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Phil Collins – Love Songs Special Edition – 2CD/DVD Rezension

Phil Collins Love Songs Compilation löste mit Sicherheit keine Euphorie aus. Schließlich wurde sogar noch eine Special Edition angekündigt.

Als bereits vor ein paar Jahren eine neue Phil Collins Compilation angekündigt wurde, da war vielen der Sinn dieses Unterfangens nicht ganz klar, da es ja bereits die …HITS Zusammenstellung gibt. Die Skepsis wurde nicht kleiner, als bekannt wurde, dass es eine Love Songs Zusammenstellung werden sollte. Was Überflüssigeres konnte es ja eigentlich kaum geben.

Phil Collins nahm dann aber die Sache selbst in die Hand und suchte sich die Songs selber aus. Und plötzlich gab es genug Material für ein Doppelalbum. Und wer HITS 2 vermutete, der wurde überrascht. Neben absoluten Über-Hits wie Two Hearts oder You’ll Be In My Heart, die man natürlich leicht in die Kategorie der „üblichen Verdächtigen“ stecken kann, ist die Compilation gespickt mit allerhand Kuriosem und der einen oder anderen „technischen“ Überraschung. In der ersten Version erschien das Set weltweit zwischen September und November 2004, später wurde es in einigen Ländern aufgewertet. Dazu später mehr.

Phil Collins Love Songs

Einen völlig neuen Song gibt es gleich zu Beginn. Tearing And Breaking ist eine getragene Ballade (wie natürlich die meisten Songs des Albums) und wurde von Phil Collins Freund John Martyn geschrieben. Neben vielen klassischen Hits a la Against All Oddsgibt es auf der ersten CD auch für Radiohörer unbekanntes Material, wie etwa das eher schwächere Please Come Out Tonight. Das erste Kuriosum ist
It’s In Your Eyes, das auf Love Songs15 Sekunden kürzer ist als auf Dance Into The Light. Phil hat später auf Anfrage im Forum bestätigt, dass man etwas an der Geschwindigkeit gedreht hat. Auch One More Night klingt anders, allerdings deutlich besser als auf der HITS Zusammenstellung. Grund dafür: Die Version ist ein „Down-Mix“ des schon existierenden 5.1 DVD-Audio / SACD Mix. Schließlich gibt’s mit
Can’t Stop Loving You einen recht flotten Abschluss der Both Sides-lastigen ersten CD.

Die zweite CD birgt ein paar Überraschungen mehr. Testify entfaltet als Opener eine ganz andere Wirkung als als Song Nummer drei auf dem gleichnamigen Studioalbum. Das erste Highlight ist aber
True Colours, aufgenommen während der 2004er Tourproben in Europa. Es handelt sich tatsächlich um die A-Capella-Version, die wir von den Konzerten kennen. Eine weitere Rarität ist Phils Interpretation des Curtis Mayfield Songs I’ve Been Trying. Der Song erschien ursprünglich auf einem Curtis Mayfield-Tribute-Album, ist darum den eingeschworenen Fans nicht unbekannt. Der Song passt von der Stimmung her prima zur Both Sides Zeit und dem auf der Love Songs CD folgenden Song I’ve Forgotten Everything.

Bei diesem Song wurde wie schon bei It’s In Your Eyes die Geschwindigkeit etwas erhöht. Die nächste Rarität ist
Somewhere, das auch während der Both Sides Zeit entstand. Der Song wurde im Rahmen des Leonard Bernstein Tribute Albums
Songs From The West Side Story eingespielt und darauf auch veröffentlicht. Somewhere war für Phil die Inspirierung für seinen eigenen Song There’s A Place For Us, der vielleicht aus diesem Grund hier nicht vertreten ist. Least You Can Do wurde nicht nur das „the“ im Titel geklaut, es ist auch eine völlig andere Version als auf dem Testify-Album. Kurios: Darauf wurde Phil im offiziellen Forum angesprochen und er wunderte sich über die Frage und erklärte, dass dies die gleiche Version sei wie auf Testify. Ist es aber nicht.

Auch die letzten vier Songs sind alles mehr oder weniger Raritäten. Separate Livesin der 90er Live-Version mit Brigitte Bryant (man hätte hier eher eine spätere Version erwartet mit Amy Keys und Arnold McCuller),
My Girl von der Both Sides Tour, Always– erneut von der Serious Tour sowie das relativ unbekannte
The Way You Look Tonight, das Phil im Rahmen seiner Big-Band Tournee spielte und anders als die drei vorher genannten ist es bisher nicht veröffentlicht (abgesehen von der Tribute To Buddy Rich DVD).

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Nun haben wir zwei CDs voll mit altbekannten Hits, kuriosen neuen Mixen und seltenen, teils vorher nicht erhältlichen Songs. Das ganze zusammengepackt und als Love Songs verkauft – das sieht etwas merkwürdig aus. Dafür ist es ansprechend aufgemacht, im klassischen Liebesbrief-Design mit vielen kleinen Gimmicks auf dem Cover, wie z.B. Phil Collins Geburtsort und –Datum auf dem Poststempel. Phil selber schreibt im Begleittext, dass er diese Compilation schon lange machen wollte. Einerseits, um Songs einem größeren Publikum zu präsentieren, die beispielsweise auf der HITS CD keine Verwendung fanden. Andererseits auch, um seltene Songs – auch Songs, die er nicht geschrieben hat, den Fans zugänglich zu machen. Und das kann uns ja nur recht sein. Phil nennt diese CD daher auch nicht
HITS, sondern eher
Best Of.

Das macht allerdings auch Appetit auf mehr. Wie wäre es da beispielsweise mit einem Archive-Set?

Aber halt, es geht ja noch weiter. Kaum war die Doppel-CD veröffentlicht, hielten sich wacker Gerüchte um eine Valentine’s Edition. In England sollte diese eine belanglose Bonus-DVD enthalten (weil die gewählten Videos auf jeder Bonus-DVD bereits auf der Finally-DVD zu finden sind). In Frankreich (Edition Noel) und Deutschland (Valentine’s Editon, später Special Edition + Extra Stuff) hatte man andere Videos vorgesehen. „Man“ ist in diesem Fall einmal mehr Phil Collins. Er wollte auf diesem Weg noch mal einige Raritären veröffentlichen, die nicht auf Finally waren. Deshalb gibt es nun einen schönen Digipak mit Bonus DVD, auf dem sechs Videos zu finden sind: I Wish It Would Rain Down, Do You Remember, Everyday, Can’t Turn Back The Years, The Way You Look Tonight und It’s In Your Eyes. Auch das ist eine nette Geste (wobei die Bonus-Videos nur in normalem Stereo anzuhören sind).

Da kann man doch mal leise fragen: Wie sieht es aus mit einer 5.1 Surround Video-Hits Collection im Stil von Peter Gabriel’s PLAY?

Aber halt, bis es soweit ist, muss erst mal die Verwirrung um die Veröffentlichung der Love Songs Special Edition beseitigt werden. Erst für Januar, dann Februar, dann März angekündigt. Im März fand der Digipak kurz den Weg in einige Geschäfte, mittlerweile gibt es aber wieder einen neuen Veröffentlichungstermin. Im Moment (Stand Juli 2005) ist das Set komplett aus der Ankündigungsliste gestrichen. Was nun los ist, ist unklar. Am Ende kommt das Teil vielleicht gar nicht mehr und den Fans entgehen vorerst die raren Videos. Least You Can Want.

Autor: Christian Gerhardts

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