1. Artikel
  2. Lesezeit ca. 5 Minuten

Peter Gabriel – Secret World Tour 1994/1994 – Maikonzerte 1993

Zu beginn der Secret World Tour spielt Peter auch einige Konzerte in Deutschland. Die wichtigsten Details zu den Mai-Konzerten 1993 erfahrt ihr hier.

Peter Gabriel ist immer für eine Überraschung gut. Dies gilt natürlich auch für seine Konzerte, und dazwischen dem ersten und dem zweiten Teil der Shows in Deutschland ein ganzer Monat lag, erwarteten die Fans natürlich einiges. Das Konzert in Dortmund in der Westfalenhalle am 22. Mai 1993 war absolut einzigartig für Deutschland und aus diesem Grund haben wir uns entschieden, anhand dieser Show die Besonderheiten der Mai-Konzerte hervorzuheben.

Um eine bessere Übersicht über die gespielten Lieder zu bekommen, möchten wir hier zunächst den Set dieses Gigs auflisten:

Come Talk To Me
Quiet Steam/Steam
Games Without Frontiers
Across The River
Slow Marimbas
Shaking The Tree
Blood Of Eden
San Jacinto
Lovetown
Shock The Monkey
Kiss That Frag
Washing Of The Water
Solsbury Hill
Digging In The Dirt
Sledgehammer
Secret World

Zugaben:
In Your Eyes
Biko
Jetzt kommt die Flut

Peter hat bei diesem Konzert wirklich alles gegeben, denn im Unterschied zu diesem Auftritt wurde in München am 20. Mai in der Olympiahalle Jetzt kommt die Flut weggelassen. Am 21. Mai in der Nürnberger Frankenhalle verzichtete Peter dagegen auf die Präsentation von Kiss That Frog. Bereits in Rom konnte man Here Comes The Flood als dritte Zugabe genießen und es war für ihn ein tiefes Bedürfnis, diesen Song bei den folgenden deutschen Konzerten auch in der Landessprache singen zu können. Leider klappte es für das München Konzert nicht mehr, aber in Nürnberg war es dann endlich soweit. Jetzt kommt die Flut, das Peter wie gewohnt ohne Band, nur am Klavier spielte, wurde ein toller Erfolg und ergriff alle Anwesenden aufs tiefste.

In diesem Zusammenhang erfuhren wir von Sixtus Seelenmeyer (Virgin Deutschland), der uns übrigens während der Tour sehr behilflich war, eine witzige Anekdote, die wir euch nicht vorenthalten möchten: Nachdem sich Peter entschieden hatte, Jetzt kommt die Flut zu singen, musste natürlich auch der deutsche Text besorgt werden. Alle Bemühungen, die Texte aus dem Archiv der Plattenfirma zu bekommen schlugen fehl. Man wendete sich also direkt an Horst Königstein (mit ihm hat Peter Gabriel die deutschen Texte für „3“ und „4“ ausgearbeitet) und bat ihn um Hilfe. Kurze Zeit später faxte Horst Königstein die entsprechenden Texte an die verantwortlichen Personen durch und diese leiteten sie dann an Peter weiter, der sich auf sein Hotelzimmer zurückzog und fleißig Strophe für Strophe des Liedes auswendig lernte.

Bereits Ende April entschloss sich Peter, einen anderen Klassiker mit in sein Programm aufzunehmen. Es war Shock The Monkey. Dieser Song hatte sehr viel „Power“ und steigerte sich in seinem Verlauf zunehmend, so dass die Begeisterung beim Publikum keine Grenzen fand. Neben den zwei neu mit ins Set aufgenommenen Liedern, gab es allerdings noch einige andere Dinge, die bei den Mai-Konzerten zu entdecken waren. Da waren zum Beispiel einige Special-Effects, die gewissen Stücken noch mehr Ausdruck verliehen. So geschehen bei Steam, denn bei diesem Song sorgten vier parallel geschaltete Trockeneis-Fontänen (zwei auf jeder Bühne) für Dampfstöße, die noch weit über die Köpfe der Künstler hinwegsprühten. Sowieso muß man feststellen, dass die Technik im Laufe der Tour immer besser funktionierte und so die geplante visuelle Wirkung auf die Zuschauer voll entfalten konnte. Ein Parade-Beispiel für diese ausgefeilte Technik war Digging In The Dirt. Während die Mini-Video Kamera, die Peter benutzte, um damit ungewöhnliche Perspektiven seines Gesichtes auf eine Leinwand zu projizieren, bei den April-Gigs häufig den „Geist aufgab“, ließ die Technik ihn im Mai nur noch selten im Stich. Zudem wurde dieses Lied – zumindest in unseren Augen viel aggressiver, um nicht zu sagen „abgefahrener“ gespielt. Ein Beispiel dafür ist ein von David Rhodes erzeugter, langgezogener, kreischender Gitarren-Sound, den Peter nutzte, um damit einen aus tiefer Seele entstandenen Schrei zu symbolisieren. Einfach irre!

Ein weiteres Beispiel für eine gegenüber den April-Konzerten gesteigerte Darbietung war San Jacinto. Allerdings war es nicht die technische Seite, die hier begeistern konnte, sondern die Theatralik, die Peter benutzte, um dem Stück zusätzlichen Ausdruck zu verleihen. Nachdem er von der runden zur quadratischen Bühne transportiert wurde, stieg er zwar wie gewohnt vom Floß auf, begann dann aber ein fantastisches Schattenspiel, indem er über einer Lichtquelle gebeugt seine Gestik fortsetzte, die er bereits vorher begonnen hatte. Die entstandenen Schatten waren auf der horizontal gestellten Leinwand zu sehen. Zum Ende des Liedes richtete sich die Leinwand dann aber wieder auf, Peter bestieg ein kleines Podest und ein Scheinwerfer, der sich hinter ihm befand, produzierte eine Silhouette des Künstlers, die verzerrt und irgendwie unwirklich anmutete. Ein größer und kleiner werden des entstandenen Schattens, begleitete dann die letzten Zeilen des Stückes.

Einen Gag erlaubte sich Peter übrigens bei Shaking The Tree. Offensichtlich war das Verlangen groß, denn er beschloss, die ersten paar Takte dieses Songs zur Abwechslung mal selbst zu trommeln. Manu Katché ließ sich davon nicht stören und tanzte derweil zusammen mit den anderen Musikern weiter um die runde Bühne herum. In Your Eyes (die erste Zugabe) wurde von der Besetzung her noch um drei Mann bereichert. Neben Ayub Ogada und Zak Sikobe stand auch noch ein Percussionist mit auf der Bühne. Dieser hatte Ayub und Zak bereits im Vorprogramm tatkräftig unterstützt und In Your Eyes entwickelte sich in dieser verstärkten Besetzung zu einem bombastischen, vor Spielfreude strotzenden Stück, das niemand beenden wollte. Der Ablauf des letzten Liedes im offiziellen Set, Secret World, wurde auch verändert. Im April verschloss noch ein Roadie den Koffer, in dem zuvor alle Künstler inklusive Peter „verschwunden“ waren. Im Mai übernahm Peter diese Aufgabe. Er stellte den Koffer auch nicht nur einfach auf das Laufband, sondern trug ihn selbst bis zur Mitte der runden Bühne. Dort angekommen ertönte eine Trillerpfeife, Peter schaute auf die Uhr und das Geräusch eines abfahrenden Zuges signalisierte das Ende dieser Szene. Die Kuppel, die über der runden Bühne hing, wurde heruntergelassen und hüllte Peter in ihren silbernen Mantel. Apropos Kuppel! Wer das Konzert in Nürnberg gesehen hat, wird die besagte Kuppel vermisst haben. Die Erklärung ist folgende: Da in der Frankenhalle die Stahlträger gerade neu gestrichen worden waren, befürchtete man wohl ein Verkratzen des Metalls und untersagte daher ein Anbringen der notwendigen Sicherungsseile und ein Aufbau war somit unmöglich. Das ergibt natürlich ein ziemlich schwaches Bild des örtlichen Veranstalters! Tja, unter dem Gesichtspunkt, dass Peter Gabriel im November erneut in Deutschland live zu sehen ist, kann man wirklich gespannt sein, was sich der Meister bis dahin noch alles einfallen läßt.

B.Z. (Bernd Zindler)