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Phil Collins – A Life Less Ordinary – DVD Rezension

Die englische BBC erstellte etwa zur Zeit von Testify (2002) eine Dokumentation über Phil Collins, die schließlich von mehreren Millionen Zuschauern verfolgt wurde. Die teils sehr persönlichen und interessanten Einblicke in Phils Leben sind nun auf DVD erschienen

Nachdem Phil uns bereits vor ein paar Jahren mit der DVD Face Value aus der TDK-…….-Serie verzückt hat, gibt es jetzt ein weiteres Prunkstück, welches nicht nur die reinen Phil Collins-Fans erfreuen wird.

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Um das Fazit vorwegzunehmen: Ein Kauf dieses Silberlings lohnt sich!

A Life Less Ordinary wurde ursprünglich für die BBC produziert und lief dann auch im November 2002 im britischen Fernsehen. Diese Dokumentation letztendlich als DVD zu veröffentlichen war eine gute Idee, zumal es eine vergleichbare Biografie in bewegten Bildern bislang nicht zu kaufen gab. Dass man das Ganze dann noch mit Bonusmaterial versehen hat, steigert natürlich den Anreiz, die knapp 25,00 Euro auf den Tisch zu legen und sich nicht mit einem Videomitschnitt der Fernsehausstrahlung zufrieden zu geben.

In chronologischer Abfolge wird der Zuschauer durch das bewegte Leben von Phil Collins geführt. Ein ungewöhnliches Leben – was für ein passender Titel! Das musikalische Schaffen von „Mr. Nice Guy“ wird ebenso beleuchtet wie die Auf- und Abwärtsfahrten in seinem Privatleben. Der Stand dieser Dokumentation ist zirka Mitte 2002, also zu Zeiten von Testify, d.h. Phils zweiter Streich mit der Disney-Company, der Brother Bear-Soundtrack, bleibt hier unbeleuchtet. Auffällig ist, dass die exklusiv für diese Produktion geführten Interviews mit diversen Stars, Freunden, Bekannten und Verwandten sehr aktuell sind. Die Macher haben nicht auf altes Material zurück gegriffen, sondern sind sozusagen „up-to-date“.

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A Life Less Ordinary verzückt mit einem ganzen Arsenal von raren Aufnahmen, die man so bei Genesis & Co. noch nie zuvor gesehen hat. In dieser Hinsicht knüpft man die TDK-DVD (Kritik hier) an, die ebenfalls mit sehr feinen Videos gespickt wurde. Das Produkt, was man jetzt in den Händen hält, lässt das Herz der Fans von alten animierten Zeitzeugnissen auf 8/16mm und Video höher schlagen. Es werden Einblicke in die Jugend gewährt, die ihres Gleichen suchen. So sieht man Phil als sehr jungen engagierten Musiker am Schlagzeug sitzen oder bekommt einen Ausschnitt eines Fernsehauftritts von Flaming Youth geboten, bei dem sie Guide Me Orion performen – eine Aufnahme, von der wahrscheinlich die wenigsten von uns Fans wussten, dass es diese Filmkonserve überhaupt gibt. So geht es Schlag auf Schlag und man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Hier und da sind auch Szenen zu sehen, die zwar vorher schon von Genesis‘ 1991er A History-Video bekannt waren, aber dennoch begeistert die tolle Qualität der Bilder.

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Neben den wirklich tollen Einblicken in Phils Leben, die der Zuseher durch das Filmmaterial erhält, ist diese DVD voll gepackt mit sehr interessanten Interviews. Geführt wurden diese Konversationen mit vielen bekannten und auch unbekannten Gesichtern. So können wir gespannt den Aussagen von Joely Collins (Phils Adoptivtochter), Steve Jones (Drum-Roadie), June Collins (Mutter), Clive Collins (Bruder), Chris Welch (Musikjournalist), Ozzy Osbourne und Fish (Musiker), Bob Geldof (Musiker und Organisator von Live Aid), Mike Rutherford, Tony Banks und Peter Gabriel – um nur einige zu nennen – lauschen. Aber auch Phil selbst kommt natürlich zu Wort. Durch die vielen Wortmeldungen erfährt man allerhand Wissen(s??)wertes und vor allem eine ganze Reihe Anekdoten. So stellt Phil z.B. richtig, dass es Anfang der Achtziger (angeblich) reiner Zufall gewesen wäre, dass bei seinen Auftritten ein Farbeimer samt Pinsel auf dem Piano, gestanden hat (Erklärung: Phils damalige Frau Andrea hatte ihn mit einem Maler betrogen). Schließlich war dieser Umstand in der Fanwelt eine ganz klare Sache gewesen und so mancher hatte sich die Frage gestellt, was gewesen wäre, wenn Andrea ihn damals mit einem Fischhändler betrogen hätte! Eine weitere witzige Story erzählt Mike Rutherford. Er hatte damals, als sie Ende der Siebziger (muss 1978 gewesen sein) mit Genesis auf Welttournee gewesen waren, in Japan drei der ersten Drum Machines überhaupt gekauft. Eine für ihn, eine für Tony und eine für Phil. Letztgenannter war zunächst überhaupt nicht angetan von dem Gedanken, dass er als Vollblutdrummer nun die Arbeit einer Maschine überlassen sollte. Schließlich war Phil es aber, der als einer der ersten Musiker im Business mit diesem damals neuen Hilfsmittel arbeitete (zu hören auf

Face Value). Phil war im besonderen Maße in den Achtzigern „allgegenwärtig“. Darüber rümpfen Mitstreiter wie Bob Geldof oder Ozzy Osbourne ein wenig die Nase, aber es wird deutlich, dass niemand Phil nicht ausstehen konnte, eben weil er so ein netter und durchschnittlicher Typ ist. Besonders hebt Bob Geldof die hohe Professionalität und Begabung hervor, die Phil 1985 beim Live Aid-Konzert offenbarte, als es darum ging, bei den Proben seinen einmaligen Schlagzeug-Sound für die Stadionbeschallung umzusetzen.

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Wie es sich für eine gute Produktion gehört, enthält auch A Life Less Ordinary Bonusmaterial. „Geschafft!“, mag sich allerdings so mancher nach dem Betrachten des gelieferten „Zusatzstoffs“ denken, denn es besteht „nur“ aus Interviews. Zugegeben ist dieses wiederum sehr interessant, allerdings gibt es a) Überschneidungen mit dem Gezeigten aus dem Hauptfilm und b) handelt es sich um die gleichen Gesprächspartner, die zuvor zu sehen waren. Nach über neunzig Minuten Bonusinterviewmaterial ist man auf jeden Fall bestens versorgt mit allen möglichen Aussagen. Schade ist die Tatsache, dass man Flaming Youths bereits erwähnten TV-Auftritt nicht komplett zu sehen bekommt. Dies wäre sicherlich noch ein weiteres sehr schönes Bonbon und ein gelungener Abschluss für diese tolle DVD gewesen.

Autor: Bernd Zindler