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Peter Gabriel – So25 Remaster – Rezension

Zum So-Jubiläum wurde das Album auch in einer neu-remasterten Version herausgebracht. Angekündigt war, dass sie sich – nach dem Remaster von 2002 – wieder mehr an der Originalveröffentlichung orientiert. Soundmaster Tom Morgenstern untersucht für uns das technische Ergebnis.

Um es gleich vorweg zu sagen: die Unterschiede zwischen dem 1986er Original, dem 2002er und dem 2012 Remaster sind sehr subtil und selbst im direkten A/B-Vergleich (also Hin- und Herschalten ohne Pausen bei vorgenommenem Lautheitsausgleich) oft kaum wahrnehmbar. Ohne Lautheitsausgleich fiele man allerdings jedes zweite Mal Umschalten vom Stuhl: da 1986 noch auf U-Matic gemastert wurde (einem Tonband-artigen System, das nur in Echtzeit und ohne nachfolgende Korrekturmöglichkeiten
bespielt werden konnte) und es auch noch keine Hard-Limiter gab, war man gezwungen, einen deutlichen Headroom zur Aussteuerungsgrenze einzuhalten. Ähnlich wie bei den ersten Beatles-CDs liegen die
Spitzenpegel der Original-CD von 1986 bei etwa -3 dBFS. Das 2002er Remaster hatte diese 3 dB Headroom bereits voll ausgenutzt, wobei der um 4,5 dB lautere Durchschnittspegel mit einem leichten, jedoch klanglich unauffälligen Hard Limiting erkauft werden musste. Die 2012er Version ist (unnötigerweise) nun nochmal 2-4 dB lauter und damit durchweg mindestens doppelt so laut wie das Original!

Sledgehammer
(v.o.n.u.: 2012, 2002, 1986)
Festzuhalten ist allerdings auch, dass der Lautheitsunterschied nicht für das ganze Album gleichmäßig gilt: so sind die lauteren Songs etwa 6,5 dB lauter, die leiseren sogar bis zu 8 dB – das bedeutet, dass man den Unterschied zwischen den lauteren und leiseren Songs des Albums leicht vermindert hat.

Wenn man einen Unterschied hört, dann ist das ein minimal stärkerer und trotzdem in seinem Zeitverhalten besser klingender Summenkompressor der 2012er Version. Die Musik und vor allem der Gesang klingt so etwas voller und runder, etwas mehr in-the-face – was gar nichts schlechtes ist. Zumal man den beim Original eingesetzten Kompressor gelegentlich etwas flattern hört. Beim Gesang hat man daher manchmal das Gefühl, als fielen einige Silben im Pegel etwas zurück. Beispiel: die erste
Gesangszeile bei Sledgehammer: „You could have a steam train“ – nur das Wort „steam“ klingt 1986 einen kleinen Tick leiser als der Rest, so als hätte jemand
ganz kurz am Fader gespielt. Dieses leichte und nur im direkten Vergleich wahrnehmbare Manko ist sowohl beim 2002er als auch beim 2012er
Remaster nicht mehr vorhanden.

Interessant ist gelegentlich auch der Vergleich zwischen der 1986er und 2002er Version: Bei Red Rain
z.B. gibt es hier klanglich überhaupt keinen Unterschied, nur der Pegel der neueren Version liegt um 4,4 dB höher. Die 2012er Version schneidet jedoch ähnlich wie bei Sledgehammer etwas besser ab, weil sie etwas voller klingt.

Sledgehammer – Starke Linien: 2012, schwache Linien: 1986. Gelb: Peaks, Grün: Durchschnitt

Big Time war der Song, der im 1986er Original am ehesten als etwas zu flach klingend aufgefallen war. Wegen der fehlenden Tiefbässe konnte man den Unterschied zu den anderen Tracks leicht auf Anlagen wahrnehmen, die mit einem Subwoofer ausgerüstet waren. Bereits die 2002er Version hatte die Bässe ordentlich aufgeplustert, gut zu hören beim deutlich volleren Bassdrum-Kick.

Big Time – Starke Linien: 2002, schwache Linien: 1986. Gelb: Peaks, Grün: Durchschnitt

Big Time – Starke Linien: 2012, schwache Linien: 2002. Gelb: Peaks, Grün: Durchschnitt

Das 2012er Remaster geht daher wieder einen Schritt in die Gegenrichtung: Zwar übernahm man den Verlauf der Bassfrequenzen von der 2002er Version, jedoch folgt man oberhalb von 250 Hz wieder der alten Kurve von 1986.

Fast überhaupt keinen klanglichen Unterschied lässt sich zwischen den jeweiligen 2012 und 1986 Versionen von Mercy Street, Don’t Give Up, That Voice Again, We Do What We’re Told und This Is The Picture ausmachen.

That Voice Again – Starke Linien: 2012, schwache Linien: 1986. Gelb: Peaks, Grün: Durchschnitt

Bestenfalls der Tiefbassbereich ist 2012 um 1-2 dB angehoben. Die 2002er Version fällt hier dagegen nur durch leicht angehobene Höhen auf, wobei der Unterschied auch hier eher subtil ist.

In Your Eyes gefällt in der 1986er Version etwas besser – die 2012er Version ist jedoch ganz nahe dran, klingt jedoch einen kleinen Tick unausgewogener. Gegenüber der 2002er Version fallen jedoch die bei
beiden stark überzeichneten Höhen auf: bei 9,5 kHz gibt es eine eher unmotivierte Anhebung von fast 3 dB, die dem Song eine etwas schärfere, unangenehmere Charakteristik gibt. Sieger ist hier die 2002er Version, die die hier kritischen Höhen etwas absenkt und dafür den Bässen etwas mehr Bums gibt.

In Your Eyes – Starke Linien: 2012, schwache Linien: 2002. Gelb: Peaks, Grün: Durchschnitt

Fazit

Grundsätzlich kann man feststellen, dass die Aussagen, man habe sich eher an dem 1986er Original orientiert, zutreffen. „Even clearer definition in the top end“ bleibt jedoch eher eine nicht wirklich nachvollziehbare Worthülse. Bei einigen Songs gibt es gar keinen, bei anderen nur einen höchst subtilen Unterschied. Die Summenkompression von 2012 ist klanglich der von 1986 überlegen, dafür klingt das Original minimal sauberer – durch das fehlende Hard-Limiting gibt es etwas geringere Verzerrungen – hörbar ist das jedoch so gut wie gar nicht. Gravierender erscheint mir die Veränderung in der Lautheit der Songs relativ zueinander. Das Album lebt eigentlich von seinem spannungsvollen Wechsel zwischen ruhigeren Balladen und Powersongs, da erscheint die überproportionale Anhebung der Lautheit bei den einigen Stücken eher kontraproduktiv. Im Vergleich zu den anderen beiden Versionen erscheint das Remaster von 2002 am wenigsten stimmig. Zum Teil gibt es hier kräftig wahrnehmbare Anhebungen bei den (ohnehin reichlich vorhandenen) Höhen, was das Hören auch stärker anstrengen kann über längere Zeit.

1986 und 2012 sind sicherlich die besseren Varianten – mit vielleicht kleinen Vorteilen bei der Neuversion. Festzustellen ist jedoch, dass sich niemand, der das Original von 1986 besitzt, unbedingt die 2012er Version kaufen muss – die klanglichen Unterschiede sind denn doch viel zu gering.

Autor: Tom Morgenstern