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Phil Collins – Dance Into The Light (2016 Deluxe Edition 2CD) – Rezension
Nach der Trennung von Genesis überraschte Collins mit einem dynamischen Album, bei dem er auf Drumcomputer verzichtete und Gitarren statt Keyboards in den Vordergrund schob. Im Februar 2016 wurde das Album neu aufgelegt und wir schauen uns Remaster und die Bonustracks genauer an.
Hinweis: In dieser Rezension wird die Neuveröffentlichung des Albums Dance Into The Light besprochen. Eine ausführliche Rezension zum Album selbst findet ihr unter diesem Link.
Das Artwork
Wie bei allen Alben haben wir auch hier den gealterten Phil Collins auf dem Cover – im gleichen Stil wie das ursprüngliche Cover. Dabei hatte das Cover zu Dance Into The Light im Vorfeld schon für viel Gesprächsstoff gesorgt, da es das einzige Cover ist, das ihn komplett zeigt – und dann auch noch tanzend. Die Frage war, wie man dies umsetzen würde, schließlich ist Phils Bewegungsapparat seit ein paar Jahren zumindest eingeschränkt. Das Ergebnis lässt zunächst vermuten, dass Phils Kopf ins das Motiv hineinmontiert wurde. Allerdings sind auch andere Teile des Covers offenbar neu. Phil hat mittlerweile in einem Interview bestätigt, dass er alles selbst neu „eingetanzt“ hat und sich selbst aber auch viele Gedanken gemacht hatte, ob er das hinbekommt (hier findet ihr das Interview dazu). Die Krönung ist dann auch die Abfolge der Grafiken auf der Rückseite des eingelegten Faltblattes. Hier sieht man insgesamt acht Posen der Session, in der Phil das neue Cover eingetanzt hat. Allein das ist schon fast das Geld wert! Der Schriftzug wurde aber im Gegensatz zu den bisherigen Alben auch „reproduziert“ – Unterschiede sind klar erkennbar.
Der Digipak selbst ist vom Aufbau und Design her natürlich identisch mit den früheren Alben. Farblich ist er komplett in orange gehalten und auch hier gibt es ein Faltblatt mit Begleittext von Phil. Die Bonus-CD ist „Extra Move“ betitelt.
Das Remaster
Dance Into The Light erschien 1996, also quasi auf dem Höhepunkt des digitalen Masterings, in dem schon von Grund auf relativ viel mit Kompression gearbeitet wurde. Dies bedeutet, dass sich die Lautstärkepegel zum großen Teil in einem ähnlichen Bereich bewegen. Dennoch hatte Dance Into The Light einen für die Zeit relativ beachtlichen DR-Wert von 10. Die Peaks allerdings lagen alle wie gleichgeschaltet bei ca -0.18 dB. Interessanterweise wies Just Another Story die höchste Dynamik auf.
Das neue Remaster ist, anders als die frühen Alben, nicht lauter, sondern tatsächlich leiser – zumindest was die Peaks angeht, wobei die Abweichung minimal ist und auch nicht hörbar (eine Ausnahme bildet hier, aber auch im nicht hörbaren Bereich, der Song Take Me Down). Die leiseren Stellen, auf diesem Album ohnehin wie beschrieben überschaubar, sind aber alle leicht engehoben worden. Dies wirkt sich negativ auf die Gesamtdynamik aus. Die 2016er Version besitzt nur noch einen DR-Wert von 8, was schon an der Grenze zu einer „schlecht“-Bewertung ist.
Ohne Blick auf die Technik und durch reines Hören analysiert vermag man keine großen Unterschiede zu erkennen. Hier und da hat man das Gefühl, dass die Bässe leicht kräftiger sind und das ein oder andere Becken klingt auch spritziger. Das alles könnte aber auch ein Effekt der Zahlen sein – oder es ist minimal wahrnehmbar. In jedem Fall gibt es keine sehr großen Unterschiede. Dies ist etwas bedauerlich, denn an der Dynamik hätte man durchaus etwas verbessern können. In der Tabelle sehr ihr wie gewohnt die gemessenen Zahlen (zum Anzeigen der Grafik hier klicken).
Die Bonustracks
Dance Into The Light (live)
Der Song gehört zu den typischen Gute-Laune-Songs in der zweiten Hälfte des Sets einer Collins-Show. Die hier vorliegende Version ist ziemlich sicher auf der Farewell Tour aufgenommen und klingt exzellent. Es ist die gleiche Version, die man auch auf der DVD zur Tour hören und sehen kann.
Just Another Story (live)
Diese Version ist ein absolutes Highlight. „So nah war ich noch nie am Rap“ schreibt Phil in den Begleitnotizen. Diese jazzige Version mit Sprechgesang war Teil des Live-Sets 1997 und ist sehr weit weg von Phils treibenden Popsongs oder seinen Balladen. Es ist wie ein Exot und sticht auch auf dem Album heraus. Eine sehr gute Idee, diese Live-Version hier zu berücksichtigen. Wo diese aufgenommen ist, konnte zum Zeitpunkt der Rezension noch nicht ermittelt werden.
Wear My Hat (live)
Es war zu erwarten, dass Wear My Hat auf der Bonus-CD in einer Live-Version auftauchen würde. Diese Live-Version stammt ebenfalls von der Farewell DVD 2004, wurde also am 16. Juni 2004 in Paris aufgenommen. Der Sound ist entsprechend gut, auch wenn der etwas holprige Start erkennbar ist – seinerzeit ging Two Hearts direkt in Wear My Hat über.
River So Wide (live)
Take Me Down (live)
Beide Tracks waren auf der Trip Into The Light Tour untrennbar miteinander verbunden (sie wurden immer nacheinander gespielt und gingen ineinander über). Dass es sich hier nicht um eine sauber produzierte Live-Version handelt, sondern eher um eine raue, vermutlich weitestgehend unbearbeitete Soundboard-Aufnahme, hört man sofort. Die Aufnahme stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus London, Earl’s Court, 13.12.1997 (hundertprozentig sicher sind wir uns da aber nicht). Das Drum-Intro zu River So Wide ist entsprechend knackig, Collins hört man zu beginn nicht, bis er dann zur Mitte des Drum-Intro alleine singt. Entsprechend interessant ist es, wenn man zunächst eine Dominanz der Background-Sänger hört. Die Tracks haben auch minimale Publikumsgeräusche, was darauf hindeutet, dass hier keine Richtmikros zum Einsatz kamen. Außerdem singt Phil auch nicht immer mit dem ganz großen Druck in der Stimme. Am Schlagzeug saß seinerzeit Ricky Lawson, der leider nicht mehr lebt. Wenn man diese beiden Stücke in dieser recht rohen Live-Fassung hört, da bekommt man richtig Lust auf eine Collins Live-Show. Er hatte schon immer dieses Talent, mit Bläsern und seiner kongenialen Rhythmus-Sektion ein Feuerwerk abzubrennen. Das Finale von Take Me Down ist einfach absolute Sahne. Das Ganze macht auch Lust auf eine vollständige Show der 1997er Tour auf Blu-ray. Mehr davon!
Lorenzo (demo)*
Einer der Schlüsselsongs des Albums war Lorenzo, zu dem es ja die bekannte Geschichte gibt (man erinnere sich an den Film Lorenzos Öl, mehr Infos in der Rezension zum Album). Das Demo klingt ein wenig wie eine Art durchlüftete Version der Album-Version. Der Song klingt schon recht fertig, was aber auch nicht verwunderlich ist, denn der Text stammte ja nicht von Collins. Der Gesang ist sehr dominant, zaghaft dagegen ist das Dumsolo nur angedeutet. Aber schon das Demo offenbart, was für grandiose Songs Collins schreiben konnte.
That’s What You Said (demo)
Ein weiteres Demo, das bereits nah an der finalen Version ist. Auch hier gibt es bereits quasi fertige Lyrics und auch das Grundfeeling ist identisch zur finalen Version – im Prinzip erkennt man kaum Unterschiede zur finalisierten Version. So richtig klar, warum er dieses Demo hinzugenommen hat, wird einem das dadurch nicht …
Another Time (B-Side)
Dieser Song war seinerzeit nur auf dem legendären Toyota-Sampler You Ought To Know erhältlich. Another Time war schon immer irgendwie ein anderer Collins Song, weil er sich in keinster Weise an Strophe / Refrain-Strukturen hält. Die Berücksichtigung hier ist absolut gerechtfertigt.
It’s Over (B-Side)
Die Ballade It’s Over war eine logische B-Seite, da sie auf Grund der Atmosphäre eher auf Both Sides gepasst hätte als auf Dance Into The Light.
I Don’t Wanna Go (B-Side)
…war auf der Single It’s In Your Eyes zu finden, damals hieß der Song aber noch I Don’t Want To Go. Der kurze und knackige Song geht direkt ins Ohr und wäre lustigerweise sogar die bessere Alternative zu It’s In Your Eyes gewesen, das allein schon soundtechnisch viel zu nah an Love Police und That’s What You Said war. Aber das soll mal jeder für sich entscheiden.
Bewertung der Bonustracks
Auf dieser Bonus-CD haben wir keine Beanstandungen hinsichtlich der Qualität der Live-Aufnahmen. Die gewählten Songs wiederum sind natürlich diskutabel. Dance Into The Light kann man als verzichtbar einordnen, dafür wäre ein Song wie No Matter Who (der ohnehin nur ein Mal im Rahmen einer Promo-Show gespielt wurde), The Same Moon oder The Times They Are A-Changin‘ besser gewesen. Just Another Story ist aber ein echter Kracher und auch das Duo River So Wide / Take Me Down aller Ehren wert. Eine weitere Bereicherung wäre Loco In Acapulco gewesen, das Collins leider nur in Nordamerika bei einigen Shows spielte.
Bei den Demos ist Lorenzo ein willkommenes Beispiel, allerdings ist That’s What You Said keine glückliche Wahl. Es gibt mit Head Held High und Let It Run Free zwei sehr interessante Stücke, die man statt dessen auf diese CD hätte packen können. Auch viele andere Stücke sind bereits durch Collins‘ Fanclubarchiv oder Bootlegs bekannt.
Die B-Seiten sind nahezu vollständig – einzig It’s Everywhere fehlt. Das flippige Stück war damals auch auf dem Toyota Sampler und hätte hier auch wieder gut Platz gefunden.
Fazit
Insgesamt ist das Set eine runde Sache. Die Bonustracks sind hier und da streitbar, aber auch vertretbar. Erneut wird der Platz aber nicht ausgereizt. Dieses Mal sind sogar nur gut 46 Minuten verwendet worden – das heißt eine satte halbe Stunde wäre noch Platz gewesen für erwähnte Perlen wie Head Held High oder Let It Run Free bzw. die ein oder andere weitere Live-Version oder einfach, um mit It’s Everywhere die B-Seiten des Albums zu komplettieren. Das Remaster offenbart keine neuen Stärken oder nennenswerte Abweichungen vom Original. Das Artwork ein absoluter Klassiker – die Abbildung einer quasi kompletten Dance-Session mit dem „alten“ Phil hätten wohl die wenigsten für möglich gehalten. Hier zeigt sich eine Liebe zum Detail, die wir an anderer Stelle auch gern gesehen hätten.
Dance Into The Light erscheint am 26.02.2016 als 2CD und 2LP und kann bereits vorbestellt werden:
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Autor: Christian Gerhardts
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