muss annehmen, dass es auch nichts mehr gibt – abgesehen von einem nicht vollendeten neuen Album natürlich.
Genau betrachtet gäbe es jedoch durchaus ein paar Songs, über die sich Hardcore-Fans freuen würden. Ferguson selbst erwähnte in den Linernotes zu Differing Views einige davon: die restlichen Manscheinen-Demos, Last Chant For The Slow Dance von Georgia II (geschrieben von Academy One), die 1984 mit David Rhodes komponierten Stücke und Separating The Sheep From The Bison, das er mit Martyn Swain zusammen geschrieben hatte. Allerdings beschreibt er alle diese Stücke als „verschollen“ und auch online ist keine Spur von ihnen zu finden. Gleichfalls müsste es noch einen unveröffentlichten Nine Ways To Win-Demosong geben, ein frühes Random Hold Demo (Central Reservation) ist nur auf YouTube zu hören und von den Demos, die Rhodes nach dem Ende der ersten Random Hold-Version aufnahm, ist nichts bekannt. Außerdem liegen einige veröffentliche Songs nicht digital vor, wie etwa wenige. – und 12″-Versionen, die ursprüngliche Version von Second Nature, die Solosingle von Ferguson, The Flag von der ersten Georgia II Single und die Studioversion von The March. Genügend Material für eine weitere Archiv-CD müsste also existieren, so es denn jemand ausgraben und bearbeiten würde.
Auch ohne diese letzten Puzzleteilchen ermöglicht das Schaffen von Ferguson dem geneigten Hörer eine Menge spannender Musik zu entdecken – zu der Peter Gabriels Gitarrist David Rhodes vor allem in den ersten Jahren und später noch gelegentlich wichtige Beiträge geleistet hat, sowohl als Komponist als auch an seinem Instrument.
Autor: Harald Köhncke (Dezember 2019)
Mit Dank an David Rhodes, Bill MacCormick, Simon Ainley, George German und Helmut Janisch!
Im it-Forum könnt ihr in diesem Thread über Random Hold und das Website-Special diskutieren (oder auch Fragen stellen).
Quellen:
Bernhardt, Todd: Interview mit Pete Phipps, http://chalkhills.org/articles/XTCFans20131013.html, 2013
Breznikar, Klemen: Interview mit Bill MacCormick, https://www.psychedelicbabymag.com/2011/05/bill-maccormick-interview-about-quie.html, 2011
Bright, Spencer: „Peter Gabriel“, 1999
Ferguson, David: Linernotes zu den CDs, 2009
Hammill, Peter: Text zu Random Hold, http://sofasound.com/assocrh.htm Howitt, Phil: Interview mit Bill MacCormick, Facelift Magazine 17, 1997
Janisch, Helmut: Interview mit David Rhodes, https://www.genesis-fanclub.de/c-David-Rhodes-Interview-2009-s355.html, 2009
Janisch, Helmut & Zindler, Bernd: Interview mit David Rhodes, https://www.genesis-fanclub.de/c-David-Rhodes-Interview-2002-s123.html, 2002
Leroy, Aymeric: Interview mit Bill MacCormick: https://www.calyx-canterbury.fr/mus/maccormick_bill.html
MacCormick, Bill: Bandhistory, ab 2000 auf Phil Manzaneras Website, später (bis 2018) auf www.randomhold.com; beide offline aber noch bei archive.org abrufbar
O’Connor, Mike: Interview mit David Rhodes auf www.aylesburyfriars.co.uk, 2012
Rhodes, David: FAQ auf alter Website: http://davidrhodes-archive.org/faq.html, 2012
Sound on Sound (Zeitschrift): Interview mit David Fergusons, 1998 Wikipedia (Random Hold) www.discogs.com www.setlist.fm Yarwood, Stephen: Interview mit Simon Ainley, http://www.btinternet.com/~stephen.yarwood/ainley.htm; offline aber bei archive.org abrufbar
Yarwood, Stephen: Interview mit David Rhodes, http://www.btinternet.com/~stephen.yarwood/rhodes.htm, 1999; offline aber bei archive.org abrufbar
Yarwood, Stephen: Interview mit David Ferguson, http://www.btinternet.com/~stephen.yarwood/ferguson.htm, 2000; offline aber bei archive.org abrufbar