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Phil Collins – …HITS – CD Rezension

Es dauerte erstaunlich lange, bis ein echtes Greatest Hits-Album von Phil Collins veröffentlicht wurde. Was es mit HITS nun auf sich hat, klärt Helmut Janisch.

Der längst überfällige „Best Of P.C.“-Sampler – oder die unbeantwortete Frage, für was „…“ steht.

Alle Jahre wieder, wenn die Bäume ihre Blätter abwerfen und Nebel übers Land zieht, sprießen nicht nur Pilze aus dem Boden, sondern Alben der verschiedensten Interpreten mit Zusammenstellungen von ihren bekanntesten Werken. Das bevorstehende Weihnachtsfest lässt sich sowohl am Lebkuchen und Christstollen bei Aldi wie auch anhand der zahlreichen neuen „Best-of… „- und „Greatest Hits“- Veröffentlichungen in den Schallplattenläden erahnen. Zielgruppe dieser CDs sind in der Regel nicht die beinharten Fans, sondern Otto Normalverbraucher/-hörer, der vielleicht noch nicht einmal ein Album des Künstlers oder der Band hat, aber die vom Radio bekannten Hits gut findet. Und dann steht sie nun da, die CD mit all diesen Hitparaden-Knüllern, und kein Weg führt vorbei: die muss jetzt endlich mal gekauft werden. Gegen diese Marketingstrategie ist nichts einzuwenden, doch was bringt das dem wirklichen Fan?

Im Fall des … Hits-Albums von Phil Collins, das seit 5. Oktober im Handel ist, ist die Antwort: einen neuen Song, die Hits diverser Soundtracks und einen groben Anriss der Phil Collins-Solo-History vereint auf einem Tonträger. Eine fast identische Zusammenstellung (mit zwölf Überschneidungen) lieferte Phil zwar bereits 1990 mit Serious Hits … Live! ab, doch das neue Hits-Album enthält natürlich Studioversionen. Außerdem wird dem Fan das Auflegen von zehn verschiedenen Alben erspart, von denen die Songs auf … Hits stammen. Für was die Pünktchen vor „Hits“ stehen, sei jedem selbst überlassen, je nachdem, was er von den Tracks hält (Vorschläge: „Some“ oder „Greatest“oder „Bloody“).

Cover HITS

Dass die CD keine umfassende Aufarbeitung des Collins-Solo-Schaffens sein will, ist klar, dafür wäre auf einer Einzel-CD auch nicht genügend Platz. Immerhin sind aber doch fast alle Gassenhauer, schwerpunktmäßig von No Jacket Required und …But Seriously, enthalten. Der einzige neue Song ist eine Coverversion von True Colors, einem Hit, mit dem Cindy Lauper 1986 recht erfolgreich war. Über den Sinn und Zweck von Coverversionen lässt sich streiten. Auf jeden Fall ist es im Augenblick sehr populär und erfolgreich, Songs nicht selbst zu schreiben, sondern Hits anderer neu aufzunehmen. Man kann Phil aber wohl nicht unbedingt vorwerfen, dass er hier mit dem Trend geht, denn True Colors ist bei weitem nicht seine erste Coverversion (und auch nicht die einzige des … Hits-Albums: You Can’t Hurry Love, A Groovy Kind Of Love). Unterstützung erfuhr Phil beim Aufnehmen des Stücks von Babyface, der Hintergrundgesang beisteuerte und produzierte. True Colors erschien vorab zum Album am 21. September als Single (WEA 3984 24774-2), wobei die Anschaffung nicht lohnt, da neben dem Titelstück nur die bekannten Versionen von In The Air Tonight (’88 remix), Don’t Lose My Numberund I Missed Again enthalten sind. Noch ein Wort zum Outfit von … Hits. Das Cover-Artwork zeigt zum Teil recht abstrakte Gemälde der Hüllenabbildungen der sechs bisherigen Phil Collins-Studioalben, die im Inneren des Booklets nochmals CD-groß abgebildet sind. Das Booklet selbst ist ein ca. 24 cm mal 48 cm großes gefaltetes Blatt mit den Credits zu allen Stücken, jedoch ohne Texte. Was unterm Strich bleibt, ist ein nicht besonders aufsehenerregendes Compilation-Album mit wenig Kaufanreiz bei den wirklichen Fans, bei gleichzeitigem Anspruch, ein gutes Weihnachtsgeschenk zu sein, bei dem man als Schenkender nicht viel falsch machen kann, es sei denn, der Beschenkte ist Liebhaber von volkstümlicher Musik, Klassik, Hip Hop oder Heavy Metal.

Autor: Helmut Janisch
zuerst veröffentlicht in itNr.25 (Herbst 1998)