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Peter Gabriel – UP – SACD Rezension

Es war keine Überraschung, dass Peter Gabriel neue Möglichkeiten erforscht, seine Alben im Sound zu optimieren. So kursierte schon 2002 eine digitale Version eines Surround-Mixes von The Barry Williams Show im Internet, 2003 erfolgte dann die Veröffentlichung des Albums UP auf Super Audio CD im 5.1 Surround Sound. Wir haben reingehört.

UP – Peter Gabriels jüngstes Meisterwerk im SACD 5.1 Multichannel Surround Sound

Viele werden es so erlebt haben: UP hat mit jedem Hören weitere Details offenbart und manchmal kam es einer Reizüberflutung gleich. Und ständig wechselt der persönliche Favorit des Albums, wenn man grad wieder ein neues Detail entdeckt hat oder eben die Stimmung eine andere ist.
Das alles wird gnadenlos unwichtig, sobald man die Multichannel SACD in den Player geschoben hat. Genug wurde geschrieben über die Musik von UP und dessen Qualität. Was macht es wirklich aus, wenn ein Album, das wir im normalen Stereo kennen und wohl größtenteils lieben, im hochauflösenden 5.1 Surround daher kommt?

UP wurde extra für die SACD-Veröffentlichung im Surround-Sound abgemischt. Auch auf der CD enthalten ist der normale Stereo-Mix sowie der SACD-Stereo Mix. Der normale Stereo Mix ist entsprechend dem CD-Standart komprimiert, die beiden SACD-Formate lassen gewissermaßen die Frequenzen so tanzen, wie sie wollen. Und im hörbaren Bereich macht das weit mehr aus, als man glauben möchte.
Rein technisch gesehen ist die SACD immer besser als eine CD, Surround Sound hin oder her. Aber gerade der Surround Sound macht den Reiz der neuen Technik aus. Weil dies alles andere als ein alter Hut ist, muss man sich auch als Hörer erst daran gewöhnen, dass es normal ist, von allen Seiten berieselt zu werden. Wir kennen ja im Prinzip wenig anderes als Stereo. Und nun kommt die Musik verteilt aus 5 Boxen, den Subwoofer einmal außen vor gelassen. Das ist in der Tat eine Umstellung.

UP 5.1 Surround – Track by Track

Darkness

Wurde man in der Stereo-Version noch von vorn erschlagen (wir alle erinnern uns an diesen explosiven Überraschungsmoment), so ist man in der Surround-Version hoffnungslos gefangen in einer aggressiven Soundflut. Dazwischen brilliert Gabriels Stimme in deutlicher Klarheit

Growing Up

Der Schwerpunkt des Intros liegt hinten, das Schlagzeug ist kräftiger. Die Soundeffekte werden munter auf die Boxen verteilt, der tiefe Gesang zwischen den „dots“ kommt von hinten. Eine ganz andere Erfahrung. Statt nur dabei ist man nun tatsächlich mitten drin.

Sky Blue

Im Verlauf des Songs ist der Surround Effekt eher unauffällig. Der Gesamtsound ist SACD-gemäß besser, aber erst mit Beginn des Blind-Boys Gesang kommt der Surround Effekt voll zur Geltung. Zuvor werden nur kleinere Soundeffekte über die Surroundlautsprecher wiedergegeben.

No Way Out

Dieser Song besticht durch eine grandiose Abmischung. Auffallend ist besonders das gedoppelte Schlagzeug im Refrain, das man in CD-Stereo kaum hört und das räumlich verteilte Drumfestival am Ende

I Grieve

Die Ballade steckt nicht nur voller Überraschungen, sondern ist auch vollgestopft mit Sound. In der Surround Abmischung können die sich nun richtig entfalten und lassen den Hörer regelrecht davon schweben. Wenn man sich bei dem Song in die Raummitte setzt und die Augen schließt, dann hört man Details heraus, die man auch mit größter Anstrengung in der Stereo Version beim besten Willen nicht hören kann.

The Barry Williams Show

Diesen Song konnte man sich schon auf Peters Website im 5.1 herunterladen und wer das entsprechende Equipment an seinem Rechner hat, der hat zumindest schon mal einen Vorgeschmack auf die Multichannel Aufnahme bekommen. Auch die More Than This-DVD hielt das Video zu The Barry Williams Show im 5.1 bereit. Jedoch war beides nicht in der Brillanz einer SACD-Aufnahme zu hören. „Let’s go“ flüstert es von hinten und eine gut sieben minütige Soundreise beginnt. Kräftige Bässe, brillante Höhen und sämtliche Soundeffekte auf alle Boxen verteilt. Im Refrain hört man wesentlich besser die Zeile „what a show you’re looking at“ heraus als im Stereo und spätestens mit Beginn des Instrumentalparts am Ende des Songs erreichen die Effekte ihren Höhepunkt. Im Stereo verborgene Dinge treten einmal mehr zu Tage und an der Stelle, an der dieser kleine Bruch im Rhythmus kommt werden die Hauptdrums kurzerhand auf die Rücklautsprecher gelegt. Ein sehr wirkungsvoller Effekt.

My Head Sounds Like That

Gerade der Beginn dieses Songs ist ein wahrer Hörgenuss. Die merkwürdigen Geräusche kommen wesentlich klarer herüber, Peters Stimme klagender als im Stereo, der Sound geräumiger. Die Interessante Stelle ist „what’s left out and what’s left in“ – bedingt durch den Surround Effekt und die hohe Auflösung kommt dieser Part wesentlich kräftiger und klarer herüber, quasi weniger als Soundbrei.

More Than This

Verhältnismäßig wenige Effekte gibt es bei More Than This. Ein paar Details zirkulieren im Raum, der Sound ist natürlich auch hier satter als im Stereo.

Signal To Noise

Dies ist der einzige Song, bei dem Peters Stimme konsequent nur auf den Center Lautsprecher abgemischt wurde. Nusrat dagegen ist über den rechten und linken Kanal zu hören. Der dadurch etwas klinisch oder auch metallisch wirkende Sound passt hervorragend zu dem Song, der längst ein Fan-Favorit geworden ist. Spätestens mit Beginn des Orchesterparts fühlt man sich inmitten eines Konzertsaals. Auch hier hört man erneut einige Details aus Peters Gesang wesentlich besser heraus. Eigentlich wäre Signal To Noise ein großartiges Finale dieser SACD.

The Drop

Unspektakulär, zumindest was den Sound angeht, geht die UP-SACD zu Ende. The Drop ist gleichmäßig auf die 5 Kanäle abgemischt, was den Surround Effekt minimiert.

Es ist nicht leicht, den Sound einer 5.1 SACD zu beschreiben. Jeder wird wahrscheinlich an vielen Stellen andere Erfahrungen machen oder andere Passagen besser finden. Hier sollte auch nur versucht werden, im Ansatz darzustellen, wie diese SACD abgemischt wurde. Es gibt SACDs im 5.1 Sound, die einen ganz anderen Charakter haben. Ohne auf die musikalischen Qualitäten einzugehen, Herbert Grönemeyers Album Mensch hat ein komplett anderes Flair, was vor allem daran liegt, dass seine Stimme durch die Bank nur durch den Centerlautsprecher kommt. Schlecht ist das nicht, schließlich spricht kein Mensch Stereo. Im Vergleich zur SACD klingt Herberts Stimme in Stereo wie in eine Blechtrommel gebrüllt. Meat Loafs aktuelles Album dagegen wurde ähnlich wie The Drop abgemischt. Wenig echte spezielle Effekte, mehr eine gleichmäßige Verteilung des Gesamtklangbildes. Pink Floyds The Dark Side Of The Moon hat wieder diese Effekte. Bei Money kreisen die Münzgeräusche durch das Zimmer, bei Time scheint das Ticken aus der Zimmerdecke zu kommen. Es gibt also eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Hörgenuss auf die eine oder andere Art zu gestalten. Wem ein zu detaillierter Surround Sound gar nicht zusagt, der kann jede SACD auch in Stereo hören. Der Klang ist in jedem Fall besser als der einer normalen CD. Letztlich ist aber der 5.1 Sound das ultimative Hörerlebnis. Und gerade UP ist da ein Juwel. Es ist tatsächlich schade, dass US nicht auch im 5.1 abgemischt wurde. Zu entdecken gäbe es da mit Sicherheit auch sehr viel.

Autor: Christian Gerhardts