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Peter Gabriel – So 25: Classic Albums DVD/Blu-ray – Rezension

Zu den Veröffentlichungen um das So-Jubiläum gehört auch der Film aus der Reihe Classic Albums. Er dokumentiert die Entstehung von Gabriels wohl wichtigstem Werk.

Der So25 Deluxe Edition lag neben einigem anderen die DVD mit der Dokumentation der BBC Reihe Classic Albums bei. Sie ist als DVD und Blu-ray jedoch auch einzeln erhältlich. In diesem Film aus dem Jahr 2011 wird die Entstehung von Gabriels wohl wichtigstem Werk nachvollzogen, wobei sich vor allem auf die Aufnahmezeit und die Musiker konzentriert wird. Natürlich streift er auch andere Aspekte, der Fokus bleibt aber ganz klar bei So. Erfreulich ist dabei, dass das Material der Dokumentation nicht einfach nur aus Archiven zusammengesucht, sondern eigens neu produziert wurde.

Das Äußere der DVD für den Einzelverkauf ist unaufwändig. Sie kommt im klassischen Case mit dem So-Cover auf der Front, ein Begleitheft gibt es nicht. Dafür kann man im Inneren eine Übersicht über die 10 Kapitel sehen. Der Film dauert 58 Minuten, das Bonusmaterial besteht aus weiteren 35 Minuten in 4 Kapiteln, bei denen es sich teilweise um Passagen des Originalfilms handelt, die jedoch deutlich erweitert wurden. Nachdem man die DVD eingelegt und sich durch die üblichen Kopierschutzhinweise und Firmenlogos gegähnt hat, befindet man sich im Hauptmenü, das mit Sledgehammer unterlegt ist und Verweise zu Kapiteln, Untertiteln und auch zu dem genannten Bonusmaterial bietet – die zwar ausreichende aber recht schlichte Aufmachung zeigt zudem, dass Sie nicht aus dem Hause Realworld stammt, sondern vermutlich von der BBC.

Der eigentliche Film setzt sich im Wesentlichen aus Interviews mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten zusammen. Neben Musikern wie Tony Levin und Manu Katché oder dem Produzenten Daniel Lanois, die direkt an der Entstehung von So beteiligt waren, sind das auch unbekanntere Leute wie David Fricke (Musikkritiker beim Rolling Stone) oder David Stallbaumer (damaliger Studioassistent). Sie blicken zurück, erzählen Grundsätzliches oder plaudern aus dem Nähkästchen. Natürlich kommt auch Gabriel selbst zu Wort (wobei man nebenbei sehen kann, dass sein Aufnahmeraum bis heute ein kreatives Chaos ist). Diese Zeitzeugen sind gut gewählt und haben auch alle etwas beizutragen. Die Interviews mit ihnen sind über den ganzen Film verteilt und wechseln sich mit Ausschnitten von Gabriels Musikvideos und Liveauftritten ab. Wirklich unbekannte Bilder gibt es kaum (dafür ein kurzes Stückchen aus dem Rockpalastkonzert von 1978).

Im Ganzen wird, durchaus kurzweilig, die Entstehung von So erzählt – allerdings nicht streng chronologisch sondern assoziativ an einigen zentralen Songs bzw. anderen Themenschwerpunkten orientiert (siehe Kapitelliste unten). Das Ergebnis ist sowohl für den unbedarften Zuschauer interessant, denn die populären Eckpunkte werden alle aufgegriffen, als auch für den eingefleischten Fan, denn man erfährt durchaus das ein oder andere neue. Und auch Profimusikern wird etwas geboten.

Natürlich gibt es für den Kenner einiges an bekannten Geschichten zu hören (zum x-ten Male, dass der Fisch bei den Aufnahmen zum Sledgehammer-Video stank). Aber es wird beispielsweise auch vermittelt, wie abgeschieden und ländlich es auf dem Anwesen des gabrielischen Ashcombe-House doch war. Dort fanden 1985 bis 86 die Aufnahmen zu So statt, die ungefähr ein Jahr dauerten. Dass dies eine ungewöhnlich lange Zeit ist, erfährt man, und dass Gabriel dies unbedingt so wollte. Er sah es als Vorteil, im Kuhstall des eigenen Hauses ein Aufnahmestudio zu haben, und sich dort einer enorm akribischen Arbeit hingeben zu können. Und auf welche Feinheiten da geachtet wurde, zu welch experimentierfreudigen Mitteln gegriffen wurde, erfährt man auch. Diese Freiheit und Unabhängigkeit, dazu das idyllische Umfeld, scheinen einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung des Albums mit seinen 1000 Zwischenstadien gehabt zu haben.

Andere interessante Details sind aber auch, dass die Aufnahmezeit nicht immer nur von Sanftmut geprägt, dass Sledgehammer kein geplanter Hit, This Is The Picture ein Notnagel und Daniel Lanois ursprünglich nur für die Aufnahmen von Birdy verpflichtet war. Auch eine spannende Einschätzung von Laurie Anderson bekommt man serviert: dass Gabriel anders über Musik denke – sie nicht als Produkt betrachte, sondern sich immer frage, wie man Musik noch anders erleben und zum Kulturereignis machen könne.

Für Musiker sicher nicht uninteressant ist, dass man Gabriel oder Daniel Lanois immer wieder am Mischpult sitzen sieht, wo sie zu Demonstrationszwecken einzelne Instrument-Spuren aus bestimmten Liedern hervorheben. Oder wenn Tony Levin seine Bassfiguren vorspielt. Oder dass Gabriel erläutert, ihm sei wichtig gewesen, erst die Drumspuren ausgearbeitet zu haben. Das gibt ähnliche Einblicke wie die SoDNA CD, die der Deluxe Edition gleichfalls beiliegt – leider bleiben diese Spezialistenmomente viel zu kurz

Als kleine Kuriosität sei übrigens die Nutzung der deutschen Untertitel empfohlen. Gelegentlich überrascht die Übersetzung doch. Ob man den Namen der Conspiracy Of Hope Tour wirklich übertragen muss, ist sicher Geschmackssache – Gabriels Mitwirken an der „Verschwörung der Hoffnung“ klingt aber etwas bizarr. Und vollends sinnentstellend wird es, wenn aus einer Talking Drum eine „Buschtrommel“ wird, oder Horns zu „Hörnern“, Lyrics zu „Gesang“…

Fazit

Eine Album-Doku, die zwar nicht sonderlich originell, aber sorgfältig und durchdacht gemacht wurde. Sie bleibt glücklicherweise ausschließlich bei musikalisch-künstlerischen Aspekten und klammert Klatsch und Glamour vollständig aus. So etwas kann alle Freunde von So sehr gut unterhalten – und alle anderen zu Freunden machen.

Autor: Thomas Schrage   11 | 2012


Kapitel
Introduction
Red Rain
Ashcombe House
Sledgehammer
Don’t Give Up
Mercy Street
Lyrics
This Is The Picture / Excellent Birds
The Running Order
In Your Eyes
Bonus Material
Big Time
Amnesty Tours
The Making Of Sledgehammer
In Your Eyes

Links:
Rezension zum Album So
Übersicht über die verschiedenen Aktivitäten zum 25jährigen Albumjubiläum.