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Peter Gabriel – The Rhythm Has My Soul – Rezension

Das Buch „The Rhythm Has My Soul: The Stories Behind The Songs“ beschäftigt sich mit den einzelnen Songs von Peter Gabriel – bis zum Album „i/o“.

The Stories Behind The Songs

Die Ausgangslage: Bücher, die Song für Song das Oeuvre eines Künstlers besprechen, finde ich tendenziell ermüdend. Das liegt in ihrer enzyklopädischen Natur. Und ihre Autoren behandeln die Stücke oft unterschiedlich intensiv. Wegen persönlicher Vorlieben. Oder weil ihnen irgendwann Luft und Lust ausgehen.

Jetzt liegt das neue Buch Peter Gabriel – The Rhythm Has My Soul vor mir, mit dem Untertitel The Stories Behind The Songs. Ein Backstein, der etwa Chris Welchs Büchlein über die Genesis-Songs wie ein Faltblatt wirken lässt. 28x22cm, 320 Seiten, mit wenigen schwarz-weißen Abbildungen – eher ein Buch für den Kaffeetisch statt eines kleinen Vademecums für unterwegs.

Bevor wir zum Buch kommen, ein Blick auf die Autoren: Beide sind freischaffende italienische Journalisten, die unter anderem für Classic Rock und den Rolling Stone schreiben. Neben Büchern über die Beatles und Pink Floyd hat Alfredo Marziano bereits 1998 ein Buch über Peter Gabriel veröffentlicht (Suoni senza frontiere). Luca Perasi hat vor allem über Paul McCartney gearbeitet und hat mit Franco Zanetti die Lyrics von Paul McCartney autorisiert ins Italienische übersetzt.

Peter Gabriels Songs seien „vielschichtige, aufeinander Bezug nehmende Kunstwerke“, die „eine Karte aus Subtexten und Hypertexten bilden“, tieferes Verständnis für die Welt und die condition humaine ermöglichen, befinden die Autoren einleitend. Die einzelnen Stücke sollen unter fünf Aspekten betrachtet werden. Die Methoden und Techniken des Songschreibens sind der erste, dazu tritt Gabriels Umgang mit seinem Werk und seinen Stücken. Wie die Musiker im Studio arbeiten, ist der dritte Aspekt des Entstehungsprozesses, der hier betrachtet wird. Am fertigen Produkt betrachten die Autoren viertens die musikalische Gestaltung und schließlich auch die Texte. Dabei wollen sie die Inspiration für die Songs und ihre Aufnahmegeschichte darstellen und eine Aufstellung alternativer Versionen ergänzen; was dies angeht, werden die Hüter des Peter Gabriel Compendiums auf unserer Webseite sicherlich ganz genau hinlesen (wobei sie oft genug Quelle für die Angaben im Buch sind). Weitgehend ausgeklammert bleiben demzufolge die Texte und ihre Interpretation.

Besprochen sind 205 durchnummerierte Stücke (einschließlich dem Material von i/o), die Peter Gabriel allein oder mit anderen geschrieben hat und auch Coverversionen. Dazu treten 18 separat gezählte nicht offiziell veröffentlichte Songs.

Marziano und Perasi haben sich entschieden, die Stücke nach Alben geordnet chronologisch zu behandeln; jedes Album wird, bevor es an die einzelnen Songs geht, in seiner Gesamtheit, aber kürzer nach denselben fünf Kriterien gewürdigt; in gesonderten Abschnitten betrachten sie andere Stücke, die während dieser Sessions aufgenommen wurden, bzw. andere Stücke aus dieser Zeit.

Für jedes Stück haben sie zusammengetragen, wer daran mitgewirkt hat, wann und wo. Das allein ist ja schon sehr verdienstvoll. Hinzu kommen noch Erinnerungen der Mitwirkenden und Anekdoten, die das Geschehen zum Leben erwecken und über das Enzyklopädische hinausführen.

An dieser Stelle müssen wir auf das Thema der Quellen schauen. Das Buch ist reich an Fußnoten – eher Seitennoten – mit Quellenangaben. Manche Kapitel haben über 80 Angaben, andere kommen mit einer Handvoll aus. Marziano und Perasi beziehen ihre Informationen aus einer Reihe verschiedener Quellen. The Rhythm Has My Soul scheint mir das erste Buch über Peter Gabriel zu sein, das nicht nur Webinhalte und eigene Interviews, sondern auch Interviews und Artikel in Musikzeitschriften in bedeutender Anzahl als Quellen heranzieht. Die Liste der verwendeten Bücher ist aber kurz. Leider stützen sie sich stark auf Easleas Buch, das sehr oft von den bekannten Darstellungen der Ereignisse abweicht, ohne Quellen dafür zu nennen. Im Ganzen ist aber zu sehen, dass Marziano und Perasi mit großer Ausdauer recherchiert haben.

Alfredo Marziano und Luca Perasi schließen mit The Rhythm Has My Soul eine Lücke in der Darstellung von Peter Gabriels Oeuvre. Neben die historiographische Betrachtung und eine quasi literarische Analyse der Songtexte, die es ja beide schon gibt (und deren Aktualisierungen ausstehen) stellen sie die technische Entstehung der Songs. Sie schauen gewissermaßen nicht auf die Bedeutung und nicht auf die Geschichte des Hauses, sondern auf die Bauzeichnung und die Handwerker, die es geschaffen haben. Wer sich dafür interessiert, sollte das lesen.

Autor: Martin Klinkhardt

The Rhythm Has My Soul ist im Handel erhältlich, u.a. bei AmazonDE *
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