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Phil Collins – Ehrendoktorwürde der Kunstuniversität Graz

Phil Collins wurde am 22. Mai im Rahmen einer Zeremonie in Graz an der Kunstuniversität die Ehrendoktorwürde verliehen. Wir fassen den Tag zusammen.

Phil Collins gilt als einer der international erfolgreichsten Künstler im Bereich des Jazz und der populären Musik. Insgesamt wurde Collins mit bisher sieben Grammys ausgezeichnet und zählt außerdem zu jenen maximal zehn Persönlichkeiten weltweit, die sich derart erfolgreich über Jahrzehnte im internationalen Musikbusiness bewegen.

Stilistisch ist der beeindruckend vielseitige Sänger, Schlagzeuger, Komponist und Songwriter ebenso versiert im Jazz wie im Pop und einschlägigen Crossover-Bereichen zuhause. Neben seiner höchst erfolgreichen Solokarriere verfolgte er auch immer anspruchsvolle Projekte – die Fusion-Band Brand X zu Beginn seiner Laufbahn, später formte er die Phil Collins Big Band und schrieb auch zwei Soundtracks für Disney-Filme. Dabei hat Phil Collins einen spezifischen Sound geprägt, ein Klangbild, das von ihm über alle Genres hinweg entwickelt und geformt wurde. Collins zählt somit zu den prägenden Persönlichkeiten jener internationalen Szene, für die die Kunstuniversität Graz und ihr Institut Jazz ausbilden.

Die Universität für Musik und darstellende Kunst Graz beheimatet das europaweit erste selbstständige Institut zur Jazzausbildung auf akademischem Niveau. Dessen Gründung im Jahr 1965 war Pionierarbeit und von einer visionären Bereitschaft zur Entgrenzung getragen: einer großen Lust am Blick über den Tellerrand. Auf Basis dieser Tradition wurde das Institut Jazz der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, wie regelmäßige international hochrangige Auszeichnungen illustrieren, zu einer der weltweit wichtigsten universitären Ausbildungsstätten im Bereich des Jazz.

In einem von Vielfalt, Offenheit und Mut zur Entgrenzung geprägten Zugriff auf Kunstschaffen, Lehre und Forschung begegnen sich der Künstler Phil Collins und die Kunstuniversität Graz. Eine persönliche Verbindung entstand über das Institut Jazz, dessen Zusammenarbeit mit Phil Collins in Zukunft weiter vertieft werden soll.

Am Mittwoch, 22. Mai 2019 nahm Phil Collins im Rahmen eines Konzertes, das seine Bläser The Vine Street Horns mit KUG-Studierenden vereinte, die Ehrendoktorwürde der Kunstuniversität Graz entgegen. „Ein besonderer Moment in der Geschichte der Universität“, wie der geschäftsführende Vizerektor Eike Straub betonte.

Phil Collins - by Matthias FenglerRektorat und Senat der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (KUG) haben auf Initiative des Instituts Jazz beschlossen (übrigens zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses), ein Ehrendoktorat zu vergeben. Dieses erging am 22. Mai 2019, für seine großen Verdienste im für die KUG wesentlichen Bereich der Jazz- und Popularmusik, an Phil Collins. Es ist die erste Ehrendoktorwürde einer europäischen Universität für Collins. Weltweit teilt die KUG sich diese exklusive Verbindung mit dem Künstler mit einer einzigen weiteren Kunstuniversität: dem berühmten Berklee College of Music in Boston. Diese hatte Phil Collins bereits 1991 einen Honorary Degree verliehen.

Die Verleihung der Ehrendoktorwürde fand im Rahmen eines Konzertes des KUG JazzOrchesters gemeinsam mit den Vine Street Horns statt. Phil Collins‘ exklusiver Bläser-Sektion gehört auch der zweifache Grammy-Preisträger Luis Bonilla an, der an der Kunstuniversität Graz eine Professur für Jazzposaune inne hat. Gemeinsam mit den KUG-Studierenden und Phil Collins‘ musikalischem Direktor Brad Cole interpretierten sie „The Music of Phil Collins“. Davor gab es eine Podiumsdiskussion mit anschließender Frage/Antwort-Stunde mit Studierenden der Universität.

Round Table Session, 16:00 – 18 Uhr

Die Veranstaltung war ausschließlich Universitätsangehörigen vorbehalten und so nahmen ca. 100 Studierende der Kunstuni Graz daran teil.

Podium

Der Nachmittag begann mit einer etwa einstündigen Podiumsdiskussion, in der verschiedene Bereiche von Phils musikalischem Schaffen beleuchtet wurden. Neben der Würdigung als einer der bedeutendsten Jazz Drummer wurde die Gelegenheit genutzt, viele musikspezifische wie auch allgemeine Fragen zu stellen. So wurde er befragt, ob er z.B. autodidaktische Musiker oder studierte Musiker bevorzugt oder welche Karrieretipps er geben könne. Hierzu meinte er, dass das Musikbusiness heute ein anderes sei als noch zu seiner Zeit und seine Ratschläge wohl nicht mehr zeitgemäß wären. Als unerlässlich hält er eine solide musikalische Ausbildung als Grundlage für jeden Musiker, denn gerade für die Arbeit als Jazz-Drummer musste er das Spielen nach Noten erst lernen, da er bis zu diesem Zeitpunkt lediglich nach Gehör spielte.

Er verriet, dass er selbst kaum Musik höre und wenn dann nur im Radio. Auch dürfte in nächster Zeit keine neue Musik von ihm zu erwarten sein, denn er verriet außerdem, dass er derzeit in dieser Hinsicht an nichts arbeite – „absolutely nothing!“.

Es gab auch ein paar Anekdoten: Bei Live Aid ist er ja bekanntermaßen mit der Concorde von London nach New York geflogen, danach gab es einen Helikopter-Transfer, aber es wurde kein Taxi zum Hotel organisiert – das hat er dann eben selbst gemacht. Er verwies hier, wie öfter an diesem Abend, auch auf sein Buch.

Im zweiten Teil dieser Veranstaltung hatten die Studenten die Möglichkeit Phil direkt Fragen zu stellen. Das Spektrum der Fragen war sehr groß und reichte von teils sehr persönlichen Fragen bis hin zu Tipps für eine erfolgreiche Schlagzeugkarriere.

Er wurde zudem gefragt, wie er mit Kritik umgeht und warum ihn negative Kritik überproportional mehr trifft als ihn positive erfreut. Phil sagte, es sei eben seine Natur und er beobachtet beispielsweise auch die Zuschauer im Konzert und fragte sich, warum diese bei Separate Lives Bier holen gehen und warum ihnen die Darbietung anscheinend nicht gefalle?

Konzert und Verleihung der Ehrendoktorwürde (20 – 22 Uhr)

Am Abend folgte eine Galaveranstaltung im Györgi-Ligeti-Saal des MUMUTH, im Rahmen dieser Phil zum Ehrendoktor der Kunstuniversität Graz ernannt wurde. Hierzu waren Gäste der Universität sowie aus der Politik eingeladen.

Zur Ehrung von Phils musikalischem Schaffen wurde im ersten Teil ein Konzert mit Stücken von Phil vom KUG Jazzorchester zusammen mit den Vine Street Horns und Brad Cole aufgeführt. Folgende Stücke waren zu hören:

Two Hearts
That’s All
Invisible Touch
Hand In Hand
I Don’t Care Anymore
In The Air Tonight
From This Moment On
Do Nothing Till You Hear From Me
I Wanna Be Happy
Los Endos Suite
Sussudio

Konzert

Wer nun ein langweiliges kleines Jazzkonzert erwartete wurde leider enttäuscht, denn das Konzert ähnelte vielmehr einem energiegeladenen Feuerwerk bester Jazzmusik begleitet von einer farbenfrohen und auf den Punkt abgestimmten Lichtshow. Es war ein wahres Vergnügen diese Kombination aus Spielfreude, Professionalität und Energie zu sehen, zu fühlen und zu hören. Durch den Abend führten abwechselnd Luis Bonilla und Harry Kim, die das Orchester und ihre Bandkollegen zur Höchstleistung trieben. Ebenso half Brad Cole für den richtigen Schliff und dirigierte die Band mit vollem Körpereinsatz und großer Freude zu den richtigen Tönen. Insgesamt transportierte das Ensemble eine Leichtigkeit auf der Bühne wie man Sie im Jazz selten finden dürfte und selbst Phil schien sehr beeindruckt vom Talent seiner Musiker zu sein.

Im Anschluss daran wurde Phil die Ehrendoktorwürde der Universität verliehen.

Der geschäftsführende Vizerektor der Universität, Eike Straub, hielt die Begrüßungsrede:

„Sie haben nicht nur den Musikstil EINER Generation und EINES Genres geprägt, sondern Ihr Wirken strahlt prägend und inspirierend über Jahrzehnte in die Vergangenheit und ohne Zweifel auch weit in die Zukunft. Sie füllen mühelos die größten Konzerthallen dieser Welt, aber Sie kommen auch in unser kleines Theater im Palais mit seinen knapp 120 Sitzplätzen, um sich im kleinsten, fast intimen Rahmen mit denen zu beschäftigen, deren Idol Sie sind und die von Ihnen lernen wollen.“

Verleihung

Danach sagte Wolfgang Hattinger, Vorsitzender des Senats der Kunstuniversität Graz, in seiner Laudatio:

„Die ganze Welt kennt Phil Collins als einen der berühmtesten Pop-Sänger, Komponisten und Produzenten. Weniger bekannt sind seine Aktivitäten im Jazz. Aber das ist für eine Institution wie unsere Universität von großem Interesse, da wir eines der ältesten Jazz-Ausbildungsinstitute weltweit haben, aber auch ein sehr produktives Institut für Jazz und Populärmusik-Forschung. Tatsächlich gibt es nur wenige Musiker, die in beiden Welten, also im Pop und im Jazz, auf diesem hohen Niveau Erfolg hatten. Phil Collins ist einer von ihnen.“

Phil wurde also für sein Schaffen als Jazz-Drummer gewürdigt und es wurde auch auf zahlreiche Auszeichnungen und internationalen Erfolg verwiesen. Hattinger hatte außerdem eine Anekdote zum Besten gegeben: Bevor er sich entschied, Musik zu studieren, hatte er einen Roadtrip nach Griechenland gemacht und in einem Hostel im Dach geschlafen. Unten stand eine Jukebox und es wurde Tag und Nacht abwechselnd Message In A Bottle und In The Air Tonight gespielt, so hatte er schon damals Kontakt zu Phils Musik.

Phil kam danach auf die Bühne, erhielt die Urkunde und einen steyrischen Hut als Pendant zum Doktorhut – „damit er auf der Straße nicht erkannt wird“, scherzte Hattinger bei der Übergabe. Tatsächlich steht ihm dieser Hut wesentlich besser als sein Basecap. „Schön zu sehen, dass ihr einen richtigen Job habt“, scherzte Phil in Richtung der Mitglieder seiner Band, „und es ist auch schön, wie sich meine Musik anhört, wenn sie malrichtig gespielt wird„, honorierte er die Leistung der gesamten Band und des Orchesters.

Zum Abschluss wurde ihm eine sehr emotionale Version von Always dargeboten und nicht nur Phil, sondern auch die ganze Band schien sichtlich gerührt zu sein, sodass man die ein oder andere Träne sehen konnte. Tief ergriffen bedankte er sich bei den Musikern seiner Band wie auch dem KUG Jazzorchester. Danach verließ Phil die Bühne für den Rest des Abends.

Dr. h.c. Philip David Charles Collins – wir gratulieren!

Verleihung

Artikel zusammengestellt von Christian Gerhardts,
basierend auf Berichten der Zuschauer und offiziellen Presseinfos der KUG. Vielen Dank auch an Frau Dr. Lisa Dreier (KUG)!
Fotos: Matthias Fengler, Johannes Gellner, Dagmar Leis

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Die Musiker des Konzerts:

Brad Cole – Klavier und Synthesizer
The Vine Street Horns
Harry Kim – Trompete
Dan Fornero – Trompete
George Shelby – Saxophon
Luis Bonilla – Posaune
Miriam Kulmer – Gesang
Alana Mcpherson – Reeds
Jonathan Herrgesell – Reeds
Luka Zabric – Reeds
Csobán Szendrödny – Reeds
Armin Jambor – Reeds
Dominic Pessl – Trompete
Markus Krofitsch – Trompete
Johannes Plechinger – Trompete
Nikola Vukovic – Trompete
Valdemar Kusan – Trompete
Matyas Papp – Posaune
Emiliano Sampaio – Posaune
Johannes Oppel – Posaune
Humberto Amesquita – Posaune
David Sladek – Gitarre
Eloá Goncalves – Klavier
Hrvoje Kralj – Bass
Jonathan Sarikovski – Schlagzeug
Jan Krizanic-Nessmann – Percussion

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