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Phil Collins – A Trip Into The Light Tour 1997 – Tourbericht Europa
Im Herbst und Winter 1997 spielte Phil Collins fast vier Monate lang in Europa – und fast die Hälfte der Konzerte fand im deutschsprachigen Raum statt. Wir haben etliche Eindrücke der Konzerte in Europa zusammengetragen.
Phil Collins – Europatour 1997
Nun, eigentlich gibt es gar nicht so viel über die Konzerte zu berichten, was nicht schon der Artikel über die Nordamerikatour gesagt hätte. Die Konzerte liefen praktisch identisch ab, und auch die Bühne war unverändert. Gerüchte, wonach der Set umgestellt werden sollte und die Bühne etwas umgebaut sein würde, bestätigten sich nicht.
Da wir reichlich Berichte über die Konzerte von Euch bekommen haben, möchten wir einen Teil davon an dieser Stelle veröffentlichen. Aus Platzgründen und weil sich viele Beschreibungen doch ähnelten, haben wir meist nur Auszüge aus den Kritiken herausgenommen, die Besonderheiten oder persönliche Meinungen enthalten.
• Hand In Hand
• Hang In Long Enough
• Don’t Lose My Number
• River So Wide
• Take Me Down
• Find A Way To My Heart
• Another Day In Paradise
• Just Another Story (nicht 06.12., 14.12., 17.12.)
oder I Wish It Would Rain Down (29.10. – 01.11., 29.11., 02.12.)
oder Can’t Turn Back The Years(05.12., 08.12.-13.12)
• Against All Odds
• Lorenzo
• Separate Lives
• The Times They Are A-Changin‘(bis 03.11.)
oder Both Sides Of The Story ( ab 04.11., außer 02.12.)
• Do You Remember?
oder A Groovy Kind Of Love (nur 13.10. und 19.11.)
• Long Long Way To Go (nicht 06.12.)
• One More Night
• In The Air Tonight
• Drum/Percussion-Improvisation
• Easy Lover
• Dance Into The Light
• Wear My Hat
• You Can’t Hurry Love
• Two Hearts
• Something Happened On The Way To Heaven
• Sussudio
• The Same Moon (nur 09.10.)
oder Always (nur 13., 14. + 17. 12)
• Take Me Home
Rotterdam, 29.10.97
Phil Collins spielte mit seiner Band zwei Konzerte in den Niederlanden. An beiden Tagen sorgten jeweils 10.000 Zuschauer für eine gute Atmosphäre, indem sie völlig in der „Greatest Hits-Parade” von Phil & Co. aufgingen.
Ich habe am 29. 11. ein gutes Konzert miterlebt, wie man es eigentlich von Phil gewohnt ist: sehr guter Sound, sehr effektive Lightshow, origineller Bühnenaufbau und ein rennender Phil Collins. Also, was will man noch mehr? Eigentlich nichts! Aber irgendwie hatte ich das Gefühl wie bei der letzten Genesis-Tour: es ging zu einfach, es war alles so programmgemäß. Die großen Überraschungen blieben aus. Auffällig dabei war, daß das Set größtenteils eine Kopie der Serious Tour war. Wo waren die Songs von Both Sides geblieben? So schlecht sind die ja auch nicht. Anscheinend wollte Phil die dunkle Both Sides-Episode wieder schnell vergessen und an die fröhlichen Zeiten von … But Seriously anknüpfen. Für die Fans von etwas komplexeren Songs war dieses Konzert letztendlich doch eine leichte Enttäuschung. Aber die Qualität der Musik und Lightshow sind ohne Zweifel das Beste, was man heutzutage hören und sehen kann.
Gerrit Bekkernens
Hannover, 31.10. + 01.11.97
Damals, Ende der 80er Jahre, bin ich über Phil Collins auf Genesis gekommen. Ein paar Jahre lang war er für mich das Größte. Nun, in der Zwischenzeit hat sich bei Phil einiges geändert – vieles, mit dem ich mich nicht gerade angefreundet habe. Doch da ich gerne in sentimentalen Erinnerungen schwelge, habe ich mir Phil auch bei seiner aktuellen Tour zweimal angesehen. Die Konzerte in Hannover waren von der Atmosphäre her in Ordnung. Aber in keinem Moment wurde ich von irgend etwas überrascht. Alles lief nach einem vorher definierten Plan ab, vom ersten Ton von Hand in Hand bis zur letzten Note von Take Me Home. Glanzlichter waren an sich nur Long Long Way To Go, In The Air Tonight, das Drum-Trio und, mit Abstrichen, die Songs des neuen Albums, die (noch) nicht den üblichen Hit-Status hatten, wie Lorenzo und Just Another Story. Die Band spielte prima, obwohl die Frage gestattet sei, ob Phil wirklich das ganze Ensemble braucht, um eine vernünftige Show abzuliefern. Aber das gehört wohl inzwischen zu seinem Entertainment. Wie bei vielen Konzerten der letzten Jahre, nicht nur von Phil, sondern auch von Genesis oder Peter Gabriel, verließ ich die Halle mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits waren die Shows ja völlig in Ordnung, andererseits fallen einem zig Dinge ein, die hätten besser sein können.
Martin Antes
Hannover, 31.10.97
Das Konzert war atemberaubend, sowohl für Phil als auch für das Publikum. Ohne längere Pausen so ein Tempo durchzuhalten, ist schon erstaunlich. Auch wenn nur wenige Stücke vom neuen Album und gar keines (!) vom letzten gespielt wurden, muß ich im Gegensatz zu einigen Zuschauern, deren Gespräche ich nach dem Konzert „belauscht” habe, sagen, daß die neuen Stücke doch sehr viel Power hatten und der Qualität der CD in nichts nachstanden. Weiterhin hat mich auch das Schlagzeug-Duett, sorry, -Terzett (bzw. wie nennt man das eigentlich, wenn 13 Leute trommeln? – egal) sehr begeistert, da es einen doch zum mitgrooven, sprich tanzen animierte.
Die negativen Punkte zum Konzert sind weniger bei Phil und seiner Band zu suchen als eher in dem relativ blöden Publikum, das bei jeder Ballade, vor allem aber auch bei In The Air Tonight, mitklatschen mußte – daß dann teilweise so gegen den Takt, daß man aggressiv werden konnte. Mit romantischer Atmosphäre haben diejenigen wohl nichts am Hut. Man kann auch anders zeigen, daß es einem gefällt: wie wär’s mit Feuerzeugen, Wunderkerzen etc. (die ich übrigens nur vereinzelt sah) anstatt dem ewigen „Ja, ich habe den Rhythmus erkannt”-Geklatsche. Aber Schwamm drüber.
Ich möchte als Abschluß natürlich nicht vergessen, die Band zu loben, die wieder mal gezeigt hat, wie man Musik und auch Stimmung (durch Tanzen und Showeinlagen) macht. Wen ich allerdings überhaupt nicht heraushören konnte, ist Ronnie Caryl, der aber trotzdem nicht unterschätzt werden darf.
Lars Köster
Gent, 03.11.97
Von Anfang an war in der Halle eine gute Atmosphäre. Nach den ersten paar Stücken begrüßte Phil das Publikum mit dem üblichen Zettel in der Hand auf Flämisch. Als er wenig später in Französich weitersprach und sich damit einige Buh-Rufe einfing, meinte er: „Ihr habt damit doch dieselben Probleme wie ich”, was das Publikum heiter aufnahm. In der Folge sprach er beides, blieb dann aber irgendwann beim Flämischen, vermischt mit irgendetwas Gemurmeltem, das wohl Französich war.
Nach den ersten zwölf Stücken verließ die Band außer Phil die Bühne, der erklärte, er würde nun ein paar Stücke über Beziehungsprobleme singen, womit er einige Erfahrungen hätte.
Nach diesem Block startete das Intro zu In The Air Tonight. Phil machte seine Runden, sang und bewegte sich langsam in Richtung Drumkit. Nur dieses kam diesmal nicht aus dem Bühnenboden hervor. Also sprang er dorthin herunter. Man konnte ihn zwar trommeln hören, aber nicht sehen. Nach In The Air … erklärte Phil, dass es ein Problem mit dem Strom gebe und man eine 10minütige Pause machen müsse. Er sagte auch, dass, wenn er den finden würde, der das verbockt hat, er ihn in den Hintern treten würde. Nach zehn Minuten kam Phil wieder und entschuldigte sich dafür, daß es doch noch ein wenig länger dauern würde. Fünf Minuten später erklangen dann überraschenderweise die ersten Töne von In The Air Tonight und tatsächlich wurde das Stück noch einmal gespielt – in einer der besten Versionen, die ich je gehört habe – absolut großartig.
Robert Vercruysse
Verschiedene Konzerte 1
Diese Tour, bei der man die runde Bühne mehr und mehr schätzen gelernt hat, wird einem noch lange im Gedächtnis bleiben. Phil präsentierte eine gigantische Lightshow und schaffte es in jeder proppenvollen Halle, auch hartnäckige Sitzenbleiber auf die Beine zu bringen. Er zeigte sich mit seiner Band immer locker und gelöst und war immer zu einem Späßchen mit dem Publikum aufgelegt. So konnte man einmal sehen, wie Phil grinsend einem Fan mit spärlichem Haarwuchs über den Kopf strich oder er sich bei Fotos aus dem Publikum geduldig zeigte und diverse Stellungen demonstrierte. Die Band präsentierte sich in bester Geberlaune, so wurden Gitarrenplektrums und Drumsticks von der Bühne zu den Fans geworfen. In Hannover kam es dann auch zum seltenen mehrfachen Umkippen von Fans. So stand Phil etwas ratlos auf der Bühne und sah zu, wie während eines Songs mehrere Zuschauer rausgetragen wurden. Das hat man wohl auf einem Phil Collins-Konzert so noch nicht erlebt. Dem Erwartungsdruck des Publikums sind sie allesamt einmal mehr gerecht geworden und das Entgegenfiebern einer jeden Show hat sich gelohnt.
Diana Kalsow
London, 13.12.97
Um 19.45 Uhr war die Halle schon fast gefüllt. Die Band traf anscheinend erst kurz vor Beginn ein. Brad Cole, Arnold McCuller und Harry Kim sahen wir noch, wie sie, in Wintermäntel gehüllt, durch die sternförmig um die Bühne angeordneten Sitzreihen zum Soundboard gingen und unter dem Bühnenboden verschwanden. Mit leichter Verspätung ging es dann mit dem Intro zu Hand In Hand los. Phil suchte sich seinen Weg durch die Halle und betrat sein Schiff in gewohnter Manier. Der Sound war anfangs alles andere als perfekt, und wir fragten uns, ob die Hallenakustik so schlecht war, oder die Musiker nicht zu ihrem Rhythmus fanden. Der Sound wurde bei den nächsten Songs entschieden besser. Mit Can’t Turn Back The Years überraschte Phil mit einem bei unseren Konzertbesuchen in Dortmund und Stuttgart nicht gehörten Lied. Neben In The Air Tonight kam nur bei Easy Lover erst die richtige Stimmung im Publikum auf. Während Wear My Hat wurden die Hut-Utensilien der Band um eine blaue Strickpudelmütze und eine Weihnachtsmütze aus der Menge erweitert. Mit beiden Kopfbedeckungen sah Phil zwar lustig, aber nicht gerade intelligent aus. Nach Sussudio wurden wir dann noch mit Always als erste Zugabe vor dem Rausschmeißer Take Me Home überrascht. Bei letzterem Lied kam es zu einem Zwischenfall, als ein Fan die Bühne stürmte und Phil umklammerte, so daß dieser seine Joggingrunden samt Gesang abrupt unterbrechen mußte. Nach Entfernung der Person hatte sich die Lichtanlage von der Hallendecke bereits so weit auf den Boden abgesenkt, daß Phil seine Rennerei abbrechen mußte und etwas genervt über die Reling die Bühne verließ.
Insgesamt war dieser Konzertabend ein unvergeßliches Erlebnis. Neben Phil war die Spielfreude von Daryl und Nathan sowie die stimmgewaltige Amy Keys besonders erwähnenswert.
Kersten Opdenbusch
Verschiedene Konzerte 2
Ich habe heuer Phil Collins-Konzerte in Orlando, Berlin, Stuttgart, München (2x), Leipzig und London gesehen. Jedes Konzert war für mich ein besonderes Erlebnis, wobei mich die körperliche Fitness von Phil erstaunte, der jedesmal wieder wie ein wilder „Derwisch” seine Runden auf der Bühne drehte. Bemerkenswert fand ich auch die spürbare Energie der Bandmitglieder sowie deren Freude an der Musik.
Die Idee mit der runden Bühne fand ich toll, da alles sehr übersichtlich war und man jedes Bandmitglied auch mal „hautnah” erleben konnte. Zudem war das Gedränge in der Arena äußerst gering, da sich die Leute um die ganze Bühne herum verteilten. Die Lightshow mit den vielen verschiedenen Farben und Effekten war gigantisch. Besonders bei In The Air Tonight war mal wieder „Gänsehaut-Stimmung” angesagt.
In München unterlief Phil am Schluß von Long Long Way To Go ein kleiner Fauxpas, wobei er beim letzten Takt statt „turn it off”weiter „switch it off” sang, seine Band sich schieflachte und er mit betretener Mine die Hände an den Kopf hielt.
Die Stimmung in München war bei beiden Konzerten ausgelassen. Es wurde von Anfang an mitgesungen und mitgeklatscht, und es waren wohl von den Konzerten, die ich gesehen habe, die beiden besten. Zu erwähnen wäre noch, daß Phil beim letzten Konzert in Leipzig zwei Lieder komplett unter den Tisch fallen ließ, was wahrscheinlich daran lag, daß er gesundheitlich etwas angeschlagen war.
Ich denke, daß Phil mit der 1997er Band wohl die bis jetzt allerbeste musikalische Unterstützung hatte, was auch das Drum-Terzett, bei dem die ganze Band miteinbezogen wurde, zeigte. Ricky Lawson an den Drums ist für mich sogar noch eine Steigerung zu Chester Thompson und mit Luis Conté an den Percussions kaum zu überbieten. Ein besonderes Lob verdienen auch die Jungs der Vine Street Horns, wobei mir am besten Andrew Woolfolk gefallen hat.
Den legendären „Rausschmeißer” Take Me Home kann ich als „alter” Collins-Fan zwar schon bald nicht mehr hören, aber er paßt halt immer so gut am Schluß.
Karin Lemberg