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Peter Schütz über 20 Jahre ‚it‘
Was ein Rauschebart, eine balancierte Tasse, ein beinahe gestohlenes Schaf und eine volle Geldkassette mit dem Fanclub zu tun haben – Peter Schütz erklärt es …
Jubiläums-Rückblick von Peter Schütz
Wie, 20 Jahre ist es schon her, seit wir den Club gegründet haben? Kaum zu glauben, aber wahr. Und was ist nicht alles seit damals geschehen. Wir haben ein neues Jahrhundert und sogar ein neues Jahrtausend. 1991 war Helmut Kohl noch Bundeskanzler und blieb es auch noch bis 1998. Meine Kinder sind (fast) erwachsen und ich arbeite schon 38 Jahre in meinem Beruf als Sozialversicherungsfachangestellter bei der DAK. Aber halt, ich sollte doch etwas zu zwei Jahrzehnten Fanclub aus meiner Sicht erzählen. Und auch wenn mich die Redaktionskollegen liebevoll den Mike Rutherford der it-Redaktion nennen, kann ich mich noch (an manches) genau erinnern.
1991 war ich ein erfolgreicher Kleinunternehmer, andere würden sagen Dealer, in Sachen Maxi-CDs. Mit einem Freund brachte ich seltene Maxi-CDs unters Volk. Es war die Zeit, als diese Art von CDs noch fantasievolle Verpackungen hatten. Genesis waren gerade wieder aktiv und veröffentlichten We Can’t Dance. Bereits 1987, zu Zeiten von Invisible Touch, nahmen die Maxi-CDs einen steilen Aufstieg, und so zählten zu meinen Kunden auch eine Reihe Genesis-Fans und spätere Clubmitglieder. Wie es sich später herausstellte, war auch ein gewisser Helmut Janisch Käufer bei unserer Firma Ding-Dong Records. Und es kam, wie es kommen musste. Helmut nahm mit mir Kontakt auf, weil er mit einem Genesismagazin namens Der Genesis-Fan, das er nach seinen Vorstellungen umgestalten wollte, unzufrieden war. Das scheiterte und Helmut kam auf die glorreiche Idee, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Schwups mal den Kollegen mit den tollen Maxi-CDs angesprochen, der musste ja einiges an Insiderwissen von Genesis haben.
Es wurde ein Besuch in Braunschweig vereinbart. Und dann stand er (Helmut) vor meiner Tür. Ein wahrlich einschneidendes Ereignis. Um ehrlich zu sein, beinahe hätte ich die Tür wieder zugemacht. Da stand ein Typ mit großem Rauschebart vor mir, unglaublich. So begann alles und heute sind wir seit 20 Jahren Freunde, und ein wenig Clubarbeit haben wir nebenbei natürlich auch erledigt. Kurze Zeit später gesellte sich Bernd Zindler zur Redaktion und so werkelten wir als „Dreierbande“ bis 2002.
In der Zeit bis Ende 1999 publizierten wir zwischenzeitlich 27 Magazine. Danach stürzten wir uns, aus den verschiedensten Gründen, in das Abenteuer Internetpräsenz. Keiner von uns hatte davon wirklich eine Ahnung und so benötigten wir Anfangs Hilfe von außen. André Federow übernahm als erster Webmaster die Aufgabe. Kurze Zeit später arbeitete ich mich in das Thema Websiteprogrammierung ein, und im März 2000 eröffneten wir dann unsere erste Website.
Doch wie alles veränderte sich der Club 2002 erneut. Wir benötigten dringend eine „Blutauffrischung“ und konnten Christian Gerhardts als viertes Redaktionsmitglied gewinnen. Nach und nach übernahm dieser auch die Website, die er bis heute sehr erfolgreich führt.
Nun sind tatsächlich 20 Jahre vergangen. Was ist mir von all den vielen Aktivitäten, Begebenheiten, Treffen, Konzerten, Clubtagen etc. am meisten im Gedächtnis geblieben? Da gäbe es so viel zu berichten, dass ich bis 2021 zum 30. Jubiläum noch am Schreiben wäre, wenn ich mich nur an alles erinnern könnte. Hier nun aber eine kleine Auswahl meiner Erinnerungen:
Flyer verteilen, oder wie wir das Entsorgungsproblem gelöst haben
Um den Club bekannt zu machen, bot es sich an, bei den anstehenden Konzerten der We Can’t Dance Tour Flyer zu verteilen. Wir druckten ca. 20.000 Exemplare und verteilten diese, mit der Hilfe einiger Clubmitglieder, vor und nach den Konzerten. Dabei machten wir uns allerdings keine Gedanken darüber, ob wir nicht eine Genehmigung gebraucht hätten. Wie das so Flyer an sich haben, wurde der größte Teil wieder weggeworfen, aber bei weitem nicht in den Papierkorb, sondern einfach auf die Straße. Hinterher machte uns ein gewissen Guido Karp, bekannter Starfotograf, der die Konzerte ablichtete und auch Flyer verteilte, erst auf diese Problematik aufmerksam. Er musste für die Entsorgung seiner Flyer eine nicht zu knappe Summe entrichten. So wurde es also gemacht, aber wir waren ja noch neu in diesem Geschäft.
Fotosessions der it-Redaktion, oder: wie mache ich mich am Besten zum Affen
Immer wieder hatten wir, meistens Helmut, die Idee, ein Fotoshooting einzulegen. Dabei sollten Motive unserer „Helden“ nachgestellt werden. Gesagt, getan. Einmal begab sich die gesamte Redaktion auf den Kinderspielplatz und stellte die 3×3-Single nach. Ein anderes Mal musste ein Feldweg für Aufnahmen zur VW-Kampagne mit Helmuts Polo herhalten. Unvergessen sind auch die Aufnahmen auf einem Autobahnparkplatz bei Hedemünden, auf dem wir uns kurzerhand zum Austausch von Unterlagen trafen, weil hier ungefähr die Mitte zwischen Fulda und Braunschweig liegt.
Interviews mit Genesis & Co, oder warum sie mit Mike Rutherford am lustigsten waren
Die über die Jahre geführten Interviews sind rückblickend ein Highlight der Clubarbeit. Fast alle hatten wir sie vor dem Mikrofon, und alle waren sie besonders: Genesis im Hotel Adlon, mit den dicksten Teppichen, die ich je gesehen und betreten habe. Phil Collins in seiner Garderobe vor dem Konzert in der Berliner der Waldbühne. Ant Phillips in seinem Zuhause. Steve Hackett zu allen Möglichkeiten und viele, viele weitere.
Doch einige Interviews mit Mike Rutherford fielen aus dem Rahmen. 1995 erhielt ich einen Anruf von Helmut, Mike wäre am 27.02.1995 für kurze Zeit auf dem Hamburger Flughafen, da könnten wir ein Interview von ca. zehn Minuten machen. Also machte sich Helmut auf den Weg nach Braunschweig, von da aus fuhren wir weiter nach Hamburg. Und tatsächlich, wir trafen Mike, redeten knapp 30 Minuten, machten einige Bilder und fuhren wieder nach Hause, insgesamt mehrere hundert Kilometer.
Den Vogel schoss aber das Interview am 11.06.1995 im Capitol in Hannover ab. Nach dem Konzert klappte es mit einem Interview mit Mike, doch es mangelte an einem größeren Raum. So mussten wir uns zu viert in einen geschätzt 2 x 2 Meter kleinen Raum quetschen. Immerhin gab es einen kleinen Tisch und drei (!) Stühle. In Ermangelung einer Sitzgelegenheit musste ich nun vor dem großen Mike knien. Was für ein Erlebnis.
Auch das Interview vom 23.06.2007 in der AWD Arena in Hannover lässt mich noch heute schmunzeln. Nahezu während des ganzen Interviews balancierte Mike eine Tasse auf dem linken Knie.
Clubtage und Events, oder warum das Schaf so beliebt ist
Das Salz in der (Club-)Suppe waren schon immer die „normalen“ Clubtage und die „speziellen“ Events. Nach drei Clubtagen in Aschaffenburg, Braunschweig und Nürnberg, fanden wir unser „Wohnzimmer“ in der Mitte Deutschlands, in Welkers. Und so pilgern und pilgerten die Fans fast jedes Jahr in die Rhön. Nur einige Male mussten wir aus Kapazitätsgründen in andere Städte ausweichen.
Ganz besonders in Erinnerung ist mir noch, unter den vielen anderen tollen Veranstaltungen mit ihren interessanten Gästen, der zweitägige Lamb-Event von 2001. Nach einer spektakulären Präsentation durch Serge Morissette und einer tollen Ausstellung waren die Besucher so begeistert, dass unser Ausstellungs-Schaf in Gefahr war, entführt zu werden. Nur durch „freundliches Zureden“, konnte es gerettet werden.
Peter hat Besuch vom ZDF, oder wie werde ich ein TV-Star
1996 wurden die Gerüchte um einen Ausstieg von Phil Collins bei Genesis Wahrheit. Zu diesem Thema wollte das ZDF einen Beitrag im Fernsehen senden. Nach einem Telefonat mit Helmut fiel die Entscheidung, dass die Aufnahmen bei mir zu Hause stattfinden sollten. Schnell noch die Kinder ins Bett gebracht, denn um 18:00 Uhr hüpften mehrere ZDF-Mitarbeiter aus ihrem Auto, bauten im Wohnzimmer Lampen und die Kamera auf. Ein 10minütiges Interview folgte und schon war es wieder vorbei. Der 1minütige Beitrag! wurde später bei „Heute Nacht“ ausgestrahlt. So endete der erste TV-Auftritt des Clubs.
Konzertbesuche, oder muss ich immer fotografieren?
Seit meinem ersten Genesis-Konzert 1978 habe ich eine Vielzahl von Konzerten rund um den Genesis-Komos gesehen. Früher hatte ich keinen „anständigen“ Fotoapparat, mit dem verwertbare Konzertfotos hätten entstehen konnten. Geändert hat sich das mit der ersten analogen Spiegelreflexkamera. Während der England-Tour von The Musical Box 2002 konnte ich doch endlich gute Fotos machen. Leider musste ich aber feststellen, das dies doch nicht ganz so einfach war. Wenige wirklich tolle Fotos eines Konzertes waren die Regel. Die digitale Kamera hat die Situation deutlich verbessert. Grundsätzlich nehme ich nun zu jedem Konzert einen Fotoapparat mit, ich kann nicht anders. Wenn erlaubt bediene ich mich natürlich der Spiegelreflex, und so entstanden in letzter Zeit deutlich bessere Aufnahmen.
Cash, Cash, Cash, oder wie ich an meinen Club-Spitznamen Mr. Pebble kam
In der Anfangszeit des Clubs beherrschte Ebay noch nicht die Sammlerherzen. Raritäten waren deutlich schwieriger zu ergattern. So bemühte ich mich, seltene CDs oder Poster in größeren Mengen zu beschaffen, um sie dann an die Clubmitglieder zu verkaufen. Es entwickelte sich eine Zeitlang ein florierender Shop. Ganz besonders blieb mir der Verkauf der Tarka-CD-Single von Ant Phillips im Gedächtnis. Auch die Goodies am it-Stand entwickelten sich zum Verkaufsschlager. Auf dem ersten Clubtag in Aschaffenburg war die Geldkassette so voll, dass wir mit dem zählen gar nicht hinterher kamen. Und so kam es, dass mich viele nur mit Dollarzeichen in den Augen kannten und der Mr. Pebble mein Markenzeichen wurde.
Alle diese tollen Erinnerungen wären aber nicht möglich ohne die Hilfe und das Verständnis unsere Familien, Frauen oder Freunde. Danke dafür.
Zwanzig Jahre haben wir nun diesen Club am Laufen gehalten, mal war es schwer, doch meistens das schönste Hobby dieser Welt.
Jetzt im Jahr 2011 gebe ich den Gabriel. Schreiben liegt mir nicht wirklich, ich beschäftige mich lieber mit Tourfotografie, Diskografien, Tourdaten oder meiner Vinyl-Sammlung. An der geplanten Tourdatenbank arbeite ich nun schon ca. zwei Jahre lang und sie wird sicher irgendwann auf der Website erscheinen. Bis dahin planen wir das nächste Event oder etwas anderes.
Und so schließe ich mit einem Zitat aus Peter Gabriels Interview in der Zeitung „Die Zeit“ vom 6. Oktober 2011: „Ich kann die Zukunft riechen“.