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Phil Collins – Melbourne 2019: Not Dead Yet live in Australien – Konzertbericht

Anfang 2019 spielte Phil Collins erstmals seit der Far Sides Of The World Tour 1995 wieder in Australien. Niklas Ferch setzte seine Collins-Reise fort und schilder tseine Eindrücke aus Melbourne.

Seems so long they’ve been waiting…

Im nunmehr dritten Jahr seiner Not Dead Yet-Tour hat Phil Collins im Januar und Februar 2019 erstmals seit der Both Sides / Far Side Of The World-Tour (1995) wieder in Australien und zum allerersten Mal überhaupt in Neuseeland gespielt. Der Auftakt seiner überschaubaren Tour fand am 21. Januar 2019 in einem Stadion im australischen Brisbane statt. Es folgten drei Arenakonzerte in Sydney, eines in Adelaide, zwei in Perth und zum Abschluss der Australientour zwei Konzerte in einem Fußballstadion in Melbourne. In der ersten Februarwoche brachte die Tour Phil und die Band dann noch für zwei Open Airs nach Neuseeland.

Im Kontext seiner Comeback-Tour markieren die sommerlichen Shows „down under“ größtenteils die Rückkehr ins Freie, nachdem der vorangegangene Tourabschnitt im Herbst 2018 in Nordamerika in Hallen stattfand; lediglich die Shows in Sydney und Perth fanden in geschlossenen Arenen statt. Anders als noch im Frühjahr 2018, als Phil – ebenfalls erstmals seit der Both Sides-Tour – unter freiem Himmel in großen Stadien in Südamerika spielte kamen die Fans in Australien und Neuseeland in den Genuss eines vollen zweistündigen Sets, der – anders als noch 2017 in Europa und wie bereits im Herbst 2018 in Nordamerika – an einem Stück ohne Pause dargeboten wurde.

Set und Setlist


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Wenngleich sich die Setlist von Tourabschnitt zu Tourabschnitt geringfügig verändert, spielten Phil und Band in Australien und Neuseeland jeden Abend dasselbe Programm – einzig beim stark verregneten letzten Konzert des Tourabschnitts im neuseeländischen Napier wurde Can’t Turn Back The Yearsnicht gespielt. Wie bereits in Nordamerika und bei 2017er und 2018er Open Air-Shows mit gekürzter Setlist (Dublin, London Hyde Park, Südamerika) hat sich I Don’t Care Anymorevermutlich endgültig aus der Setlist verabschiedet. Fungierte der Song noch bei den 2017er Indoor-Shows als Opener des zweiten Sets nach der Pause, scheint er aus Phil Collins‘ Sicht seine Daseinsberechtigung in einem Konzert ohne Pause verloren zu haben. Sehr schade. Ansonsten scheint die zu den südamerikanischen Shows in den Set gerutschte Genesis-Nummer Throwing It All Away ihren Platz im ersten Konzertdrittel gefestigt (und damit zu Beginn der Tour gespielte Solostücke wie One More Nightund Wake Up Callverdrängt) zu haben. Auch der Platz der Uptempo-Nummer von No Jacket Required (1985) gegen Ende der ersten Hälfte des Sets, der auf dem ersten Tourabschnitt in Europa (2017) noch Only You Know And I Know vorbehalten und bei den britischen Shows Ende 2017 sowie in Südamerika 2018 mehr und mehr von Who Said I Would eingenommen wurde, scheint nun endgültig an letztere Nummer vergeben worden zu sein.

Kommen wir zur Überraschung des australisch/neuseeländischen Tourabschnitts: Während in Nordamerika im Herbst 2018 You’ll Be In My Heartden Weg zurück in den Set gefunden hatte, wurde Phils Oscar-prämierter Beitrag zu Disneys Tarzandown under leider nicht gespielt (und das, obwohl auch Phils 2004/05er Abschiedstour ihn nicht dorthin führte); stattdessen präsentierten Phil und Band überraschenderweise eine gekürzte Fassung von Inside Out – abermals von No Jacket Required als eine Art Einleitung mit fließendem Übergang zu Who Said I Wouldgespielt, ist dieses Doppelpack wohl als eine Art Reminiszenz an die No Jacket Required-Tour (1985) zu verstehen; wohlgemerkt der ersten Tour, die Phil Collins auch nach Australien brachte. Auch damals leitete Inside Outin Who Said I Wouldüber, allerdings wurde Inside Out damals vollständig gespielt. Der 2019er Fassung dieses seit 1990 nicht mehr gespielten Stückes fehlt das ruhigere Zwischenspiel mit Falsettogesang und Saxophonsolo, weshalb für manche das Stück seinen Reiz verliert. Als etwa dreiminütige Überleitung zu Who Said I Wouldfinde ich die Idee und die Umsetzung recht gelungen, allerdings nicht als Ersatz für You’ll Be In My Heart. Durch diesen Tausch verkürzt sich das Konzert leicht und verschiebt die Setlist zudem noch weiter in die 1980er bzw. zu No Jacket Required, während seit dem Streichen von Wake Up Call(Testify, 2002) in Südamerika kein einziges Stück aus dem neuen Jahrtausend mehr im Programm ist und nur noch zwei Stücke aus den 1990ern (Can’t Turn Back The Years von Both Sides, 1993, sowie der Titelsong von Dance Into The Light, 1997).


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Nichtsdestotrotz präsentiert Phil Collins im Jahr 2019 ein kurzweiliges, abwechslungsreiches und vor allem flotteres und fröhlicheres Konzert, als es noch die 2017er Konzerte waren. Das doch recht sentimentale, nostalgische Narrativ der ersten Konzerthälfte auf den ersten beiden Tourabschnitten der Not Dead Yet-Tour (Storyline: Against All Odds/Another Day In Paradise/One More Night/Follow You Follow Me/Can’t Turn Back The Years) wird heuer durch das Vorrücken von bläserbetonten Stücken wie I Missed Again und Hang In Long Enoughsowie das Ersetzen von One More Night durch Throwing It All Away merklich aufgebrochen, wodurch das Konzert emotional ganz anders wirkt. Auch wirkt Phil Collins entspannter und fröhlicher und ist vor allem stimmlich deutlich stärker und souveräner als noch 2017.

Die Setlist Down Under:

Against All Odds (Take a Look at Me Now)
Another Day in Paradise
I Missed Again
Hang in Long Enough
Throwing It All Away
Follow You Follow Me
Can’t Turn Back The Years
Inside Out
Who Said I Would
Separate Lives
Drum Trio
Something Happened on the Way to Heaven
You Know What I Mean
In the Air Tonight
You Can’t Hurry Love
Dance Into the Light
Invisible Touch
Easy Lover
Sussudio

Take Me Home

Im Folgenden möchte ich meine subjektiven Eindrücke von den beiden vermutlich letzten Phil Collins-Konzerten auf australischem Boden schildern, den beiden Shows in Melbourne am 1. und 2. Februar 2019. Ich habe sehr gute Freunde in Melbourne, die ich seit vielen Jahren besuchen wollte; ein Versprechen, das für mich bislang aus Zeitgründen noch nicht einzulösen war. Etwa seit Ende 2013, als Phil Collins im Rahmen der Premiere seines Tarzan-Musicals in Stuttgart auf dem roten Teppich auf die Frage nach einem Livecomeback antwortete, er müsste wohl nochmal in Australien vorbeischauen, wurde dieses Versprechen meinen Freunden gegenüber erweitert – nach dem Motto „Wenn Phil Collins nochmal bei euch in Melbourne spielt, gehen wir da zusammen hin…“. Als Phil dann im Sommer 2018 seine australischen Tourdaten ankündigte, war es also Zeit, dieses Versprechen endlich einzulösen…

Eindrücke von den beiden Konzerten in Melbourne

(AAMI Park, 01./02. Februar 2019)


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Zwischen den beiden Konzerten und Perth und jenen in Melbourne ist Phil Collins 68 Jahre alt geworden. Dies ist auch einigen Fans nicht entgangen, die am ersten der beiden Abende in Melbourne aus den ersten Reihen heraus Phil ein Geburtstagsständchen sangen. Obwohl der AAMI Park in Melbourne ein mittelgroßes Stadion für europäisches Fußball mit rund 30.000 Plätzen ist, waren die Konzerte komplett bestuhlt – mit entsprechenden Preisen. Am Freitagabend habe ich das Konzert alleine besucht und hatte mir eine Karte im Oberrang rechts der Bühne für 250 AUD (ca. 155 EUR) gegönnt; am Samstagabend saß ich gemeinsam mit meinen australischen Freunden in der zweitgünstigsten Kategorie im Oberrang auf der gegenüberliegenden Seite des Stadions (175 AUD/110 EUR). Zu Stadionkonzerten kann man aufgrund der Größe, der Distanzen und der Logistik ein ambivalentes Verhältnis haben (vor allem im Zusammenspiel mit horrenden Ticketpreisen), aber große Menschenmassen, die sich zusammenfinden, um gemeinsam ihre Lieblingsmusik zu genießen und abzufeiern, können auch für großartige Momente und Erinnerungen sorgen. Um’s kurz zu machen: So gut mir Phil Collins‘ intime, sentimentale Hallenkonzerte (nicht nur in der Royal Albert Hall) im Jahr 2017 gefallen haben, so gut haben mir die beiden großen Parties im Jahr 2019 in Melbourne gefallen (gut möglich, dass die europäischen Stadienkonzerte im Sommer 2019 eine noch großartigere Kulisse darstellen).

Der AAMI Park ist für europäische Verhältnisse kein gigantisch großes Stadion, sondern durch seine den Waben eines Fußballes nachempfundene Architektur ein recht kompaktes, an den Seiten geschlossenes Bauwerk mit wellenförmigen Überdachungen auf unterschiedlich hohen Tribünen. An den beiden Abenden habe ich auf sehr unterschiedlichen Plätzen jeweils vom ersten Ton an eine bemerkenswert sehr gute Akustik genießen können. Eine Vorband im eigentlichen Sinne gab es nicht, sondern bloß einen lokalen Radio-DJ, der jeweils von 19 bis 20 Uhr versuchte, dem zunächst noch halbleere Stadion mit 80er-Tanzhits (Michael Jackson, Earth, Wind & Fire und Co.) einzuheizen. Die Organisation vor Ort war entspannt, es gab bereits außerhalb des Stadions offizielle Merchandise-Stände und allerlei Halligalli von Sponsoren und Promotern; bei einem Radiosender konnte man beispielsweise in ein Gorillakostüm schlüpfen und auf einer Bassdrum mit Paukenschlägeln den Drumfill von In The Air Tonight mittrommeln. Im Stadion freute ich mich über die Kreativität der Betreiber, die überall im Stadion Sicherheits- und andere Hinweise mit Stücken aus Phil Collins‘ aktueller Setlist überschrieben (beispielsweise „Dance Into The Light – however please keep the aisles clear“ oder „You Can’t Hurry Love – for your safety please don’t run). Das Freitagabendkonzert war ziemlich ausverkauft und für das Zusatzkonzert am Samstag gab es in den Tagen vorher noch einige Karten – am Konzertabend waren im Stadion aber kaum freie Plätze zu sehen.


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Phil Collins kam jeweils gegen 20:30 (wie immer nach Salif Keitas Soureba) auf die Bühne geschlendert; nach wie vor am Stock. Es dämmert schon und der Großteil des Konzertes findet im Dunklen statt; am Freitag sind es etwa 22 Grad Celsius, am Samstagnachmittag noch bis zu 36 Grad. Der Vorhang der Indoor-Shows zwischen Phils Stuhl und Tisch und dem Podest des Rests der Band fehlt bei den Outdoor-Shows, sodass die Band schon sichtbar ist, wenn Phil seine Begrüßungsworte spricht. Von Ruhestand ist keine Rede mehr; vielmehr erklärt Phil, dass er sich freue, dass das Publikum aus der Fülle an attraktiven Veranstaltungen an einem Freitag- bzw. Samstagabend in Melbourne seine Band gewählt habe, und verweist darauf, dass er den Großteil des Abends sitzen würde („foot’s fucked/getting old sucks“), dies aber niemanden davon abhalten solle, eine gute Zeit zu haben. Er schließt sich dabei selbst ausdrücklich mit ein und wies am zweiten Abend auch darauf hin, dass dies sein letztes Konzert in Australien sei.

Der Opener, Against All Odds, ist mittlerweile deutlich stärker als noch zu Beginn der Tour, wo Phils Versuche, im Refrain die hohen Töne zu erreichen, recht mitleidserregend sein konnten (und dennoch war und ist es aus meiner Sicht richtig, mit diesem Stück zu beginnen). Mittlerweile kommt er recht gut klar und phrasiert den Song auch schön, um dem letzten Refrain mehr Spannung zu geben; allerdings wiederholt er in Melbourne an beiden Abenden den Text der ersten beiden Refrains („…and there’s nothing left here to remind me…“) auch im letzten Refrain („…but to wait for you is all I can do…“) – vielleicht mit Absicht, vielleicht ist dies aber auch einer der auf dieser Tour im Vergleich zu früher häufig gewordenen Textdreher. Unabhängig davon verfehlt dieses Stück als Auftakt des Konzertes seine Wirkung nicht – das Publikum ist immer überrascht und hoch erfreut, wenn Brad Cole nach Phils Ansage (in Melbourne markerschütternd) in die Tasten greift und die Zuschauer*innen Phils Gesangstimme zum ersten Mal hören. (Für viele, so ist aus der Altersstruktur bei den Melbourner Konzerten ersichtlich, ist es vielleicht tatsächlich das erste und vermutlich auch letzte Phil Collins-Konzert in ihrem Leben; entsprechend besonders ist der Abend.) Den zweiten Szenenapplaus gibt es, wenn Nicolas Collins am Schlagzeug in den Song einsteigt. Auch hier ist zu vermuten, dass sich viele Menschen im Publikum die erste halbe Stunde des Konzertes wundern, wer der augenscheinlich sehr junge Drummer ist, bis Phil mit großem Stolz am Ende der Bandvorstellung das Geheimnis lüftet beziehungsweise die im Raum stehende Vermutung bestätigt, dass es sich um seinen minderjährigen Sohn handelt. Another Day In Paradise fungiert und funktioniert nach wie vor sehr gut als zweites Stück im Set und das Intro wirkt selbstverständlich im Stadion mit etwa 60.000 zur Bassdrum mitklatschenden Händen nochmal mächtiger als in der Halle; im Outro hält sich Phil aber nach wie vor an tiefere Register. Geschenkt.


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Mit I Missed Againund Hang In Long Enoughkommt der Stimmungswechsel im Set mittlerweile deutlich früher als noch 2017; auch ist Phil hier stimmlich deutlich gelöster als noch zu Beginn der Tour und erobert sich kontinuierlich Töne zurück, die er anfangs noch umgangen und/oder an die Backgroundsänger*innen abgegeben hat.

Die Ansage, nun einen Genesis-Song zu spielen, weil er immer noch mit seinen ehemaligen Bandkollegen sehr gut auskäme, wird von Phil mittlerweile ergänzt um den Hinweis, dass die Chance sehr gering sei, dass er ausgerechnet den einen Song ausgesucht hätte, den sich die Fans auch wünschten – Throwing It All Away wird aber sehr wohlwollend aufgenommen, passt stilistisch gut in den Set und die – im Vergleich zu früheren Genesis-Touren gekürzte –„Audience Participation Time“ ist auch weniger penetrant als früher. Falls jemand die wohlige Invisible Touch-Nummer (1986) nicht sonderlich weit oben auf der persönlichen Favoritenliste hatte, folgt mit Follow You Follow Medie Entschädigung. Vielleicht der bislang größte Crowdpleaser, bei dem auch der zur Musik wirklich gut geschnittene Hintergrundfilm aus alten Genesis-Aufnahmen seinen Teil dazu beiträgt, dass sich ein sentimental-wohlig-dankbares Gefühl im Stadion breit macht. Auch hier ist nicht zu vergessen, dass Genesis mit Ausnahme der Invisible Touch-Tour (1986) nie den Weg nach Australien fanden.

Dankenswerterweise im Set gehalten hat sich Can’t Turn Back The Years, das sich logisch an die nostalgische Inszenierung von Follow You Follow Me anschließt. Wenig erstaunlich dabei ist auch die Wahrnehmung, dass dieses nachdenkliche, selbstreflexive Stück von Phils selbsterklärtem Lieblingsalbum Both Sides (1993) am zweiten Abend auf den „billigen“ Plätzen wesentlich stärker wertgeschätzt wird als am ersten Abend auf den teureren Plätzen, wo die Ballade (wie auch später You Know What I Mean) gerne mal mit Nonsense-Smalltalk kaputtgeredet wird.


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Das anschließende flottere No Jacket Required-Duo Inside Out/Who Said I Wouldwurde auch als solches von Phil angekündigt und war dem Publikum in der Masse offensichtlich erstaunlich bekannt – in Zeiten, wo Menschen noch Alben in Gänze gekauft und gehört haben, sind scheinbar auch Nicht-Singles wie Inside Out ins Langzeitgedächtnis gerutscht. Trotz der Kürzung wirkt der Song live frisch – nicht zuletzt durch Nics wuchtige Fills über die Concert Toms und Daryl Stuermers Gitarrenarbeit. Entgegen früherer Versionen von den ersten Australienkonzerten im Januar singt Phil in Melbourne auch die „oh-ohs“ im Refrain selbst mit; der ruhige Part wird allerdings ausgelassen und stattdessen leitet ein ausgedehntes Gitarrensolo über in die Keyboard-Glöckchen von Who Said I Would, welches im Gegensatz zu seinem Vorgänger im Set in 2017/18, Only You Know And I Know, deutlich besser gealtert ist und durch die Bläser und Phils wirklich guten Gesang sehr energisch herüberkommt.

Die Stimmung ist gelöst und begeistert, sodass die anschließende Bandvorstellung dramaturgisch auch gut an diese Stelle im Set passt. Mittlerweile nimmt sich Phil dafür auch noch etwas mehr Zeit (so erzählte er beispielsweise am ersten Abend nicht nur, dass er schon seit rund 50 Jahren mit Ronnie Caryl Musik mache, sondern auch, dass die beiden damals zusammen zu den Genesis-Auditions fuhren), sondern hat auch ein paar neue Gags parat. So stellt er etwa die Bläser nach Länge ihrer… Blasinstrumente vor oder flachst, dass Leland Sklar zu Beginn der Bandvorstellung noch glattrasiert gewesen sei. Wie immer stellt er seinen Sohn Nicholas am Schlagzeug als letzten vor und wie immer bekommt dieser auch den längsten und euphorischsten Applaus. Well deserved; der Kerl macht einen klasse Job und ich bin nach wie vor überzeugend, dass es diese Konzerte ohne Nics Einwirken auf seinen Vater nie gegeben hätte.


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Nach wie vor bittet Phil nach der Bandvorstellung Bridgette Bryant zu sich nach unten und die beiden geben Separate Liveszum Besten. Anders als noch in Südamerika ein Jahr zuvor folgt auf Separative Lives nicht direkt Something Happened On The Way To Heaven, sondern eine ausgewachsene Schlagzeug-/Percussioneinlage. Dazu verlässt die Band die Bühne und Nicholas Collins und Riche Garcia, der seit dem Nordamerika-Leg im Herbst 2018 Luis Conte an den Percussions ersetzt, werfen sich an Trommeln, Becken, Congas, Bongos und Kuhglocken nur so die Bälle zu. Musikalisch ist das Duett anders als noch 2017, wo der Grundrhythmus lose an das Pattern von I Don’t Care Anymore angelehnt war, sich dann davon löste und schließlich wieder dorthin zurück fand, bevor es in das Stück überleitete. Jetzt trommelt zunächst Nic ein mehrminütiges Solo, das von Richie im Grundrhythmus lediglich begleitet wird, bevor die Rollen tauschen und Richie sich an seiner vielfältigen Percussionburg austobt, während Nic nur den Rhythmus hält.


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Die Bühne ist dabei recht dunkel gehalten, Spots leuchten die beiden Protagonisten aus und auf den Leinwänden werden Nahaufnahmen gezeigt. Für die allermeisten unbemerkt sitzt Phil Collins dabei im Halbdunkel unterhalb von Nics Bassdrum und lauscht seinem Sohnemann voller Stolz und Bewunderung. Gerade dann, wenn man denkt, das Duett sei zu Ende, greift Mr. Collins senior im Sitzen auf einer Art Slap-Top Cajon den Rhythmus wieder auf, während sich von links Nic und von rechts Richie mit normalen Cajons zu ihm gesellen und wieder miteinsteigen. Phil zeigt hier, dass in ihm doch noch einige perkussive Fingerfertigkeiten schlummern, und nach und nach wird auch das Publikum zum Mitklatschen (und Mitzählen) animiert; phasenweise erinnert dieses Spiel an die „Audience Participation Time“ auf Genesiskonzerten im Anschluss an Phils Tambourintanz zu I Know What I Like. Langsam aber sicher wendet sich das Drumtrio dann dem Auftakt von Something Happend On The Way To Heaven zu – in der Zwischenzeit sitzt Nic Collins schon wieder am Schlagzeug und die Band hat im Dunklen die Bühne betreten, sodass – ähnlich wie auf der Farewell-Tour 2004/05 – das Intro zu Something Happened… aus dem Drumtrio hervorgeht. Insgesamt ist das Drumduett/-trio in dieser Form seit dem Nordamerika-Leg 2018 eine sehr gelungene Innovation im Konzert. Es ist länger als noch zu Beginn der Tour, der Übergang funktioniert super und begeistert das Publikum und vor allen Dingen ist es schön, Phil Collins endlich wieder trommeln zu sein – auch, wenn nur am Cajon und nicht an einem ausgewachsenen Drumset. Zu Something Happened… bleibt indes nicht viel zu sagen. Eines von Phil Collins‘ besten Livestücken, ein perfekt komponierter Popsong und der Bläsersatz reißt wie immer alle von ihren Sitzen. Wenn sie ohnehin alle mitsingen, fällt es auch kaum auf, dass Phil auf dieser Tour den Refrain immer so tief ansetzt, wie es in der Studioversion erst beim letzten Refrain der Fall ist. Das Stadion steht jedenfalls und das Publikum ist bereits auf dem Level, auf dem andere ihr Konzert beenden.


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Hier wird allerdings erst einmal wieder das Tempo rausgenommen – die Herren Collins senior und Collins junior finden sich am Flügel ein, um „gemeinsam das eine Lied zu spielen, das Nicholas mag“: You Know What I Mean von Phils Debutalbum Face Value (1981) war wohl die Überraschung im Set, als die Tour 2017 begann, und hat zum Glück mittlerweile auch wieder den Weg zurück ins Programm geschafft, nachdem es bei den gekürzten Open Air-Shows im Hyde Park (2017) und in Südamerika (2018) nicht gespielt wurde.

Auf der Ebene der Fun Facts ist dazu noch anzumerken, dass Phil und Nic sich nicht mehr wie noch in Europa (2017) eine Klavierbank teilen, sondern mittlerweile zwei separate Stühle benutzen (wohl das gleiche Modell, wie es auch die Backgroundsänger*innen nutzen); zudem offenbaren YouTube-Videos, dass der Flügel mitnichten ein Flügel ist, sondern lediglich eine Attrappe, in die ein reguläres Keyboard eingelegt ist. Wie dem auch sei, diese von Vater und Sohn gemeinsam vorgetragene Ballade ist sicherlich der intime Höhepunkt des Konzertes.


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Es folgt mit einem weiteren Face Value-Stück der atmosphärische Höhepunkt des Konzertes: In The Air Tonight wird live durch das sich langsam aufbauende Intro zu Recht in epischer Länge zelebriert, aber das auch schon fast 40 Jahre alte Stück ist und bleibt nun einfach genial. Im Kontext der Tour weist auch In The Air Tonight seit den Nordamerika-Shows eine Innovation auf: Phil singt das Stück im Stehen. Eine kleine Geste, aber mit gewaltiger Wirkung; unterstreicht dies doch die Bedeutung dieses Stückes als „Signature Song“ für die Karriere des Phil Collins. Wirkte Phil auf der laufenden Tour im letzten Drittel des Stückes, seit er dann nicht mehr selbst am Schlagzeug sitzt, oft etwas verloren in der Songstruktur auf der Suche nach dem gesanglichen Klimax, so scheint er mittlerweile einen Weg gefunden zu haben, wie er sich durch das Lied singen möchte – hin und wieder wirkt es allerdings doch so, als müssten Brad Coles Vocodergesang und Nics Schlagzeugspiel den alten Herren etwas navigieren. Vermutlich fällt dies dem Gros der Zuschauer*innen überhaupt nicht auf, aber wer die unzähligen Liveversionen der verschiedenen Touren im Ohr hat, wird wissen, was ich meine. Nichtsdestotrotz ist und bleibt In The Air Tonightfür die allermeisten das Highlight des Konzertes – auch, wenn Phil hier nicht mehr selbst zu den Drumsticks greifen kann.

Die anschließende letzte halbe Stunde des Konzertes blieb im Prinzip seit Beginn der Tour über alle Abschnitte gleich; ab jetzt ist das Konzert eine einzige große Party und selbst oben in den Rängen setzen sich viele gar nicht mehr hin, sondern feiern und tanzen. You Can’t Hurry Love sorgte schon auf der im Übrigen kürzlich als Remaster erschienenen Serious Hits…Live! (1990) für den Stimmungswechsel nach In The Air Tonight, wird allerdings nach wie vor eher als Pflichterfüllung in einer recht kurzen Variante gespielt. Persönlich vermisse ich hier auch nach wie vor Two Hearts (vielleicht kommt dieses Stück ja auch noch irgendwann zurück ins Set, wer weiß…). Das anschließende, mit nur gut 20 Jahren auf dem Buckel jüngste Stück im Set – Dance Into The Light– wird von Phil immer noch meinem Eindruck nach als kleine Verschnaufpause genutzt; hier nehmen ihm die Backgroundsänger*innen viel Arbeit ab, während das Publikum ohnehin am Feiern ist.


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Als drittes und letztes Genesis-Stück folgt mit Invisible Touch sodann für mich das Highlight gegen Ende des Hauptsets. Hier ist Phil gesanglich wieder stärker gefordert und singt für meinen Geschmack engagierter und näher am Original als noch auf der 2007er Genesis-Tour; zudem profitiert diese ’80s Edelpop-Nummer enorm von dem großartigen Bläserarrangement (vor allem in der Bridge und im Outro). Witzig hierbei ist auch Phils unvergleichliche Selbstironie, wenn er singt „and now she will fuck up your life – you want it just the same…“ und dabei kurz aufsteht und sich oberlehrerhaft zum Publikum vorbeugt…

Auch bei Easy Lover beweist Phil, dass er über sich selbst lachen kann – Amy Keys und Arnold McCuller, die in diesem Duett im Wechsel Philip Baileys Gesangsparts übernehmen, tätscheln Phil liebevoll wie einem nicht mehr ganz ernst genommenen Opa den Kopf. Vermutlich ist Phil dabei – mal abgesehen von Brad Cole und Nicolas – der einzige Mensch im Stadion, der noch sitzt. Die große Party findet indes ihren Höhepunkt in einem konfettikanonenverzierten Sussudio. Schaut man sich an, wie die Generation 50+ zu dieser Nummer trotz der eher fragwürdigen gesanglichen Performance eskaliert (Phil hat sich hier für die Strophen mittlerweile seine ganz eigene Gesangslinie zurecht gelegt – wagt er sich doch mal aus Versehen in die Nähe des Originals, klingt er eher wie eine fauchende Katze), stellt sich die Frage der Daseinsberechtigung dieses Stückes auch im Jahr 2019 nicht. Just say the word…

Nach Sussudio und gemeinsamen Verbeugungen verlassen Phil und Band unter tosendem Applaus die Bühne. Nach ein paar wenigen Minuten, in denen das Konfetti aus dem Weg gekehrt wird, kommen sie zurück und spielen die nach wie vor einzige, aber wunderbare Zugabe: Take Me Home ist nicht nur Phils, sondern auch mein persönliches Lieblingsstück, und wird zudem durch die Lichtcrew wunderbar in Szene gesetzt. Während sich Phil am ersten Abend noch mit den Strophen vertan hat, war Take Me Home am zweiten Abend perfekt… Ich hatte nicht mehr daran geglaubt, dass sich dieser in Wunschvorstellungen oft ausgemalte Moment mal erleben lassen würde, aber doch: Mein Lieblingskünstler spielt mein Lieblingslied als Zugabe eines wunderbaren Konzertes in Gesellschaft guter langjähriger Freunde an einem tollen Sommertag am anderen Ende der Welt… Aus der Totalen wirkt der Chor der 30.000 nochmals beindruckender, zumal das Publikum, wenn es mitsingen soll, in der dunklen Sommernacht hell ausgeleuchtet wird und so der Blick ins große Rund ermöglicht wird.


They’re coming to me and I’m taking what’s mine…


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Unterm Strich war der zweite Abend in Melbourne musikalisch etwas besser als der erste, aber beide Shows haben großen Spaß gemacht und haben vor allen Dingen gezeigt, dass Phil Collins sich im Laufe der Tour kontinuierlich verbessert, an Stimmumfang, Selbstvertrauen und Spiellaune zulegt und mit seiner Band nach wie vor großen Spaß an diesem modernen Tourformat hat. Erfreulich ist in vor diesem Hintergrund auch das ausgewachsene Drum Duett bzw. Trio unter Beteiligung von Mr. Collins senior. Schön ist auch zu sehen, dass Phil nun wieder zwei Stunden am Stück spielt und sich auch – anders als noch in Dublin, im Hyde Park und in Südamerika – traut, Stücke wie Can’t Turn Back The Years oder You Know What I Meanin großen Fußballstadien zu spielen. Die Setlist mag mittlerweile etwas mainstreamiger geworden sein, ist aber nach wie vor kein Hitfeuerwerk, wie es seine Abschiedstour 2004/05 gewesen war – andererseits hätten sich sicherlich viele Fans in Australien und Neuseeland den ein oder anderen Hit mehr gewünscht, da Phil jene Farewell-Tour eben nicht nach „down under“ gebracht hatte. Auch ich persönlich trauere noch dem recht kurzen Gastspiel von You’ll Be In My Hearthinterher und hoffe auf ein Comeback bei den europäischen Shows im Sommer 2019; die jüngste Erneuerung im Set in Gestalt von Inside Out zeigt allerdings auch, dass im Grunde vieles möglich ist: Nach den Erfahrungen der bisherigen Tourabschnitte ist fest damit zu rechnen, dass es die ein- oder andere Neuerung im Set für den erneuten Europa-Leg geben wird. In jedem Fall können sich diejenigen, die Karten für eines der Phil Collins-Konzerte im Sommer haben, auf ein gesanglich stärkeres und emotional deutlich fröhlicheres Konzert freuen, als es noch die 2017er Konzerte waren. In Melbourne jedenfalls habe ich an beiden Abenden beim Verlassen des Stadions nur euphorisierte Gespräche mitbekommen – viele hatten Phil aufgrund seiner seltenen Abstecher nach Australien vermutlich noch nie live gesehen; andere waren aufgrund seiner weit kommunizierten Gesundheitsprobleme positiv überrascht von der Qualität des Konzertes. Rein objektiv betrachtet wird das Publikum von einem offensiv authentisch gealterten Megastar und einer bei bester Spiellaune agierenden Band bestehend aus absoluten Weltklasse-Musiker*innen mit auf eine abwechslungsreiche zweistündige Zeitreise in die gemeinsame Jugend genommen und dabei bestens unterhalten. Subjektiv betrachtet sind an diesem Abend sicherlich viele Träume in Erfüllung gegangen – auch für mich.

Autor: Niklas Ferch
Fotos: Niklas Ferch, Matthias Fengler

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