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Random Hold (2) – AUS-SICHTEN: Im Studio und auf Tour (1979-1980)
Random Hold Special (II): David Rhodes mit seiner Band im Studio und auf Tour (1979-1980)
Was bisher geschah:
Nach dem unbefriedrigenden Besuch eines Konzerts von 801 wollen David Rhodes (Gitarre, Gesang) und David Ferguson (Keyboards, Gesang) es besser machen. Sie musizieren zunächst zu zweit, holen dann anderen Musiker hinzu, nennen sich Random Hold, nehmen Demos auf und geben Konzerte. Dabei erregen sie Peter Gabriels Aufmerksamkeit und ergattern einen hochdotierten Plattenvertrag. Die weiteren Bandmitglieder sind schließlich Bill MacCormick (Bass, Gesang) und Pete Phipps (Schlagzeug).
1979
Das Debutalbum von Random Hold hatte eigentlich Peter Gabriel produzieren wollen, doch er war mit seinem eigenen Album ausgelastet und so wurde vom Management Peter Hammill als Produzent bestimmt.
Am 20. Juli ’79 begannen die dreiwöchige Aufnahmen. Nahezu alle vorhandenen Songs wurden eingespielt und ein Besuch von Ian MacCormick im Studio führte zu einem zusätzlichen, ganz neuen Song, so dass am Ende insgesamt 17 Stücke vorlagen. Die Band stellte sich jetzt für diese ca. 83 Minuten Musik ein Doppelalbum vor.
Noch im August oder im September (je nach Quelle) wurde das Album von Hammill und seinem Techniker gemixt. Hammill hatte offenbar sehr klare Vorstellungen von diesem Prozess und der Band kam nur eine Statistenrolle zu.
Vom Ergebnis war zumindest MacCormick nicht hundertprozentig überzeugt. Seiner Ansicht nach waren die vorherigen Demos sowohl vom Spiel der Band als auch vom Mix her den neuen Aufnahmen überlegen. Peter Hammill setzte dem später auf seiner Homepage entgegen, dass er das seiner Meinung nach Möglichste getan hätte, um dem Sound der Band im Rahmen des Budgets gerecht zu werden und er selbst mit dem Ergebnis sehr zufrieden gewesen war und noch ist.
Im Sommer ’79 startete auch Peter Gabriel mit den Aufnahmen zu seinem dritten Album. Im September nahm David Rhodes für drei Wochen daran teil und war später mit seinem Gitarrenspiel auf fast jedem Song vertreten. Auch Ferguson schaute mal herein und steuerte den schrillen Sound am Anfang von Biko bei (ca. 0:49 bis 0:56).
Derweil hätte Polydor gerne eine Hitsingle gehabt, aber kein Song bot sich an. Schließlich wurde Etceteraville ausgesucht, der Track erhielt aber kaum Airplay und auch wenig Beachtung in der Presse.
Oktober 1979
7″ (UK, NL) – A: Etceteraville / B: Precarious Timbers
Etceteraville beginnt gleich mit „Ohoh“-Gesängen und vermutlich ist das der Grund dafür, dass es ausgewählt wurde. Später kommt in puncto Mitgröhlqualität noch ein „Lalala“-Schlussteil dazu, den man sich auch gut von einer Stadionrockband vorstellen könnte. Der sehr rhythmische und basslastige Song mit relativ weit im Vordergrund stehendem Gesang ist ansonsten ein nettes aber unauffälliges Stück Popmusik. Diese Singleversion etwas kürzer als die spätere Albumversion.
Die B-Seite Precarious Timbers repräsentiert viel eher die Band Random Hold jener Zeit. Im Vergleich zur Demoversion aus dem Frühjahr fällt neben der besseren Aufnahmequalität zunächst auf, dass jemand anderes singt. Die zweite Gitarre fehlt und durch den deswegen etwas aggressiveren Bass ist der Gesamteindruck düsterer. Einige interessante Gitarrenpickings wurden hinzugefügt und die Keyboards klingen weniger psychedelisch. Auch wenn das Stück mit über fünf Minuten wohl zu lang gewesen wäre, ist es doch sehr schade, dass die Plattenfirma nicht den Mut hatte diesen modernen und ungewöhnlichen Song als A-Seite zu verwenden.
Am 23.11.79 begann die Tour mit XTC, insgesamt 13 Gigs wurden bis zum 23.Dezember gespielt. In den Musikzeitschriften erhielten Random Holds Liveauftritte positive Resonanzen.
Anfang Dezember veröffentlichte Polydor dann eine EP mit weiteren Songs aus den Aufnahmesessions. Promotion in Plattenläden oder über Anzeigen in Magazinen fand so gut wie gar nicht statt und die EP verkaufte sich schlecht. Laut Rhodes war The Ballad (von der EP; interessanterweise von Ainley mitgeschrieben) das erste und vermutlich auch einzige Stück von Random Hold, das vereinzelt im Radio gespielt wurde.
Dezember 1979
12″ EP (UK) – A: Meat, The Ballad, Avalanche / B: Film Music, Montgomery Clift
Hinter dem stimmungsvollen, wenn auch nicht unbedingt ins Auge fallenden, Cover dieser EP verbergen sich 21 Minuten Musik. Und die sind wiederum sehr dicht dran an dem was Phil Manzanera Ende der 70er fabrizierte.
Zwei Songs hatten es vorher schon auf Demos geschafft, der älteste davon ist Montgomery Clift, der schon 1978 in anderer Bandbesetzung als Demo aufgenommen worden war. Im Vergleich ist der Eindruck billiger Rhythmusmaschinen und Keyboards hier minimiert und die bassigen Sounds werden verstärkt. Die Aufnahmequalität ist besser. Trotzdem verliert das Stück im Gesamtbild ein wenig an Atmosphäre und Pioniergeist. Das Verhältnis von Gitarren zu Keyboards ist etwas mehr zu den Keyboards ausgeschwenkt. Ich würde den Song nunmehr nicht mit Joy Division vergleichen, sondern eher mit Killing Joke.
Der zweite „bekannte“ Song ist The Ballad, der im Frühjahr des Jahres auf einem der Polydor-Demos gewesen war. Die Unterschiede sind ähnlich: zusätzlich zu deutlich besserer Aufnahmequalität ist die raue Naivität gewichen und auch der Gesang klingt etwas anders. Dennoch: ein herausragendes Stück mit großartigen Beiträgen der Musiker.
Dazu kommen noch drei weitere Stücke, beginnend mit Meat, das die EP eröffnet. Ein psychotischer Song im Geist des Punk, bei dem die Gitarre im Mittelpunkt steht. Hört sich im Prinzip wie eine ideale Single für die Zeit an, wenn es denn nicht ein Instrumentalsong wäre. Insofern als Intro der EP gut geeignet (und auch nur zweieinhalb Minuten lang).
Avalanche hätte die erste Single von Random Hold sein sollen. Die schweren, düsteren Basstöne im Intro sind vergleichbar mit dem Anfang von Faith Healer der Sensational Alex Harvey Band, auch in der Hinsicht, dass sie von einer Drummachine, an die eine Fuzzbox angeschlossen wurde, stammen. Leider fehlt dem Song noch ein ganz kleines Bisschen: entweder mehr Pop-Appeal oder eine hart rockende Gitarre. Deswegen verpufft der tolle Anfang im weiteren Verlauf etwas.
Bei Film Music glaubt man dann einen schrägen Vorgriff auf The Cure’s Faith-Album zu hören: düstere Sounds von Keyboards, Bass und Gitarre plus minimalistische Drums und Piano – ein cooler Song, der seiner Zeit voraus ist.
Februar 1980
LP (UK) The View From Here
A: What Happened, Dolphin Logic, Silver Spoons (Golden Tongues), Central Reservation, Fear Eats The Soul
B: Etceteraville, With People (Out Of Love), The View From Here
Endlich kam das Album in Großbritannien (und nur dort) in die Läden. Es enthält acht Songs mit knapp über 40 Minuten Spielzeit, von denen Etceteraville bereits als Single veröffentlicht war. Von den Stücken der EP ist keines dabei. Allerdings sind zwei weitere Neuaufnahmen von älteren Demos auf der LP: Central Reservationhatten sie im Frühjahr 1978 aufgenommen, With People Out Of Lovewar knapp ein Jahr später auf dem ersten Polydor-Demo gewesen.
Das Cover der Platte ist im Gegensatz zur EP hell und fällt ins Auge. Unter dem Foto eines Wolkenkratzers sind mehrere Zeilen der „Head“-Zeichnungen von David Rhodes platziert, die man auch schon (weniger deutlich) auf der EP sehen konnte.
Der Einstieg in The View From Here mit dem Song What Happened ist sehr gelungen. Ein lauter werdender Keyboardeffekt steigert die Spannung, die schließlich in einen relativ straighten Song mit einprägsamem Refrain mündet. Der düstere Bass sorgt dafür, dass ein Postpunk-Feeling erhalten bleibt.
Der nächste Song – Dolphin Logic – ist kein Stilbruch zum ersten, macht aber den Eindruck, sowohl in Bezug auf den Gesang als auch das Arrangement noch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.
Silver Spoons im Anschluss weiß mit einem bedrohlichen Keyboardintro, Powerdrumming und überhaupt viel Energie und Atmosphäre zu gefallen.
Danach bietet Central Reservation eine coole Bassline und psychedelische Keyboards. Ein guter Song, den man allenfalls noch etwas hätte straffen können.
Fast wie zum Luftholen werden wir nun mit Fear Eats The Soul in Gefilde geführt, die erneut The Cure zu jener Zeit Konkurrenz machen. Fast ausschließlich Keyboards/Piano und Gesang (dabei psychotische Backgroundvocals) setzen den Songtitel sehr passend um.
Zu Etceteraville siehe Anmerkungen bei Oktober 79 (Single-Veröffentlichung).
Der Vergleich von Demo und Albumversion bei With People Out Of Love zeigt nicht allzuviele Unterschiede. Die Drums klingen wärmer, der Bass ist knackiger, das Gitarrensolo kommt besser zur Geltung, es singt jemand anderes und das klingt nicht mehr ganz wie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Somit passt der Song sowohl von der Stimmung als auch von der Instrumentierung sehr gut auf das Album. Ich fühle mich hier erneut an eine Joy Division-Variante erinnert.
Der Titelsong zum Abschluss ist mit über acht Minuten das längste Stück der LP und wird dem möglicherweise in es gesetzten Hoffnungen nicht ganz gerecht. Mit sehr rhythmischem Fundament, vielen kleinen Keyboardeffekten und sparsamen Gitarren passt es zwar durchaus in den Kontext der LP, lässt aber einen Spannungsaufbau vermissen. Der längere jazzproggige Zwischenpart und der Instrumentalteil am Ende wirken etwas deplatziert. Vermutlich wäre genau im Gegenteil eine kompaktere Variante die bessere Lösung gewesen.
Nichtsdestoweniger eine spannende, in die Zeit passende und in Teilen experimentelle Platte, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte.
Die britische Musikpresse zeigte sich weitgehend wohlwollend gegenüber dem Album, ohne es jedoch als Meisterwerk anzusehen und auch ohne den etwa zeitgleich stattfindenden Konzerten (s.u.) großen Raum zu geben.
Das Album kam nicht in die Charts, wo sich zu diesem Zeitpunkt mit Lene Lovich, Public Image Ltd, John Foxx, Orchestral Manoeuvres In The Dark und The Police durchaus ein paar Bands tummelten, deren Sound zumindest teilweise Anknüpfungspunkte an den von Random Hold zeigte.
Vom 20. Februar bis 16. März 1980 fand dann die UK-Tour als Vorband von Peter Gabriel statt. Während dieser Tour durfte die Band in denselben guten Hotels übernachten wie Gabriel und seine Band und die Musiker verbrachten auch Zeit miteinander. Bei den Gigs kündigte Gabriel seine Vorband von der Bühne aus an und generell herrschte eine gute Stimmung, auch wenn Random Hold nicht immer mit ihrem Auftritt zufrieden waren.
Glaubt man einem Eintrag auf der Website setlist.fm, dann bestand das Set von Random Hold aus fünf der acht Songs von The View From Here, zwei Stücken der EP und drei neuen Songs, von denen zwei erst kurz danach als Demo aufgenommen werden sollten. Damit ergibt sich eine Spielzeit von etwa 50 Minuten.
Nach dem eigenen Gig konnte David Rhodes – so er wollte – Gabriels Gitarristen (John Ellis) dabei beobachten, wie er die Parts spielte, die Rhodes im Studio übernommen hatte. Das machte ihn nicht gerade glücklich und man kann sich vorstellen, dass der Wunsch, an Ellis‘ Stelle zu stehen, in ihm wuchs.
März 1980
7″ (UK) – A: What Happened / B: Cause And Effect
Da dieser Single nicht einmal ein Bildcover gegönnt wurde, ist sie möglicherweise nur als Promo erschienen und nicht in den öffentlichen Verkauf gegangen (ein Beleg für eine der beiden Versionen liegt uns nicht vor).
Bei der B-Seite handelt es sich um eine weitere Aufnahme aus den Sessions mit Peter Hammill, aus denen nun doch kein Doppelalbum geworden war. Das Lied ist leicht funky und relativ poppig, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck.
Kurz nach der Tour mit Gabriel wurden bei Polydor einige Manager ausgetauscht und Random Hold flogen gleich mit raus. Dadurch entfiel auch eine geplante BBC in Concert-Aufnahme.
Trotzdem beschloss die Band weiter zu machen. Von dem üppigen Vorschuss war noch etwas übrig, mit dem man ein paar Monate überleben können würde. Auch Tony Smith (Publisher) und Gail Colson (Management) wollten an den Randoms festhalten und machten sich auf die Suche nach einer Plattenfirma für die USA. Recht schnell wurde ein Vertrag mit Passport Records geschlossen.
Peter Gabriels drittes Album – bei dem David Rhodes mitgespielt hatte – erschien im Juni 1980.
Ende April bzw. im Juni (je nach Quelle) nahm die Band ein neues Demo mit sieben Songs (27 Minuten) auf, teilweise unterstützt von Keyboarder Vic Martin (spielte kurz mit Gary Moore, später begehrter Sessionmann). Die Songs sind komplett auf der Over View-CD enthalten.
Eine genaue Beschreibung aller Songs spare ich mir, denn die Band hat bei diesen Aufnahmen ihre Alleinstellungsmerkmale verloren. Die Keyboards sind in den Hintergrund gemischt, der Gesang mehr in den Vordergrund. Der Bass hat seine bedrohliche Qualität eingebüßt und die Songs selber sind gegenüber vorher vereinfacht. Es ist kein Radiopop, aber auch kein Postpunk oder Art Rock mehr. Möglicherweise liegt das daran, dass es sich bei diesen Aufnahmen um einen Schnellschuss handelte? Immerhin waren zwei Songs (Passive Camera und Today Is As Good As Any Other) bereits live getestet worden.
Am ehesten ähnlich zum zuvor bekannten Material ist noch der Song Camouflage.
Danach waren Random Hold ein paar Wochen untätig und jeder ging seinen Hobbies nach. In Bill MacCormicks Fall war dies ein verstärktes politisches Engagement für die Liberal Party.
Im Juni und Juli fand während dreier Wochen Peter Gabriels Nordamerikatour statt, bei der Random Hold erneut den Support bildeten. Die Ausgaben wurden teilweise von ihrer neuen Plattenfirma übernommen. Während dieser Tour gab es auch – ganz ungewohnt für die Band – diverse Interviews mit Zeitungen und Radiosendern, die noch kurz vor Beginn vom Management und von Passport organisiert worden waren.
Das letzte Konzert am 10. Juli in Philadelphia wurde aufgezeichnet und ist auf der 2CD The View From Herevon 2001 zu hören (einige Songs sind auch vom 2. Juli). Es wurden genau die gleichen Songs gespielt wie im Frühjahr in Großbritannien, allerdings zwei Stücke weniger (also nur acht) und damit war das Set auch nur etwa 35 Minuten lang. Grund dafür waren wohl strenge Regelungen betreffend die Arbeitszeit des Bühnenpersonals. Dass Random Hold trotzdem an allen drei neuen und unveröffentlichten Songs festhielten, überrrascht in diesem Zusammenhang etwas.
Interessant ist ein Vergleich der Liveversionen mit den zuvor veröffentlichten Fassungen – David Rhodes äußerte dazu, dass ihm die Aufnahme von der US-Tour gut gefällt.
What Happenedklingt live rauer und damit auch weniger modern und mehr nach „Rockband“. Vielleicht passt das ganz gut für ein Konzert, jedoch geht ein Bisschen von der Atmosphäre des Songs verloren. Avalanche bietet etwas deutlichere Keyboards als in der EP-Version, zum Teil wird die Leadgitarre ersetzt (es war nur ein Gitarrist auf der Bühne), und der Song klingt etwas eingängiger.
Etceteraville kann in der Liveversion den gesanglichen Stadionrockansatz der Studioversion nicht erfüllen und es bleibt offen, warum es für das kurze Set ausgewählt wurde. Silver Spoonspunktet sowohl mit bedrohlicher Stimmung als auch mit ordentlich Rock und sticht daher positiv aus dem Set heraus.
Where Do All The People Live? gibt es nur in dieser Livefassung. Ein etwas vertrackteres Stück, das sehr vom Gesang lebt, letztlich aber nicht vollständig überzeugen kann. Today Is As Good As Any Other ist auch hier unspektakulär, gewinnt aber gegenüber dem Demo (vom April/Juni) an Atmosphäre. Im Gegensatz dazu steht der nicht sehr überzeugende Gesang auch live über weite Strecken im Zentrum des Songs.
Passive Camerawiederum hat etwas mehr Wucht als in der Demoaufnahme und der prägnante Gesang wirkt sehr gut. Montgomery Cliftist eine Minute kürzer als zuvor aber trotzdem genauso gut. Es fällt insbesondere der böse klingende Sprechgesang auf, der von jemand anderem kommt als im Studio.
Insgesamt deuten die Aufnahmen an, dass Random Hold live ein klein wenig anders aber nicht direkt besser oder schlechter klangen als im Studio. Bemängeln kann man aber die Songauswahl dieses (kurzen) Gigs, bei der einige Highlights ausgelassen wurden zugunsten weniger spannender Stücke.
Juni oder Juli 1980
LP (US/Canada) Etceteraville
A: What Happened, Montgomery Clift, Silver Spoons, Film Music
B: Second Nature, Central Reservation, Etceteraville, Precarious Timbers, Avalanche
Wie man an der Tracklist erkennen kann, pickte sich Passport aus dem Fundus der Hammill-Aufnahmen neun Songs (42 Minuten) heraus und sortierte sie ganz neu.
Drei der Stücke sind von der Ende 79 erschienen EP, vier waren auf der UK-LP The View From Here und dazu kommen die B-Seite der ersten Single und mit Second Nature ein Song, der bisher nur als Demo vorlag. Relativ eingängig und trotzdem ein Bastard aus Postpunk und 801-Prog, verwundert es, dass jener Song zuvor ausgelassen worden war. Gerade auch als Single hätte er sich vermutlich gut geeignet.
Das Cover der Etceteraville-LP wurde neu designed und ist meinem Eindruck nach das bis dato beste der Band. Vor einem blauen, komplett mit „Heads“ dekorierten Hintergrund sehen wir zentral das Foto einer Hand, die kleine schwarz-weiß Fotos der Bandmitglieder hält.
Die neun Songs werden wie ursprünglich von What Happened eingeleitet, das sich auch hier als Einstieg gut eignet. Die klaustrophobische Atmosphäre wird mit Montgomery Clift und dem anschließenden Silver Spoons noch ausgebaut und auch beim die erste Seite abschließenden Film Music gehalten, wenngleich dabei Lautstärke und Aggressivität herunter fahren.
Second Nature leitet dann die etwas positivere zweite Seite ein und mit Central Reservationschließt sich gleich ein ähnlicher, schneller Song an. Bei Etceteraville wird es dann etwas Manzanera-esquer, was in Precarious Timbers – wenn auch mit einer düstereren Note – weiter geht. Nur Avalanche ist vielleicht als letzter Song der zweiten Seite deplatziert. Davon abgesehen haben Passport die Stücke deutlich sinnvoller ausgesucht als Polydor und mit Etceteraville ein hervorragendes Album zusammen gestellt.
Von den neun Stücken spielte die Band auf der Nordamerikatour fünf (dazu die drei unveröffentlichten).
Gegen Ende der Gabriel-Tour schlugen Passport vor, dass Random Hold sofort im Anschluss eine kleine Clubtour dranhängen sollte. Die Band diskutierte dies, entschied sich aber, die US-Clubtour auf den Herbst zu verschieben.
Zurück in London wurde Bill MacCormick nur kurz nach der Tour von Ferguson und Rhodes mitgeteilt, dass er nicht länger in ihr Konzept passen würde.
MacCormick konnte sich dies nicht erklären, er war wütend und frustriert. Er und Ferguson hatten sich zwar öfter über Politik gestritten, aber das hatte nach MacCormicks Empfinden keinen Einfluss auf die Band gehabt.
Sofort suchte er die sorgfältig abgelegten Rechnungen seiner zahlreichen Ausgaben für die Band heraus und holte sich das Geld vom Management zurück, das vollkommen überrascht von den Entwicklungen war.
Damit war die Band pleite und wenig später lösten die beiden Davids Random Hold auf.
Bei MacCormick dauerte es etwas, bis er sich von seinem Ärger erholt hatte und er ließ die Musik ruhen. Fortan konzentrierte er sich auf Politik und konnte seinen Lebensunterhalt damit verdienen, bis er 1998 aufgrund gesundheitlicher Probleme frühpensioniert wurde. Anschließend schrieb er mehrere Bücher über Kriegsgeschichte und war um das Jahr 2000 herum sogar Webmaster für die offizielle Genesis.Website. Er wurde dann auch Webmaster für Phil Manzanera. Auf dessen Internetseite veröffentlichte er ab dem Jahr 2000 seinen eigenen ausführlichen Blick auf den ersten Teil von Random Holds Bandgeschichte.
Auch für David Rhodes war damit bis auf wenige Gastauftritte (siehe „Weit-sicht“) das Kapitel Random Hold beendet. Im Nachhinein äußerte er, sie (Ferguson und er bzw. Random Hold) wären nicht mutig genug und ein bisschen zu schwierig gewesen. Außerdem hätten sie sich nicht schnell und stark genug durchgesetzt. Er sagte über sich, dass er zu jener Zeit eine unglückliche, problembelastete Person gewesen wäre.
Wenig später produzierte MacCormick mit Rhodes einige (Solo-)Demos, aus denen sich aber nichts weiter ergab und die bis heute unveröffentlicht geblieben sind.
… weiter zu Teil 3
Autor: Harald Köhncke